Man muss mit seinem Geld auskommen

Von Luo Yuanjun

Nach Ende ihres Studiums im Jahr 2001 hatte Wenwen einen Job in einer Shanghaier Bank gefunden. Sie hat Internationales Finanzwesen studiert und das Studium mit dem Magistergrad abgeschlossen. Weil sie bereits an der Universität sehr gute Leistungen zeigte, hatte sie bei ihrer Tätigkeit kaum Probleme.

Im gleichen Jahr heiratete Wenwen Ayong ihren Freund seit Kindertagen. Ayong arbeitete zu dieser Zeit in der Stadt Dalian. Wenwen erzählte später: „Als wir heirateten, gaben wir all unser Geld für das Pendeln zwischen zwei Städten aus. Die Ausgaben überstiegen sogar unsere Einkommen.“

Natürlich wussten die beiden, dass man sparen muss – aber wie sollen frisch Vermählte sparen, wenn sie voneinander getrennt arbeiten und leben müssen? Die Entfernung zwischen Dalian und Shanghai beträgt mehr als 2000 km, und es kostet viel Zeit und Geld, wenn man zwischen den beiden Städten hin und her pendeln muss.

Verglichen mit einigen jüngeren Absolventen, die bei der Bank später eine Anstellung gefunden hatten, hatte es Wenwen noch gut getroffen. „Ich bin 1994 zur Uni gekommen, da musste man noch nicht für das Hochschulstudium bezahlen und auch die Frage einer Stipendienrückzahlung stellte sich noch nicht.“

Der Hintergrund ist folgender: Im Jahr 1996 nahmen einige Universitäten probeweise Studenten auf, die ihr Studium selbst finanzierten. Daneben blieb aber noch das kostenfreie Studium erhalten. Dann stiegen die jährlichen Studiengebühren auf 2000 Yuan, was einen ziemlichen Wirbel auslöste. Nach 1997 wurden es dann 3000 Yuan und mehr, man passte sich nach und nach dem Trend an, für das Hochschulstudium zu bezahlen.

Im Jahr 2002 stiegen die Studiengebühren ziemlich stark an: ein Student in Shanghai hatte jährlich 4200 bis 5000 Yuan zu zahlen. Die Höhe der Gebühr war vom Fach abhängig. Man zahlte für ein Studium der Naturwissenschaften und des Ingenieurwesens 4600 bis 5500 Yuan, für Fremdsprachen und Medizin 5000 bis 6000 Yuan, für Kunst über 10 000 Yuan, nur für Fächer wie Erziehungswissenschaft, Sport oder Ethnologie wurde weniger gefordert.

Das Leben nach der Heirat war für das junge Paar zwar hart, aber doch schön. Im Jahr 2004 konnte Ayong einen Arbeitsplatz in Shanghai bekommen, worüber Wenwen natürlich sehr froh war, denn nun konnten die beiden endlich etwas sparen.

Wenwens Nettoeinkommen lag bei über 5000 Yuan, Ayong diente in der Armee und erhielt über 2000 Yuan, zusammen hatten die beiden nun etwa 8000 Yuan monatlich. Wenwen sagte dazu: „Ich fühle mich plötzlich reich, wir hatten nun eigenes Geld, das wir uns selbst einteilen konnten.“

Anfangs setzten die beiden großes Vertrauen in ihre gemeinsame Zukunft und planten schon ein Kind ein. Wenwen: „Wir haben keine hohe Forderung an das Leben gestellt, wir waren nicht auf alle möglichen Bequemlichkeiten versessen. Mit monatlich 8000 Yuan ließ sich nach unserer Meinung ein gutes Leben führen.“

Aber als sie sich über den künftigen Familienzuwachs berieten, stießen sie bald auf ein Problem – die Wohnungsfrage.

Wenwens Eltern sind Angestellte in einer kleinen Stadt in Südchina. Sie konnten fast nichts sparen, darum können sie ihrer Tochter kaum etwas Geld zum Kauf einer Wohnung in Shanghai geben. „Ihr bisschen Geld nutzt mir doch nichts; die Wohnungspreise in Shanghai stiegen in diesen Jahren in beängstigender Geschwindigkeit.“

Die meisten von Wenwens jungen Kollegen wurden finanziell von ihren Eltern unterstützt, die oft die Anzahlung, die 20% bis 30% der Kosten ausmacht, übernahmen. Das restliche Geld brachten die meisten durch Kredite auf, die sie monatlich von ihrem Einkommen abzahlten. Einige reiche Eltern kauften ihren Kindern einfach eine Wohnung.

