„Auf der Bühne weiß ich mich besonders gut zu zeigen“

Von Qiao Tianbi

Lass mich allein!

Viele Leute sind der Meinung, dass dicke Leute optimistisch sind und ein heiteres Gemüt haben. Das entspricht aber nicht der Tatsache. Tatsache ist, wie die 25-jährige Ren Xin sagt: „Die Körperfülle hat mich unter einen großen psychischen Druck gesetzt. Der Druck kommt von den Mitmenschen und hat nichts mit meiner Beleibtheit zu tun.“ Die Fettleibigkeit hat Ren Xin aus ihrer väterlichen Linie geerbt. Sie ist 1, 65 m groß und wiegt 105 kg ; von der dritten Grundschulklasse an begann sie zuzunehmen. Auf der Schule war sie immer die Zielperson für Späße ihrer MitschülerInnen. Sie hat natürlich auch viele Spitznamen bekommen, die alle mit ihrer molligen Figur zu tun hatten. Wie viele ihrer dicken MitschülerInnen lachte sie jedes Mal mit, wenn andere MitschülerInnen sich über sie lustig machten. Aber sie war „innerlich sehr traurig und ärgerlich“. Dazu sagte Ren Xin: „Mein Sternbild ist Skorpion. Wer mich ärgerlich gemacht hat, den werde ich nie vergessen.“ Auf der Schule hatte sie eine befreundete Mitschülerin. „Sie hat kein einziges Wort über meine Körperfülle gesagt.“

Ein richtiger Schlag war die Bewerbung um einen Arbeitsplatz. Da Ren Xin eine schlechte Sehkraft hat, hat sie eine Berufsschule besucht, wo sie Massage gelernt hat. Sie ist ziemlich sicher in ihrer Handfertigkeit bei der Massage. Nach dem Schulabschluss sind fast vier Jahre vergangen, aber Ren Xin hat nur ein paar Monate lang gearbeitet. Da war sie als Aushilfe in einem neu eröffneten Massagesalon tätig. Sie hatte auch einige Stammgäste. Als das Geschäft des Massagesalons gut lief, wurde ihr gekündigt. Der Grund ist ihre Dickleibigkeit. Der Saloninhaberin zufolge würde Ren Xins Gestalt das Image des Massagesalons beeinträchtigen. Mit erhobener Stimme sagte Ren Xin: „Meine Beleibtheit beeinträchtigt das Stadtantlitz und das Image des Salons. Deshalb kann ich nur zu Hause bleiben!“. Die Liebe ihrer Mutter ist ein anderer Grund dafür, dass sie nicht arbeitet. Ihre Mutter fürchtet, dass sie gekränkt wird. Darum streitet sich Ren Xin oft mit ihrer Mutter.

Dagegen hat Zhang Lili sich isolieren lassen, als sie auf der Mittelschule dick wurde. Nun ist Zhang, die aussieht, als wäre sie stark, eine Verantwortliche in einem Verlag. Sie meint: „Dadurch, dass ich dick geworden bin, wurde mein Charakter völlig verändert. Das ist für mich nicht akzeptabel. Meine Bekannten, insbesondere meine Verwandten und Freunde, sprechen nie über meine Figur, sonst würde ich sehr empört sein.“ Viele dicke Leute sind ungeduldig, isoliert und feindlich gegenüber anderen. Manche leiden sogar unter Depression und geraten deswegen in einen Teufelskreis: Je depressiver sie sich fühlen, desto dicker werden sie.

Unter Freunden

Ren Xin spielt oft Billard im Fitnesszentrum ihres Wohnviertels, tanzt auch gern Yangge (ein Volkstanz) und Disko. Eines Tages reichte ihr ein Mann eine Visitenkarte und lud sie zur Teilnahme an Veranstaltungen des „Klubs der dicken Freunde“ ein. Ren Xin überlegte einen halben Monat lang, ob sie hingehen sollte, denn sie fürchtete, dass der Mann ein Schwindler ist. Deshalb nahm sie erst im Juni an einer Veranstaltung des Klubs im Beijinger Botanischen Garten teil. Der Klub lud die „1000-Jin-Gruppe“ (2 Jin = 1 kg ) aus Nanjing für eine Aufführung ein. Das gesamte Gewicht der vier Mädchen der Gruppe beträgt über 500 kg , trotzdem sind sie schön und selbstsicher. Ren Xin wurde dadurch ermutigt und zeigte dort auch ihr künstlerisches Talent.

