Eine historische verschlungene Stadt

Von Chen Si

Die historische Stadt Longmen liegt 50 Kilometer südwestlich von Zhejiangs Hauptstadt Hangzhou. Sie ist ein typisches Beispiel der sogenannten Wasserstädte, die an der südlichen Seite des Yangtse liegen. Ihre Besonderheit ist jedoch, dass sie sich bis jetzt einer offenkundigen Kommerzialisierung widersetzt hat.

Longmen ist eine kleine Stadt auf einer Fläche von lediglich 1,8 km2. Ihre Häuser sind eckig, gleich groß und teilen die gleiche Wandfarbe. Deswegen erscheint die Stadt Besuchern als Irrgarten, in dem man sich leicht verirren kann. Egal in welcher Wand, Gasse oder in welchem Pavillon sie verbaut sind, sehen alle Backsteine gleich aus und erwecken den Eindruck, sie wären alle im gleichen Ofen gebrannt worden.

Kleine Stadt – Großes Labyrinth

Longmens Innenhöfe, die Siheyuan, teilen ebenfalls eine ähnliche Struktur. Sie bestehen aus einer Zentralen Halle mit Wohnbereichen auf allen vier Seiten. Diese sind durch Korridore und enge Kopfsteinpflasterwege verbunden. Jeder Innenhof ist von hohen Mauern umgeben, aber durch ein Netz aus Korridoren und verschlungenen Wegen mit den Nachbarn verbunden. An Regentagen, so erzählen die Einheimischen stolz, kann man alle Nachbarn besuchen, ohne nasse Füße zu bekommen.

Beim Eintreten in die Stadt wird der Besucher mit einer architektonischen Vielzahl an Torbögen konfrontiert, die von hohen Wohnungstüren, kleinen Innenhof- und Seitentüren bis zu Türen reichen, die in Wände eingebaut sind, um benachbarte Familien zu verbinden. Besucher sind gut beraten, diese kleine Stadt nur mit einem einheimischen Führer zu erkunden; die Gefahr, sich hoffnungslos zu verlaufen, ist ansonsten zu groß.

Die Heimat Sun Yat-sens

Longmen blickt auf fast 2000 Jahre Geschichte zurück. Die Berge, die es umgeben, sind im Süden höher als im Norden. Den Namen Longmen erhielt die Stadt durch den berühmten, 1067,6 m hohen Longmen-Berg, den höchsten in der Umgebung.

Longmen ist den Chinesen als die Heimatstadt des berühmten historischen Clans Sun bekannt. Der bedeutende militärische Stratege Sun Wu (Sun Zi), Verfasser des weltbekannten Buches „Die Kunst des Krieges“, war ein Suns Abkömmling der dritten Generation. Jahrhunderte später wurde Sun Quan, ein anderer Abkömmling des Clans, König des Königreichs Wu während der Zeit der Drei Reiche (220–280). Der berühmte chinesische Klassiker „Geschichte der Drei Reiche“ basiert auf dem Machtkampf zwischen dem Wu und den anderen beiden Königreichen Wei und Shu. Eine Volksgeschichte erklärt, warum Sun Quan die drei Reiche nicht vereinen konnte:

Ein Unsterblicher prophezeite einem Vorfahren Su Quans, dass einer seiner Nachfahren der Kaiser eines geeinten Reiches werden würde, wenn der Vorfahre einhundert Schritte gehen und dort eine Melone pflanzen würde. Der Vorfahre war jedoch zu ungeduldig und pflanzte die Melone schon nach 30 Schritten. Deswegen wurde Sun Quan lediglich der König eines der drei Königreiche, die während einer kurzen Zeit der chinesischen Geschichte koexistierten.

Später verschlug es einen Zweig der Familie in die südliche Provinz Guangdong. Dort wurde ein weiterer großer Mann Chinas und des Clans Sun geboren. Sun Yat-sen, der Gründer der Republik China. Bis zu den 1940ern lebten 65 Generationen der Familie Sun in Longmen.

