Zunehmende Entwicklung des Außenhandels
Das Autonome Gebiet Tibet liegt in den südwestlichen Grenzgebieten
Chinas. Es hat 22 Grenzkreise, die an Myanmar, Indien, Bhutan,
Sikkim, Nepal sowie an Kaschmir grenzen. Tibets Außengrenze
beträgt über 4000 km.
Der Außenhandel hat in Tibet eine lange Tradition. In alter
Zeit kamen zahlreiche Händler aus Südasien. In den 50er
Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es 828 Geschäftsleute
aus Nepal und Indien, das waren gut 1/4 aller Gewerbetreibenden
in Tibet.
Der Grenzhandel ist die älteste Form des Außenhandels.
In Grenznähe gibt es 27 größere Handelsstellen
und Grenzhandelsmärkte und über 200 kleine Handelsmärkte.
Dort tauscht die Bevölkerung benötigte Güter, die
von jenseits der Grenze stammen. Die Waren kommen alle aus der
Region, sind also einheimische Produkte von beiden Seiten der
Grenze. An einigen Stellen finden traditionell regelmäßig
Handelmessen statt. In Yamarong z. B. werden jährlich drei
große Handelsmessen veranstaltet, die je 15 bis 20 Tage
dauern. Zu den wichtigsten Handelswaren zählen landwirtschaftliche
und Viehzuchtprodukte, Handwerks- und Gebrauchsartikel.
Vor 1962 konzentrierte sich der Grenzhandel an der Handelsstelle
Yadong im Grenzgebiet zwischen China und Indien. Der Im- und Export
über Yadong machte damals 80% des Außenhandels in Tibet
aus. Seit den 60er Jahren verlagerte sich der Grenzhandel allmählich
nach Zham, im Grenzgebiet zwischen China und Nepal. Die Handelsstelle
Zham liegt 800 km von Lhasa, aber nur 100 km von Katmandu entfernt.
Sie hat viele günstige Voraussetzungen für den Grenzhandel.
Zur Zeit macht der Grenzhandel über Zham ca. 90% des Grenzhandelsvolumens
in Tibet aus.
Seit den 80er Jahren hat sich der Grenzhandel schnell entwickelt.
Die Öffnungspolitik belebt den Handel an traditionellen Handelsstellen
wie Zham, Gyirong, Tingri, Burang, Daglung, Yamarong und Yadong
zusehends. Auch eine Reihe von kleinen, saisonbedingten Handelsmärkten,
von denen vor allem die Grenzbewohner profitieren, trägt
zur Belebung des Grenzhandels bei. 1985 betrug ihr Umsatz 24 Mio.
Yuan, 1986 bereits 60 Mio. Yuan. Damit wurde der staatlich betriebene
Grenzhandel in Höhe von 28,76 Mio. Yuan weit übertroffen.
Das Volumen des Grenzhandels macht etwa die Hälfte des gesamten
Im- und Exports in Tibet aus.
In den 90er Jahren hat der Grenzhandel eine neue Qualität
erreicht. Im Juli 1992 erregte die Handelsmesse in Yamarong die
Aufmerksamkeit in- und ausländischer Geschäftsleute.
Es gab über 600 Messestände. Im August wurde dann im
Kreis Nanggarze die erste Grenzhandelsmesse veranstaltet. So wurde
der Grenzhandel binnen kurzem zum Brennpunkt der wirtschaftlichen
Entwicklung. Das Grenzhandelsvolumen betrug in diesem Jahr in
Tibet mehr als 300 Mio. Yuan. Wie die Grenzbewohner die kleinen
Handelsmärkte schnell aufgebaut haben, so hat sich auch der
lokale Grenzhandel entwickelt. Den statistischen Angaben der Außenhandelsbehörden
zufolge betrug das Grenzhandelsvolumen im Jahr 1992 58,29 Mio.
Yuan, im Jahr 1993 77,6 Mio. Yuan und im Jahr 1994 105 Mio. Yuan,
womit ein neuer Jahresrekord aufgestellt wurde. In den folgenden
Jahren fielen die Zahlen etwas ab; 1996 wurden 97,15 Mio. Yuan
erreicht.
In der Periode des neunten Fünfjahrplans (1996-2000) hat
der Grenzhandel einen beachtlichen Schritt nach vorn gemacht.
