Juni 2005
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Tempel und Klöster in Tibet (6)

Das Curpu-Kloster, das Kloster der Reinkarnation

 

Das Kloster Curpu liegt 60 km nordwestlich der Stadt Lhasa am Oberlauf des Flusses Curpu in der Region Nagar im Kreis Doilungdeqen, 4300 m über dem Meeresspiegel.

Das Kloster Curpu ist das Hauptkloster der Karma-Kagyu-Sekte des tibetischen Buddhismus. Über die Herkunft der Bezeichnung gibt es verschiedene Auslegungen: nach der einen bedeutet es „hergeflogenes“ Kloster, nach einer anderen „größter Reichtum“. Nach einer dritten Auslegung bedeutet es „überschwemmter Graben“.

Das Curpu-Kloster wurde 1187 von Dusong Shingba gegründet. 1147 hatte er schon an einem Ort namens Karma in Qamdo ein Kloster gegründet, es trug den Namen Garma Dainsa. Von daher stammt die Bezeichnung Karma-Kagyu-Sekte. Im Alter von 80 Jahren ließ Dusong Shingba das Curpu-Kloster erbauen. Er wurde der erste Garmaba des Klosters. Im Alter von 84 Jahren (1193) ist er ins Nirwana eingegangen. Später verlor das Kloster Garma Dainsa allmählich an Bedeutung und das Curpu-Kloster stieg langsam zum Hauptkloster der Karma-Kagyu-Sekte auf.

Dusong Shingba war der Begründer der Reinkarnationslehre des tibetischen Buddhismus. Auf dem Totenbett liegend versicherte er seinen Schülern, er wolle zurückkehren. Später haben dann seine Schüler ein Seelenkind gefunden, wodurch die Reinkarnation von Garmaba sich vollzog. Das Seelenkind war Karma Pakschi. Dieser entwickelte sich zu einem großen Meister des tibetischen Buddhismus. Der mongolische Kaiser verlieh ihm den Titel „Lehrmeister des Staates“ und eine schwarze, goldgesäumte Buddhamütze. Von da an wurde die Karma-Kagyu-Sekte auch als Schwarzmütze-Sekte bezeichnet. Nach seinem Tod haben seine Schüler aus seinem Testament herausgelesen, dass in der Ferne, in Ladoi, sein Nachfolger als Führer der Schwarzmütze-Sekte erscheinen werde. Und tatsächlich wurde der Nachfolger gefunden! So entstand das System der Reinkarnation des Lebenden Buddhas. Es etablierte sich zuerst in der Karma-Kagyu-Sekte; später wurde es von den anderen Sekten nachgeahmt. Nach dem ersten Führer Dusong Shingba, dem zweiten Karma Pakschi hat gegenwärtig der 17. Garmaba die Führung inne. Der 17. Garmaba wurde im Juni 1992 von der Zentralregierung anerkannt. Die Rotmützensekte glaubt an ein anderes Reinkarnationssystem als die Karma-Kagyu-Sekte. Der Name Rotmützensekte stammt aus der Yuan-Dynastie, deren Kaiser der Sekte eben rote Mützen verliehen hatten. Im 18. Jahrhundert war der 10. Abt der Rotmützensekte, Qoizhu Gyamco, in ein Komplott mit der Truppe von Gurkha verstrickt, die er durch Tibet führte. Wegen dieser verbrecherischen Tat musste er später Selbstmord begehen. Der Qing-Kaiser Qianlong erließ ein Dekret, wonach er als Hochverräter verurteilt und selbstverständlich die Reinkarnation verboten wurde. Damit wurde der Untersekte der roten Mütze ein Ende gesetzt. Während der Zeit nach der Yuan-Dynastie kämpften die Karma-Kagyu-Sekte, die Sakya-Sekte und Pagdu-Sekte oft um die politische und religiöse Macht in Tibet.

Die Klosteranlage hat die Haupthalle als Zentrum und umfasst die Sutra-, die Buddha- und die Halle der Schutzgottheiten. Daneben gibt es Kollegien zum Studium der Sutras, Studienzimmer für die esoterische Lehre, das Wohngebäude für Lebende Buddhas sowie Wohnstuben für Mönche. Außerdem gibt es im Kloster noch geräumige Tribünen, um Sutras vorzulesen. Zur Zeit leben in diesem Kloster über 300 Mönche. Das Kloster besteht aus einem oberen und einem unteren Teil. Beide Teile haben jeweils ihre eigenen Verwaltungssysteme. Der bedeutendste Kulturgegenstand im Kloster ist eine Steintafel über den Bau des Klosters. Sie wurde in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts in der Periode Tride Zutsan aufgestellt, ist 2,5 m hoch und 0,5 m breit. Auf dieser Steintafel ist ein Text im klassischen Tibetisch eingehauen. Diese Schrift ist für die Erforschung der Politik, Wirtschaft und Religion der Tubo-Dynastie von großer Bedeutung. Sie steht heute in der Großen Halle des Curpu-Klosters. Im Curpu-Kloster findet jährlich zweimal, gewöhnlich im Winter und im Sommer, ein Tanzfest zu Ehren der Vajra-Gottheit statt. Im Winter wird der Tanz am 29. Tag des zwölften Monats nach dem tibetischen Kalender veranstaltet. Die Festlegung dieses Datums steht sicher in engem Zusammenhang mit den alten Sitten und Gebräuchen zur Vertreibung böser Geister überall in Tibet. Das Datum für das Fest im Sommer wird von den Klöstern selbst bestimmt. Die Tanz-Veranstaltung im Sommer im Curpu-Kloster lässt sich auf das 11. Jahrhundert zurückzuführen. Hierzu werden auch Aufführungen tibetischen Theaters und andere kulturelle Veranstaltungen dargeboten. Am letzten Tag des Festes werden große buddhistische Bilder ausgerollt.

