Ich und mein Enkel
Von Fan Ming
Mein Enkel Yang Yang, der Sohn meiner Tochter, ist nicht dumm,
aber sehr unartig. Als er zwei Jahre alt war, spielten wir am
See Houhai. Ich sagte zu ihm: ,,Der Vogel fliegt in der Luft,
die Fische schwimmen im Wasser und die Weiden wehen im Wind hin
und her. Er ergänzte sofort: ,,Wir gehen nach Hause.
Vor sechs Jahren begann er, die Grundschule zu besuchen. Gemäß
der Regierungspolitik kann er die Grundschule in unserem Wohngebiet
besuchen. Seine Mutter ist Lehrerin einer Mittelschule. Mit Hilfe
des Mittelschuldirektors bekam mein Enkel die Möglichkeit,
eine berühmte "Elitegrundschule", zu der er jeden
Morgen vierzig Minuten fahren muss, zu besuchen. Morgens brachte
ihn sein Vater in die Schule, nachmittags holte ich ihn ab, damit
er sicher nach Hause kommt. Anfangs dachte ich: ,,Wie kann das
sein? Unser Kind kann nicht selbst nach Hause fahren? Als ich
in meiner Kindheit die Grundschule besuchte, ging ich allein 1,5
Kilometer hin und zurück. Aber eines Tages hatte ein
Auto eine Frau angefahren, die ihre Enkelin abholte. So entschied
ich, dass ich meinen Enkel von der Schule abhole. Dieser Zustand
dauerte fünf Jahre lang an. Als er in die 6. Klasse kam,
konnte er allein nach Hause fahren.
Jeden Tag verließ ich um halb drei nachmittags meine Wohnung.
Wenn ich früher die Schule erreichte, ging ich in eine Buchhandlung,
um in einem Buch zu blättern oder es zu kaufen. Z. B. ,,Die
Prosa, die jeder lesen muss, ,,Deine Figur kostet Millionen
von Yuan, ,,Wang Meng erzählt selbst: Meine Lebensphilosophie
usw. Manchmal stand ich an der Straße, sang leise Lieder,
die ich mal gelernt habe, wie z. B. Die schöne Steppe,
meine Heimat, Der Olivenbaum, Das rote
Flusstal usw.
Vor dem Eingang der Grundschule Huangchenggen strömen tagtäglich
Eltern und Großeltern in Massen zusammen. Zu beiden Seiten
des Eingangs stehen Fahrräder, motorisierte Dreiräder
und Autos, so dass Busse schwer durchkommen. Wenn die Eltern keine
Zeit haben und die Schüler keine Großeltern haben,
engagieren die Eltern eine Haushälterin, die das Kind abholt.
Das kostet über 300 Yuan pro Monat. Wie kann man diesen Zustand
verändern? Schwer! Jemand hat den Vorschlag gemacht, dass
die Grundschule ihre Schüler mit Bussen nach Hause bringen
soll. Aber die Schüler wohnen sehr verstreut und kommen aus
allen Teilen Beijings. Nur durch Ausbalancierung der Ressourcen
aller Schulen kann dieses Problem gelöst werden.
Während der Fahrt mit dem Bus lehrte ich meinen Enkel, Deutsch
zu sprechen. Wenn der Bus kam, sagte ich auf Deutsch Einsteigen!
Er bestieg den Bus. Wenn wir ausstiegen, sagte ich Aussteigen!
Und er stieg sofort aus. Nachher sagte er oft zu mir: ,,Einsteigen,
aussteigen! auf Deutsch oder auch Die nächste
Haltestelle ist Gulou usw.
Wenn wir den Bus betraten, suchte der Schaffner für uns
oft einen Platz: ,,Wer macht dem Alten und dem Schüler einen
Platz frei? Ein Mädchen mit einer Brille, die am Fenster
saß, stand sofort auf und bot uns ihren Platz an. Wir sagten
ununterbrochen: ,,Danke schön, Danke schön! Manchmal
war die Straßenbahn voll von Menschen. Ein Schaffner, der
eine blaue Jacke trug, ging durch die Menschenmenge von hinten
nach vorne, um uns einen Platz zu suchen. Wir nahmen Platz, dann
ging er wieder auf seinen Platz zurück. Einmal stiegen wir
in die Straßenbahn ein und eine junge Frau bot uns einen
Platz an. Ich dachte: ,,Sie fährt vielleicht noch eine ganze
Weile! Ich dankte ihr und nahm das Angebot nicht an. Als
mein Enkel acht Jahre alt war, bot auch er älteren Menschen
seinen Platz an. Früher, als der Bus kam, strömten die
Fahrgäste zum Bus. Heute stehen zwei oder drei Leute, die
eine blaue Jacke tragen und rote oder gelbe Fahne in den Händen
halten, an der Bushaltestelle und sorgen für Ordnung. Bevor
ein Bus kommt, ruft er oder sie: ,,107 und 111 sind gekommen!