Nach statistischen Angaben betrug das Grenzhandelsvolumen in dieser
Zeit 235 Mio. US-Dollar, das war eine Steigerung um das 3fache
gegenüber dem achten Fünfjahrplan (1990-1995). Damit
machte der Grenzhandel die Hälfte des Außenhandels
aus. 2000 betrug der Anteil 78,44%. Der Handel mit Nepal machte
über 95% des Grenzhandels in Tibet aus. Ende 2000 stieg die
Zahl der mit Grenzhandel befassten Unternehmen auf 65.
Die wichtigsten Exportartikel im Grenzhandel sind Stoffe, Baumwollprodukte,
Porzellan und Industriewaren für den täglichen Gebrauch,
Gummischuhe, lebendes Vieh, Schafwolle, Felle und Salz. Importiert
werden hauptsächlich Reis, Speiseöl, brauner Zucker,
Tabak, Tuche, Färbmittel, Sättel, Schmuck, Uhren und
Waren des täglichen Bedarfs. Die Struktur der Ein- und Ausfuhren
variiert. Dabei gilt das Prinzip der gegenseitigen Warenergänzung
und des Austauschs dringend benötigter Güter.
Die Entwicklung des Grenzhandels ist ein wichtiger Bestandteil
der Marktentwicklung. Die Grenzhandelsmärkte tragen zum Abbau
der wirtschaftlichen Abgeschlossenheit der Grenzgebiete bei. Sie
fördern die Marktwirtschaft und stärken den Aufbau der
Industrie. Sie verbessern wirksam das Umfeld für den bilateralen
Handel mit den Nachbarländern. Mit der Entwicklung des Grenzhandels
haben die Bauern und Hirten der Grenzgebiete die Möglichkeit,
ihre autarke Lebensweise zugunsten eines Lebens in der Konsumwelt
aufzugeben. So können die Familien ihre traditionelle autarke
Land- und Viehwirtschaft in eine kommerzialisierte Wirtschaft
umwandeln. Das gilt als neuer Weg zur Steigerung der Familieneinnahmen.
Parallel zur Entwicklung des Grenzhandels geht der Aufbau der
nichtlandwirtschaftlichen Sektoren voran. Die generelle Entwicklung
des sekundären und tertiären Sektors wie z.B. die Entwicklung
der Industrie, des Verkehrs, der Architektur und der Dienstleistungen
ist ein wesentliches Merkmal der neuen Wirtschaftsstruktur in
den Grenzgebieten. Auch das traditionelle Handwerk erlebt erneut
eine Blüte. Durch den Grenzhandel kann nicht nur der Grundbedarf
der Grenzbewohner besser gedeckt werden, sondern ihre Einnahmen
erhöhen sich spürbar und ihr Lebensniveau steigt. Von
den Xarba-Einwohnern des Dorfes Lixin der Handelstelle Zham bis
zu den Bauern und Hirten an den Grenzhandelsstellen in Burang,
Zhongba und Gyirong werden alle direkt vom Grenzhandel profitieren.
In der Periode des zehnten Fünfjahrplans (2001-2005) sehen
die Pläne für den Grenzhandel Folgendes vor: den Aufbau
infrastruktureller Einrichtungen an den Grenzstellen zu verstärken;
27 Handelsmärkte der Kreise und Gemeinden in den Grenzgebieten
schrittweise einzurichten; die Vorbereitungen zur Öffnung
der Grenzstelle Yadong zu treffen; eine oder zwei Freihandelszonen
zu planen; die Grenzhandelsmärkte mit kleinen Umsätzen
von den kleinen Grenzhandelsmärkten der Grenzbewohner zu
trennen; die Marktanteile im Handel mit den Nachbarländern
zu vergrößern; im Handel mit Nepal die Einfuhren zu
erweitern und die Zahl der zu importierenden Güter zu vermehren;
das Verwaltungsverfahren im Grenzhandel zu vereinfachen; einen
Verein für die Grenzhandelsbetriebe in Tibet aufzubauen und
den Grenzhandel mit kleineren Umsätzen schwerpunktmäßig
zu entwickeln. Das autonome Gebiet wird das Im- und Exportvolumen
des Jahres 2000 als Basis betrachten und sich bemühen, eine
durchschnittliche Wachstumsrate von jährlich 15% zu realisieren.
Damit könnte im Jahr 2005 ein Im- und Exportvolumen in Höhe
von 270 Mio. US-Dollar erreicht werden.
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