Buchbesprechung:
Das Bildungswesen in Tibet
Von Shu Ping
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Das Bildungswesen in Tibet ist ein Titel aus der Sachbuchreihe:
Tatsachen über Tibet. Das Buch teilt sich in sechs Hauptkapitel:
"Entstehung des modernen Bildungswesens unmittelbar nach
der friedlichen Befreiung Tibets", "Entwicklung des
modernen Bildungswesens Tibets", "Das Bildungswesen
Tibets erlitt in der ,Kulturrevolution' einen Rückschlag",
"Neuordnung und Rekonstruktion des Bildungswesens in der
neuen Periode", "Vervollständigung des modernen
Bildungssystems" und "Die Universität Tibet beim
Eintritt ins neue Jahrhundert". Am Beginn des Buches steht
die Schilderung einer Begegnung mit einem aus einer Hirtenfamilie
stammenden 13-jährigen tibetischen Jungen namens Qoizha Qoinpei.
Dieser hat die Grundschule gerade beendet und besucht die Unterstufe
einer Internat-Mittelschule in einer Kreisstadt. Als erster Mittelschüler
seiner Familie lernt Qoinpei fleißig, und sein größter
Wunsch ist, "in Beijing zu studieren". Akademische Ausbildung
wird heute in Tibet hoch geschätzt. Es gibt immer mehr junge
Tibeter, die an Hochschulen in Beijing oder im Ausland studieren
wollen. Eine hohe Bildung ist für sie ein Lebensziel, zumal
die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in Tibet
hoch qualifizierte Fachkräfte dringend braucht.
Bei der Darstellung der Entwicklung des tibetischen Bildungswesens
richtete der Autor sein Augenmerk vor allem auf die Entstehung
und Entwicklung des modernen Bildungswesens seit 1951, also seit
der friedlichen Befreiung Tibets. Das Buch zeichnet den Weg des
Aufbaus des tibetischen modernen Bildungswesens. Dessen Beginn
liegt das im Mai 1951 von der zentralen Volksregierung und der
tibetischen Lokalregierung unterzeichnete Dokument Abkommen über
die Maßnahmen zur friedlichen Befreiung Tibets zugrunde.
In seinem 9. Artikel wird festgelegt, "Sprache und Schrift
sowie die Schulbildung der tibetischen Nationalität nach
den wirklichen Umständen Tibets schrittweise zu entwickeln".
Die Zentralregierung legt von Anfang an großen Wert auf
die Entwicklung des modernen Bildungswesens in Tibet. Gestützt
auf umfangreiches Quellenmaterial schildert das Buch die verschiedenen
wichtigen Entwicklungsphasen des Bildungswesens in Tibet in einer
Zeitspanne von mehr als einem halben Jahrhundert - von der Gründung
der ersten modernen Mustergrundschulen in Qamdo und Lhasa 1951/52
bis zur Verleihung des Magister artium an der Universität
Tibet 2002.
Die wichtigsten Verdienste des Aufbaus des modernen Bildungswesens
lassen sich u. E. darin erblicken, dass einmal die allgemeine
Volksbildung popularisiert worden ist (80% der schulpflichtigen
Kinder von ganz Tibet einschließlich seiner weiten Weidegebiete
besuchen die Schule und unter 100 000 Einwohnern gibt es 1262
Studenten bzw. Hochschulabsolventen); zum anderen wurden beim
Aufbau höherer Bildungsanstalten bzw. -institutionen große
Errungenschaften erzielt: Es gibt heute nicht nur Grundschulen
und Mittelschulen, sondern auch Fachhochschulen und eine Universität
sowie Institutionen für Erwachsenenbildung bzw. -hochschulausbildung.
Die Universität Tibet wurde 1985 ins Leben gerufen. Heute
bietet sie in 50 Fächern in Geistes-, Sozial-, Natur-, Ingenieur-
Agrar- und Lebenswissenschaft Lehrveranstaltungen an, über
5000 Studierende studieren in verschiedenen Studiengängen,
74% davon sind Tibeter und Angehörige anderer nationaler
Minderheiten. Durch intensiven Austausch mit Fachkollegen im In-
und Ausland erzielte die Professorenschaft der Universität
Tibet manche landesweit, in einzelnen Gebieten sogar weltweit
bedeutende Forschungsergebnisse. Die Universität Tibet zeigt
mit ihrer tibetischen Prägung eine blühende Landschaft
von Lehre und Forschung.
Die beim Aufbau des modernen Bildungswesens in Tibet erzielten
Fortschritte sind zweifelsohne der Anleitung durch die Zentralregierung
und auch der Unterstützung aus dem Landesinneren zu verdanken.
Bei der Entwicklung des Bildungswesens in Tibet wurde von vornherein
der Wahrung der tibetischen Kulturtradition Beachtung geschenkt.
Bereits in der früheren Phase wurden hoch geachtete Mönche
und Lebende Buddhas in den Vorstand der schulischen Institutionen
eingeladen oder im Unterricht eingesetzt. Die Lehrmaterialien
wurden entweder aus dem Chinesischen ins Tibetische übersetzt
oder eigens in Tibetisch geschrieben. Im Zug der Entwicklung des
modernen Bildungswesens wurde der bilinguale Grundsatz durchgesetzt,
d. h. sowohl in den Grund- und Mittelschulen als auch in der Erwachsenenbildung
und Berufsausbildung wird in Tibetisch und Chinesisch unterrichtet.
Und auch an den Hochschulen ist Tibetisch als obligatorisches
Fach vorgesehen. Zur Pflege und Entwicklung der tibetischen Sprache
hat 1987 die Kommission für Bildungswesen des Autonomen Gebiets
Tibet die Bestimmung für das Erlernen, den Gebrauch und die
Entwicklung der tibetischen Sprache und Schrift erarbeitet und
die entsprechenden Regeln und Vorschriften aufgestellt. Diese
Regelungen werden eingehend praktiziert. 1997 ist dem tibetischen
Informatiker, Prof. Nyima Zhaxi an der Universität Tibet,
gelungen, Die Sammlung tibetischer Chiffrierzeichen zum Informationsaustausch
aufzustellen. Dieses Forschungsergebnis bestand im Juli 1997 die
internationale ISO-Überprüfung und wurde offiziell zur
internationalen Norm erklärt. Das lässt sich als bedeutender
Schritt der Entwicklung der tibetischen Sprache im Computerzeitalter
betrachten.
Zhou Aiming: Das Bildungswesen
in Tibet, China Intercontinental Press 2004. ISBN 7-5085-0555-7/G·95.
195 Seiten. 38 Yuan.
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