Rätselhaftes Sanxingdui
              
              
             
              
              
              
              
              Besucher des Sanxingdui-Museums in Chengdu, Hauptstadt der südwest-chinesischen 
                Provinz Sichuan, geben sich selten mit nur einem Besuch zufrieden. 
                Das Museum, so sagt der Museumsführer, ist ein faszinierendes 
                Rätsel. Selbst mehrmaliges aufmerksames Stöbern 
                kann keinen Aufschluss über die Ursprünge der faszinierenden 
                Ausstellungsstücke geben. Aber das Museum bietet einen spannenden 
                Blick auf eine Zeit, welche bereits in der Antike endete. 
                
              Der Gelbe Fluss, der quer durch Nordchina fließt, und der 
                Yangtse, welcher den Süden des Landes durchfließt, 
                werden als Wiege der chinesischen Zivilisation betrachtet. Sanxingdui 
                war eine hochentwickelte und relativ geschlossene alte Zivilisation 
                an den oberen Läufen des Yangtse in der Chengdu-Ebene. Diese 
                erstreckt sich über 12 km2, 30 km von Chengdu entfernt. Der 
                Ursprung liegt im späten Neolithikum und der frühen 
                Bronzezeit, 2800 bis 4800 Jahre zurück. Im Jahr 1929 wurden 
                große Mengen Jade an diesem Ort ausgegraben, und in den 
                1930ern nahmen David Crockett Graham und sein Assistent die erste 
                Sanxingdui-Ausgrabung vor. Erst im Jahre 1986, als bereits annähernd 
                2000 Kulturrelikte aus zwei heiligen Gruben geborgen wurden, war 
                es soweit, dass Sanxingdui weltweites Interesse auf sich zog. 
                Eine britische Zeitung bezeichnete den Fund als unter Umständen 
                bedeutender als den der Krieger der Terrakotta-Armee. In den zwei 
                Jahrzehnten, die seitdem vergangen sind, sind jedoch nur wenige 
                Hinweise auf die mysteriösen Ursprünge offenbart worden. 
                
              Der Fortschritt der Sanxingdui-Zivilisation wurde durch schwere 
                Überflutungen der Chengdu-Ebene vor 20003000 Jahren 
                gestoppt. Alte chinesische Bücher machen nur fragmentarische 
                Bemerkungen über die alte Kultur des Königreiches Shu. 
                Es ist demzufolge unmöglich gewesen, die Schriftzeichen auf 
                den ausgegrabenen Kulturrelikten zu entschlüsseln, was einem 
                Mangel an strukturierenden Koordinaten geschuldet ist. Als Konsequenz 
                bleiben die fundamentalen Fragen, nämlich wo die Kultur des 
                altern Königreiches Shu ihre Ursprünge hat, wie sie 
                aufgebaut war, wie lange sie Bestand hatte und von welcher Volksgruppe 
                sie getragen wurde, unbeantwortet. Die Fragen nach Politik und 
                die Religion, wie ihre Technik der Bronzeherstellung sich so weit 
                entwickeln konnte und warum das Königreich so plötzlich 
                verschwand, sind ebenso ungeklärt. Ob die Markierungen am 
                goldenen Stab, das Vorzeigestück des Museums, eine einfache 
                Form einer Schriftsprache oder von religiöser Bedeutung sind, 
                ist ein weiterer Aspekt der Rätsel um die Kultur des Königreiches 
                Shu.  
                
              Der Goldstab 
                
              Der Goldstab, Symbol herrschaftlicher Macht und göttlicher 
                Herrschaft, ist der früheste, größte, schwerste 
                und kostbarste seiner Art, der bis heute in China ausgegraben 
                wurde. Er ist 1,42 Meter lang, wiegt beinahe 500 Gramm und sein 
                Holzkern ist mit einer dünnen Schicht aus 85-prozentigem 
                Gold, die einen Umfang von 7 cm hat, bedeckt. Nachdem dieses Stück 
                ausgegraben wurde, hat man entdeckt, dass aufgrund von Extrusion 
                der Holzkern zerfallen und die Goldschicht deformiert worden war. 
               
                
              Das obere Stück des Stabes hat eine 46 cm umfassende zweigeteilte 
                Gestaltung: Oberhalb sind vier Vögel  ähnlich 
                einem Kormoran  mit ausgebreiteten Flügeln, bereit, 
                um in die Höhe aufzusteigen. Auf dem hinteren Teil jedes 
                Vogels befindet sich ein auf einem Pfeil aufgespießter Fisch, 
                darunter zwei menschliche Köpfe, die gezackte Kronen tragen. 
                Ihre runden, lächelnden Gesichter befinden sich vollkommen 
                im Kontrast zu den quadratisch geformten Gesichtern mit breiten 
                Mündern, die auf anderen ausgegrabenen Stäben zu sehen 
                sind. 
                
