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Das chinesische Frühlingsfest – Ein Exportschlager

2018-02-02 09:01:00 Source:China heute Author:Shen Xiazhu
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Von Shen Xiazhu*

 

In Zeiten wirtschaftlicher Globalisierung schmelzen heute die Distanzen zwischen unterschiedlichen Kulturen und Völkern. Die Multikulturalisierung der Welt gewinnt an Fahrt. Doch anders, als es westliche Politologen teils prophezeien, kommt es nicht etwa zu einem „Clash of Civilization“. Was wir stattdessen sehen, ist vermehrte positive Interaktion im Austausch unterschiedlicher Kulturen. Unsere Zeit steht damit im Zeichen des gegenseitigen Austausches und gegenseitigen Lernens, im Zeichen von Kernpunkten der Völkerverständigung also, deren Wichtigkeit auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping immer wieder hervorhob. Harmonische Koexistenz statt Zusammenprall der Zivilisationen“ lautet das Motto.

 

 

 

 

Frühlingsfestfeier im Herzen Londons: Am 29. Januar 2017 wurde das chinesische Neujahrsfest im großen Stil auf dem Londoner Trafalgar Square gefeiert. Sogar ein roter Doppeldeckerbus, eines der Markenzeichen der Stadt, war eigens mit einem Festtagsplakat geschmückt.

 

 

Welche Beiträge steuert China nun bei in dieser multikulturellen Weltgemeinschaft? Ein Kulturgut, das zunehmend an Verbreitung gewinnt, ist sicherlich das chinesische Neujahrsfest, auch Frühlingsfest oder auf Chinesisch „chunjie“ genannt. Genauso wie Weihnachten in China Einzug hält, findet dieses traditionelle Volksfest der Chinesen immer größere Verbreitung rund um den Globus. Es wird damit zu einem guten Beispiel für die harmonische Koexistenz verschiedener Zivilisationen und steht zudem im Einklang mit dem Streben nach einer weltweiten Schicksalsgemeinschaft.

 

 

 

Mit Glücksscheinen ins Jahr des Hundes: Leonard Olijar, Direktor des Büros für Gravur und Druck des US-Finanzministeriums, präsentierte der Presse am 14. November 2017 die neue Ausgabe der Lucky Money Collection zum Jahr des Hundes.

 

Das chinesische Neujahr wird nach dem traditionellen Bauernkalender berechnet. Mit Grußformeln wie „Frohes neues Jahr!“ (xīnnián kuàilè), „Mögen alle Wünsche in Erfüllung gehen!“ (wànshì rúyì) oder „Viel Glück für die ganze Familie!“ (héjiā huānlè) wünschen sich die Chinesen traditionell einen guten Rutsch ins neue Jahr. Nicht fehlen dürfen natürlich Traditionen wie der chinesische Drachentanz, traditioneller Festtagsschmuck in der Glücksfarbe Rot und in verschiedenen Größen geflochtene Glücksknoten. Auch in anderen Teilen der Welt finden heute immer mehr Menschen Gefallen an der ausgelassenen Chunjie-Stimmung.

 

 

 

Glückwünsche aus erster Hand: Eine Austauschstudentin aus Jordanien, die an der Liaocheng-Universität der Provinz Shangdong studiert, zeigt einen selbstgemachten Scherenschnitt des chinesischen Schriftzeichens „Chun“ für „Frühling“.

 

Rund um das Frühlingsfest finden nämlich auch zahlreiche Kulturveranstaltungen statt. Highlights sind etwa die Pekingoper, chinesische Schattenspiele oder Puppentheater, die heute auch in anderen Teilen der Welt aufgeführt werden. Teils unter Beteiligung internationaler Organisationen finden jedes Jahr rund um das Frühlingsfest auch in vielen anderen Ländern chinesische Kulturveranstaltungen statt. Diese Events werden allmählich zu festen Größen im Kulturkalender vieler Städte. Wie kommt es, dass das chinesische Fest in der modernen Welt immer mehr Akzeptanz und Anklang auch bei anderen Völkern findet? Der Grund hierfür liegt sicherlich im tiefen kulturellen Gehalt des Frühlingsfestes begründet, dessen positive Message auch für unser Leben in der Moderne von Bedeutung ist. 

 

Mit der Familie zusammenkommen

 

Das chinesische Frühlingsfest steht für Werte wie Freundschaft und Güte. Werte, die nicht nur in China einen hohen Stellenwert besitzen. Im Reich der Mitte bilden seit jeher Sinnsprüche wie „Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg auch keinem anderen zu“ oder „Alle Menschen unter dem Himmel sind Brüder“ als Leitbild für gutes Verhalten.

