Der Jahrmarkt zum Neujahrsfest in Beijing
Von
Wang Liping
Das chinesische Neujahrsfest kennen alle, aber den Jahrmarkt
kennen nicht viele. Ich kannte ihn früher auch nur vom Namen
her. Ich wusste nur, dass Jahrmarktbesuche eine Sitte zum Neujahrsfest
sind. Aber im Jahr 2007 habe ich diesen Markt kennen gelernt.
Es gibt 2007 viele Jahrmärkte in Beijing (vom 1. bis zum
7. Tag des ersten Monats nach dem chinesischen Mondkalender).
Jeder hat sein eigenes Gesicht. Ich habe ein vielfältiges
Gesicht im Südosten von Beijing gewählt. Ich habe eine
neue Schönheit im Neujahrsfest entdeckt.
Das Gesicht ist rund und groß. Rund wie ein Kreis, groß
ist sein Umfang. Es befindet sich im Garten des Drachen-Kolk-Sees.
Um den See haben unzählige Stuben einen großen Kreis
gebildet. Vor jeder Stube schwammen Unmengen von Menschen vorbei,
als wären die Fische im See vor Freude an den Rand gesprungen.
Kinder mit Kronen auf dem Kopf, Jungen mit bunten Perücken,
Mädchen mit Zylindern, Eltern mit Schweinskappen, ein Opa
mit seinem Enkel auf den Schultern, Omas mit schönen Masken
So viele außerordentliche Bilder, es war wie in einem interessanten
Film, der die Peking-Oper zum Inhalt hat. Die Schauspielerinnen
und Schauspieler haben zwar nicht alle solch komplizierte Kostüme
getragen, aber sie konzentrierten sich auf das Singen und Darstellen.
Die schönen Melodien und die entsprechende Mimik haben nicht
nur Opa oder Oma angezogen, sondern auch die Kinder. Sie waren
davon begeistert. Sie standen ganz vorne und sangen leise mit.
Ich wußte nicht, ob sie die Losung auf der Bühne kannten,
Darstellung des immateriellen Kultur-Erbes, aber ich
stellte fest, dass das Erbe nicht verschwinden wird.
Das Gesicht ist typisch chinesisch. Neben der Peking-Oper kann
man hier weitere Ausdrucksformen typischer chinesischer Kultur
erleben. Diabolo ist z. B. eine beliebte Volkssportart für
Erwachsene und Kinder.
Das Blumen-Sänfte-Tragen ist auch etwas typisch
Chinesisches. Eigentlich war diese Blumen-Sänfte im alten
China nur für die Braut vorbehalten. Weil es damals noch
keinen Mercedes gab. Aber diese Sänfte ist viel herrlicher
als ein Mercedes, denn es gibt acht Kraftfahrer. Ein Mercedes
hat nur einen Fahrer. Wenn die acht Leute die Braut tragen, wird
eine Musikband mit der Suona (chinesische Holzrohrtrompete) als
Hauptinstrument die Sänfte begleiten. Im Dorf ist dieser
Brauch noch verbreitet. Aber in der Stadt sehr selten. Es ist
kein Wunder, dass eine verheiratete Frau ihre Neugierigkeit nicht
zurückhalten konnte und sich in die Sänfte gesetzt hat.
Sie lachte die Zuschauer lachten auch.
Akrobatik gehört auch zum typisch Chinesischen. Ich bin
immer fasziniert von der Trueman Show. Aber um die
Bühne konnte ich keinen freien Platz mehr finden. Ich stand
deshalb auf einem Stein und habe ein etwa fünf Jahre altes
Kind unterstützt, das raffiniert auf einem kleinen Eimer
stand. Ich konnte meine Bewunderung nicht verbergen und klatschte
Beifall. Die Anderen waren erst von der wunderlichen Technik des
jungen Akrobaten wach geworden und klatschten laut Beifall.
Typisches Essen aus allen Provinzen Chinas kann man hier probieren.
Das Angebot ist sogar umfangreicher als auf der Imbissbudenmeile
in der Fußgängerzone Wangfujing. Hirschfleisch und
Pferdemilchkäse aus der Inneren Mongolei; gebratenes Lammfleisch
aus Xinjiang; Baozi aus Tianjin; Entenblutnudeln aus Nanjing;
Über-die-Brücke-gehende Reisnudeln aus Yunnan;
kandierte Früchte am Spieß, Teebrei aus Beijing, baumwollartige
Süßigkeiten, Zuckerschweinchen aus Irgendwo
Der Anschein ist zwar typisch Chinesisch, aber der Globalisierungsprozess
hat auch vor den typischen chinesischen Sitten nicht Halt gemacht.
Einerseits kann man ab und zu Ausländer sehen. Sie waren
entweder allein unter den Chinesen oder mit Freunden oder Familie
auf dem Jahrmarkt. Sie sprachen untereinander englisch, deutsch,
französisch, aber sie sprachen auch manchmal ni hao,
Zhe ge, Yi ge, zai jian mit
den Chinesen. Die Chinesen erwiderten Welcome, Thank
you!, Goodbye!. Sie freuten sich beiderseits
über diesen Sprachverkehr und haben lobend den Daumen hochgestreckt:
Sie haben sehr gut chinesisch/englisch gesprochen.
Andererseits werden viele Veranstaltungen aus dem Ausland eingeführt.
Der Sport kennt keine Grenzen. Wer ein kleiner fliegender
Recke werden möchte, der soll Bungee aus Europa probieren
ist ein gutes Beispiel. Die Slogan ist sehr reizend. Drei Kinder
waren sehr mutig. Sie waren scheinbar von dem Slogan angezogen
und haben den Sport probiert. Wirklich, sie sahen wirklich wie
fliegende Recken aus. Sie haben keine Scheu gezeigt.
Ich habe sie nur bewundert und war nicht so mutig, um es auszuprobieren.
Es wurde allmählich dunkel. Ich habe auf die Uhr geschaut.
Drei Stunden waren wie ein Augenblick schon vorbei. Ich stand
vor dem Tor und habe die letzte Sehenswürdigkeit gesehen:
einen großen Blumenkranz, ein Glückzeichen in der Mitte,
geschmückt von fünf Fischen, die ein gutes Jahr versprechen
sollten.
Alles Gute im Jahr des Schweines!, sagte ein Fremder
am Ausgang fröhlich zu mir. Ich war überrascht und wünschte
ihm auch ein glückliches Neujahr. Er wünschte auch den
anderen, die am Ausgang waren, viel Glück. Zwar kannten wir
uns nicht, aber der gleiche Wunsch für das Neujahr hat uns
vereinigt. Ich nahm den Wunsch an und habe heimlich einen Wunsch
geäußert: Alle sollen im Jahr des Schweines Schwein
haben.
Die Autorin studiert Germanistik an
der Peking-Universität.
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