Marionettentheater,
heiße Quellen und Xue-Nudeln
die
Attraktionen von Heyang
Von Chen Si
Der Kreis Heyang, 180 km nordöstlich der alten Stadt Xian
gelegen, ist ein wichtiger Ursprungsort der Kultur im Einzugsgebiet
des Gelben Flusses. Und der Gelbe Fluss, der wichtigste Fluss
Nordchinas, gilt seit alters her als eine Wiege der chinesischen
Zivilisation. Wegen seiner langen Geschichte verfügt der
Kreis Heyang über ein reiches kulturelles Erbe: Er wird als
die Quelle der Liebesgedichte bezeichnet, weil viele
Liebesgedichte im Buch der Lieder, der ältesten
Gedichtsammlung Chinas, sich auf Geschichten aus diesem Gebiet
beziehen. Außerdem bilden das älteste Marionettentheater
Chinas und die heißen Quellen (mit gleichbleibender Temperatur
in allen vier Jahreszeiten) zwei besondere Attraktionen für
Touristen.
Das Marionettentheater
In Heyang lautet ein Sprichwort: Wer die Xue-Nudeln nicht
gegessen und die Aufführung des Marionettentheaters nicht
gesehen hat, hat den Kreis Heyang nicht besucht. Das Marionettentheater
in Heyang kann auf eine Geschichte von mehr als 2000 Jahren zurückblicken
und ist damit das älteste Puppentheater Chinas. Das chinesische
Puppentheater hat drei Grundformen, nämlich das Spiel mit
Marionetten, das Spiel mit Stab- und Stockpuppen sowie das Spiel
mit Handpuppen.
Die Einheimischen nennen die Marionetten auch Flaschenkürbisse.
Die Herstellung der Flaschenkürbisse erfordert
viel Können, vor allem muss man großen Wert auf das
Schnitzen der Puppenköpfe legen. Der erste Schritt beim Schnitzen
ist die Wahl eines Weidenholzstückes von guter Qualität.
Nach dem Trocknen und Polieren malt man in weißer, gelber,
grüner und schwarzer Farbe verschiedenartige Gesichtsmasken
auf das Gesicht des Puppenkopfes, welches die Größe
einer Handfläche hat. Die Puppen sind mit beweglichen Gliedern
ausgestattet: Ihre Augen können sich mal nach rechts und
mal nach links bewegen, ihr Mund kann sich öffnen und auch
ihre Augenbrauen können beweglich sein. Manche von ihnen
sind sogar in der Lage, Feuer zu speien. Das Marionettentheater
entstand im 7. Jahrhundert in Heyang und die Puppenfiguren weisen
den Kunststil der Bildhauerei der damaligen Zeit auf: Die Stirnmitte
ist breit und der Unterkiefer rundlich, die Augenbrauen sind dunkel
und schmal. Außerdem haben sie eine rundliche Nase, einen
kleinen, aber fein geformten Mund. Auf ihrem Gesicht zeigt sich
noch ein Lächeln, so dass sie sehr hübsch aussehen.
Vor der Aufführung des Marionettentheaters errichtet man
zuerst einen 1,2 m hohen Holzpodest auf der Bühne, dessen
Vorderteil von einem Vorhang umgeben ist. Bei der Aufführung
steht ein Schauspieler auf dem Holzpodest und spielt mit den Marionetten
vor dem Vorhang. Er greift in die Fäden, welche an Kopf,
Ohren, Händen, Taile, Füßen und den anderen Körperteilen
der Puppen befestigt sind, und erzeugt damit bestimmte Bewegungsläufe
der Puppen. Die Zahl der Fäden, an denen die Puppen geführt
werden, ist den Figuren entsprechend unterschiedlich. Normalerweise
beträgt sie fünf bis zehn. Eine weibliche Figur steht
mit 18 Fäden an der Spitze unter allen Puppenfiguren. Der
längste Faden ist drei bis vier Meter lang. Während
des Spiels verlängert oder verkürzt der Spieler die
Fäden, um die Puppen, die normalerweise 80 bis 90 cm lang
und 3,5 bis 5 kg schwer sind, zu kontrollieren, damit sie viele
Bewegungen wie gehen, laufen, springen, sitzen, reiten, auf einer
Sänfte sitzen, Lanzen und Schwerter schwingen, über
den Wolken schweben und durch Nebel fliegen, ausführen. Diese
Spielweise beruht auf Fingerfertigkeit und um die Bewegungen der
Marionetten zu beherrschen, ist eine 3- bis 5-jährige Übung
erforderlich, erst dann können sie so lebendig wirken.
