Buchbesprechung:
Wirtschaft Tibets
Von Shu Ping
Wirtschaft
Tibets ist ein Titel aus der Sachbuchreihe: Tatsachen über
Tibet. Das Buch hat sechs Hauptkapitel: Bequemer, gemächlicher
Rhythmus des Wirtschaftslebens, Einzigartiger Handel,
Suche nach dem Entwicklungsmotor, Aufbau einer
modernen Wirtschaft, Harmonische regionale Entwicklung
und Ein umweltfreundlicher Traum. Das kurze Vorwort
des Buches ist beachtenswert. Es besteht im Wesentlichen aus zwei
Zitaten, einmal einem Sinnspruch Sonam Gyatsos, des dritten Dalai
Lama im 16. Jahrhundert, und einem Auszug aus einem Gedicht der
Gegenwart. Sonam Gyatsos tiefsinnige Ermahnung, einen heiligen
Weg zu gehen,/ wie schwierig es sei, ist nicht nur unter
religiösem Aspekt zu verstehen, sondern auch unter gesellschaftlichem
und ökonomischem. Denn nur durch die gesellschaftliche Umwälzung
in Tibet wurde es möglich, historische Fortschritte auch
in der Wirtschaft zu machen: Brich auf,/ wie schwierig und
mühsam die Reise/ auch sein mag./ Mit eisernem Willen und
großer/ Ausdauer/wird das Licht entzündet,/ und der
Wohlstand geschaffen. Hier spürt man die Begeisterung
über die wirtschaftlichen Errungenschaften. Zugleich wird
damit ein Hinweis auf den Inhalt des Buches gegeben. Es geht darin
nicht nur um eine Bestandsaufnahme der Wirtschaft Tibets, sondern
auch um deren Entwicklungsgeschichte. Es ist eine umfassende Darstellung
der Wirtschaft Tibets von der Vergangenheit bis zur Gegenwart.
Die Wirtschaftsgeschichte Tibets reicht weit in die Vergangenheit
zurück. Archäologische Forschungen besagen, dass die
Vorfahren der Tibeter bereits vor 4000 Jahren dort ansässig
waren und Ackerbau betrieben. Trotz dieser langen Geschichte waren
die gesellschaftlichen Produktivkräfte bis zur ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts, also bis zur friedlichen Befreiung Tibets
1951, bedingt durch die feudale autokratische Herrschaft, die
geographische Abgeschlossenheit und das harte Klima, unterentwickelt.
Aus einer im Buch angeführten Statistik aus dem Jahr 1952
geht hervor, dass eine Industrieproduktion kaum existierte. Es
gab zu jener Zeit auf dem eine Million km2 großen Plateau
nicht einmal einen einzigen Kilometer Wirtschaftsstraße.
Im Buch wird der Weg der Entwicklung im Wortsinne
deutlich gemacht. Die friedliche Befreiung Tibets 1951 bedeutete
zugleich den Beginn des Aufbaus einer modernen Wirtschaft. Bereits
beim Einmarsch in Tibet wurde eine Politik praktiziert, zu der
unter anderem der Straßenbau gehörte. Drei Jahre nach
der friedlichen Befreiung wurden die großes Aufsehen erregenden
Straßen Qingzang (Xining-Lhasa) und Chuanzang (Chengdu-Lhasa)
dem Verkehr übergeben. Weitere drei Jahre später wurde
die Xinzang-Straße (Yecheng-Lhaze) für den Verkehr
freigegeben. Bis zum Jahre 2000 hatte das Autonome Gebiet Tibet
25 300 km Straße. Auch die anderen Verkehrsarten entwickelten
sich schnell. 1960 wurde in Tibet offiziell der Luftverkehr eröffnet.
Zur Zeit gibt es nationale Luftlinien wie Lhasa-Chengdu, Lhasa-Xian,
Lhasa-Chongqing und Lhasa-Beijing sowie die internationale Linie
Lhasa-Katmandu. Demnächst wird in Tibet das Dasein ohne Eisenbahnverkehr
beendet werden. Die weltweit am höchsten gelegene Eisenbahnstrecke
(Xining-Lhasa) wird bald dem Verkehr übergeben.
Wie im Verkehrswesen gab es auch in anderen Wirtschaftszweigen
rasante Entwicklungen. Entscheidend dafür waren die politischen
Richtlinien der Zentralregierung, die tatkräftige Unterstützung
aus dem Landesinneren und nicht zuletzt die große Anstrengung
der Tibeter. Im Buch wird ausführlich über die vier
Arbeitskonferenzen für Tibet berichtet, die das ZK der KP
Chinas 1980, 1984, 1994 und 2001 abhielt, sowie über die
damit zusammenhängenden 43 schlüsselfertigen Projekte
und die 63 Projekte, die vor allem von den Provinzen im Landesinneren
realisiert wurden. Diese Projekte waren die Grundlage für
die moderne Wirtschaft Tibets. An der Entwicklung der Wirtschaft
Tibets in den letzten Jahrzehnten ist zu erkennen, dass sie parallel
zur Wirtschaftsentwicklung im Landesinneren verläuft.
Das Buch präsentiert einen beeindruckenden Querschnitt durch
verschiedene Wirtschaftszweige der Gegenwart. Heute weist der
vor allem aus Land- und Viehwirtschaft bestehende primäre
Wirtschaftssektor große Forschritte auf. In der Landwirtschaft
wurde die Mechanisierung weitgehend durchgesetzt, die Viehwirtschaft
wurde intensiviert und industrialisiert. Tibet verfügt heute
über einen leistungsfähigen tertiären Sektor, der
im Vergleich zu den anderen beiden Wirtschaftssektoren den größten
Anteil an der Wirtschaft hat. Das Finanz-, Post- und Fernmeldewesen
sowie der Tourismus entwickeln sich sprunghaft. Einige Industriezweige
wie Leichtindustrie, Energiewirtschaft, Bergbau, Forstwesen, Maschinenbau
und tibetische Pharmazeutik sind etabliert. In Tibet betrug 1998
das Bruttoinlandsprodukt 9,118 Mrd. Yuan, was gegenüber 1959
eine 47,1fache Steigerung bedeutet. 2001 betrug das Bruttoinlandsprodukt
bereits 13,873 Mrd. Yuan. Dabei wird hervorgehoben, dass zugunsten
einer nachhaltigen Entwicklung der sekundäre Sektor nur 23%
des Bruttoinlandsprodukts ausmacht.
Das Buch räumt dem Umweltschutz in Tibet großen Raum
ein. Tibet nennt man bekanntlich Dach der Welt. Die
Tibeter nehmen große Anstrengungen auf sich, um die Umwelt
des der Sonne am nächsten gelegenen Gebietes zu schützen.
Sie richten weite Naturschutzgebiete ein, verwenden alternative
Energiequellen wie Wasser-, Solar-, Erdwärme- und Windenergie
und entwickeln grüne Industrien. Denn von Tibet aus soll
eine grüne Botschaft an die Welt gerichtet werden.
Erwähnenswert sind anschauliche Tabellen und Grafiken über
die Grunddaten der Wirtschaft Tibets sowie zahlreiche aussagekräftige
Abbildungen. Durch eine informative Buchgestaltung ist leicht
ein Überblick über die Entwicklung und den Stand der
Wirtschaft Tibets zu gewinnen. Darum kann das Buch auch als Nachschlagewerk
genutzt werden.
Wang Wenchang und Lhacan: Wirtschaft
Tibets, China Intercontinental Press 2005. ISBN 750850674X/F·203,188
Seiten. 38 Yuan.
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