Ein Landwirt beantragt als Abgeordneter neue gesetzliche Regelungen

Die Visitenkarte Jiang Demings, Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses, ist schlicht. Auf dünnem Papier stehen einige Titel hintereinander: Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses, Vizedirektor des Zentrums für die Verbreitung von Agrartechnik im Kreis Sheyang (Provinz Jiangsu) und hochrangiger Agraringenieur.

„Die Arbeit eines Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses ist wie die Arbeit zur Verbreitung von Agrartechnik. Wenn du willst, hast du sehr viel zu tun, wenn du nicht willst, dann ist der Arbeitsaufwand gering“, sagte er ohne Umschweife.

Auf Krücken laufend Anträge einreichen

„In diesem Jahr habe ich 23 Anträge mitgebracht und auch alle eingereicht“, sagte Jiang Deming. Er kam am Mittag des 2. März in Beijing an und wurde von seinem Sohn zu anderen Abgeordneten aus der Provinz Jiangsu begleitet, um ihre Unterschriften für die Einreichung der Anträge zu erhalten. In den vorangegangenen drei Monaten hatte er an diesen Anträgen täglich bis tief in die Nacht hinein gearbeitet, wobei er von seiner Frau unterstützt wurde.

„Ich habe das starke Gefühl, dass meine Kraft allein nicht ausreicht. Mit Hingabe kümmern sich meine Familienangehörigen um mich.“ 1990 wurde bei ihm Knochenkrebs festgestellt und in der Folge musste sein linkes Bein amputiert werden. Nachdem dann noch im Jahr 1994 Lungenkrebs diagnostiziert wurde, führten Ärzte daraufhin eine Resektion an einem Lungenlappen durch und entfernten zwei Rippen. „Damals sagte der Arzt zu mir, ich hätte nur noch sechs Monate zu leben, aber ich habe bis heute durchgehalten. Was mir am meisten Sorge bereitet, ist, dass meine Zeit knapp ist. Jeden Tag gehe ich spät schlafen. Nur dadurch kann ich das, was gemacht werden sollte, erledigen.“ Für ihn ist „was gemacht werden sollte“ ein weites Feld. Er soll die einheimischen Bauern in die moderne Agrartechnik einführen und als Abgeordneter die Meinungen der Einwohner anhören, damit er dementsprechende Anträge auf der jährlichen Tagung stellen kann. „Die Einwohner haben großes Vertrauen in mich und die Regierung schenkt meinen Anträgen auch große Aufmerksamkeit. Da lastet ein großer Druck auf mir, der mich aber zugleich motiviert.“ Seit dem IX. Nationalen Volkskongress 1998 ist er Abgeordneter, und er hat insgesamt mehr als 180 Anträge an den Volkskongress gestellt und 48 Vorschläge gemacht. „Auf fast jeden Antrag und Vorschlag gibt es eine Antwort, was sehr erfreulich ist.“ Mit Stolz führte er an: „2004 habe ich 48 Anträge gestellt, 44 davon wurden angenommen, 2005 habe ich 36 Anträge gestellt, 35 davon wurden angenommen, 2006 habe ich 36 Anträge gestellt, alle Anträge wurden angenommen.“ In diesem Jahr hat er 23 Anträge gestellt, die ebenfalls weitgehend berücksichtigt wurden.

„Viele fragen mich, warum meine Anträge meist angenommen wurden. Es gibt sogar Menschen, die behaupten, ich hätte den Prozess der Gesetzgebung in China beeinflusst. Ich finde, es gibt nur einen Grund dafür, nämlich, dass sich meine Anträge auf Fragen beziehen, die den Volksmassen am meisten am Herzen liegen und ihre Wünsche ausdrücken.“ Herr Jiang sagte, dass er im Alltagsleben darauf achtet, mit einfachen Menschen ins Gespräch zu kommen und ihre wahren Anforderungen zu erfahren. Zu Hause empfängt er auch Einwohner, die ihre Gedanken vortragen wollen. „Jedes Jahr empfange ich über 1000 Besucher bei mir zu Hause. Insbesondere in den Tagen vor der Tagung des Nationalen Volkskongresses empfange ich jeden Tag mehr als zehn Besucher.“ Jiang Dong ist der Sohn Jiang Demings. Er sagte, dass er seinem Vater auch assistiere, indem er Bürotätigkeiten übernimmt.

Viele Abgeordnete kennen Jiang Demings gute Taten und sagten: „Herr Jiang hat es nicht einfach, und ist unser gutes Vorbild.“ Jiang Demings Sohn ist sehr stolz auf seinen Vater. In diesem Jahr nahm er Urlaub, um seinen Vater zu begleiten. „Früher begleitete mich meine Frau während der Tagung in Beijing und kümmerte sich um mich.“ Jiang Demings Arbeit stieß zu dieser Zeit manchmal auch auf das Unverständnis seiner Familienangehörigen, aber letzten Endes stellten sie sich hinter ihn. Dazu sagte Herr Jiang: „Ich weiß, dass sie meine mühselige Arbeit zu schätzen wissen.“

Das Ziel: Aktive Beteiligung an der Gesetzgebung

Am 1. Dezember 2006 trat das „Gesetz über die Qualitätssicherheit für landwirtschaftliche Produkte“ in Kraft. An diesem Tag war er sehr enthusiastisch. Er wusste, dass dieses Gesetz in direktem Zusammenhang mit seiner Arbeit steht.

