Frage 2: International urteilt man, das Beschäftigungsproblem
in China sei auch ein schwieriges Problem für die übrige
Welt. Insbesondere beim Prozess der Reform und Öffnung sieht
sich China mit einem zweifachen Druck konfrontiert: Zum einen
ist das die Personalreduzierung in vielen Unternehmen und zum
anderen die Wanderung von Arbeitskräften vom Land in die
Stadt. Wie will China das Beschäftigungsproblem lösen?
Worin liegen die hauptsächlichen Schwierigkeiten? Wie kann
man die Zahl der Arbeitslosen auf ein für die Gesellschaft
erträgliches Maß reduzieren?
Antwort: Dauerhafte Arbeit und Beschäftigung ist
die Lebensgrundlage jeder Nation und die grundlegende Voraussetzung
für jegliche Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen.
China zählt jedoch rund 1,3 Mrd. Menschen, weshalb es sehr
schwierig ist, das Beschäftigungsproblem zu lösen.
In aller Welt herrscht die Praxis vor, Beschäftigung durch
wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Von den 90er Jahren
bis heute konnten in China nur 600 000 bis 700 000 Arbeitsplätze
geschaffen werden, wenn das Bruttoinlandsprodukt um einen Prozentpunkt
stieg. Daher wird China das Beschäftigungsproblem allein
durch wirtschaftliche Förderung kaum völlig lösen
können. Aus diesem Grund hat die chinesische Regierung eine
ganze Reihe politischer Maßnahmen ausgearbeitet, um die
Beschäftigtenzahl zu erhöhen. Dazu zählt die Richtlinie
selbstständige Beschäftigung der Arbeitssuchenden,
Regulierung der Beschäftigung durch den Markt und Förderung
der Beschäftigung durch die Regierung. Damit hat ein
marktorientiertes Beschäftigungssystem in Umrissen Gestalt
angenommen. Es trägt dazu bei, mehr Menschen als bisher zu
beschäftigen.
Zunächst betrachtet China die Schaffung von Arbeitsplätzen
als ein Hauptziel der Makrosteuerung, um die Arbeitslosenzahl
zu senken. Das wurde im Plan für die Entwicklung der Gesellschaft
und der Volkswirtschaft fixiert. Es muss an der Leitlinie festgehalten
werden, wonach die Nachfrage im Inland zu vergrößern
ist, um eine stabile und doch relativ schnelle Entwicklung der
Volkswirtschaft zu sichern. Die Wirtschaftsstruktur ist aktiv
zu regulieren und das wirtschaftliche Wachstum ist zu nutzen,
um die Beschäftigtenzahl zu erhöhen.
Zweitens hält China weiterhin an der Entwicklung des Dienstleistungssektors
als einer Hauptkomponente zur Erhöhung der Beschäftigtenzahl
fest. Die Regierung regt nachdrücklich die Entwicklung von
Dienstleistungen in Wohnvierteln, in der Gastronomie, im Handel
und im Tourismus, um auch in diesen Branchen mehr Arbeitsplätze
schaffen. Dank dieser politischen Orientierung wurden viele Freigesetzte,
Arbeitslose und andere, die nur schwer eine Arbeitsstelle finden
konnten, wieder oder erstmals beschäftigt.
Drittens fördert China die Entwicklung arbeitsintensiver
Industrien und Unternehmen, die nach Maßstäben des
Marktes vergleichsweise überlegen sind und deren Produkte
sich einer guten Nachfrage erfreuen. So können gewissermaßen
Kanäle zur Arbeitsbeschaffung erweitert werden. Insbesondere
die Entwicklung der Privat- und Einzelwirtschaft sowie kleinerer
und mittlerer Betriebe mit großer Beschäftigungskapazität
wird gefördert. Die dort aufgenommenen Arbeitskräfte
machen bereits rund 80% des jährlichen Beschäftigungszuwachses
in Städten und Gemeinden aus.
