Juni 2005
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Hochzeit in China – Der teuerste Tag im Leben?

Von Cordelia Steiner

Chinesisches Brautpaar

Wie überall in der Welt ist auch in China die Hochzeit ein großes Familienereignis. Die Feier besteht aus einer Mixtur zwischen chinesischer Tradition und westlichen Elementen.

In Großstädten wie Peking oder Shanghai wird die Hochzeit zu 60% durch Hochzeitsplaner organisiert. Solche Firmen befinden sich meist in den gehobeneren Stadtvierteln, organisieren die Zeremonie von A-Z und sind hoch profitabel, denn bei einer Zahl von etwa 100 geladenen Gästen wird eine Summe von ca. 45 000–65 000 Yuan angesetzt, wobei die Grenzen nach oben offen sind.

Fast noch wichtiger als die Hochzeit selbst sind die zugehörigen Fotos, die man von professionellen Hochzeitsfotografen vielerorts erstellen lassen kann. Die meisten Paare wollen das Komplettpaket, inklusive Fotoalbum, Poster und Schlüsselanhängern. Die Kosten hierfür liegen zwischen 1000 und 12 000 Yuan. Während der stundenlangen Fotoaufnahmen wird das Paar mit Schminke und in aufwendigen Kostümen in Szene gesetzt: sie ihn anhimmelnd, er sie beschützend; von der chinesischen Tracht bis zum pinken Federkleid.

Der Tagesablauf für eine chinesische Hochzeit ist meist folgendermaßen: Am Morgen muss der Bräutigam an die Tür seiner zukünftigen Frau klopfen. Dort wird sie aber von ihren eigenen Verwandten versteckt und der Bräutigam muss erst zahlreiche Hürden nehmen, um sie zu finden.

Beratung beim Hochzeitsplaner

Im Anschluss an diese „Bewährungsprobe“ geht man gemeinsam zum festlich dekorierten Brautauto. Am gefragtesten sind westliche Modelle, die dann extra für das große Ereignis angemietet werden. Dabei rieseln Reis sowie rote oder grüne Bohnen über die Braut. Diese sollen dem Paar Glück und Fruchtbarkeit bringen. Anschließend findet eine Teezeremonie im Hause der Eltern des Bräutigams statt, während dieser die zukünftige Schwiegertochter ihre hausfräulichen Fähigkeiten beim Zubereiten und Servieren unter Beweis stellen muss.

Anschließend fährt die gesamte Hochzeitsgesellschaft in ein gemietetes Restaurant oder Hotel. Viele geladene Gäste sind der Braut meist gar nicht bekannt, denn nach Brauch muss der Bräutigam alle seine Vorgesetzten einladen. Wer heute in China auf sich hält, bucht zur Hochzeit ein Bankett für mindestens hundert Personen, einen Showmaster für die Jawort-Zeremonie und eine Sektglas-Pyramide. Dass dies die Kosten in die Höhe treibt, ist offensichtlich, aber der „schönste Tag im Leben“ muss einem das schon Wert sein. Rund 2800 Euro geben junge Paare durchschnittlich für ihre Hochzeit aus, 50-mal so viel wie noch vor 20 Jahren. Und das bei einem Durchschnittslohn von 170 Euro.

Die zuerst weiß gekleidete Braut wird von ihrem Vater hereingeführt, bevor es – nach westlicher Tradition – zum Tausch der Ringe kommt. Die Frau wechselt während der Festivität mehrmals ihr Kleid, wobei den Abschluss meist ein rotes Kleid bildet – die Farbe immerwährenden Glücks.

Die Braut trägt während der Hochzeitsfeier mehrere verschiedene Kleider, wobei das letzte Kleid rot ist, die Farbe des Glücks

Wer jetzt glaubt, dass das Paar die Zeremonie überstanden hat, der irrt sich, denn es ist durchaus Brauch, das neue Paar trickreich zu „prüfen“. Hierzu soll das frisch getraute Paar mit vielen Fragespielen und weiteren Tests, die von Freunden organisiert werden, einer Probe unterzogen werden.

Der Pomp um die Hochzeit ist in China keine reine Modeerscheinung. Wenn heute Statussymbole immer wichtiger werden, dann auch deshalb, weil die meisten Eltern der heutigen Brautleute während der Kulturrevolution nur eine ärmliche Aussteuer mit in die Ehe brachten. Das Hochzeitsfest beschränkte sich damals auf das formale Abstempeln der erforderlichen Papiere.

Viele Rentner heiraten deshalb heute noch einmal, um das nachzuholen, was ihnen vor einigen Jahrzehnten nocht nicht möglich gewesen wäre. Andere Seniorkunden wollen nur ein Hochzeitsfoto. Per Weichzeichner werden die 60-Jährigen dazu einige Jahre jünger gemogelt.

Inzwischen hat der Hochzeitstrend auch Pekings Amtsstuben erreicht. Gegen eine Extragebühr gibt es dort seit kurzem ganz amtlich kleine feierliche Zeremonien, bei denen die Liebenden zueinander „Shi“ (Ja) sagen dürfen.

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