Aufnahmeboom der Hochschulen der Künste
Von Zhang Xiwen
Die 18-jährige Mittelschülerin Liu Can steht bereits
seit drei Stunden im eiskalten Wind in der unendlich lang scheinenden
Schlange, um an der Aufnahmeprüfung der Abteilung für
Schauspiel der Beijinger Filmakademie teilzunehmen. Sie sagt:
Ich bin sicher, dass ich eines Tages wie Zhang Ziyi auch
den roten Teppich in Hollywood betreten werde.
Die Kunsthochschulen in China haben nicht nur den Aufnahmeumfang
vergrößert, sondern auch verschiedene Ausbildungspläne
hervorgebracht und haben dabei viele Erfolge zu verbuchen. Die
oben genannte Szene ist genau das, was sie erwartet haben. Berichten
zufolge erhielt die Abteilung für Schauspiel der Zentralen
Hochschule für Dramaturgie innerhalb von drei Anmeldetagen
fast 10 000 Anmeldeformulare von Prüflingen. Die Fakultät
für bildende Kunst der Pädagogischen Universität
Shandong sah in ihrem Aufnahmeplan 270 Studenten vor, aber die
Zahl der Angemeldeten erreichte 14 000.
Jeder will ein Star werden
Zheng Dongtian, Dekan der Abteilung für Schauspiel der Beijinger
Filmakademie weist darauf hin, dass junge Leute sich danach
sehnen, Stars zu werden, und das ist nach wie vor ein wichtiger
Grund, warum die Kunsthochschulen gefragt sind. Aufgrund
der Erhöhung des Lebensstandards können viele gewöhnliche
Leute in ihrer Freizeit mit überschüssigen Geldmitteln
in den Genuss kultureller und künstlerischer Angebote kommen
und diese Nachfrage kurbelt die Entwicklung der Kultur- und Unterhaltungsindustrie
an. Die Nachfrage ist sehr groß und übersteigt
das Angebot bei weitem, insbesondere fehlen niveauvolle und hochqualitative
künstlerische Produkte, meint Zheng Dongtian. Die Beijinger
Filmakademie gehört zu den besten Hochschulen für Film-
und Fernsehschauspiel in China. Sie ist bekannt für die Schaffung
der Stars. Der weltweit bekannte Superstar Zhang Ziyi und
der berühmte Regisseur Zhang Yimou sind ihre Absolventen.
Statistiken zeigen, dass der gesamte Produktionswert der Kulturindustrie
im Jahr 2004 1,2 Billionen Yuan betrug. Hinzu kommen die damit
im Zusammenhang stehenden Industrien, womit sich die Zahl auf
2 Billionen Yuan belief. Nach Expertenprognosen wird die Zahl
in den kommenden fünf Jahren 4 Billionen Yuan erreichen.
Das durchschnittliche Einkommen der Chinesen beträgt etwa
10 000 Yuan pro Kopf. Auf der Liste für prominente
chinesische Persönlichkeiten 2005 standen die Namen
vieler Künstler, deren Jahreseinkommen mindestens eine Million
Yuan beträgt. Unter den ersten zehn Persönlichkeiten
machen die Film- und Fernsehberühmtheiten die Hälfte
aus. Besonders zu nennen ist Zhang Ziyi. Sie rangiert mit 35 Mio.
Yuan an zweiter Stelle.
Bezüglich des Aufnahmesystems der Hochschulen in China ist
die benötigte Aufnahmenote der Hochschulen der Künste
seit jeher um 50% niedriger als die der anderen Universitäten
und Hochschulen. Daher ziehen viele Mittelschüler, die keine
gute Note bei der staatlichen Aufnahmeprüfung zu bekommen
glauben, die Hochschulen der Künste vor. Seit einigen Jahren
wählen auch viele junge Leute solche Hochschulen, weil sie
davon träumen, über Nacht berühmt und reich zu
werden und danach ein wohlhabendes Leben genießen zu können.
Obwohl die Hochschulen der Künste landesweit nur eine bestimmte
Anzahl von Studenten aufnehmen, steigt die Zahl der Prüflinge
Jahr für Jahr an. Statistischen Angaben aus dem Bildungsbereich
der Provinz Shandong zufolge gab es 2002 in der ganzen Provinz
32 000 Prüflinge, 2003 stieg die Zahl auf 56 000 und 2004
auf 93 000. Völlig unerwartet war das Jahr 2005, in dem eine
Rekordhöhe von 146 000 Angemeldeten zur Prüfung für
die Hochschulen der Künste erreicht wurde.