„Von 1999 bis 2005 wurde unter meiner Federführung sechsmal hintereinander der Beschließungsantrag für das ,Gesetz über die Qualitätssicherheit für landwirtschaftliche Produkte‘ gestellt.“ Als er am 24. Februar 2004 den Gesetzentwurf vom Ministerium für Landwirtschaft zurück bekam, war er tief berührt. Denn er sah darin ein erstes Ergebnis, das durch die Jahre seiner Bemühungen erzielt wurde. Am 29. Juni 2005 wurde das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet und durchlief eine erste Beratung. Im Februar 2006 wurde das Gesetz verabschiedet. Das Verfahren hat nur ein halbes Jahr gedauert, was in der Geschichte der Gesetzgebung eine Ausnahme bedeutet.

Jiang Deming setzt seine Arbeit fort. Seine Anträge von 2007 beziehen sich auf Gesetzentwürfe und Gesetzrevisionen. „Zur Zeit stehen etliche Fragen in verschiedenen Bereichen unseres Landes mit der Unvollständigkeit des Rechtssystems im Zusammenhang. Das Wichtigste ist, dass es Gesetze gibt, auf die man sich stützen kann.“ „Vor drei Jahren habe ich einen Antrag auf Revision des Steuergesetzes gestellt und vorgeschlagen, dass der Einkommenssteuerfreibetrag angehoben werden sollte. Dieses Problem wurde im vorigen Jahr gelöst. Der Freibetrag wurde in der Zwischenzeit von vormals 800 Yuan auf 1600 Yuan angehoben. Viele Geringverdienenden profitieren davon. 2005 schlug ich zur Vereinheitlichung der Steuersätze eine Revision des Körperschaftsteuergesetzes vor; das ,Gesetz über die Körperschaftssteuern der Unternehmen‘ wurde in diesem Jahr verabschiedet (zu diesem Thema ist der Artikel ,Das Gesetz über die Körperschaftssteuern: Wettbewerb unter fairen Bedingungen‘ in dieser Ausgabe erschienen). Was die Regierung am liebsten sieht, ist, dass die Abgeordneten die Interessen von Staat und Volk wirklich vertreten.“

Die über 20 Anträge, die Jiang Deming gestellt hat, beziehen sich auf verschiedene Rechtsbereiche wie z. B. Revisionsvorschläge zum „Anwaltsgesetz“ und Vorschläge zum „Gesetz über die Lebensmittelsicherheit“. „Viele fragen mich, warum neben dem ,Gesetz über Lebensmittelhygiene‘ und dem ,Gesetz über die Qualitätssicherheit für landwirtschaftliche Produkte‘, das auf meine Initiative hin zustande gekommen ist, noch ein ,Gesetz über die Lebensmittelsicherheit‘ ausgearbeitet werden muss. Ich meine, das erstere bezieht sich auf gastronomischen Bereich, das letztere bezieht sich auf die Herstellungsverfahren bei landwirtschaftlichen Produkten, aber im Bereich der industriell verarbeiteten Lebensmittel klafft eine Gesetzeslücke.“ Jiang Deming erklärte weiter: „Das Wichtigste ist, was den Volksmassen am Herzen liegt. Eine durch Massenmedien durchgeführte Untersuchung zeigt, dass 60 Prozent der Bevölkerung großen Wert auf Lebensmittelsicherheit legen. Nach dem Sudan-Rot-Skandal (siehe ,Glaubwürdigkeitskrise ausländischer Marken‘ in: China heute 9/2005) schenkt die Bevölkerung der Lebensmittelsicherheit erhöhte Aufmerksamkeit. Viele Abgeordnete sind in diesem Punkt einer Meinung. Ein Viertel der auf der diesjährigen Tagung gestellten Anträge bezieht sich auf den Bereich Lebensmittelsicherheit.“ Nach Angaben Jiang Demings haben dafür etwa 500 Abgeordnete gemeinsam mehr als zehn Anträge gestellt und vorgeschlagen, möglichst bald das „Gesetz über die Lebensmittelsicherheit“ auszuarbeiten und eine Revision des „Gesetzes über Lebensmittelhygiene“ vorzunehmen.

