Die Universität Tibet beim Eintritt ins neue Jahrhundert (1)


Zwischen Sommerende und Herbstanfang ist Erntezeit auf dem Tibet-Plateau. Zu dieser Zeit besuchte im Jahre 2000 eine Delegation Tibet, die von Li Lanqing geleitet wurde, einem früheren stellvertretenden Ministerpräsidenten und Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der KP Chinas. Seit der Inspektionsreise Jiang Zemins, des ehemaligen Generalsekretärs des Zentralkomitees der KP Chinas und Staatsvorsitzenden, im Juli 1990 nach Tibet, ist Li Lanqing ein weiteres Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der KP Chinas, das die Verhältnisse in Tibet an Ort und Stelle untersuchte.

Im Staatsrat war Li Lanqing zuständig für Wissenschaft und Bildungswesen. Daher begleitete ihn auch die frühere Bildungsministerin Chen Zhili. Schwerpunkt der Inspektion waren die Grund-, Mittel- und Hochschulen. In einer Klasse der Grundschule des Kreises Dagze war Li Lanqing so begeistert von der Entwicklung, dass er persönlich mit den Grundschülern das Lied Das Vaterland besingen aus voller Brust sang und dabei sogar den Takt schlug.

Als Li Lanqing während seines Tibet-Aufenthaltes die Universität Tibet besuchte, hielt er eine Rede, die Lehrer und Studenten äußerst begeistert und ermutigt hat:

"Bei der umfassenden Erschließung der westlichen Gebiete will der Staat in jeder westlichen Provinz bzw. in jedem westlichen Autonomen Gebiet je eine Hochschule als Schwerpunkt fördern. Für Tibet werden viele Investitionen bereitgestellt, natürlich auch um die Universität Tibet zu entwickeln. Aber die Universität muss Fachbereiche wie Technik und Ingenieurwissenschaften haben. Sollten dafür noch Voraussetzungen fehlen, muss man sich an entsprechende Universitäten im Landesinneren wenden. Gleichzeitig sollten angewandte Wissenschaft und Technik verstärkt werden. Also alle Wissenschaft und Technik, die beim wirtschaftlichen Aufbau dringend benötigt werden, sollten schwerpunktmäßig eingeführt, verarbeitet, erforscht, erschlossen, erneuert und verbreitet werden, um der Entwicklung Tibets direkt zu dienen."

Die Rede des ehemaligen Vizeministerpräsidenten hatte einen Plan für die Entwicklung der Universität Tibet im neuen Jahrhundert umrissen. Das begeisterte alle Zuhörer. Bei den Lehrern und Angestellten, die an der Entwicklung der Universität mitgewirkt hatten, rührten sich zu Recht Gefühle des Stolzes.

Die Zeltschule in Zonggyi Lingka

Am 12. Januar 1952, kurz nach der friedlichen Befreiung Tibets, schlug die Volksbefreiungsarmee in Zonggyi Lingka an der Lhasa-Brücke ein Zelt auf und gründete damit den tibetischen Sprachkurs für Kader, um den Aufforderungen des Zentralkomitees der KP Chinas zu entsprechen. Sie lauteten: "Unter Beachtung der gegebenen Umstände sollen die tibetische Sprache und Schrift gefördert werden, außerdem soll noch die Schulbildung stufenweise entwickelt werden." Ende 1952 wurde der Sprachkurs dann offiziell in die Kaderschule des Tibet-Militärbezirks umbenannt. General Tan Guansan wurde ihr erster Direktor und Sekretär des Parteikomitees. Eine Reihe von Persönlichkeiten aus der tibetischen Oberschicht war dort als Lehrer tätig. Zu dieser Zeit verließ Tangmei Gungjor Bemo ihre adlige Familie und beschäftigte sich mit der Erziehungs- und Frauenarbeit. In wenigen Jahren wurden an dieser Schule mehr als 2000 Menschen für verschiedene Bereiche ausgebildet. Gungjor Bemo erinnerte sich, dass alle Absolventen Tibetisch gut beherrschten. (siehe: Die Entwicklung des modernen Bildungswesens unmittelbar nach der friedlichen Befreiung - Der tibetische Sprachkurs in Zonggyi Lingka)

