Guangzhou,
eine materielle Stadt
Für viele ist es unverständlich, dass die Stadt Guangzhou
bei dieser vergleichenden Untersuchung der Lebensqualität
chinesischer Städte den 9. Platz einnimmt, weil sie meinen,
dass Guangzhou eine Stadt sei, in der man sehr gemütlich
leben könne. Einer beurteilt wie folgt: "Guangzhou ist
eine materielle Stadt, wo das Glück immer in einer materiellen
Form erscheint. Hier steht im Gegensatz zur Materie nicht Geist,
sondern Armut. Die Stadt ist voller Lebenskraft, weil die Bewohner
immer den Wunsch nach gesteigertem Konsum hegen."
Guangzhou, die größte Metropole Südchinas, liegt
am nördlichen Rand des Perlfluss-Deltas und grenzt an die
Sonderverwaltungszonen Hong Kong und Macao. Sie wird als das "südliche
Tor Chinas" bezeichnet. Bereits in der Tang-Dynastie (618-907)
hat sich Guangzhou schon zu einem international bekannten Hafen
entwickelt: unzählige Segelschiffe aus dem Ausland lagen
hier vor Anker. Die erste Behörde für den Außenhandel
und auch das erste Zollamt Chinas wurden hier gegründet.
In der Blütezeit erreichte die Zahl der ausländischen
Geschäftsleute, die in Guangzhou lebten, mehr als 100 000.
Guangzhou gehört zu den Städten, die am frühesten
für das Ausland geöffnet wurden. Aus diesem Grund ist
das wirtschaftliche Entwicklungniveau von Guangzhou relativ hoch.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) belegt den dritten Platz unter
allen chinesischen Städten. Auch die Indikatoren hinsichtlich
des Einkommens der städtischen Bewohner und der Lebensumwelt
gehören zu den besten Chinas.
Sowohl die reichen als auch die armen Leute in Guangzhou begnügen
sich mit ihrer Situation. Sie zeigen keine besondere Vorliebe
für Reiche und missachten auch nicht die Armen. In fast allen
öffentlichen Stätten mit einer Fülle von angenehmen
Luxuseinrichtungen sind ab und zu einfach gekleidete, manchmal
sogar Pantoffel tragende Menschen zu finden. Aber keine Sorgen,
sie werden hier nicht kühl behandelt. Guangzhou ist eine
Gesellschaft, in der die sozialen Schichten nicht gut zu erkennen
sind. Es ist keine leichte Sache, die Millionäre in der Menschenmenge
zu identifizieren. Folgende Szenen sind in Guangzhou auch nicht
selten zu sehen: Der Besitzer eines Luxusautos parkt am Straßenrand
und isst in einer Straßenimbissstube. Modern gekleidete
Männer und Frauen halten eine Schale voller gekochter Rüben
und Rinderinnereien in der Hand und essen gierig, ohne auf ihre
Haltung bedacht zu sein.
Guangzhou verfügt über eine hochentwickelte Wirtschaft,
aus diesem Grund wird die Privatsphäre besser geschützt
als in anderen chinesischen Städten. In der Freizeit unterhalten
sich die Guangzhouer sehr wenig über Familienkram. Zeit und
Energie wenden sie lieber auf, um Geld zu verdienen. Ihr beliebtestes
Gesprächsthema sind Geschäftsstrategien.
Das kantonesische Essen ist landesweit bekannt. Man sagt, dass
der Zauber einer kantonesischen Frau nicht in ihrem Gesicht, sondern
in ihrer Fertigkeit im Suppe-Kochen läge. Die langsam gekochten
Suppen sind eine typische kantonesische Erfindung, die es fast
nirgendwo in anderen Teilen Chinas gibt. Hinzu werden Fleisch
und andere Zutaten, manchmal noch Kräuter und Heilmittel
der traditionellen chinesischen Medizin beigegeben. Die Suppen
werden stundenlang gekocht, erst dann können die Nährstoffe
der Zutaten sowie der Kräuter und Heilmittel voll zur Geltung
gebracht werden. Die kantonesische Küche, eine der vier bekanntesten
Küchen Chinas, ist in erster Linie für ihre reichen,
aber erlesenen Zutaten bekannt. Sie hat die Vorteile der anderen
chinesischen Küchen in sich aufgenommen und bemüht sich,
in der Nachahmung Neues zu kreieren. Die kantonesische Küche
mit den Guangzhou-Gerichten als Vertretern ist in vielen Städten
Chinas sehr gefragt.
Was das Essen der Guangzhouer betrifft, lautet ein chinesisches
Sprichwort: Die Kantonesen essen alles, was fliegen kann, außer
Flugzeugen, und alles, was vier Beine hat, außer Stühlen
und Tischen. Die Guangzhouer verfügen über umfangreiche
Nahrungsmittel, insbesondere zeigen sie eine Vorliebe für
Wildtiere. Aber sie sind anfällig für Krankheiten. Aufgrund
der Verbreitung der SARS-Epidemie im Jahr 2003 haben manche Guangzhouer
ihre Essgewohnheiten geändert.
Guangzhou ist auch bekannt für den Frühstückstee
(Dimsum), die Teepausen am Nachmittag und den nächtlichen
Tee. Dabei werden neben dem Tee auch Imbisse angeboten. Es gibt
über 1000 Imbissarten, unter ihnen sind die Maultasche mit
Krabbenfleischfüllung, die gefüllte Teigtasche, Kuchen
aus Wasserkastanien (Eleocharis tuberosa) und mit Klebkreis gekochtes
Hühnerfleisch besonders üblich. Erst nach dem Frühstückstee
beginnt ein neuer Tag für die Guangzhouer.
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