Der Mann, der Ren Xin eine Visitenkarte reichte, heißt Yang. Er ist der Initiator des Klubs der dicken Freunde. Herr Yang ist nicht dick. Seitdem er die Arbeit leistet, hat er um mehr als 10 kg zugenommen. Herr Yang betreibt jetzt eine Medienfirma. Die Idee, den Klub der dicken Freunde zu errichten, entsprang seiner Bekanntschaft mit dicken Freunden und Kindern. Herr Yang sagte: „Auf sie wird oft herabgesehen, vom Schulbesuch an bis zur Beschäftigung. Viele Arbeitseinheiten wollen gar keine dicken Leute beschäftigen. Deshalb möchte ich ihnen durch die Gründung einer gemeinnützigen Organisation helfen.“

Herr Yang ist warmherzig und zugleich ambitioniert. Er will den Klub der dicken Freunde zu einem landesweiten Klub ausbauen. „Auf der Klubwebsite haben sich bereits mehr als 3000 dicke Freunde angemeldet. In Beijing haben wir über 300 Mitglieder. Es gibt auch viele, die unsere Website besuchen.“ Herr Yang hat noch eine kühne Idee: Er will das Unterhaltungsprogramm „Super Girls“ als Beispiel heranziehen und die Aktivitäten des Klubs umfangreicher gestalten. Dadurch wird den dicken Freunden geholfen, ihren angekratzten Gemütszustand zu verändern und Selbstvertrauen zu entwickeln. Die künstlerisch begabte Ren Xin ist eine, nach der er sucht. Herr Yang hat bereits einen Wettbewerb namens „Stars der dicken Freunde“ veranstaltet. Er bereitet gerade den Wettbewerb „Miss Super Mollige“ vor, zu dem er dicke Berühmtheiten aus dem Künstlerkreis als Jury einladen möchte.

Mit diesen Plänen hat Herr Yang natürlich auch wirtschaftliche Überlegungen anzustellen. Diese nicht gewinnorientierte Veranstaltung erfordert große Kapitalinvestitionen. Im Klub sind viele Mitglieder wie Ren Xin arbeitslos. Sie verlangen oft von Herrn Yang, ihnen doch einen Job zu vermitteln, was ihm „auf die Nerven geht“. Nach Aussage von Herrn Yang wurden bereits einige Millionen Yuan in den Klub investiert. Es gibt Betriebe, die Schlankheitsprodukte produzieren und die Klubmitglieder zur Werbung für ihre Produkte engagieren wollten, was meistens abgelehnt wurde. Herr Yang sucht nun nach einer Zusammenarbeit mit dem Ausland, um seinen dicken Freunden beim Abnehmen zu helfen und die Veranstaltungen des Klubs zu finanzieren.

Entschlossenheit zum Abnehmen

Ren Xin nimmt aktiv an den Veranstaltungen des Klubs teil, obwohl ihre Mutter nicht besonders begeistert ist. Der Klub liegt nicht weit von ihrem Zuhause und sie geht oft dorthin, um mit Freunden zu plaudern. Sie meint, dass sie viele Gemeinsamkeiten haben. Neulich wurde sie von CCTV (Zentraler Fernsehsender Chinas) zu einem Programm eingeladen. Was die Frage betrifft, ob sie einen Freund haben möchte, will Ren Xin nichts überstürzen. Sie meint, die Männer des Klubs würden sie nicht zur Freundin nehmen, weil sie dick ist. Sie will auch kein Klubmitglied als Freund haben, denn sie fürchtet, dass ihr Kind auch dick sein könnte.

Ren Xin versucht ständig und mit allen Mitteln abzunehmen; doch ihr Gewicht ist auf einmal von 90 kg auf 135 kg gestiegen. Die jüngste Abnehmkur hat einige Monate gedauert, und schließlich ist Ren Xin um mehr als 20 kg leichter geworden. Dafür musste sie monatlich 5000 Yuan ausgeben. Jetzt kontrolliert sie bewusst ihre Ernährung. Diesmal ist sie entschlossen, abzunehmen, denn sie „möchte arbeiten und will nicht zu Hause hocken“. Ren Xin will sich bei einigen gewinnträchtigen Massagesalons in Beijing bewerben oder einen eigenen kleinen Massagesalon in ihrem Wohnviertel eröffnen. Eine gute Alternative wäre, als Mitarbeiterin des Klubs tätig zu sein, wenn das Geschäft des Klubs gut läuft.

Ihre dicken Freunde schlagen Ren Xin vor, neben Tanzen auch Singen zu üben, denn sie ist voller Energie und hat außerdem eine magische Stimme. Ren Xin sagt, dass sie kein Lampenfieber hat und sich auf der Bühne besonders gut zu zeigen weiß. Nach ihrem ersten Bühnenauftritt weinte sie. Herr Yang dachte zuerst, dass die Zuschauer wegen ihrer üppigen Figur Beifall geklatscht hätten, was ihr weh tue. Als Ren Xin dies hörte, lachte sie laut und meinte, dass sie vor Aufregung geweint hat.

 

 
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