              Die Goldmaske 
                
              Die Goldmaske, die sich auf einer Bronze-Büste befindet, 
                unterscheidet sich von den anderen begleitenden Ausstellungsstücken. 
                Historiker glauben, sie könnte von einem Priester stammen. 
                Goldmasken gehören nicht zu den Eigenheiten der alten chinesischen 
                Zivilisation. Alte westasiatische Statuen, wie sie zuerst in Mesopotamien 
                 heute Syrien  gefunden wurden, und die auf die Zeit 
                um 3000 v. u. Z. datiert werden, sind häufig mit einer kupfernen 
                oder goldenen Schicht verziert. König Tutankhamen trug beispielsweise 
                solch eine goldene Maske, als er nach seinem Tod in seine Grabstätte 
                in Ägypten gelegt wurde; und Ausgrabungen an der königlichen 
                Familiengrabstätte von Mykenä, welche eine Geschichte 
                von mehr als 3500 Jahren haben, offenbarten, dass der Leichnam 
                des Königs ebenfalls eine goldene Maske trug. Die goldene 
                Maske von Sanxingdui würde deshalb vorgeschichtlichen Austausch 
                zwischen Südwest-China und dem Nahen Osten bzw. westlichen 
                Asien nahelegen. 
                
              Der heilige Bronzebaum 
                
              Das Museum beheimatet die Überreste von sechs heiligen Bronzebäumen. 
                Das restaurierte Ausstellungsstück Baum Nr. 1 
                ist 396 cm hoch, obwohl die Spitze fehlt. Er ist aus drei Teilen 
                gefertigt: Sockel, Baumstamm und einem gewundenen Drachen. Der 
                gesamte Baum hat neun Zweige, jeder trägt eine Blütenknospe, 
                eine Frucht und einen Vogel, der auf der Knospe sitzt. 
                
              Die alten Einwohner im Königreich Shu praktizierten eine 
                Totem-Verehrung der Sonne und des Vogels, welcher für sie 
                ebenfalls ein Symbol der Sonne war. Viele Bilder des Sonnengottes, 
                die Vögeln ähneln, sind in den Ruinen von Sanxingdui 
                ausgegraben worden. Archäologen glauben, dass die vermisste 
                Krone des heiligen Baumes einen zehnten Vogel trägt, wie 
                auch die Beschreibungen in der Shu-Mythologie von zehn Sonnen 
                im Himmel erzählen. 
                
              Viele Kulturen in der Welt kennen Bäume mit religiöser 
                Bedeutung, wie zum Beispiel den chinesischen Geldbaum und den 
                westlichen Weihnachtsbaum. Laut dem alten chinesischen Buch Der 
                Klassiker der Berge und Seen (Shan Hai Jing) gibt es 30 
                Arten solcher Bäume. 
                
              Bronzemaske mit hervorstechenden Augen 
                
              Mit 65 cm Höhe und 138 cm Breite ist dies die größte 
                der in Sanxingdui ausgegrabenen Masken. Sie hat hervorstechende 
                Augen, die 16,5 cm lang sind und einen Durchmesser von 13,5 cm 
                haben. Die Maske beschreibt die Gottheit der lokalen Einwohner, 
                König Can Cong, welcher nach den historischen Aufzeichnungen 
                hervorstechende Augen hatte. Andere Forscher glauben, dies sei 
                ein Symbol für Schönheit gewesen.  
                
              Stehender Mann aus Bronze 
                
              Der Kopf dieses Ausstellungsstücks ist in einem ähnlichen 
                Stil gehalten wie die Büsten im Museum, aber es ist das einzige, 
                welches mit einem Körper verbunden ist. Der wieder hergestellte 
                Sockel ist 80 cm, die Figur 172 cm und die Krone 10 cm hoch. Sie 
                ist groß und dünn mit unförmigen Armen und nach 
                außen greifenden Händen. Es gibt viele Meinungen zum 
                Bedeutungsgehalt dieser Geste. 
                
              Einige Forscher glauben, die Bronzefigur stelle einen verehrten 
                religiösen Führer dar, andere, dass sie den König 
                symbolisiert. Da es selten ist, dass vollständige Bronzefiguren 
                in China gefunden werden, gibt es auch Forscher, die an eine Verbindung 
                mit den Bronzestatuen von Mesopotamien aus dem dritten Jahrtausend 
                v. u. Z. glauben.  
               
               
               
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