Jiang Deming legt außerdem auf Lebensmittelsicherheit größten Wert, was seiner Meinung nach darin begründet liegt, dass er seit 1990 an Krebs leidet. „Seit der Diagnose von Krebs 1990 habe ich in verschiedenen Fachbüchern nachgeschlagen und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass 30 Prozent der Krebserkrankungen durch Lebensmittel und Genussmittel, also ,über den Mund‘, verursacht werden. Das überrascht mich sehr. In meiner Kindheit hat mir meine Mutter immer wieder gesagt, dass man sich ,über den Mund‘ Krankheiten zuziehen kann. Ich bin bestürzt von dem, was ich aufgrund meiner Bemühungen in diesem Bereich alles erfahren habe. Von den landwirtschaftlichen Produkten wird nicht nur Gemüse verunreinigt: Schweinefleisch enthält Clenbuterol, einen mageres Fleisch erzeugenden aber die Gesundheit gefährdenden chemischen Stoff, und Meeresprodukte sind in Formaldehyd gewässert, damit sie frisch aussehen.“ Als Agraringenieur erkennt Jiang Deming, dass es sich hierbei um gravierende Probleme handelt. Er hat deshalb den starken Willen, notwendige Gesetzesrevisionen im Bereich der Lebensmittelsicherheit zu erreichen.

Viele, die Jiangs Anträge gelesen haben, sagten, dass sie fachgerecht formuliert sind. Dazu sagte Jiang: „Ich habe im Internet veröffentlichte Meinungen von Rechtsexperten berücksichtigt. Außerdem habe ich mit meinen Anträgen Richter und Rechtsanwälte aufgesucht, um ihre Meinungen einzuholen.“ Was ihn erfreut, ist, dass viele Menschen bereit sind, ihm zu helfen.

Einsatz für Biolandwirtschaft

„Natürlich wissen die Bauern, dass ihre landwirtschaftlichen Produkte, die mit chemischen Düngern und Pestiziden behandelt sind, die Gesundheit gefährden. Deshalb bauen sie zwei Arten von Getreide und von Gemüse an: die eine Art ist ohne chemische Dünger und Pestizide angebaut und für den eigenen Verbrauch bestimmt; die andere Art ist mit chemischen Düngern und Pestiziden behandelt und für den Markt bestimmt. Um die Produkte zu einem guten Preis verkaufen zu können, verwenden sie chemische Dünger und Pestizide.“ Der Grund liegt auf der Hand: Sie haben geringe Geldmittel zu Verfügung und wollen die Produktionskosten senken und gleichzeitig eine gute Ernte erzielen, obwohl sie von der gesundheitsschädigenden Wirkung dieser Stoffe wissen.

Um den Bioanbau zu verbreiten, kam Jiang Deming auf die Idee, Gemüse selbst anzubauen. Im Mai 2003 pachtete er 10 Mu Ackerfeld (ein Mu = 1/15 ha) am Meer in der Nähe des Hafens Sheyang. Er wollte dort eine Vorzeigeeinrichtung für Bioanbau gründen und durch seine Praxis die Bauern in die technischen Kenntnisse einführen. Jeden Tag ging er auf Krücken zum weit entfernt liegenden Feld, um Gemüseanbau zu betreiben und neue Erfahrungen zu sammeln. Er kümmerte sich um die Feldbestellung, Jungpflanzenzucht, Einpflanzung und Düngung. Trotz seiner Gehbehinderung schaffte er mehr als ein normaler Mensch. Allen Schwierigkeiten zum Trotz hat er durchgehalten. Heute hat seine Vorzeigeeinrichtung eine Fläche von 50 Mu und in den großen städtischen Gemüsemärkten sind Verkaufsstände für „Jiang Demings Biogemüse“ errichtet.

Mit Stolz sagte Jiang Deming: „In Sheyang in der Provinz Jiangsu verbindet man meinen Namen mit Biogemüse. ,Am Anfang zeigten manche Bewohner wenig Verständnis und sagten, dass ich meinen Status als Abgeordneter ausnutzte, um ein Nebengewerbe zu betreiben. In Wirklichkeit wollte ich den Bauern demonstrieren, dass man mit dem Anbau von Biogemüse Geld verdienen kann und vor allem, dass sich das Einkommen dadurch nicht verringert, auch wenn man den finanziellen Aufwand steigert.“ Jiang Deming meinte, es sei noch wichtiger, die Konsumenten dazu zu bringen, die grünen landwirtschaftlichen Produkte zu kaufen. Zurzeit nehmen etliche Unternehmen der Stadt Yancheng und der Stadt Nanjing Kontakt mit Jiang Deming auf, um mit ihm beim Anbau von Biogemüse zusammenzuarbeiten.

Ministerpräsident Wen Jiabao lobte Jiang Deming zweimal, indem er sagte: „Jiang Deming ist ein gutes Vorbild für Agrartechniker und für diejenigen Behinderten, die sich auf sich selbst stützen.“ Diese Worte prägten sich bei ihm und seinem Sohn tief ins Herz ein.

Herr Jiang sagte: „Die führenden Persönlichkeiten unseres Staates wollen die Wahrheit hören. Wenn jeder Abgeordneter nur nette Worte sagt, dann nützt das wenig.“ Obwohl sein Mandat als Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses in diesem Jahr zu Ende geht, wird er weiterhin Meinungen von einfachen Menschen sammeln und seine Vorzeigeeinrichtung für Biogemüse weiter führen. Abschließend sagte er: „Selbst wenn ich nicht mehr Abgeordneter bin, dann kann ich meine Vorschläge trotzdem über andere Abgeordnete auf der Tagung zur Geltung bringen.“


 
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