

Suzhou:
Stadt der Gärten
Von
Zhang Hua


Im Chinesischen lautet ein Sprichwort: „Im
Himmel ist das Paradies, auf Erden gibt es Suzhou und Hangzhou.“
Chinesen und Ausländern kommt der Name Suzhou über diese
Redensart zum ersten Mal zu Ohren. In alter Zeit war Suzhou
ein Zentrum der wirtschaftlichen Blüte und kulturellen Reichtums.
Noch heute, nach all den Jahrhunderten und dem dramatischen
Wandel, den die Welt durchgemacht hat, erinnern sich die Leute
daran und verbinden Suzhou mit zeitlosem Charme.
Suzhous Attraktivität liegt nicht in
seinen Hochhäusern, Autobahnen oder Supermärkten.
Solche Sehenswürdigkeiten findet man in seiner Nachbarstadt
Shanghai. Wer Suzhou besucht, bewundert die kleinen Brücken,
plätschernden Bäche, klassischen Gärten und
Wasserstädte. Besucher können Suzhous Vorzüglichkeit
und Eleganz erfahren, ohne auf seinen Wohlstand verzichten
zu müssen.




Klassische
Gärten
In China werden zwei Arten von Gärten
unterschieden: Die eine sind kaiserliche Gärten wie der
Sommerpalast (Yiheyuan) und der alte Sommerpalast (Yuanmingyuan)
in Beijing oder der Kaiserliche Sommersitz (Bishu Shanzhuang)
in Chengde. Sie sind alle großartig und beeindruckend.
Die andere Art sind private Gärten, wie man sie in Suzhou
findet. Ein Garten im Suzhouer Stil verkörpert das ursprüngliche
Konzept der „städtischen Landschaft“ – ein Mikrokosmos,
ein Miniaturabbild der Welt in einer Ecke der geschäftigen
Stadt. Seine Grundelemente Wasser, Stein, Pflanzen und Gebäude
sind so angeordnet, dass sie die Schönheit des Gartens
im Fluss der Zeit wiedergeben – im Kontrast zwischen Morgen
und Abend und in aufeinander folgenden Jahreszeiten.
Die klassischen Gärten Suzhous sind
ein wertvolles Erbe in Chinas kultureller Schatzkammer. Über
60 Gärten sind gut erhalten, und über ein Dutzend sind
öffentlich zugänglich, darunter der „Garten des
bescheidenen Verwalters“ (Zhuozheng Yuan), der „Garten des
Verweilens“ (Liu Yuan), der „Netzmeister-Garten“ (Wangshi
Yuan), der „Garten des Löwenwalds“ (Shizi Lin) und die
Villa „Umgebende Schönheit“ (Huanxiu Shanzhuang).
Im Dezember 1997 wurden die klassischen
Gärten Suzhous in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen.
Der „Garten des bescheidenen Verwalters“
(Zhuozheng Yuan)
Dieser Garten, im Jahre 1509 gebaut, ist
typisch für die klassischen Gärten im Süden des Unterlaufs
des Yangtze und ist neben dem „Garten des Verweilens“, dem
Sommerpalast in Beijing und dem Kaiserlichen Sommersitz in
Chengde einer der vier berühmtesten Gärten in China.
Er teilt sich in einen östlichen, einen mittleren und
einen westlichen Teil, während seine Gebäude im
Süden liegen. Der Garten ist schlicht gehalten, weitläufig
und natürlich. Die verschiedenen Bauten sind um den See herum
angelegt, der ein Drittel der Gesamtfläche einnimmt.
Wasser bildet das Kernstück des Gartens.
Der „Garten des Verweilens“ (Liu Yuan)
Dieser Garten ist durch die 12 Kalksteinspitzen
bekannt, die vom Tai-See stammen. Er teilt sich in einen östlichen,
mittleren, nördlichen und westlichen Teil. In der Mitte
steht eine künstliche Hügel- und Seenlandschaft, die an traditionelle
chinesische Malerei erinnert. Der östliche Teil zeichnet
sich durch eine Reihe von Höfen und eleganten Gebäuden
aus, der westliche durch den Reiz seiner baumbewachsenen Hügel
und der nördliche durch den idyllischen Anblick einiger
Hütten, die mit Bambus eingezäunt sind. Der „Garten des
Verweilens“ ist ein ausgezeichnetes Beispiel raffinierter
Raumgestaltung in der Gartenbaukunst.
