Die
traditionelle Wirtschaft Tibets (2)
Prosperierendes tibetisches Handwerk
Handwerk hat in Tibet Tradition. Schon in der Jungsteinzeit hatte
es ein hohes Niveau. Der in der Ruine Karub ausgegrabene tierförmige
Doppelkrug wird wegen seines Herstellungsverfahrens von Archäologen
hoch geschätzt. Der Krug hat sehr schöne Konturen, eine
eindrucksvolle Form, originelles Design und mehrfarbig gemusterte
üppige Ornamente.
Der Überlieferung zufolge wurde in der Periode des fünften
Dalai Lama Losang Gyatso eine Ausstellung zur Bewertung handwerklicher
Produkte in Lhasa veranstaltet. Dabei wurden Kardian aus Gyangze,
Schürzen aus Jedexoi und Pulu aus Namgyaixoi des Kreises
Konggar, Tonwaren aus dem Dorf Tagba des Kreises Maizhokunggar,
Nähereien aus Lhasa, Tangka aus Qamdo und Produkte aus Gold,
Silber und Kupfer aus Mittel- und Osttibet sowie aus Ngari ausgezeichnet.
Solche Waren sind bis heute noch Markenprodukte des tibetischen
Handwerks.
Das tibetische Handwerk hat seine Basis in allen Volksschichten.
In den ausgedehnten Weidegebieten ist das Handwerk ein wichtiges
Nebengewerbe der Bauern und Hirten. Bis zu den 70er Jahren des
20. Jahrhunderts deckten die handwerklichen Erzeugnisse meist
den eigenen Bedarf, nur ein kleiner Teil wurde getauscht. In Städten
und Gemeinden gab es jedoch schon reine Handwerker. In den 50er
Jahren des 20. Jahrhunderts gab es in Tibet mehr als 8000 spezialisierte
Handwerker, die in 40 Berufen tätig waren und über 1000
verschiedene Güter herstellten. Aber der Umfang der handwerklichen
Produktion war nicht groß und die technischen Voraussetzungen
waren ziemlich primitiv. Erst mit Gründung einer Teppichfabrik
in Lhasa im Jahr 1953 begann eine handwerkliche Produktion größeren
Ausmaßes. In den inzwischen vergangenen 50 Jahren hat sich
diese Teppichfabrik zu einem modernen Unternehmen entwickelt,
das seine Produkte nach Europa, Nordamerika und Südasien
exportiert. Als ein Zeichen der tibetischen Kultur und Kunst dekorieren
sie die Tibet-Halle in der Großen Halle des Volkes in Beijing.
Außerdem wurden sie als Geschenk an die Regierung der Sonderverwaltungszone
Hong Kong übergeben.
Nach tausendjähriger Entwicklung hat das tibetische Handwerk
viele kunstgewerbliche Eigentümlichkeiten aufzuweisen. Seine
Produkte und Technologien tragen Lokalkolorit. Vor allem seit
den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das tibetische
Handwerk dank tatkräftiger Unterstützung durch die Regierung
schnell. In einigen traditionellen Herstellungsorten wurde das
Handwerk wieder belebt. Gegenwärtig sind über 2000 verschiedene
Erzeugnisse des Handwerks auf dem Markt. Es sind sowohl Gebrauchsartikel
wie auch Souvenirs. Im Sommer 1997 erlebten wir die Wiederbelebung
der Gemeinde Garma im Kreis Qamdo, einer ehemaligen Gemeinde von
Handwerkern, die in der Geschichte des tibetischen Handwerks eine
bedeutende Rolle spielte. Das Dorf Omdagang dieser Gemeinde hat
32 Haushalte, in 24 davon wurden Tangka bemalt, Buddhastatuen
gegossen oder Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Holz verarbeitet.
Von 76 jüngeren Menschen beschäftigten sich 31 mit einem
Handwerk. Das jährliche durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen
im Dorf betrug 2000 Yuan. Fast die Hälfe der Einkünfte
der Gemeinde wurde durch Handwerksprodukte erzielt. Die Dörfer
Zilung des Kreises Lharze und Kaika des Kreises Xaitongmoin im
Bezirk Xigaze sind bekannt für die tibetischen Messer, die
dort hergestellt werden. Heute werden die Messer je nach der Nachfrage
fabrikmäßig in hoher Stückzahl statt wie früher
in familiären Manufakturen produziert, wodurch das Einkommen
der Bauern und Hirten spürbar stieg. 2001 verkaufte der Kreis
Lharze 3340 tibetische Messer. Der Umsatz betrug ca. 190 000 Yuan.
Die Unternehmensgruppe Yamei in Xigaze ist zur Zeit die größte
industrielle Unternehmensgruppe für Handwerk in Tibet. Sie
erzeugt über 1600 Produkte und hat ein Vermögen von
fast 10 Mio. Yuan.
Heute sind kunsthandwerkliche Produkte nicht mehr allein für
die Klöster oder für hohe Beamte und vornehme Persönlichkeiten
bestimmt, sondern sie sind auch einfach schöne Gebrauchsartikel
und Souvenirs mit ethnischem und lokalem Kolorit. Im April 2002
wurde der erste Wettbewerb für Entwürfe chinesischer
Souvenirs vom Staatlichen Amt für Tourismus organisiert.
Unter den 34 vom Autonomen Gebiet Tibet zur Teilnahme ausgewählten
Souvenirs wurden vier mit einem goldenen Preis, sechs mit einem
silbernen und sechs weitere mit einer Auszeichnung bedacht. Damit
belegte Tibet den ersten Platz unter den Provinzen und autonomen
Gebieten Chinas. Das tibetische Handwerk ist ein wichtiger Träger
der tibetischen Kultur und Tradition und zugleich die Branche
mit einem unverkennbar eigenen Entwicklungspotential. Tradition
und Moderne vereinen sich in meisterhaften Produkten des tibetischen
Handwerks.
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