Der Gesang, der das Marionettentheater begleitet, hat denselben
Ursprung wie der Qinqiang-Stil aus der Provinz Shaanxi. Zwar klingt
er trauervoll und weich, jedoch spürt man darin Leidenschaft
und Standhaftigkeit. Beim Singen benutzt der Spieler keinen Tonverstärker,
aber die Melodie ist trotzdem bis zu einer Entfernung von einigen
Kilometern recht gut zu hören. Bei der Aufführung sitzen
einige ältere Einheimische mit dem Rücken zur Bühne,
wobei sie ihre Augen schließen, weil sie der Auffassung
sind, dass man dem Marionettentheater am besten einfach nur zuhören
kann.
Die Marionettenspieler in Heyang sind zum größten
Teil einheimische Bauern. In der Hauptsaison der Landwirtschaft
verrichten sie Feldarbeit, während sie in der Zeit, in der
weniger Arbeit anfällt, auf den Feldern Bühnen errichten
und Opern aufführen. Aus diesem Grund werden sie nicht
wie die Schauspieler in der traditionellen chinesischen Gesellschaft
gering geschätzt. Bis zum Anfang des vorigen Jahrhunderts
war Marionettentheater in Heyang noch sehr populär. Damals
gab es im Kreis mehr als 20 Theatertruppen. Fast jedes Dorf des
Kreises verfügte über seine eigene Theatertruppe. Manche
Menschen, die reich geworden waren, gaben ihr Geld für den
Kauf von Puppen und die Gründung von Theatertruppen aus.
Weil das Marionettentheater nur von Generation zu Generation
mündlich überliefert wird, gerät es wie
die anderen traditionellen chinesischen Opern immer mehr
in Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. Angesichts dieser Situation
hat die Lokalregierung beschlossen, das Marionettentheater als
kulturelles Erbe unter Schutz zu stellen, damit es bewahrt werden
kann.
Heiße Quellen Wiege der Gedichte
Qiachuan, ein gigantisches Sumpfland, liegt 23 km östlich
des Kreises Heyang und am Ufer des Gelben Flusses. Der Experte
Xia Chuancai, der sich mit der Forschung über das Buch
der Lieder die älteste Gedichtsammlung Chinas
mit einer Geschichte von 3000 Jahren beschäftigt,
hat nach Durchführung seiner Untersuchung erklärt, dass
viele Gedichte aus dem Buch der Lieder diesem Gebiet
entstammen. Aus diesem Grund bezeichnet er Qiachuan als die Wiege
der chinesischen Liebesgedichte.
In Qiachuan gibt es das größte Schilfmoor Chinas,
dessen Fläche mehr als 10 000 Hektar beträgt. Viele
seltene Vögel wie Mandschurenkraniche, schwarze Störche,
weiße Schwäne, große Trappen und Fischreiher
sind hier beheimatet. Im Herbst verhüllen die Blütenrispen
des Schilfrohrs den Himmel und im tiefen Winter halten sich hier
rund hundert Vogelarten auf. Im Volksmund wird dieses Schilfmoor
als das bedeutendste Schilfmoor unter dem Himmel bezeichnet.
Im Moor befindet sich eine Quelle namens Chunü (auf Deutsch:
Jungfrau). Sie ist am schönsten und bezauberndsten unter
allen sieben heißen Quellen in Qiachuan. Nach alter Sitte
baden alle Jungfrauen vor ihrer Heirat in dieser Quelle, um sich
von Kopf bis Fuß zu reinigen und von der angesammelten Müdigkeit
zu befreien, damit sie auf den glücklichsten Moment in ihrem
Leben gut vorbereitet sind. In der Tat ist die Chunü-Quelle
eine Gruppe von einigen kleineren Quellen. Der durch das Quellwasser
verursachte Auftrieb ist so groß, dass auch diejenigen,
die überhaupt nicht schwimmen können, keine Sorgen haben
müssen, beim Baden zu ertrinken. Es entsteht ein Gefühl,
als ob ein Stück Seide den Körper streichelt, wenn man
das körperliche Gleichgewicht hält.
Die heißen Quellen liegen wie schöne glänzende
Perlen in Qiachuan eingebettet. Den Untersuchungen nach sind im
Quellwasser viele Spurenelemente wie Strontium, Kupfer und Selen
enthalten, die sich positiv auf die Gesundheit des Menschen auswirken.
