Frage 2: Im Gegensatz zum Schöffengerichtssystem und zu
den öffentlichen Gerichtsverhandlungen in den westlichen
Ländern befürwortet China das Volksschöffensystem.
Wie werden Volksschöffen gewählt? Welche Machtbefugnisse
haben sie?
Antwort:
Die meisten Länder der Welt praktizieren das Schöffengerichtssystem,
um die Demokratie in der Justiz hervorzuheben. Die Gerichte der
USA, Großbritanniens und anderer Staaten mit britischem
Rechtssystem sind beispielsweise überwiegend Schöffengerichte,
während die meisten europäischen Staaten wie Deutschland
und Frankreich öffentliche Verhandlungen befürworten.
China hat das Volksschöffensystem eingeführt. Es ist
ein Rechtssystem, in dem die gewählten Volksschöffen
an der Gerichtsverhandlung teilnehmen und dabei die gleichen Rechte
wie die Richter haben.
Nach dem Beschluss über die Vervollkommnung des Volksschöffensystems,
der im Mai 2005 in Kraft trat, wurden folgende Bedingungen für
die Wahl von Volksschöffen festgelegt: Sie müssen die
Verfassung der Volksrepublik China achten, mindestens 23 Jahre
alt sein und Hochschulbildung besitzen. Wer diesen Bedingungen
entspricht und nicht vorbestraft ist, kann sich selbst als Schöffe
bewerben. Außerdem kann jeder Bürger, der die Vorbedingungen
erfüllt, von Organisationen den Gerichten auf gleicher Ebene
empfohlen werden. Nach Überprüfung der Kandidaten schlägt
der Gerichtspräsident sie dem Ständigen Ausschuss des
Volkskongresses zur Ernennung vor. Die Amtszeit eines Volksschöffen
dauert fünf Jahre. Die Zahl der Volksschöffen muss mindestens
die Hälfte der gesamten gegenwärtigen Richterzahl betragen.
Statistiken zufolge waren bis zum 10. April 2005 in ganz China
insgesamt 26 917 Volksschöffen registriert, von ihnen sind
2646 Angehörige nationaler Minderheiten. Das sind 9,8% aller
Schöffen. 38,6% der Volksschöffen haben Hochschulbildung.
48% bzw. 13,4% haben eine Fachoberschule bzw. eine normale Oberschule
absolviert. Was ihre Tätigkeiten betrifft, so sind 46,5%
Angestellte von Partei- und Regierungseinrichtungen, 33,4% sind
in Betrieben oder sonstigen Institutionen tätig, 20,1% üben
andere Berufe aus. Das Alter der Schöffen liegt überwiegend
zwischen 31 und 50 Jahren. Die aktuellen Volksschöffen haben
im Durchschnitt ein höheres Bildungsniveau als die früheren.
Ihre Altersstruktur ist ausgewogen, sie gehen den verschiedensten
Berufen nach und sind insofern repräsentativ für die
Bevölkerung.
Bei Verhandlungen des Volksgerichts haben die Volksschöffen
die gleichen Befugnisse wie die Richter, dürfen aber nicht
dem Gericht vorsitzen. Vor den Gerichtsverhandlungen dürfen
Volksschöffen laut Gesetz Akten einsehen, während der
Verhandlung vor der Kammer Fragen stellen und natürlich von
ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Um zu verhindern, dass die Volksschöffen
indirekt zu inoffiziellen Richtern werden, und um
zu vermeiden, den Volksschöffen ihren Charakter als Repräsentanten
der Bevölkerung zu nehmen, werden nach dem neuen Volksschöffensystem
die Schöffen über Computer ausgewählt.
Die Volksschöffen beteiligen sich an den Gerichtsverhandlungen.
Das entspricht guter Tradition chinesischer Verfahren. Die Volksschöffen
legen den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Beachtung der
Rechtsnormen und auf Normen der gesellschaftlichen Moral. Volksschöffen
und Richter ergänzen einander in ihrer Tätigkeit. Beide
Gruppen sind eng mit dem Leben des Volkes verbunden. Dass China
das Volksschöffensystem eingeführt hat, ist für
die Bewahrung von Gleichheit und Gerechtigkeit, für die Stärkung
der Justizdemokratie und für Vorkehrungen gegen eventuelle
korrupte Juristen von Bedeutung. Das Volksschöffensystem
wird einen positiven und weitreichenden Einfluss auf den weiteren
Aufbau der Demokratie und Rechtsordnung in China haben.
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