Das Gandain-Kloster, das Hauptkloster der Gelug-Sekte

Das Gandain-Kloster ist das Gründungskloster der Gelug-Sekte. Nach der buddhistischen Lehre bedeutet es etwa „Freude der Genügsamkeit“. In der Qing-Dynastie hat der Kaiser Yongzheng dem Kloster den Namen „Ewige Ruhe“ verliehen. Das Kloster liegt in 3800 m Höhe nordöstlich der Kreisstadt Dagze. Im Klosterkomplex gibt es Sutra- und Buddhahallen, buddhistische Kollegien sowie viele andere Sakral- und Wohnbauten.

Das Gandain-Kloster wurde am Anfang des 15. Jahrhunderts erbaut. Der Gründer der Gelug-Sekte war Tsongkapa. Er sammelte 1409 zum Neujahr nach dem tibetischen Kalender über 8000 Gläubige und veranstaltete im Jokhang-Kloster in Lhasa ein großes Gebetsfest zum Andenken an Schakjamuni (Dadurch ist zur Tradition geworden, jährlich ein großes Gebetsfest zu veranstalten). Im zweiten Monat des darauf folgenden Jahres wurde das Gandain-Kloster erbaut. Damals gab es bereits über 500 Mönche. Tsongkapa hielt die große buddhistische Einweihungszeremonie ab und übernahm das Amt des ersten Abtes. Die erste Veranstaltung des großen Gebetsfestes und der Bau des Gandain-Klosters wurden als Zeichen für die Herausbildung der Gelug-Sekte gesehen. Nach Tsongkapas reformatorischen Gedanken wurden feste Institutionen zum systematischen Studium der Sutras eingeführt. Dadurch erhielt das Kloster im Vergleich zu anderen Klöstern spezifische Merkmale, die den Aufbau und die Entwicklung der Sekte nachhaltig beeinflussten. Das Gandain-Kloster, das später enstandene Sera-Kloster und das Zhaibung-Kloster werden als die drei großen Klöster Lhasas bezeichnet. Da das Kloster unter der Leitung von Tsongkapa gebaut wurde, der dort auch erster Abt war und später dort in das Nirwana eingegangen ist, hat das Kloster den Vorrang unter den Klöstern der Gelug-Sekte.

Die große, dreistöckige Halle Lhagyi ist der größte Versammlungsort im ganzen Kloster. Die Halle hat eine Fläche von über 2000 qm und kann 3000 Personen aufnehmen. Die große Halle Yangbagyian befindet sich an der westlichen Seite der großen Halle Lhagyi und hat vier Stockwerke. Sie umfasst die Halle der Schutzgottheiten, die des Lehrmeisters, die der „Altarstadt“ sowie die Halle mit einem silbernen Stupa für alle ins Nirwana eingegangenen Gandain Tribas (Äbte) des Klosters. Die Halle Sidongkang stammt aus der früheren Bauphase und diente anfangs als Schlafzimmer Tsongkapas. Nachdem er 1419 ins Nirwana eingegangen war, wurde sie zu einer Gedenkhalle mit einem Stupa für ihn umgebaut. Darin werden viele von ihm hinterlassene Gegenstände aufbewahrt. Die Räume für buddhistische Kollegien und die Wohnstuben für die Mönche liegen hauptsächlich im westlichen Teil der Klosteranlage. In der Qing-Dynastie gab es im Kloster 3300 Mönche, in der Blütezeit lebten dort über 5000 Mönche. Der Dharma-König Shiaze und der Dharma-König Jamze waren berechtigt, abwechselnd das Amt des Abtes zu übernehmen. Von Tsongkapa an gezählt, ist der heutige Abt der 97. Amtsträger. In der Geschichte war der Abt des Klosters berechtigt, in der Periode zwischen zwei Dalai Lamas das Amt des Dalai Lamas zu übernehmen, auszuüben und die politischen und religiösen Angelegenheiten zu verwalten. In der Gelug-Sekte ist der Gandain Tribas, also der Abt dieses Klosters nur Dalai Lama und Panchen Lama untergeordnet.

1961 wurde das Gandain-Kloster als Schlüsselkulturstätte Chinas unter den Denkmalschutz gestellt. In der Kulturrevolution (1966-1976) wurde es schwer beschädigt; in den letzten Jahren ist es restauriert und renoviert worden.

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