In allen vier Jahreszeiten beträgt die Temperatur des Quellwassers
zwischen 29 und 31 Grad Celsius. Im tiefen Winter sehen die Quellen
glatt wie Spiegel aus und das Wasser dampft, als ob der Rauch
eines Herdfeuers in engen Spiralen in die Höhe stiege. Jede
heiße Quelle ist ein natürliches Freibad, in dem man
auch im Winter schwimmen kann.
Am südlichen Strand von Qiachuan liegt ein Angelpark mit
einer Fläche von einigen hundert Mu (15 Mu = 1 ha). Bei schönem
Wetter kommen viele Touristen hierher, um ihre Freizeit zu genießen.
Besonders zu erwähnen ist das Fischbankett: Alle angebotenen
Fische werden im heißen Quellwasser gezüchtet und die
Zahl der Fischarten erreicht einige Dutzende. Außerdem verfügt
der Angelpark noch über ein Hallenbad, das einige hundert
Menschen fassen kann. Im Winter ein idealer Ort zum Schwimmen!
Die Xue-Nudeln
Wie bereits erwähnt, sind die Xue-Nudeln eine weitere Attraktion
von Heyang. Man muss sich vielleicht einige Mühe geben, um
das Marionettentheater in Heyang zu verstehen, aber es ist wirklich
nicht schwierig, die echten Xue-Nudeln zu probieren. Die Xue-Nudeln
entstanden vor mehr als 2000 Jahren und dienten eigentlich als
Nahrungsmittel für Soldaten. Aus diesem Grund kann man sagen,
dass sie die ältesten Instandnudeln Chinas sind. Die Xue-Nudeln
werden aus Buchweizenmehl gemacht und wirken sich positiv auf
die Höhe des Blutzuckers und die Blutfette aus. Im
Sommer wirken sie gegen Müdigkeit und im Winter wärmen
sie den Körper.
Die Nudeln werden von den Nudelverkäufern oder -verkäuferinnen
selbst gemacht. Zur Vorbereitung sondern sie die Spreu vom Buchweizen,
dann waschen sie den Weizen und mahlen diesen zu Mehl. Das Weizenmehl
wird anschließend in ein großes, etwa 25 kg Weizen
fassendes Porzellangefäß gegeben, Wasser hinzugefügt
und mit einem dicken Holzstock in ausschließlich eine Richtung
gerührt, bis alles gleichmäßig gemischt ist. Dann
wird ein Löffel voll Teig genommen und in einer 20 kg schweren
Pfanne, die einen Durchmesser von mehr als 50 cm hat, ausgebacken,
bis eine Seite hart ist. Zur Ausbreitung des Teigs wird eine halbmondförmige
Holzscheibe benutzt, die im Volksmund Xuezi genannt wird. Angeblich
leitet sich der Name der Xue-Nudeln daraus ab. Anschließend
wird der Fladen gewendet und auf der anderen Seite ebenfalls gebacken,
bis dieser zu 80% gar ist. Der Fladen wird zweimal in der Mitte
zusammengefaltet und in schmale Streifen geschnitten. Nur wenn
die Breite des Streifens der Dicke des Fladens entspricht, ist
die Fingerfertigkeit des Nudelmachers nachgewiesen. Zum Schluss
werden die Nudeln in einer Holzkiste gestapelt, so dass man sie
beim Kochen leicht herausholen kann.
Beim Kochen der Nudeln fügt man dem siedenden Wasser eine
Prise Salz hinzu, um zu vermeiden, dass die Nudeln beim Erhitzen
klebrig werden. Dann gibt man die Nudeln in einen Topf, rührt
sie mit Essstäbchen um und nimmt sie umgehend heraus. Keine
Sorge darüber, dass die Nudeln nicht gar gekocht sein könnten,
sie sind durch das Backen bereits essbar geworden. Dann werden
den Nudeln mit oder ohne Suppe, wie man will Schmalz,
Chiliöl, Salz, Essig, Pfefferöl, fein-geschnittenen
Porree und Schnittlauch hinzugefügt. Fertig! Dabei ist zu
beachten, dass Schmalz unbedingt nötig ist, weil Nudeln aus
Buchweizenmehl nur zusammen mit Schmalz weich und lecker schmecken.
Bevor Touristen Xue-Nudeln probieren, glauben sie im Allgemeinen,
dass die Nudeln nicht gar gekocht und sehr scharf sind. Überdies
wird befürchtet, sie würden vielleicht nicht schmecken,
weil sie schwarz sind und nicht gerade schön aussehen. Aber
nach dem Essen verabschieden sich die meisten Gäste von diesen
Ansichten.