Fahrgäste stellen sich spontan in einer Reihe auf und steigen
einer nach dem anderen in den Bus ein.
An der Bushaltestelle Gulou stiegen wir um. Mein Enkel pflegte,
ein Stück Kuchen oder Eis zu kaufen. Im allgemeinen kostete
dies ein oder zwei Yuan (10 Yuan sind etwa 1 Euro). Manchmal kaufte
er Kuchen, der drei Yuan kostete. Aber er konnte nicht alles aufessen.
Dann wurde der Rest weggeworfen. Ich erklärte ihm: Der
Kuchen ist aus Weizenmehl gebacken. Bauern bauen Weizen an und
ernten einmal pro Jahr Weizen. Wir sollen die Arbeit der Bauern
wertschätzen und kein Getreide verschwenden. Früher
arbeitete ich für eine deutsche Baufirma im Irak. Der deutsche
Polier las oft Nägel und Holz vom Boden auf. Er achtete sehr
auf sparsamen Umgang mit Ressourcen. Wir wollen von ihm lernen.
Danach kaufte er nicht mehr zu viel Kuchen.
Eines Tages gingen wir am Ufer des Sees Houhai entlang nach Hause.
Mein Enkel fragte mich: Großvater, wie kann ich den
Aufsatz, den wir als Hausaufgabe bekommen haben, gut schreiben?
Ich erklärte ihm: ,,Ein guter Aufsatz kommt aus dem Leben.
Du musst das Leben und die Menschen genau betrachten. Du lebst
mit deiner Mutter, deinem Vater und deinen Großeltern zusammen.
Du solltest sie beobachten und kennen. Wir wohnen im Wohngebiet
Guxi. Wir sollten die Änderungen in unserem Stadtteil wahrnehmen.
Beispielsweise standen früher viele kaputte Häuser am
Ufer des Sees Houhai. Jetzt stehen da viele Bars und neu gebaute
Hofhäuser. Abends sehen wir Neonlampen leuchten. Der Turnplatz
und der Supermarkt sind in den letzten Jahren errichtet worden.
Die Bank und das Postamt Dianmen sind nach Süden umsiedelt.
Der alte Tempel für den Feuer-Gott und das Wahrenhaus Dianmen
sind renoviert. Die Jiumen-Imbissstube zieht in- und ausländische
Touristen an. Das Restaurant vor dem Trommelturm ist abgerissen,
die Straße erweitert worden. Das alles ist Stoff für
deinen Aufsatz.
Zuhause macht mein Enkel vor allem seine Hausaufgaben. Seine
Großmutter ist verantwortlich für die Überprüfung
seiner Mathe-Hausaufgaben; ich bin verantwortlich für die
Überprüfung seiner Chinesisch- und Literatur-Hausaufgaben;
sein Vater ist verantwortlich für seine Englisch-Hausaufgaben.
Nach der Erledigung der Hausaufgaben spielt er eine Stunde Geige.
Jeden Nachmittag sonntags lernt er bei Lehrerin Sheng Zhonghong,
Schwester des bekannten chinesischen Violinisten Sheng Zhongguo,
Geige. Nun bereitet er sich darauf vor, die Prüfung der höchsten
Stufe für Amateure abzulegen. Im Geigen-Wettbewerb des Beijinger
Stadtbezirks Xicheng hat er den ersten Preis bekommen. Im Geigenspiel-Wettbewerb
der Stadt Beijing hat er den zweiten Preis gewonnen. Jeden Samstagabend
lernt er bei einer Abendschule Englisch.
Die Regierung fordert, die Lernbelastung der Schüler zu
verringern und sie gut zu erziehen. In der Tat tragen Schüler
durch das Lernen eine schwere Belastung mit sich herum. Eine Schultasche
wiegt 4,5 kg, Schüler nehmen an verschiedenen Nachhilfekursen
teil. Im Juni dieses Jahres absolvierte mein Enkel mit sehr guten
Abschlussnoten die Grundschule. Er wurde von einer Elitemittelschule
des Stadtbezirks Xicheng aufgenommen. Meiner Meinung nach ist
es nicht sehr wichtig, welche Schule er besucht. Der Schlüssel
ist die eigene Qualität des Schülers.
Wie wird die Lernbelastung für die Schüler verringert?
Wie können die Ressourcen der Mittel- und Grundschule ausbalanciert
werden? Wie kann dafür gesorgt werden, dass die Schüler
wirklich in der Nähe ihres Wohngebiets unterrichtet werden?
Diese Probleme können nur durch weitere und tiefgehende Bildungsreformen
gelöst werden.
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