Der „Pavillon der brandenden Wogen“ (Canglang
Ting)
Dieser Garten unterscheidet sich im Grundriss
von den anderen. Die meisten Gärten in Suzhou sind von
einer hohen Mauer eingeschlossen und weisen in der Mitte einen
Teich auf, doch der Canglang-Pavillon ist von einem Wassergraben
eingefasst. Die Hauptmerkmale dieses Gartens sind der Steingarten,
eine verwinkelte Galerie und die Gitterwände.
Der „Netzmeister-Garten“ (Wangshi Yuan)
Dies war die Residenz eines Beamten der
Qing-Dynastie und ist ein Beispiel für die Verbindung eines
Wohnhauses mit einem Landschaftsgarten. Der „Netzmeister-Garten“
teilt sich ebenfalls in drei Teile. Der Wohnbereich, elegant
und ruhig, ist kompakt angelegt. Im Zentrum des Gartens liegt
ein Teich, der von Bäumen und Blumen, einem Steingarten,
Pavillons und Galerien umgeben ist. Eine berühmte deutsche
Gartenbaukünstlerin lobte die Anlage als den elegantesten
und vollständigsten privaten Garten in Suzhou.
Die Villa „Umgebende Schönheit“
(Huanxiu Shanzhuang)
Die Villa wird wegen ihres ungewöhnlichen
Kalksteingartens gepriesen. Auf einer Fläche von nur
500 m2 findet man künstliche Hügel mit hoch aufragenden
Spitzen, kleinen Tälern, verschlungenen Wegen, Grotten,
Steinhütten, Steintreppen, Schluchten, Abgründen, Rinnen,
Brücken und Klippen – und alles macht einen natürlichen Eindruck.
Am höchsten Punkt stehen mächtige alte Bäume,
und ganz unten plätschern Bäche. Auf diesem „fabrizierten“
Hügel erlebt man den wahren Genuss eines klassischen Gartens
und von Mutter Natur.
Andere klassische Gärten sind u. a.
der „Garten der Wonne“ (Yi Yuan), der „Lotosgarten“ (Ou Yuan)
und der „Garten der Abgeschiedenheit und Meditation“ (Tuisi
Yuan).


Touristische
Sehenswürdigkeiten
Suzhou, 514 v. Chr. gegründet, kann auf
2500 Jahre Geschichte zurückblicken. Die Stadt ist voller
Sehenswürdigkeiten, und nur Beijing und Xi’an haben mehr historische
Orte, wie Stadttore, Tempel, Pagoden und Brücken, vorzuweisen.
Kloster des Kalten Bergs (Hanshan Si)
Im Städtchen Fengqiao bei Suzhou liegt
das buddhistische Hanshan-Kloster. In der Tang-Dynastie (618–907)
schrieb der Dichter Zhang Ji ein Gedicht mit dem Titel „Eine
Nacht vertäut bei der Ahorn-Brücke“:
Der Mond geht unter, eine Krähe krächzt
durch den Frost
Im Schatten der Ahornbäume befällt
mich traurige Müdigkeit
Und ich höre, vom Kloster des Kalten
Bergs hinter Suzhou,
Wie für mich im Boot läutet die Mitternachtsglocke.
Seit diesem Gedicht ist das Kloster berühmt.
Jedes Jahr kommen Besucher zum Hanshan-Kloster, um die Glocke
zu hören und ihre Sorgen zu vergessen. Viele Japaner,
die demselben Brauch folgen, finden sich ebenfalls hier ein.
Tigerhügel (Huqiu)
Der Name dieses Hügels, der im Nordwesten
von Suzhou liegt, rührt davon, dass er von weitem einem Tiger
ähnlich sieht. Der malerische Tigerhügel hat über Jahrhunderte
hinweg berühmte Gelehrte angezogen, die zum Malen oder Dichten
hierher kamen. Verschiedene Legenden haben zum geheimnisvollen
Ruf dieses Hügels beigetragen. Die Tigerhügel-Pagode aus dem
Jahre 959 galt lange als Wahrzeichen von Suzhou. Einst als
„die höchste Sehenswürdigkeit im Staate Wu“ bekannt,
ist sie ein Muss für Besucher.