1956 wurde die Kaderschule des Tibet-Militärbezirks in lokale Kaderschule Tibet umbenannt. Sie hatte damals 1673 Schüler. 1959 brach die reaktionäre Clique unter Führerschaft des Dalai Lama skrupellos das 17-Punkte-Abkommen und inszenierte eine bewaffnete Rebellion. Während dieser kritischen Zeit nahmen Lehrer, Mitglieder der KP Chinas und des Kommunistischen Jugendverbandes Chinas von der lokalen Kaderschule Tibet aktiv am Kampf gegen die Rebellen teil und wurden so die Hauptstützen der demokratischen Reform Tibets.

Wiege der Lehrer Tibets

1961 wurde auf der Grundlage der lokalen Kaderschule die administrative Kaderschule Tibet gegründet. Ngapoi Ngawang Jigmei wurde zum Direktor ernannt und Yang Dongsheng zum Sekretär des Parteikomitees. Mehr als 2000 Personen wurden für verschiedene Bereiche Tibets ausgebildet. Im Oktober 1965 wurde die Schule in Pädagogische Schule Tibet umbenannt. 1966 nahm sie 755 Jugendliche aus Familien befreiter Leibeigener auf. Während der frühen Phase der Kulturrevolution (1966-1976) wurden dann bis 1971 keine neuen Schüler aufgenommen. Aber 1974 gab es an der Schule schon wieder fast 500 Schüler. 1975 wurde sie zur Pädagogischen Hochschule Tibet ausgebaut, an der es eine Abteilung für Politikwissenschaft, Sprache und Literatur, eine für Mathematik und Physik und eine für Kulturwissenschaft, Kunst und Sport gab. 1982 kam das Seminar für tibetische Sprache und Schrift hinzu und eine Mittelschule wurde der Hochschule angegliedert. Seit 1983 werden dort akademische Titel verliehen und durch ein Stipendiensystem besondere Leistungen gefördert. In zehn Jahren hat die Pädagogische Hochschule Tibet mehr als 1600 Lehrkräfte herangebildet. An der angegliederten Mittelschule bestanden 200 Jugendliche das Abitur und am Fachkurs nahmen 100 Menschen teil.

Während des Zeitraums zwischen Zeltschule und Pädagogischer Hochschule Tibet (1952-1975) wurden dort insgesamt mehr als 8000 Angehörige verschiedener Nationalitäten ausgebildet. Darunter waren neben Tibetern auch Han, Hui, Moinba, Naxi und Dengren. Seit den 80er Jahren wuchs im Zusammenhang mit der weiteren Umsetzung der Reform- und Öffnungspolitik spürbar das dringende Bedürfnis, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Tibets durch Gründung einer Universität lokaler Prägung schneller voranzubringen.

Im Mai 1983 genehmigte der Staatsrat den Antrag, auf Grundlage der Pädagogischen Hochschule Tibet Vorbereitungen für die Errichtung der Universität Tibet zu treffen. Am 20. Juli 1985 wurde die Universität Tibet offiziell gegründet. Zunächst hatte sie Abteilungen für tibetische Sprache und Literatur, für chinesische Sprache und Literatur, für Politikwissenschaft und Geschichte, für tibetische Medizin, für Mathematik und Physik, für Chemie, Biologie und Geographie und für Kunst. Später kamen weitere Abteilungen hinzu - für Wirtschaftsverwaltung und für Informatik. Die Gründung der Universität Tibet symbolisiert den Eintritt des tibetischen Hochschulbildungswesens in ein neues Entwicklungsstadium.


 
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