Erste Impressionen vom Reich der Mitte
Von Dennis Fischer
Vor einem Jahr bekam ich zum ersten Mal die Möglichkeit,
China für zwei Monate zu entdecken und zu erkunden. Vorrangig
konnte ich dies in der Hauptstadt des Landes, Beijing, machen,
bekam zwischendurch aber auch die Gelegenheit, die Stadt Xian
kennen zu lernen. In diesem Erfahrungsbericht möchte ich
meine ersten Eindrücke vorstellen, wie sich mir das heutige
China präsentiert hat.
Während des Anfluges schon bekamen meine Begleiter und ich
zu spüren, dass wir China bald erreichen würden. So
muss jeder Einreisende, egal ob Chinese oder Ausländer, zunächst
drei Formulare, mit Informationen über seine Reisedaten,
seinen gesundheitlichen Zustand und seinen Aufenthaltsort in China
ausfüllen. Schnell war dies erledigt, als wir dann auch schon
zum Landeanflug auf Beijing einsetzten. Nach der Landung hieß
es erst einmal die gerade ausgefüllten Formulare wieder loszuwerden,
durch Passkontrollen zu gehen und schließlich in das Reich
der Mitte einzutreten.
Begrüßt wird man am Flughafen von einer riesigen Menge
an Menschen, die irgendwelche Leute Manager, Studenten,
Hotelgäste abholen, um sie in ihre Unterkünfte
zu bringen. So wurden auch wir vom Leiter unserer Reisegruppe
am Flughafen abgeholt. Kurz darauf ging es auch schon mit einem
Reisebus zur Unterkunft, nach Huilongguan, dem nördlichsten
Stadtteil Beijings.
Die Busfahrt lieferte uns erste Eindrücke vom für viele
Deutsche chaotischen Leben in China. Der Straßenverkehr
ist auf den ersten Blick unübersichtlicher als alles, was
man vorher gesehen hat. Auf bis zu fünf Spuren rasen die
Autos, vor allem Taxis über die Autobahnen und Ringstraßen.
Verkehrsregeln, wie man sie aus Deutschland kennt, scheint es
nicht zu geben. Einzig das Tempolimit scheint grob eingehalten
zu werden, aber dennoch hat man das Gefühl, jeden Moment
in einen verheerenden Unfall verwickelt zu werden.
Aber auch ein Blick in das Stadtgebiet eröffnet dem deutschen
Durchschnittsbürger ungewohnte Bilder. Überall finden
sich Baustellen, mehr als man in Berlin zu seinen Hochzeiten finden
konnte. Aber alles im Zeichen des Wirtschaftswachstums Chinas
und der Olympischen Spiele 2008 in Beijing: Olympiapark, Straßenrestaurationen,
aber vor allem Hochhäuser, die wie Pilze aus dem Boden schießen.
Das ungewohnte Vorstadtleben
Nach langem Flug und einer aufregenden, knapp einstündigen
Busfahrt quer durch Beijings Innenstadt kamen wir schließlich
in Huilongguan an. Kurzerhand wurden die privaten Apartments bezogen,
die Zimmer eingerichtet und die Duschen ausgetestet. Selbst diese
weichen stark von den westlichen Standards ab. Hier wird die Dusche
einfach ohne eine Kabine oder Ähnliches in den Raum gebaut,
der Abfluss befindet sich irgendwo im Boden.
Bevor man sich nun mit seiner neuen Umgebung vertraut gemacht
hat, ging man erst einmal noch etwas essen. Aufgrund mangelnder
Sprachkenntnisse sollte dies zum ersten wirklichen Kulturschock
dieser Reise führen. Das Restaurant betreten, wurden wir
zunächst von sieben Kellnerinnen begrüßt, anzumerken
sei aber, dass in das Restaurant vielleicht gerade mal 30 Gäste
passen und in diesem Augenblick höchstens vier weitere Gäste
anwesend waren. Nachdem uns ein Platz zugewiesen wurde, bekamen
wir auch direkt die Speisekarte welche, natürlich,
komplett in Chinesisch und ohne Bilder gehalten war. Vom Hunger
getrieben, bestellten wir willkürlich zwei Speisen, welche
sich uns schließlich als Hühnerfüsse und einer
kalten, sehr scharfen Knoblauch-Hühnerfleischsuppe präsentierten.
Offen für alles probierten wir diese Gerichte, ließen
aber recht schnell wieder davon ab und gingen hungrig zurück
in unser Apartment.
Im Laufe des Tages hieß es dann noch Einkaufen und Ausruhen.
Beim Einkaufen im hiesigen Supermarkt das gleiche Bild wie zuvor
im Restaurant. Unheimlich viele Mitarbeiter und auf kleinsten
Raum gedrängt, teilweise zwei an einer Kasse einer
zum Kassieren, der Andere zum einpacken der Tüten. Dieses
Bild sollte sich im Verlauf der Reise noch mehrfach bestätigen.