Der taoistische Xuanmiao- (Rätsel-)
Tempel
276 erbaut, ist dies einer der wichtigsten
taoistischen Tempel des Landes. Seine Hallen und Pavillons
sind in gutem Zustand, und er beherbergt Dutzende von Stelen,
auf denen von der Song- (960–1279) bis zur Qing-Dynastie (1644–1911)
das wechselhafte Schicksal des Tempels festgehalten ist. Sie
sind wertvolle Quellen für die Erforschung der lokalen Politik,
Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, der Glaubenssysteme und
der Gebräuche und Sitten ihrer Zeit.
Das Pan-Tor
Dieses Tor aus dem Jahre 514 v. Chr. ist
das besterhaltene Stadttor für den Land- und Wasserverkehr.
Es umfasst zwei Wasserdurchgänge und drei Straßentore
sowie einen von Türmen bewachten Eingang. Besucher können
für einen Rundblick die Treppe an der Nordseite der Tormauer
emporsteigen. Die Mauern sind mit Zinnen und Schießscharten
versehen, und das Tor verfügt über eine Schleuse, eine Winde
und eine Zisterne (zur Feuerbekämpfung). Wenn ein kleines
Schiff die Stadt verlässt, muss es durch dieses Tor fahren,
um zum Kaiserkanal zu gelangen.
Die Ruigang-Pagode
Diese Pagode, ein achteckiger, siebenstöckiger
Bau aus Holz und Ziegelsteinen, befindet sich im Innern des
Pan-Tores. Sie besteht aus drei Teilen: einer Außenmauer
aus Ziegelstein, einem spiralförmigen Aufgang und einem
Kern. Die Ruigang-Pagode ist repräsentativ für Holz-
und Ziegelstein-Bauten der Song-Dynastie und eignet sich vorzüglich
für einen Einblick in diese Art der Baukunst.
Alte
Wasserstädte
Im
Verwaltungsgebiet von Suzhou liegen über 200 Orte, die kreuz
und quer von Kanälen durchzogen sind und eine Vielzahl
von Brücken aufweisen.
Zhouzhuang
Mit einer Geschichte von 900 Jahren gilt
Zhouzhuang in China als „Wasserstadt Nr. 1“. Es ist für traditionelle
Architektur und einzigartige Bräuche bekannt.
Hier spannen sich verschiedenartigste Brücken
über die Kanäle, darunter eine Brücke mit einem Turm
und eine Doppelbrücke. Besucher können sich in einem
Boot durch das Städtchen führen und sich von den Bootsführerinnen
besingen lassen.
Die Wohnhäuser liegen in Zhouzhuang
direkt am Wasser. Die Hallen der Familien Shen und Zhang sind
für alle Touristen faszinierend.
Transport: Nehmen Sie einen Bus von der
Busstation Wuxian.
Tongli
Tongli ist eine Kulturstadt und brachte
viele berühmte Persönlichkeiten hervor, von denen einige
anlässlich ihrer Pensionierung Residenzen und Gärten
errichten ließen. Am berühmtesten ist der Tuisi-Garten,
der direkt am Flussufer liegt. In der Stadt findet man zahlreiche
gut erhaltene Gebäude aus der Ming- und der Qing-Dynastie,
darunter die Chongben- und die Yilao-Halle.
Transport: Nehmen Sie einen Bus vom Busbahnhof
Süd in Suzhou oder von der Busstation Wuxian.
Luzhi
Luzhi hat eine Geschichte von über 2000
Jahren und ist für seine Arhat- (luohan-) Statuen und
die alte Ladenstraße berühmt. Es gibt hier viele historische
Sehenswürdigkeiten, darunter den Bailianhua-Tempel, das Grab
der Konkubine Sun, den Königspalast des Reiches Wu und
den Baosheng-Tempel. Der Baosheng-Tempel wurde 503 erbaut
und beherbergt neun wertvolle Arhat-Statuen aus der Tang-Dynastie.
Innerhalb der gerade einen Quadratkilometer großen Altstadt
gibt es 41 Brücken, von denen die ältesten aus der Song-Dynastie
stammen. Die älteste ist die Hefeng-Brücke; sie ist noch
gut erhalten.
Transport: Nehmen Sie Bus Nr. 18.
