Das Entstehen der „Pfauen“-Wirtschaft

Von Li Qian

Gepflegtes Aussehen hat in China den Macho-Look ersetzt, sehr zur Freude der Kosmetikhersteller und Schönheitssalonbesitzer.

Zum Bersten gefüllt mit Cremes, Kosmetika und Parfum: Badezimmerschränke in China sind traditionellerweise eine reine Frauendomäne. Aber die Männer fangen an, sich dieses Gebiet zu erobern. Schönheitspflege ist nicht länger eine rein weibliche Angelegenheit – die Ära der männlichen Schönheitspflege hat begonnen.

Männer von heute

Zhang Chen ist Abteilungsleiter einer Logistikfirma. Sein makelloser Aufzug, seine reine Haut und blitzend weiße Zähne verdrehen vielen Frauen den Kopf. Im zarten Alter von 27 ist er bereits der jüngste Manager der Firma. Ob in seiner Karriere oder seinem Liebesleben, Zhang Chen ist an den Erfolg gewöhnt und schreibt ihn ebenso seinem Talent wie seinem Geschmack zu. „Während individuelle Fähigkeiten natürlich wichtig sind, darf auch das Aussehen nicht ignoriert werden. So wie eine beeindruckende Visitenkarte, hinterlässt auch ein gutes Erscheinungsbild ein gutes Bild, was bares Geld wert sein kann.“

Der Schlüssel zum guten Erscheinungsbild ist gute Haut, glaubt Zhang. „Egal wie beschäftigt ich bin, vernachlässige ich nie meine Hautpflege. Ich bin glücklich, mein Geld für Schönheitsprodukte ausgeben zu können, die ich brauche. Ich besuche regelmäßig einen Schönheitssalon für professionellen Service.“ Dank des gestiegenen Einkommens und der allgegenwärtigen Werbung machen mehr und mehr chinesische Männer es ebenso. Der Macho-Look ist out – der Mann von heute ist gepflegt. Dies ist Musik in den Ohren derer, die in der Schönheitsindustrie involviert sind.

Laut eines kürzlich veröffentlichten Berichtes der Beijinger Horizon Research Beratergruppe und der Shanghai Fashion Culture Mediengruppe gibt einer von drei chinesischen Großstädtern jeden Monat Geld für Hautpflege und Kosmetika aus. Die Beijinger „Pfauen“ geben dabei am meisten aus – im Monatsdurchschnitt 119 Yuan für Waren und Dienstleistungen.

Li Qiang, Professor an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Tsinghua, glaubt, dass dies ein sozialer Fortschritt ist. Denn die Tatsache, dass Männer mehr Wert auf ihr Aussehen legen, ist ein Zeichen dafür, dass chinesische Männer eine positivere Einstellung zum Leben haben.

Ein neues Phänomen

In den 1990er Jahren war der Markt für Männer-Kosmetika ein unerforschtes Terrain und noch nicht erschlossen. Für die männlichen Stadtbewohner war schon die Verwendung der Dabao Unisex-Hautcreme ein Abenteuer, während sich die ländlichen Bewohner wenig bis gar nicht um ihre Hautpflege kümmerten.

2001 brachte die japanische Kosmetikfirma Shiseido das Produkt „JS“ heraus, es zielte auf das große, unerschlossene Potential Chinas. Sein Erfolg war der Startschuss für das Engagement großer Marken wie Adidas, Estee Lauder, Nivea und vieler anderer.

Bis zum Ende des letzten Jahres haben sich viele internationale Kosmetikmarken in China niedergelassen, um ihre Hautprodukte an den Mann zu bringen. Die einheimischen Kontrahenten wie die Shanghai Jahwa Group und Guangzhou Bodylife haben ihre Produktlinie sowie ihren Marktanteil ebenfalls stark vergrößert. Ihre Produkte beinhalten Hautreiniger, Cremes, Pflegeprodukte, Shampoos, Duschgels und Deodorants. Exotischere Produkte wie Augengel, Gesichtsmasken und Anti-Falten-Cremes fangen auch an, sich durchzusetzen.

Experten der Industrie beschreiben den chinesischen Markt als dreistufig. Die Preise reichen von sehr gering bis zu sehr teuer. Während die günstigen Produkte auch in den Regalen des nächsten Supermarktes zu finden sind, muss man für mittel- und höherklassige Produkte meist ein Einkaufszentrum aufsuchen. Xiao Wang ist Verkäuferin für Biotherm in einem Beijinger Kaufhaus. Sie sagt: „Unsere Produkte sind von höchster Qualität und kosten pro Stück durchschnittlich 500 Yuan (ca. 50 Euro). Trotzdem verkaufen sie sich unter wohlhabenden jungen Männern sehr gut.“ Ihre Rivalin am Lancome-Stand, Xiao Li, fügt hinzu: „Vor allem Männer zwischen 20 und 40 kaufen unsere Produkte. Wenn man von ihren Klamotten ausgeht, sind dies Menschen, die sich über ihr Erscheinungsbild Gedanken machen.“ Sie ist optimistisch, was die Zukunft des Marktes angeht.