Überall, in jedem Kaufhaus, jeder Einkaufsstraße, jedem
Supermarkt, findet sich ein scheinbar unendliches Aufgebot an
Mitarbeitern, die ihre Waren schnellstmöglich an den Mann
oder die Frau bringen wollen.
Der Verkehr in diesem abgelegenen Stadtteil von Beijing übertrifft
noch das, was wir bei unserer Anreise im Bus erlebt haben. Auf
dreispurigen, ziemlich leeren Straßen rasen vereinzelt Taxis,
Moto-Taxis (motorisierte Rikschas für bis zu vier Personen)
und chinesische Privatautos, die sich sogar als europäische
Edelmarken präsentierten, an einem vorbei. Verkehrsregeln
scheint es hier noch weniger zu geben, als auf der Autobahn. Man
fährt einfach hupend über Rot, biegt ab ohne zu blinken
und übersieht alle Fußgänger auf der Straße.
Trotz dieser Verhältnisse sollte sich mir, zu meiner persönlichen
Überraschung, bis zum Ende meiner Reise kein Unfall präsentieren.
Einkaufen in der Innenstadt
Bei Touristen, wie aber auch bei Chinesen beliebte Anlaufstellen
zum Einkaufen, sind Einkaufsstraßen wie Wangfujing oder
Kaufhäuser wie die Beijing New World Shopping Mall in Chongwenmen.
Hier findet man alles, was der typische Chinareisende begehrt.
Teuerste Markenartikel, günstige chinesische Alternativartikel,
aber auch den gemeinen Straßenhändler, der gerade versucht,
seine neueste Edel-Uhr an den Mann zu bringen.
Das Einkaufen in den riesigen Kaufhäusern, welche größer
sind als das meiste, was man aus Deutschland kennt, wurde zu einer
besonderen Erfahrung. Dicht an dicht sind kleine Geschäfte
diverser europäischer, amerikanischer und auch chinesischer
Marken gedrängt. In jedem dieser Geschäfte finden sich
mehrere Mitarbeiter, die einem gerne beim Aussuchen der Artikel
zur Seite stehen. Wenn schließlich was gefunden wurde, muss
man mit drei Zetteln zu einer der wenigen zentralen Kassen im
Kaufhaus gehen, zahlen, mit nur noch zwei Zetteln wieder zurück
in das Geschäft, in dem man sich seine Ware ausgesucht hat,
und darf diese dann schließlich, inklusive einem verbliebenen
Zettel, der sich nun als Kassenbong herausstellt, mitnehmen. Verabschiedet
wird man stets mit einem Lächeln und einem Bye Bye
Hope to see you again, my friend!.
Sehenswürdigkeiten und mehr
In Beijing wird man quasi erschlagen, von der unglaublichen Anzahl
an Kulturgütern und Sehenswürdigkeiten die es zu bestaunen
gibt. Die Verbotene Stadt, der Sommerpalast, diverse Tempelanlagen
und Pagoden, die Peking-Oper und natürlich die nahegelegenen
Ming-Gräber mit der Großen Mauer, um nur ein paar Beispiele
zu nennen.
Neben ihrem kulturellen Wert, ihrer Schönheit und ihrer
Einzigartigkeit haben sie aber noch eine weitere gemeinsame Eigenschaft:
Überall findet man Touristenfallen, die den einfachen Chinabesucher
schnell in ihren Bann gezogen haben. Seien es größere
Souvenirshops, wo man alles überteuert kaufen kann oder der
einfache Getränkehändler, der sich selbst etwas mehr
verdienen möchte als seine Kollegen im Zentrum der Stadt,
überall muss man auf der Hut sein. Dennoch zeigen sich alle
Händler bereit zu Handeln, ein großes Hobby der Chinesen.
Und wer hier keine Hemmungen zeigt, stets freundlich ist und Spaß
bei der Sache hat, kann das ein oder andere richtig gute Schnäppchen
mit nach Hause nehmen.
Wenn man sich erst einmal an all diese und noch viele andere
Unterschiede zur deutschen Gesellschaft gewöhnt hat, macht
es um so mehr Spaß, das Land China zu entdecken. So existiert
in all dem scheinbar Unbekannten und Seltsamen hier in China eine
gewisse Ordnung, dass der erstmalige China-Besucher, so wie ich
es bis vor kurzem auch noch war, erst bei genauem Hinschauen erkennt.
Das Verkehrssystem folgt einer Systemmatik, welche mir heute erst
langsam verständlich erscheint, aber für alle Chinesen
vollkommen normal und zudem noch erfolgreich ist. Das Essen stellte
sich für mich nach kurzer Zeit als überraschend lecker
herraus, wobei von Mahlzeit zu Mahlzeit klarer wurde, dass sich
die Klischees, welche in Deutschland über chinesisches Essen
herrschen, nicht erfüllen. Und das hohe Aufgebot an Mitarbeitern
spiegelt nur das unglaubliche Potential wieder, das China bei
seinem wirtschaftlichen Aufschwung hat. Das Volk selbst präsentiert
sich stets als freundlich und hilfsbereit.
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