 

Auch wird in China die Eintracht der Familie als hohes Gut gesehen. Die Devise „Harmonie in der Familie bringt Aufschwung“ ist tief in den Herzen der Menschen verankert. Die Chinesen legen großen Wert auf ein harmonisches Miteinander der Völker und die Regierungsführung des Landes ist bis heute vom Sinngehalt alter Redensarten wie „das Kriegsbeil begraben und Frieden schließen“ und „Nachbarn mit Güte behandeln und mit Vorteilen Menschen aus der Ferne anziehen“ durchdrungen. Auch Sinnsprüche wie „Frieden ist die beste Wahl“ und „Trotz Unterschieden miteinander in Eintracht leben“ verkörpern die große Weisheit und Selbstreflektion der Chinesen.

 

In einer vielfältigen, multikulturellen Welt wie der unseren bildet die harmonische Koexistenz den richtigen Weg für den Umgang mit anderen. China hat über Jahrtausende eine durch Güte gekennzeichnete Kultur hervorgebracht, die bis heute in verschiedensten Formen bei der Feier des Frühlingsfestes zum Ausdruck kommt, etwa durch die jährliche Zusammenführung aller Familienangehörigen, Besuche bei Verwandten und Freunden oder dem Überbringen von Neujahrsglückwünschen.

 

Besonders zu erwähnen ist das große Familienessen am Vorabend des Neujahrstages, dem chinesischen Silvesterabend. Zu diesem Anlass strömen die Familienangehörigen aus allen Landesteilen zurück in die alte Heimat, um zuhause mit ihren Lieben zusammenzukommen. Die Kinder bekommen zum Neujahr kleine rote Umschläge mit Geldscheinen geschenkt. Diese Präsente sollen die Jüngsten dem Volksglauben nach vor dem „Jahresmonster“ schützen.

 

Im Anschluss an das Silvesteressen feiern die Menschen dann ausgiebig die chinesische Silvesternacht. Wenn die Neujahrsglocke zu Mittenacht läutet, setzt traditionell das große Silvesterfeuerwerk ein, das manchmal bis in die frühen Morgenstunden anhält. Damit verabschieden sich die Chinesen mit donnernden Böllerschlägen und farbenfrohem Feuerspektakel fulminant vom vorangehenden Jahr und begrüßen das neue Jahr – in diesem Jahr das Jahr des Hundes. Mit dem landesweiten Silvesterfeuerwerk erreicht das Fest einen ersten Höhepunkt.

 

Chinesische Familien erweisen zum Frühlingsfest traditionell auch Himmel und Erde ihre Ehrerbietung, bringen den Vorfahren Opfergaben dar und drücken den engsten Familienangehörigen in der Reihenfolge ihres Alters ihre Glückwünsche aus. Entferntere Verwandte und Freunde übermitteln sich meist am ersten Tag des neuen Jahres ihre besten Wünsche. Zum Frühlingsfest bringen die Chinesen also ihre sanfte und dennoch feste innere Verbundenheit zu ihren Familienangehörigen, ihren Verwandten und Freunden sowie zu ihrer Heimat zum Ausdruck.

 

Heute bevölkern mehr als sieben Milliarden Menschen die Welt. Nur wenn wir einen freundlichen Umgang miteinander pflegen und einander eine helfende Hand reichen, werden wir gemeinsam eine schöne Heimat der Menschheit aufbauen können. Aber unter dem Einfluss ethnisch-radikaler und religiös-radikaler  Strömungen wird der Frieden der Menschheit noch immer vom Terrorismus bedroht. Dabei lehrt uns die Geschichte, dass Krieg den Menschen großes Leid und Unglück bringt. Das Frühlingsfest trägt dagegen eine Botschaft des Friedens in die Welt hinaus.

 

Der älteren Generation Dankbarkeit erweisen

 

Dankbarkeit ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Kultur des Frühlingsfestes. Sie ist tief im Bewusstsein der Chinesen verankert. Die Menschen in China legen großen Wert darauf, „einen Tropfen Wasser mit einer sprudelnden Quelle zu vergelten“ und vertreten die Auffassung, dass es keine größere Wohltat gibt, als sich gut darauf zu verstehen, Wohltaten und Hilfe anderer zu erwidern. Es gilt in China als unmoralisch, gute Taten anderer zu ignorieren, sich undankbar zu zeigen oder Gutes mit Bösem zu vergelten.