Viertens werden die Arbeitssuchenden ermuntert, alle nur denkbaren
seriösen Beschäftigungsangebote anzunehmen. Das Entstehen
von Organisationen für Arbeiten im Ausland und von Beschäftigungsbasen
wird aktiv unterstützt. So können verstärkt für
eine flexible Beschäftigung Service- und Hilfskräfte
angeboten werden. Außerdem hat die Regierung Richtlinien
für Halbtagsbeschäftigte erlassen sowie die Krankenversicherung
für vorübergehende Beschäftigte geregelt. Für
Arbeitsverhältnisse, Lohn- und Gehaltszahlungen sowie für
die Sozialversicherung wurden gesetzliche Regelungen geschaffen.
Damit werden die Rechte und Interessen auch der Beschäftigten
geschützt, die dank ihrer Flexibilität und eigenen Initiative
eine Arbeitsstelle gefunden haben.
Fünftens unterstützt China aktiv alles, was zum weiteren
Einsatz von Arbeitskräften führt. Die Stellung der Unternehmen
und der Arbeiter als Hauptakteure auf dem Arbeitskräftemarkt
wird schrittweise verbindlich geregelt. Zugleich werden mehrere
Reformen im Sozialabsicherungssystem, im Wohnsystem und im System
des eingetragenen ständigen Wohnsitzes komplex vorangetrieben,
was dazu beigetragen hat, die objektiven Bedingungen für
die Entwicklung des Arbeitskräftemarktes deutlich zu verbessern.
Der Mechanismus des Marktes hat sich bei der Erschließung
von Arbeitsressourcen bereits bewährt.
Dank zahlreicher staatlicher Maßnahmen zur Förderung
der Arbeitsbeschaffung und der Wiederbeschäftigung kamen
2004 landesweit 9,8 Mio. Städter in Beschäftigungsverhältnisse.
Davon waren 5,1 Mio. Freigesetzte, die nun wieder Arbeit erhielten.
So konnte die Arbeitslosigkeit weitgehend unter Kontrolle gebracht
werden. Die registrierte städtische Erwerbslosenquote lag
bei 4,2%, das war gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozentpunkt
weniger.
Gegenwärtig besteht die größte Schwierigkeit,
das Beschäftigungsproblem zu lösen, darin, dass jährlich
durchschnittlich 13,6 Mio. Arbeitskräfte neu zum Arbeitsmarkt
hinzukommen, während es auf dem Land immer noch etwa 150
Mio. überschüssige Arbeitskräfte gibt und in Städten
Millionen von Freigesetzten und Arbeitslosen eine Wiederbeschäftigung
fordern. Während die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage
bei Arbeitskräften sehr groß ist und weiter wächst,
wird auch ein strukturelles Problem der Arbeitslosigkeit zunehmend
sichtbar, nämlich die Tatsache, dass die Qualifikation der
Arbeitskräfte häufig nicht den Anforderungen entspricht,
die bei den angebotenen Arbeitsplätzen erhoben werden. Auch
diese Diskrepanz wird ständig deutlicher und mit jedem Tag
kritischer, was die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt noch
komplizierter macht.
Das grundsätzliche Ziel Chinas bei der Lösung des Beschäftigungsproblems
ist es, den allseitigen Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem
Wohlstand zu sichern und durch Wirtschaftsentwicklung und Strukturverbesserung
möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen und dabei
die Qualifizierung der Arbeiter zu erhöhen. Nur durch bessere
Ausbildung erhöhen sich die Beschäftigungschancen und
nur so können die reichen Arbeitsressourcen Chinas besser
erschlossen und rationell genutzt werden. Zugleich gilt es, ein
besseres Umfeld für die selbstständige Auswahl von Arbeitsstellen
zu schaffen, die Mobilität der selbstständigen Unternehmen
zu erhöhen, den Arbeitsmarkt in der Stadt und auf dem Land
zu vereinheitlichen und sowohl nach inneren wie nach außen
zu öffnen. Außerdem müssen Unternehmen auf gleichberechtigter
Basis nach bestimmten Standards untereinander konkurrieren, was
die Zahl der Arbeitslosen senken und die durchschnittliche Dauer
von Arbeitslosigkeit in einem für die Gesellschaft erträglichen
Umfang reduzieren könnte.
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