Währenddessen sind die Produkte, die im Supermarkt verkauft werden, viel günstiger. Deswegen haben viele der hier verkauften Marken eine treue Kundschaft und einen größeren Umsatz. Zum Beispiel sagt ein Nivea-Verkäufer im Kaufhaus Carrefour: „Unsere Produkte kosten durchschnittlich 20 Yuan und wir sind oft ausverkauft.“

Schönheitssalons für Männer werden populärer

Wang Liang, der 42-jährige Manager einer Elektronikfirma in Beijing ist Mitglied eines professionellen Schönheitssalons für Männer. Wann immer er Zeit hat, leistet er sich eine Hautpflegebehandlung. Er sagt: „Wegen meines Jobs treffe ich oft Kunden auf Dinnerparties. Das bedeutet, dass ich auf mein Image Acht geben muss. Ein Bonus ist, dass ich mich beim Besuch im Salon entspannt und frei von Belastungen fühle.“

Im heutigen, geschäftigen Stadtleben sind viele Männer nicht in der besten Verfassung. Professionelle Schönheitssalons helfen gestressten, unter Schlaflosigkeit, Angst und Spannung leidenden Männern, sich zu entspannen und Energie aufzutanken. Vor allem deswegen sind die Salons in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Zusätzlich zur Hautpflege bieten viele eine große Palette anderer Dienstleistungen an, wie Massage, Spa-Hydrotherapie und Gewichtsverlust durch ätherische Öle.

Yang Hua, Managerin vom Feifan Kongjian, einem Beijinger Schönheitssalon und Spa für Männer, sagt: „Männer sind, anders als Frauen, mehr an dem Prozess als an dem Ergebnis interessiert. Ihnen ist es wichtiger, Körper und Geist zu entspannen. Viele unserer Kunden sind ältere höhere Angestellte, Manager von Privatunternehmen oder Entertainer. Sie geben zwischen 160 und 2000 Yuan für unseren Service aus und einige von Ihnen sind Stammkunden.“

Feifan Kongjian wurde als der erste professionelle Schönheitssalon für Männer des Landes 2001 in der Hauptstadt eröffnet. Viele lachten damals über die Idee, jedoch hat Feifan Kongjian heute vier Zweigstellen in Beijing und viele weitere in anderen Provinzen. Jede von ihnen hat einen Monatsumsatz von 100 000 Yuan. Seit neuestem haben auch konkurrierende Firmen wie Hansha International und Junlang International Schönheitssalons für Männer eröffnet.

Yang Hua sagt: „In China steckt das Geschäft noch in den Kinderschuhen. Es gibt weniger als 100 Schönheitssalons für Männer in Beijing. Eine verschwindend geringe Zahl, verglichen mit denen für Frauen. Aber es ist ebenfalls ein Indikator dafür, dass Raum für Wachstum vorhanden ist. Ungeachtet der Konkurenz hoffe ich, dass es mehr Schönheitssalons geben wird, um die Entwicklung der gesamten Branche zu fördern.“


Enormes Marktpotential

Laut des Marktforschungsunternehmens ACNielsen ist das Geschäft mit den „eitlen Pfauen“ ein weltweites Phänomen. Eine von ihm geführte Untersuchung zeigte, dass Schönheitsprodukte für Männer ca. 30 Prozent des Gesamtumsatzes von Kosmetika ausmachen, und dass einer von vier Besuchern eines amerikanischen Schönheitssalons männlich ist. Das Wachstum der Branche liegt bei 25 Prozent im Jahr und zeigt keine Anzeichen des Nachlassens.

Währenddessen schätzt die Chinesische Vereinigung für Duftstoff- und Kosmetikindustrie, dass der Markt für Männer-Kosmetika dieses Jahr 400 Mio. Yuan wert sein und auf bis zu vier Mrd. Yuan im Jahr 2010 anwachsen wird. Wie eine neu entdeckte Goldmine ist der Markt für männliche Schönheitsprodukte eine praktisch unerschöpfliche Quelle des Reichtums in der Branche, und Hersteller, Investoren und Entwickler täten gut daran, das zu bemerken.

Aber es ist nicht alles eitel Sonnenschein. Die fehlende Erfahrung der chinesischen Einzelhandelsverkäufer damit, Männern Make-up zu verkaufen, kann zu vielen verpassten Chancen führen. Desweiteren stecken die Schönheitssalons, die hohe Preise nehmen und unzureichend werben, noch in den Kinderschuhen und müssen für sich noch eine stabile Kundenbasis aufbauen. Diese Probleme werden den Beteiligten sicher noch einige schlaflose Nächte bereiten. Wenigstens weiß diese Branche, wie sie Augenringe vermeiden kann.

Li Qian ist Journalistikstudent an der Zentraluniversität der nationalen Minderheiten.

 
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