 

In den Augen der Chinesen verstoßen unmoralische Handlungen gegen himmlische Axiome und werden von daher zutiefst verabscheut. Menzius sagte einst: „Die höchste Pietät liegt in der Verehrung der Eltern und die beste Art, diese Verehrung unter Beweis zu stellen, ist die Versorgung der Eltern mit allem Möglichen unter dem Himmel.“ Diese Kultur der kindlichen Pietät gegenüber den Eltern ist ein wichtiger Bestandteil der traditionellen Tugenden des chinesischen Volkes, für das ethisches Verhalten und Dankbarkeit große Wichtigkeit besitzen. Pietät spielt auch während des Frühlingsfestes eine Rolle und wird unter anderem durch traditionelle Opferzeremonien und Ehrerbietung zum Ausdruck gebracht. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass der Mensch eine Schöpfung der Natur ist und sich von Generation zu Generation fortpflanzt. Durch feste Riten bringen die Chinesen daher auch zum Frühlingsfest ihre Dankbarkeit für das Geschenk des Lebens zum Ausdruck.

 

In der heutigen Welt sind Mammonismus und Hedonismus allerorts auf dem Vormarsch. Manche Menschen schwelgen durch die Ausschöpfung natürlicher Ressourcen in Luxus, zeigen aber nicht die geringste Dankbarkeit für die Gaben von Mutter Natur. Dabei bildet Dankbarkeit letztlich die geistige Grundlage für die harmonische Koexistenz von Mensch und Natur und gute zwischenmenschliche Beziehungen. Um also das Verhältnis zwischen Himmel und Mensch, Natur und Mensch sowie Mensch und Gesellschaft neu auszugestalten, ist es von daher in den Augen der Chinesen notwendig, Dankbarkeit als ideellen Wert noch stärker zu verbreiten.

 

Fleiß als Tugend hochhalten

 

Die Kultur des Frühlingsfestes hält zudem die traditionelle Tugend des Fleißes hoch. Die Chinesen sind bekannt für ihren Fleiß und sie schätzen die Früchte fleißiger Arbeit. Sie sind seit jeher davon überzeugt, dass man durch ehrliche und fleißige Arbeit ein schönes Leben schaffen und führen kann. Die berühmte Parabel „Yu Gong versetzt Berge“ verdeutlicht diese Lebenseinstellung nur allzu gut. Demnach ist letztendlich selbst der Himmel gerührt und er erteilt eine Belohnung, solange man nur fleißig und unbeirrt arbeitet.

 

Sinnsprüche wie „Der Himmel segnet die Fleißigen mit reicher Ernte“, „Fleiß gleicht Ungeschicklichkeit aus“, „Mit Fleiß lassen sich alle Schwierigkeiten unter dem Himmel überwinden“ oder „Mit Fleiß und Sparsamkeit kann man gut einen Haushalt führen“ sind den Chinesen in Fleisch und Blut übergegangen. Sie sehen in der Redensart „Fleiß und Sparsamkeit fördern den Aufschwung, jedem Verfall dagegen liegt Extravaganz zugrunde“ den wahren Sinngehalt des Lebens. Während des Frühlingsfestes wird die Tugend des Fleißes unter anderem durch den Yangge-Tanz und den „Volkstanz der Bootsfahrt“ zum Ausdruck gebracht. Ihre Aufführung stimmt ein Loblied auf die Tugend fleißiger Arbeit an.

 

Es lässt sich nicht leugnen, dass in unserer heutigen Welt egoistische Wertvorstellungen wie zum Beispiel ein Leben auf Kosten anderer und das Anhäufen von Reichtümern durch unlautere Mittel salonfähig geworden sind. Solche negativen Weltanschauungen beeinträchtigen die Produktionskraft und die schöpferischen Fähigkeiten der Menschen. Die durch das Frühlingsfest vertretenen chinesischen Tugenden wirken diesem Trend entgegen und spiegeln die Essenz chinesischer Weisheit.

