Frage 2: Seit der Reform und Öffnung
sind die ländlichen Wanderarbeiter in den Städten de
facto ein wichtiger Teil der chinesischen Industriearbeiter geworden.
Doch oft werden ihre Rechte und Interessen verletzt. Wie kann
das geschehen? Wie wird das Arbeitsumfeld für ländliche
Wanderarbeiter in den Städten verbessert und wie sind die
legitimen Rechte und Interessen der Wanderarbeiter zu schützen?
Antwort: Ländliche Arbeiter sind neue Arbeitskräfte
in China, die sich seit der Reform und Öffnung und im Prozess
der Industrialisierung und Urbanisierung herausgebildet haben.
Sie haben ihren festen Wohnsitz auf dem Land. Manche Bauern gehen
in der beschäftigungsarmen Zeit in der Landwirtschaft in
die Stadt, um vorübergehend Arbeit zu finden, andere sind
langfristig in verschiedenen Wirtschaftssektoren beschäftigt.
Statistischen Angaben zufolge gibt es nun insgesamt mehr als 200
Mio. Bauern, die in Städten oder ländlichen Betrieben
arbeiten. Mit 120 Mio. machen die ländlichen Wanderarbeiter
in den Städten bereits über 50% der Beschäftigten
in den Bereichen Verarbeitungs- und Produktionsindustrie, Bauwesen,
Bergbau, Umwelthygiene, Hauswirtschaft und Gastronomie aus. Viele
von ihnen sind Industriearbeiter geworden. Hätte es in den
letzten 20 Jahren keine ländlichen Wanderarbeiter gegeben,
wäre die Industrialisierung und Urbanisierung Chinas nicht
so schnell vorangekommen und die neu entstehenden Wirtschaftszweige
und die nach außen geöffnete Wirtschaft hätte
sich nicht so rasch entwickelt.
In den letzten Jahren hat China einige Maßnahmen zur Verbesserung
des Arbeitsumfelds der ländlichen Wanderarbeiter und zum
Schutz ihrer Rechte und Interessen getroffen, die bestimmte Erfolge
gezeitigt haben. Trotzdem bestehen viele gravierende Probleme
weiter. Die wichtigen sind: Die Löhne sind zu niedrig, die
Lohnzahlung wird häufig verzögert; die Arbeitszeiten
sind lang und die Arbeitsbedingungen schlecht; die Wanderarbeiter
sind kaum sozial abgesichert, es gibt viele Berufskrankheiten
und Arbeitsunfälle; sie haben große Schwierigkeiten
bei der Berufsausbildung, bei der Suche nach Beschäftigung
und beim Schulbesuch ihrer Kinder. Sie haben Wohnprobleme und
Schwierigkeiten im Alltagsleben; ihre wirtschaftlichen, politischen
und kulturellen Rechte und Interessen können nicht effektiv
geschützt werden. Diese Probleme bestehen nicht nur in den
großen und mittelgroßen Städten, sondern auch
in manchen kleinen Städten und ländlichen Betrieben.
Um die legitimen Rechte und Interessen der ländlichen Wanderarbeiter
zu schützen, ihr Arbeitsumfeld zu verbessern und die Umsetzung
überschüssiger ländlicher Arbeitskräfte vernünftig
und ordentlich anzuleiten, veröffentlichte die chinesische
Regierung im März 2006 Einige Ansichten zur Lösung
der Probleme der ländlichen Wanderarbeiter und entschloss
sich, verschiedene diskriminierende Vorschriften und ungerechte
Beschränkungen, die sich auf die Fluktuation und Beschäftigung
ländlicher Wanderarbeiter beziehen, zu überprüfen
und aufzuheben.
1. Das System zur Kontrolle über die Lohnauszahlung und
das der Geldbürgschaft für ländliche Wanderarbeiter
sind einzuführen, um die Lohnauszahlung zu standardisieren
und die Probleme der niedrigen Löhne und der verzögerten
Lohnzahlung an ländliche Wanderarbeiter zu lösen.
2. Der einheitliche und auf fairer Konkurrenz basierende Arbeitsmarkt
von Land und Stadt ist zu entwickeln und ein Mechanismus zur Förderung
der Umsetzung überschüssiger ländlicher Arbeitskräfte
zur Beschäftigung unter marktwirtschaftlichen Bedingungen
zu etablieren, um städtischen und ländlichen Bewohnern
gleiche Beschäftigungsmöglichkeiten und Dienstleistungen
anzubieten.
3. Öffentliche Einrichtungen für Beschäftigungsservice
stellen ländlichen Wanderarbeitern, die in Städten jobben
wollen, kostenlose Arbeitsvermittelung und eine einmalige Subvention
für die Berufsausbildung zur Verfügung.
4. Das Problem der Sozialabsicherung von ländlichen Wanderarbeitern
ist aktiv zu lösen. Bevorzugt wird dabei die Problemlösung
über die Arbeitsunfallversicherung und die Versicherung gegen
schwerwiegende Kranheiten. Schrittweise ist das Problem der Altersversicherung
zu lösen.
5. China wird ländliche Wanderarbeiter ins öffentliche
Dienstleistungssytem aufnehmen. Das Problem der Einwohnerregistrierung
von ländlichen Wanderarbeitern, die langfristig in Städten
arbeiten und leben, ist schrittweise zu lösen.
6. Die politischen und demokratischen Rechte der ländlichen
Wanderarbeiter und das Recht, an der demokratischen Betriebsverwaltung
teilzunehmen, sind durch Gesetze zu schützen. Die Rechte
und Interessen der ländlichen Wanderarbeiter auf Landverpachtung
werden gewährleistet. Gesetzliche Dienstleistungen und Unterstützungen
werden ländlichen Wanderarbeitern gewährt.
Nach Berechnungen beträgt zur Zeit die Zahl der überschüssigen
ländlichen Arbeitskräfte 120 Mio. bis 130 Mio. In der
Entwicklungsstufe der beschleunigten Industrialisierung und Urbanisierung
werden sie als Wanderarbeiter in Städte umgesetzt. Rechnet
man mit einer jährlichen Umsetzung von 6 Mio. bis 8 Mio.
Bauern, so wird dieser Prozess mehr als 20 Jahre andauern. Daher
wird die Fluktuation zahlreicher ländlicher Wanderarbeiter
zwischen Land und Stadt noch für lange Zeit existieren.
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