Was nicht im Reiseführer Beijings steht
Von Claus Hunold
Beijing besitzt eine Unzahl von Sehenswürdigkeiten. Parks,
Museen, Tempel. Es ist müßig, alle aufzuzählen.
Täglich drängen sich Reisegruppen und Besucher durch
Anlagen und Ausstellungen. Der Tiananmen-Platz ist voller
Menschen. Die Verbotene Stadt gleicht einem Ameisenhaufen, den
man unbeabsichtigt beschädigt hat. Reiseleiter führen
ihre Gruppen durch die Einkaufstempel in der Fußgängerzone.
Unzählige Souvenirläden bitten mit Sonderangeboten zum
Kauf. Die Große Mauer ist oftmals überfüllt, besonders
in Badaling. In der Goldenen Woche, im Mai, musste
sie sogar zeitweise, wegen Überfüllung, geschlossen
werden. Manchmal wird die Besichtigung zur Qual. Aber da gibt
es in Beijing noch etwas anderes.
Das größte Freilichtmuseum in China. Der ethnologische
Park im Norden der Stadt. Direkt am vierten Ring, die Beisihuan
Zhonglu teilt den Park in einen nördlichen und einen südlichen
Teil.
Für mich äußerst erstaunlich, in keinem Reiseführer
wird diese Oase empfohlen. Ich möchte es tun. An den Kassen
braucht man nicht anzustehen. Jetzt noch lautes Hupen, Lärm,
Autos, Fahrräder, Menschen. Ein riesiger künstlicher
Urbaum. Das ist der Eingang. Und nun das Wunder. Ruhe, beschauliche
Stille. Nichts vom Großstadtlärm.
Ich erlebe China, denn es ist der Park der nationalen Minderheiten.
Liebevoll, mit dem ganzen Herzen, haben die einzelnen Nationalitäten
ihre Besonderheiten, ihr Brauchtum aufgebaut. Kleine Dörfer
sind entstanden. Die Architektur ist vielfältig. Auch typische
Getränke und Leckerbissen kann man kaufen, ebenso Souvenirs.
Bei der tibetischen Nationalität habe ich Buttertee getrunken.
Geschmack- Gewohnheitssache. In einer Jurte gab es gegorene Stutenmilch
und Käse. So stellt sich die mongolische Nationalität
vor.
Überall, wo ich hinkam, freundliche Menschen in den Trachten
ihrer Nationalitäten. Eine Augenweide, das zu sehen. Erstaunlich
wenig Besucher. Man kann genießen. Ich bin keiner Reisegruppe
begegnet.
Die Landschaften sind der Heimat nachempfunden. Wasser, Berge,
viel Grün, Grasland. Auf einem Berg stehend, kann man in
der Ferne, in nördlicher Richtung, das zukünftige Olympische
Zentrum sehen. Doch nicht deswegen bin ich hier.
Musik. Auf einem Platz tanzende und singende Mädchen. Es
ist die Bai-Nationalität. Stolz präsentieren sie mit
Liedern und Tänzen ihre Heimat. Hübsche junge Mädchen
bringen Tee. Ein besonderes Ritual. Drei verschiedene Teesorten
werden angeboten, süßer, bitterer. Den dritten Tee
muss man kauen, bevor man ihn hinunterschluckt. Ein äußerst
nachhaltiger Geschmack. Sehr gut. So, wie hier bei den Bai, bieten
viele nationale Minderheiten ihre kulturellen Besonderheiten an.
Zum Schluss noch eine Erläuterung: Einmal spreche ich von
Nationalitäten, ein anderes Mal von Minderheiten. Warum?
Die Antwort gibt der Park selbst. In China leben 56 Nationalitäten.
Davon ist die ethnische Gruppe Han mit 92% die größte.
Die anderen Nationalitäten sind zahlenmäßig relativ
klein und man spricht von nationalen Minderheiten. Diese erlebt
man hier.
Der Besuch ist ein besonders schönes Erlebnis. Überzeugen
Sie sich selbst.
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