 

Gemeinsam feiern und gemeinsam genießen

 

Die Kultur des Frühlingsfestes ist gewissermaßen eine „Sharing-Kultur“, also eine Kultur des Teilens. In China ist es alter Brauch, die Angelegenheiten unter dem Himmel genau im Auge zu behalten. Diese Haltung spiegelt aber nicht etwa ein Trachten nach „Hegemonie“, sondern fördert stets das Gute. Es handelt sich um ein Verantwortungsbewusstsein, über den eigenen Tellerrand hinauszusehen, an den Angelegenheiten unter dem Himmel mitzuwirken und anderen zu dienen. Dies wird beispielsweise im Sinnspruch „Freude und Leid miteinander teilen“ verkörpert, eine grundlegende Art und Weise des Umgangs miteinander.

 

Konfuzius lehrte seine Schüler einst: „Man leidet nicht unter (materiellem) Mangel, sondern auch unter fehlendem Egalitarismus.“ Die moderne Auslegung dieses Lehrsatzes ist, dass sich Freude nur vermehren lässt, indem man sie teilt. In alter Zeit pflegte man in China zu sagen: „Gemeinsame Freude übertrifft alleinige Freude um ein Vielfaches.“

 

In China wird derzeit die Armutsüberwindung nach besten Kräften vorangetrieben. Diese Unternehmung beruht auf dem Prinzip der Fairness und Gerechtigkeit und zielt auf gemeinsamen Wohlstand ab. Die traditionelle chinesische Kultur betont den gemeinsamen Genuss als angestrebtes Ziel, das sich heute in verschiedenen Veranstaltungen rund um das Frühlingsfest spiegelt, insbesondere in abgelegenen Gebieten, wo alte Brauchtümer gut bewahrt wurden. Dorfbewohner führen hier für ihre Mitmenschen ehrenamtlich Theaterstücke und Opern auf, in denen sich die Talente der Kunstliebhaber voll entfalten. Außerdem veranstalten die Menschen auf dem Land gemeinsame Bankette, um die Prosperität und das Glück im neuen Zeitalter zu feiern.

 

In der heutigen Welt streben einige Länder unter dem Einfluss des Protektionismus danach, ihren Wohlstand hinter geschlossenen Türen im Alleingang zu genießen. Ihre Bestrebungen laufen gar darauf hinaus, eigenes Glück auf dem Unglück anderer aufzubauen. Dies gefährdet die Harmonie und die gemeinsame Prosperität der Weltgemeinschaft. Auch in dieser Hinsicht kann das Frühlingsfest positive Akzente setzen.

 

Das chinesische Frühlingsfest und seine Kultur sind ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes der chinesischen Zivilisation. Seine Bräuche und Gepflogenheiten haben sich im Leben und Arbeiten der Menschen über lange Jahre herausgebildet und spiegeln von daher zahlreiche chinesische Tugenden. Das Frühlingsfest stellt der Welt damit positive kulturelle Elemente mit vorzüglichem und reichem Gehalt zur Verfügung. Sie bilden eine kostbare Quelle für die Multikulturalisierung der Welt. Werte wie Güte, Dankbarkeit, Fleiß und gemeinsamer Genuss, für die das Frühlingsfest steht, fügen sich harmonisch in die Haupttendenz der weltweiten kulturellen Entwicklung. Und dies trägt wiederum zur Verbreitung der chinesischen Kultur in der Welt und zum Aufbau einer Schicksalsgemeinschaft der Menschheit bei, die durch Harmonie und Eintracht, kulturelle Schönheit und Lebensfreude gekennzeichnet ist.

 

Chinas Staatspräsident Xi Jinping sagte: „Die Zivilisationen schillern heute in den unterschiedlichsten Farben, und es ist diese Mannigfaltigkeit, die den Austausch und das gegenseitige Lernen der Kulturen so wertvoll für uns alle macht.“ An anderer Stelle erklärte er: „Die Zivilisationen sind untereinander gleichberechtigt, und gerade dies schafft die Voraussetzungen für Austausch und gegenseitiges Lernen.“ Und weiter: „Zivilisationen sind tolerant, und erst durch die Inklusivität der Zivilisationen entsteht die Antriebskraft für Austausch und gegenseitiges Lernen.“ Die Tatsache, dass die Kultur des Frühlingsfestes heute weltweit Anklang findet, ist ein eindeutiger Beweis für die Vielfältigkeit, Gleichberechtigung und Inklusivität der menschlichen Zivilisation und zudem eindrucksvolles Ergebnis des Austausches zwischen unterschiedlichen Kulturen. Gemeinsam mit anderen Kulturen verleiht Chinas Kultur der Welt eine Richtung und neue Impulse.

 

*Die Autorin Shen Xiazhu ist Forschungsassistentin der School of International Relations & Public Affairs der Fudan University.

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