„Wir müssen uns auf unsere eigene Kraft verlassen.“ Wenwen hat sich entschieden, eine Wohnung zu kaufen. Bisher hatte sie immer eine Mietwohnung gehabt, doch es ist auch teuer und mühsam, alle paar Monate umzuziehen. Wenwen: „Manche Leute glauben, weil es im Ausland normal sei, eine Wohnung zu mieten, müsse man auch hier keine Wohnung kaufen. Aber in China ist es aus finanziellen wie traditionellen Gründen ratsam, sich für den Wohnungskauf zu entscheiden. Schon die andauernd steigenden Wohnungspreise lassen einen Kauf als bessere Alternative erscheinen.“

Dazu muss gesagt werden, dass die Frage des Wohneigentums als einer der letzten Gradmesser einer erfolgreichen Einführung der Marktwirtschaft gilt. Deng Xiaoping hatte seine Ansicht zur notwendigen Reform des Wohnungssystems in China bereits 1980 dargelegt. In den folgenden 20 Jahren wurde die Reform schrittweise durchgesetzt.

Doch der Wohnungspreis stieg in diesen Jahren um das Doppelte. Die von der Stadtregierung Shanghai veröffentlichten Daten zeigen, dass die Quadratmeterpreise für Wohnraum 2004 um 15,8% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind, manche Bürger und Experten meinen sogar, die Preissteigerung betrage nicht weniger als 24% im Vergleich zu 2003. Manche stellen fest, dass der Preis der Wohnungen in ihrer Umgebung um 40% bis 50% gestiegen ist.

Durch eine Reihe politischer Maßnahmen ändern sich langsam die Meinung und das Verhalten in der Bevölkerung: immer mehr Wohnungskäufer sehen in der Wohnung nicht nur ein Konsumgut, sondern auch eine Investition. Manche haben schon erkannt, dass man mit Wohnungen wie mit Aktien oder Terminwaren spekulieren kann.

Nach einigem Nachdenken kauften Wenwen und Ayong Ende 2005 in einer Vorstadt eine 70 m2 große Wohnung. Jeder Quadratmeter kostete 5000 Yuan. „Wir haben all unser Geld ausgegeben. Die Anzahlung ist gleistet und die Formalitäten sind erledigt. Jedenfalls haben wir jetzt unsere eigene Wohnung.“

Leider liegt die Wohnung ziemlich weit von ihren Arbeitsorten entfernt. Wenwen ist täglich eine Stunde, Ayong gar drei Stunden unterwegs. Aber das wird sich in der Zukunft ändern, laut Stadtplanung wird eine neue U-Bahn-Strecke im Jahre 2009 ihr Wohngebiet mit dem Stadtzentrum verbinden.

Das junge Paar zahlt monatlich 2000 Yuan für den Wohnungskredit zurück, die Lebenshaltungskosten veranschlagen sie mit 1000 Yuan, so dass sie pro Monat ca. 4,000 Yuan sparen können. „Ich möchte nun doch mehr Geld verdienen, um den Kredit möglichst schnell zurückzahlen zu können“, seufzt Wenwen.

Die beiden leben zwar in einer modernen Metropole, aber sie genießen selten deren Unterhaltungsmöglichkeiten. Am Wochenende und während des Urlaubs gehen sie meistens in den Parkanlagen spazieren, weil der Eintritt dort relativ billig ist.

Weil Wenwen aus beruflichen Gründen auch in ihrer Wohnung einen Breitband-Anschluss braucht, hat sie diesen installieren lassen. Dadurch wird auch Ayongs Leben abwechslungsreicher. Obwohl er schon über 30 ist, liebt er wie viele Jugendliche Internetspiele. Wenn er aus dem Internet einen guten Film downloadet, sehen ihn sich die beiden zusammen an. Weil Kosmetikwaren sehr teuer sind, benutzt Wenwen selten Kosmetika, um zu sparen.

Wenn Studienkollegen oder Freunde nach Shanghai kommen, laden Wenwen und Ayong sie großzügig in ein Restaurant ein. Wenwen sagt dazu: Immer, wenn wir Bekannte in ein Restaurant einladen, genießen wir es, als sei es das Frühlingsfest.“

 
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