Die Stadt hatte ursprünglich etwa 60 historische Hallen und andere architektonische Kleinode. Nach Jahren der Kriege blieben jedoch nur zwei historische Ahnentempel, 30 Familienhallen, drei steinerne Torbögen, eine historische Pagode und ein buddhistischer Tempel über. Die meisten der Bauten waren während der Ming- (1368–1644) und der Qing- (1644–1911) Dynastie erbaut worden.

Ein friedliches Leben

In Longmen leben 7000 Menschen in 1200 Haushalten. Keiner der Einwohner ist wirklich reich. Die Frauen waschen regelmäßig Gemüse und ihre Wäsche in dem Fluss, der durch die Stadt läuft. Viele Einwohner leben in Häusern, die seit Generationen vererbt worden sind und an deren Giebeln man noch Spuren exquisiter Holzschnitzereien erkennen kann.

Das Hauptgewerbe der Stadt ist die Herstellung von Badminton–Schlägern, durch die die Bewohner eine Möglichkeit haben, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Einheimischen genießen in der Regel ihr ruhiges und recht anspruchsloses Leben. Ältere Männer sitzen auf Bänken am Flussufer. Sie genießen den Sonnenschein, während sie sich unterhalten und Tee trinken. Zur Mittagszeit versammeln sich die Familienmitglieder meistens um einen Tisch im Innenhof, um zu essen und sich die Neuigkeiten des Tages zu erzählen. Wenige Einwohner Longmens verlassen die Stadt, um woanders Arbeit zu suchen.

Der lebhafteste Platz der Stadt ist die 400 m lange gepflasterte Hauptstraße. Alte Häuser mit Läden für den täglichen Bedarf säumen sie. Viele der Läden benutzen immer noch ihre alten Schilder und Banner.

Die Stadt Longmen entwickelt zur Zeit ein paar Touristenprojekte. Es ist zu hoffen, dass die Einwohner ihren entspannten Lebensstil bewahren können. Keiner in Longmen möchte aus seiner Stadt ein kommerzielles Unternehmen machen.

Longmens Leckereien

Bei wichtigen Festen laden die Menschen in Longmen normalerweise ihre Nachbarn ein, um mit ihnen zu essen. Diese Tradition soll Wohlstand für das nächste Jahr bringen.

„Unsterbliches Huhn“ ist ein traditionelles Gericht der Familie Sun. Das Huhn wird abgebrüht, gerupft und mit traditionellen chinesischen Heilkräutern gekocht. Danach wird dicker Schweinefond hinzugefügt. In einem Restaurant kostet dieses Gericht gewöhnlich bescheidene 40 Yuan.

Getrocknete Tofuhaut mit Raps ist eine weitere Spezialität Longmens. Dicke, goldene Blätter getrockneten Tofus aus der Stadt Fuyang bekommen einen frischen und pikanten Geschmack, wenn man sie mit Raps weich kocht.

Im Fuchun-Fluss gibt es Hilsa Heringe. Diese Fische können sowohl in Flüssen als auch in Meeren überleben und haben sehr zartes Fleisch. Da ihr Bestand sich drastisch reduziert hat, ist Hilsa Hering inzwischen ein seltenes Gericht. Normalerweise wird der Fisch mit Pilzen, geraspelten Zwiebeln und Schinken gedünstet und mit Reiswein und Ingwer gewürzt.

Geschmortes Rindfleisch von Rindern aus Fuyang ist ein weiteres Familienrezept Suns. Nach dem Marinieren wird das Fleisch in einer Auflaufform mit verschiedensten Saucen und Gewürzen geschmort. Sie geben dem Gericht ihren einzigartigen Geschmack.

Reisetipps:

Öffnungszeiten: 8 Uhr–17 Uhr

Unterkunft: Viele Haushalte stellen Unterkünfte für Touristen bereit. Sie kosten ca. 80 Yuan pro Person und Tag.

Rundgang: Für einen Rundgang durch Longmen braucht man 5–6 Stunden, man sollte also am Besten am Morgen starten. Der Eintrittspreis beträgt 25 Yuan. Der wichtigste Besichtigungspunkt ist der Ahnentempel des Clans Sun. Andere interessante Orte sind die Torbögen der Stadt, alte Wohnhäuser und die Ahnenhallen der Familien. Es gibt regelmäßige Folkloreaufführungen und man kann Antiquitäten kaufen.

 
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