Juni 2005
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Neuordnung und Rekonstruktion des Bildungswesens in der neuen Periode (3)

Zweisprachiger Unterricht in verschiedenen Formen

 

Ein Schwerpunkt bei der Durchführung der Politik für nationale Minderheiten der KP Chinas ist die Verbesserung des Tibetischunterrichts. Das dient zugleich dazu, die Qualität der Elementarerziehung der Tibeter zu erhöhen. Seit 1987 hat die Kommission für Bildungswesen des Autonomen Gebiets Tibet, von gegebenen Umständen ausgehend, die Bestimmungen des Autonomen Gebiets Tibet für das Erlernen, den Gebrauch und die Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift (probeweise) erarbeitet und dazu detaillierte Regeln und Vorschriften aufgestellt. Seit 1987 wird der Unterricht für fast alle Klassen für Angehörige nationaler Minderheiten an den Grundschulen auf Tibetisch erteilt. An allen Schulen ist Tibetisch als Grundkurs für die Schüler tibetischer Nationalität obligatorisch.

Von 1989 bis 1992 lief als Test ein Lehrgang für den Tibetischunterricht in der Unterstufe der Mittelschule. Der erfolgreiche Test erfolgte auf Initiative der Kommission für Bildungswesen des Autonomen Gebiets Tibet, um Erfahrungen für die Zukunft zu sammeln. Die meisten Schüler des Versuchslehrgangs besuchten später in der Oberstufe der Mittelschule ebenfalls einen Tibetischlehrgang. Die erste Grundschule der Stadt Lhasa startete einen Versuchslehrgang, der vom 1. Jahrgang an in Tibetisch und Chinesisch geführt wird. Auch dies war erfolgreich. Unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Lehrkräfte und entsprechend der jeweiligen lokalen Bedingungen hat die Kommission für Bildungswesen des Autonomen Gebiets Tibet beschlossen, den Unterricht auf Tibetisch und Chinesisch probeweise in verschiedenen Gebieten zu erteilen. Zugleich wird großer Wert auf Fächer ethnischer Prägung wie tibetische Sprache und Schrift, tibetische Geschichte, tibetische Medizin und Arznei gelegt. Entsprechend den mit der Reform- und Öffnungspolitik entstehenden Notwendigkeiten soll in den Klassen, in denen Unterricht in Tibetisch erteilt wird, auch dem Chinesischen und fremden Sprachen verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Private Schulen von Lobsang Bandain und Zhaxi Cering

Im Juli 1988 wurde eine private Schule in der ehemaligen Übungshalle der Kunstschule Tibet gegründet. Das war die erste private Schule in Lhasa seit Einführung der Reform- und Öffnungspolitik. Mehr als 30 Schüler wurden in eine Tibetisch- und in eine Englischklasse aufgenommen. Lobsang Bandain ist Lehrer und zugleich Direktor der Schule.

Lobsang Bandain wurde 1966 in Jianzha, Provinz Qinghai, geboren. Er ist an den Beinen behindert. Die Grundschule hatte er mit ausgezeichneten Leistungen abgeschlossen, woraufhin er Lehrer an dieser von den Einwohnern betriebenen Schule wurde. Als 13-jähriger kam er nach Lhasa, um das Tangka-Malen zu erlernen. Ein Jahr später kam seine Mutter nach Lhasa und schickte ihn in das Jokhang-Kloster. Er nahm auf Wunsch seiner Mutter bei Jorbaq Kampus Lobsang Moinnam, dem ehemaligen Abt des Zhaibung-Klosters und Vizevorsitzenden der Tibet-Zweigstelle der Vereinigung der Buddhisten Chinas, Unterricht in Tibetisch. Lobsang Bandain hatte dabei innerhalb kurzer Zeit schon so bedeutende Erfolge, dass er eigene Abhandlungen, Gedichte und Erzählungen veröffentlichen konnte. Durch Zufall bekam er Gelegenheit, Englisch zu lernen. Auch dabei kam er schnell voran. 1987 wurden Nyima und Nazin die ersten Englischschülerinnen von Lobsang Bandain. Später wurde er von neun Teilnehmern eines Tibetischkurses gebeten, ihnen beim Studium der Argumentations- und Erkenntnislehre sowie Theorie über Poesie zu helfen. Zur gleichen Zeit wollten auch immer mehr Leute Englisch lernen. So kam Lobsang Bandain auf die Idee, eine Schule zu gründen. Seine Lehrer, Verwandten und Schüler unterstützten diese Idee.