Alle Einheimischen in Heyang Männer und Frauen, Alte
und Junge essen Xue-Nudeln gern. Wenn sie auf den Markt
gehen, ist es unvermeidlich, wenigstens zwei Schalen dieser Nudeln
zu essen, da machen auch modisch gekleidete junge Frauen keine
Ausnahme. Anlässlich des Frühlingsfestes lassen viele
Familien einige dutzende Jin (2 Jin = 1 kg) Xue-Nudeln machen
und Chiliöl vorbereiten, um die Verwandten und Freunde zu
bewirten. Beim Empfang der Besucher aus den anderen Teilen Chinas
sind Xue-Nudeln ein fester Bestandteil.
Erwähnenswert ist neben den Xue-Nudeln auch die Hammelfleisch-Suppe.
Das Hammelfleisch wird bei schwacher Hitze sieben bis acht Stunden
gekocht und der Suppe werden einige besondere Zutaten hinzugefügt.
Die Suppe ist klar und duftend, das Fleisch nicht fett und leicht
bekömmlich. Dann nimmt man das Hammelfleisch heraus und legt
es in warme Sesambrötchen. Natürlich kann man die Sesambrötchen
auch in der Suppe einweichen lassen. Außerdem ist es empfehlenswert,
den Tofu (Bohnenkäse) mit Paprika zu probieren und ein Bankett
mit 13 Gerichten zu besuchen, welches den Namen Shisan Huadie
trägt.
Kurzinfos:
Unterkunft: Das Drei-Sterne-Hotel Qiachuan in der Kreisstadt
Heyang ist in der Lage, größere Reisegruppen zu empfangen.
Außerdem bietet das Feriendorf im Landschaftsgebiet Qiachuan
den Touristen eine Unterkunft an. Für die vereinzelten Reisenden
gibt es noch Möglichkeiten, bei den bäuerlichen Familien
zu übernachten. Etwa 400 bäuerliche Familien mit mehr
als 2000 Betten stehen ihnen zur Verfügung, und der Preis
ist sehr günstig.
Einkäufe: Das Marionettentheater von Heyang ist eine einzigartige
lokale Form der Oper. Frauen von großer Fingerfertigkeit
benutzen die Puppenfiguren zur Fensterdekoration, daher entwickelten
sich die Scherenschnitte zur Fensterdekoration. Überdies
sind die Stickereien und die Holzschnitte von Heyang landesweit
bekannt.
Verkehr: Heyang liegt 180 km von Xian, der Hauptstadt der
Provinz Shaanxi, entfernt. Von Heyang nach Xian braucht
man mit dem Bus ungefähr drei Stunden. Die Strecke zwischen
dem internationalen Flughafen Xianyang bei Xian und dem
Landschaftsgebiet beträgt 180 km. Die Eisenbahnlinie XianHouma
führt auch durch den Kreis Heyang. Das Landschaftsgebiet
Qiachuan liegt 23 km östlich des Kreises Heyang und hat eine
günstige Verkehrsanbindung. Die Nationalstraße G 108,
die Autobahnen XianYumenkou und ErlianhaoteHekou
führen in Nord-Süd-Richtung durch den Kreis Heyang.
Von Xian nach Heyang (die Strecke zwischen Xian und
Heyang beträgt 180 km, die Strecke zwischen Heyang und dem
Landschaftsgebiet Qiachuan 23 km)
1. Mit dem Bus: Die Fahrt vom Busbahnhof Tangdu zum Kreis Heyang
dauert etwa dreieinhalb Stunden und kostet 29 Yuan pro Person.
2. Mit dem Zug: Man fährt mit dem Zug von Xian nach
Hancheng und steigt in der Station Heyang aus. Die Fahrt dauert
etwa drei Stunden und kostet 13 Yuan pro Kopf. Dann nimmt man
den Minibus vom Kreis Heyang zum Landschaftsgebiet Qiachuan. Die
Fahrt dauert 40 Minuten und kostet 3 Yuan.
Vom Kreis Heyang in das Landschaftsgebiet Qiachuan steht eine
Buslinie für Touristen zur Verfügung. Die Busstation
liegt in der Huanghe-Straße im Kreis Heyang. Im Winter beginnen
die Geschäftszeiten um 7.30 Uhr morgens und enden um 18.00
Uhr abends. Jede halbe Stunde gibt es einen Bus und der Fahrpreis
beträgt drei Yuan pro Kopf.
|