Tibets Wohnbräuche (1)
In Tibet gibt es verschiedene Arten von Wohnhäusern: Jurten
der Nomaden, Häuser aus Holz und Lehm, Wachturmhäuser
aus Stein und auf Pfählen stehende Häuser aus Bambus
oder Holz. Manche Tibeter leben auch heute noch in Wohnhöhlen.
Mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung wird mehr und mehr
mit Beton gebaut. Trotzdem erfreuen sich traditionelle Wohnhäuser
nach wie vor allgemeiner Beliebtheit.
Jurten wichtige Teile des Vermögens der Hirten
Jurten sind für tibetische Hirten unentbehrlich. Die Hirten
leben seit je nomadisch. Sie ziehen mit ihren Herden umher und
lassen sich dort nieder, wo es genügend Wasser und Weideland
gibt. Zum Schutz gegen Sturm und Kälte errichten sie seit
vielen Generationen Jurten, die leicht zusammenzubauen und zu
transportieren sind. Obwohl viele Hirten inzwischen feste Wohnsitze
haben, brauchen sie nach wie vor Jurten, weil sie in der Saison,
in der das Futtergras wächst, von Weide zu Weide ziehen müssen.
Nur im Herbst und Winter lebt das Vieh von Heu und Stroh und die
Hirten leben in ihren festen Wohnungen.
Wände und Dächer der Jurten bestehen aus der Wolle
bzw. den Fellen von Jaks und Schafen. Seile aus Jak- und Schafwolle
dienen zur Befestigung. Holzpfähle spannen die Seile; manchmal
werden dafür auch Antilopen- oder Jakgehörne benutzt.
Die Dächer werden je nach Größe der Jurte aus
etwa 26 cm breiten Bahnen aus Jak- oder Schafwollstoffen zusammengenäht.
Jurten mit Dächern aus schwarzer Jakwolle heißen schwarze
Jurten, solche mit Dächern aus weißer Schafwolle
nennt man weiße Jurten. Diese Bezeichnungen
sind allerdings sehr zu relativieren. Jurten aus völlig schwarzem
Stoff gibt es nicht, weil Schwarz den Tibetern missfällt.
So ist ein ganz schwarzes Dach tabu. Die Dächer der so genannten
schwarzen sind in Wirklichkeit mit weißen Streifen versehen.
Jurten aus Baumwollstoffen sind auf dem Tibet-Hochland, wo es
überall zahlreiche Jak- und Schafherden gibt, sehr selten
und gelten daher als Kostbarkeit.
Jurten sind die Wohnhäuser der Hirten. Sie sind
je nach der Zahl der Familienangehörigen unterschiedlich
groß. Die größten Jurten, die den Hirtengemeinschaften
als Versammlungsort dienen, können etwa 100 Personen aufnehmen.
Die Jurten werden nach altem Brauch nach Osten ausgerichtet.
In der Mitte der Jurte steht ein Ofen, der Wärme spendet
und auch Kochplatz ist. An der Stirnwand, dem Eingang gegenüber,
befindet sich ein Altar mit buddhistischen Schriften und Butterlampen.
An der südlichen Seite liegt die Küche mit Vorräten
an Nahrungsmitteln und Gebrauchsartikeln. An der nördlichen
Seite stehen die Betten mit Wolldecken; das ist das Wohnzimmer
der Familie.
Bei tibetischen Hirten ist es Brauch, bunte Gebetsfahnen an die
Seile zu hängen, die zur Befestigung der Jurte gespannt werden.
Das lässt die weite Grassteppe, über die zahlreiche
Jurten verstreut stehen, farbenfroh und sehr attraktiv aussehen.
Alte wachturmförmige Häuser
In den Ackerbaugebieten und Städten wohnen die meisten Menschen
in wachturmförmigen Steinhäusern. Die Hauswände
sind oft meterdick, werden nach oben hin aber dünner. So
sieht das Haus wie ein Kegelstumpf aus. Manche Häuser sind
auch aus Holz und Lehm gebaut. Von außen kann man Häuser
aus Stein kaum von denen aus Holz und Lehm unterscheiden. Doch
die Wände der Häuser aus Holz und Lehm sind etwa um
ein Drittel dünner als jene aus Stein. All diese Häuser
sind im Winter warm und im Sommer kühl.
Gewöhnlich haben wachturmförmige Häuser zwei,
drei Stockwerke oder sind noch höher. Es gibt aber auch einstöckige
Häuser. Bei den mehrstöckigen befindet sich im Erdgeschoss
der Stall für die Haustiere; im ersten Stock liegen die Wohnung
und die Vorratskammer, im zweiten liegt die Gebetshalle, in der
Buddhastatuen verehrt werden. In Lhasa sind dreistöckige
und noch höhere wachturmförmige Häuser zu sehen.
Die meisten gehörten früher tibetischen Adligen.
Je nach Zahl der Familienangehörigen und dem Reichtum der
Besitzer sind die Häuser unterschiedlich groß. Die
Maßeinheit der Baufläche ist in Tibet die Säule
( 1 Säule = 2 m² ). Die Räume sind
quadratisch; größere Häuser sind größer
als ein Dutzend Säulen, während die kleinsten
nur zwei oder drei Säulen Grundfläche haben.
Die Stockwerke sind etwa 2,2 bis 2,4 Meter hoch. Leuten aus anderen
Landesteilen fällt es anfangs nicht leicht, in so niedrigen
Wohnräumen zu leben. Man fühlt sich etwas bedrückt.
Doch die Tibeter haben sich an ihre niedrigen Räume gewöhnt.
Die Häuser haben Flachdächer, auf denen man sich zu
geeigneten Zeiten entspannen kann.
Die wachturmförmigen Häuser in Tibet sind von Ort zu
Ort verschieden. Die meisten in Lhasa haben einen Innenhof. Die
Zimmer sind durch einen Wandelgang untereinander verbunden und
haben nach außen weisende Fenster. Die wachturmförmigen
Häuser im Bezirk Shannan dagegen haben meist Außenhöfe.
Auch hier entspannt und vergnügt man sich auf den Flachdächern.
An den Dachecken stehen Stangen, an denen die bunten Gebetsfahnen
hängen. An wichtigen Festtagen und zur Feier besonderer Ereignisse
hält man auch auf den Dächern Gebetszeremonien ab.
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