Die Schulgründung erregte die Aufmerksamkeit der Gesellschaft. Einige Organisationen und Persönlichkeiten ermunterten Lobsang, eine Gangxuan- Freizeitschule für Englisch der Stadt Lhasa aufzubauen. Die Zahl der Schüler stieg auf 200. Viele Menschen waren dort in ihrer Freizeit ohne Bezahlung als Lehrer tätig. Später beschaffte sich Lobsang Bandain 10 000 Yuan Startkapital und beantragte offiziell die Errichtung einer privaten Schule bei der Kommission für Bildungswesen und Sport der Stadt Lhasa. Im März 1990 bekam er die Genehmigung. Am 16. Juni 1991 wurde die Freizeitsprachschule Gangxuan offiziell gegründet. Dort kann man Tibetisch, Chinesisch, Englisch und Deutsch lernen. Bis 1991 gab es mehr als 3000 Lernende. 20 von ihnen wurden dann in die Hochschule, weitere 25 in die Fachschule aufgenommen. Außerdem fanden 23 Teilnehmer nach ihrem Schulabschluss einen Arbeitsplatz. Der 24-jährige Lobsang Bandain hat die Aufmerksamkeit der tibetischen Medien auf sich gezogen und wurde zum „Vorbild für unaufhaltsames Vorwärtsstreben im Lande“ gewählt und von Staatsführern wie Jiang Zemin und Li Peng empfangen.

Am 25. Juni 1991 wurde die Guqoi-Schule in der Gemeinde Karze des Kreises Namling offiziell eröffnet. Als die 48 Kinder eingeschult wurden, war es für die Bewohner des Dorfes Guqoi ein Festtag. In diese Schule hat Zhaxi Cering 18 000 Yuan investiert. Zhaxi Cering ist Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz des Autonomen Gebiets Tibet und Herausgeber des ersten Englisch-Tibetisch-Chinesischen Wörterbuches. Der frühere Englischlehrer der Universität Tibet ist heute im Ruhestand.

Zhaxi Cering wurde im Kreis Namling geboren. Als Zehnjähriger wurde er in eine Gesangs- und Tanzgruppe für Aufführungen der Hofmusik und des Hoftanzes in Lhasa aufgenommen. Mit 13 Jahren flüchtete er zurück in seine Heimat und besuchte dort eine private Einklassenschule, in der er die tibetische Sprache und Schrift erlernte. Später wurde er Lagerverwalter unter der Gaxag-Regierung im Potala-Palast. 1957 ging er als Händler nach Indien und begann dort, Englisch zu lernen. Später, als er Englisch sicher beherrschte, studierte er in den USA. 1964 kehrte er nach China zurück, um voller Eifer und Hingabe dem Vaterland zu dienen. Er arbeitete an der Tibetischen Hochschule für Nationale Minderheiten. 1982 kehrte er nach Tibet zurück.

1985 veranstaltete Zhaxi Cering in Lhasa mehrere Freizeitsprachkurse für Englisch. Die Kursteilnehmer wurden später Reiseführer oder Verkäufer. Weil Zhaxi Cering zu stark in seinem Beruf beschäftigt war, konnten keine weiteren Sprachkurse abgehalten werden. Immerhin hatte er durch die Kurse 10 000 Yuan erspart.

Das Dorf Guqoi ist die Heimat von Zhaxi Cering. Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die von Dörfern betriebenen Grundschulen abgeschafft und mit anderen auf höherer Ebene vereinigt. Die ehemalige Grundschule des Dorfes wurde in die Gemeinde Karze verlegt. Nun konnten die mehr als 100 Kinder des Dorfes Guqoi keine Schule in ihrer Nähe besuchen. Darum entschloss sich Zhaxi Cering, mit seinen Ersparnissen in Höhe von 10 000 Yuan eine Schule in Guqoi einzurichten. Am 11. Juli 1990 begannen die Bauarbeiten. Die Dorfbewohner halfen freiwillig und unentgeltlich dabei. In kurzer Zeit wurden zwei Klassenzimmer und zwei Wohnzimmer für Lehrer fertig gestellt. 1994 nahmen die ersten Schüler an der kreisweit einheitlichen Prüfung für den 3. Jahrgang teil. Die meisten von ihnen übersprangen mit ausgezeichneten Leistungen die 4. Klasse und konnten direkt in die 5. Klasse einsteigen. Später wurden sieben Schüler der Guqoi-Schule in die Mittelschule des Kreises Namling versetzt. Ein Schüler namens Silho Cering kam sogar in die Tibet-Mittelschule in Changzhou, Provinz Jiangsu, und wurde damit der erste Schüler seines Dorfes, der seit der demokratischen Reform nach einer regulären Aufnahmeprüfung eine Schule im Landesinneren besuchen konnte.

Zhaxi Cering war von diesen Erfolgen begeistert. 1992 investierte er wiederum 30 000 Yuan, um eine Schule in der Gemeinde Karze zu gründen. Seit 1997 verläuft sein Tun in einem schönen Kreislauf: Im Handel ist er sehr erfolgreich und einen Teil des dabei verdienten Geldes investiert er in Schulen. Die Unterstützung einiger ausländischer Organisationen und einzelner Personen erhöhte seine Investitionsmöglichkeiten. Als ihm betreffende Geldmittel zur Verfügung gestellt wurden, ging das Bildungsamt des Kreises Namling sofort an die Arbeit. Es teilte das Geld auf, wählte den Standort der Schule und bestimmte die Größe derselben. Die ortsansässige Bevölkerung unterstützte alles durch freiwillige Arbeitseinsätze. Bisher wurden insgesamt 30 Grundschulen fertiggestellt. Zhaxi Cering möchte erreichen, in jedem Dorf des Kreises Namling eine Schule zu gründen, damit jedes schulpflichtige Kind auch wirklich in die Schule gehen kann.

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