Guangfu
In Guangfu gibt es u. a. einen Tempel, eine
Pagode, die alte Situ-Zypresse und den Tianshou-Sheng’en-Tempel
zu besichtigen. Der Dengwei-Berg südlich des Städtchens
ist mit Pflaumenbäumen bepflanzt. Das Setzen dieser Bäume
geht auf die Westliche Han-Dynastie (206 v. Chr.–24 n. Chr.)
zurück und wurde in den nachfolgenden Jahrhunderten fortgesetzt.
Im Spätwinter und frühen Frühling blühen die Pflaumenblüten,
ein Anblick, der als „duftendes Schneemeer“ bekannt ist.
Transport: Nehmen Sie einen Bus von der
Busstation Wuxian.
Reisetipps
Die Nachtlandschaft im „Netzmeister-Garten“
ist einzigartig. Zwischen dem 15. März und dem 20. November
ist er abends für Besucher offen. Neben einer Besichtigung
bei Nacht haben Besucher die Gelegenheit, Kulturaufführungen
mit stark lokaler Färbung zu genießen, z.B. pingtan
(Geschichten und Balladen im Suzhou-Dialekt), Musikstücke
auf der guzheng (einem Zither-ähnlichen Instrument)
und Kunqu-Opern.
Während des Frühlingsfests (des chinesischen
Neujahrs) ist das Hanshan-Kloster gerammelt voll. Da die meisten
Gebäude aus Holz sind, werden die Besucher gebeten, keine
leicht entzündlichen Gegenstände mitzuführen.
Der Name der Guanqian-Straße rührt
von ihrer Lage vor dem Xuanmiao- (Rätsel-) Tempel. Seit
150 Jahren sind hier die besten Konfiserien der Stadt versammelt,
darunter so altehrwürdige Namen wie Daoxiangcun, Caizhizhai
und Huangtianyuan. Im Abschnitt zwischen Bifengfang und Taijiannong,
„Gourmet-Straße“ genannt, liegen zahlreiche Restaurants,
die auf Suzhou-Küche spezialisiert sind. Ein Bummel auf der
Guanqian-Straße ist eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung
unter den Einwohnern von Suzhou, da hier Einkaufen, Kultur,
Religion und Sehenswürdigkeiten beieinander liegen. Auf der
Guanqian-Straße kriegt man einen Eindruck vom Wohlstand
Suzhous.
Der Tai-See ist bezaubernd. Hier gibt es
Früchte in Hülle und Fülle. Wer die Landschaft am See, insbesondere
den Ost- und den West-Hügel, besichtigen möchte, erreicht
ihn bequem mit Bus Nr. 20. Im frühen Frühling findet auf dem
West-Hügel ein Pflaumenblüten-Festival statt.
Die Suzhou-Küche ist landesweit bekannt.
Namhafte Restaurants sind Songhelou (Guanqian-Straße),
Deyuelou (Taijian-Gasse), Wangsi (Taijian-Gasse) und Zhu Hongxing
(Renmin-Straße).
Im Winter ist eine Lammsuppe im Cangshu
Lammfleisch-Restaurant zu empfehlen. Sie weckt die Sinne und
belebt nach einem Straßenbummel die müden Glieder.
Wer eine Rundfahrt auf dem Tai-See unternimmt,
sollte sich ein Bootsbankett nicht entgehen lassen. Restaurants,
die diese in die Qing-Dynastie zurückreichende Spezialität
anbieten, sind in größerer Zahl an der Chuancai-Straße
in der Gemeinde Taihu, Bezirk Wuzhong, zu finden.
Stickerei aus Suzhou ist für ihre eleganten
Farbkombinationen und ihre Motive berühmt, die chinesische
Schriftzeichen, Landschaften, Blumen, Vögel und andere
Tiere umfassen, und wird neben den Stilen aus Hunan, Sichuan
und Guangdong zu den schönsten des Landes gezählt.
Einzigartig ist die doppelseitige Stickerei, die bei Touristen
regelmäßig Bewunderung auslöst.
Seidenliebhaber können das Chinesische
Seidenmuseum bei der Nordtempel-Pagode besuchen, wo auch exquisites
Seidenhandwerk zum Verkauf steht.
Eine Reise nach Suzhou ist, die kältesten
Monate ausgenommen, zu jeder Jahreszeit empfehlenswert. Die
Stadt ist per Flugzeug, Bahn oder Bus erreichbar. Besuchern
sei geraten, für die aktuellen Preise vor ihrer Abfahrt die
Website http://www.aroundsuzhou.com zu konsultieren,
da sie saisonal schwanken.