Teure Studiengebühren
Dem gesellschaftlichen Bedarf entsprechend begannen die Hochschulen
vor vier Jahren, den Aufnahmeumfang für ihre kunstbezogenen
Fachbereiche zu vergrößern. Experten nennen die Vergrößerung
einen weiteren wichtigen Grund, warum die Prüflingszahlen
für die Hochschulen der Künste ständig wachsen.
In der Tat stellen die Vergrößerung und Erweiterung
der Hochschulen der Künste in Bezug auf Studentenzahlen,
Umfang, Arten und Studienfächer seit ein paar Jahren eine
Entwicklungstendenz dar. In China gibt es zur Zeit ca. 30 selbstständige
Hochschulen der Künste. Außerdem verfügen landesweit,
unvollständigen Statistiken zufolge, noch ca. 600 Universitäten
und Hochschulen, einschließlich der Peking-, Tsinghua- und
Chinesischen Volksuniversität, über Kunstfakultäten
und Kunstfächer. Darüber hinaus haben einige Hochschulen
wie die Zentrale Hochschule für Dramaturgie und die Beijinger
Filmakademie die Altersbeschränkung für Prüflinge
aufgehoben, was zur weiteren Vergrößerung des Prüflingsheers
beigetragen hat.
Gemäß einem Insider sind die Studiengebühren
von Studenten aus dem Kunstbereich viel teurer als die von anderen
Studenten. Normalerweise betragen die jährlichen Studiengebühren
eines solchen Studenten über 10 000 Yuan. In den Provinzen
Guangdong und Sichuan belaufen sie sich sogar auf 15 00018
000 Yuan. 2005 erreichten die jährlichen Studiengebühren
der Fachrichtung Verlegen und Design der Zentralen Akademie für
bildende Kunst bereits 19 000 Yuan, was fünfmal so hoch wie
die einer gewöhnlichen Fachrichtung ist. Ein Hochschullehrer
sagt, dass die Kosten zur Ausbildung der Studenten in der Fachrichtung
Kunst eigentlich nicht hoch sind. Daher haben viele Hochschulen
der Künste einen fetten Profit erzielt. Nach Informationen
sind jährlich allein die Anmeldegebühren für viele
Hochschulen lukrativ. Beispielsweise flossen 2005 Anmeldegebühren
in der Höhe von über 4 Mio. Yuan in die Kassen einer
Kunsthochschule in der Provinz Shandong.
Auch wenn mein Kind von einer Kunsthochschule aufgenommen
werden würde, könnte ich mir die hohen Kosten auch nicht
leisten, sagt Frau Wang, die in der Nähe der Beijinger
Filmakademie wohnt. Zusammen mit den Kosten für Unterkunft
und Lebensunterhalt betragen die jährlichen Ausgaben mindestens
20 000 bis 30 000 Yuan. Für ein vierjähriges Studium
muss man dann mit 100 000 Yuan rechnen. Die hohen Kosten sind
für eine gewöhnliche Familie kaum zu tragen.
Herr Liu aus Wenzhou in der Provinz Zhejiang ist der Meinung,
dass er gern bereit ist, Geld für sein Kind auszugeben, egal,
wie viel, nur um den Stardream seines Kindes verwirklichen
zu können. Die Studiengebühren der Beijinger Filmakademie
sind in diesem Jahr sehr hoch, aber das macht mir nicht aus,
sagt er. Herr Liu ist Geschäftsmann. Obwohl die Studiengebühren
für die Fachrichtung Schauspiel sehr teuer sind, etwa 10
000 Yuan jedes Studienjahr, spielen die hohen Kosten bei ihm keine
große Rolle, da das monatliche Nettoeinkommen seiner Familie
über 30 000 Yuan beträgt.
Ein junger Lehrer der Zentralen Hochschule für Dramaturgie
sagt, dass die Hochschulen der Künste typische Hochschulen
der Reichen seien. Normalerweise kommen die Studenten solcher
Hochschulen aus wohlhabenden Familien und sie verstehen es auch
gut, Geld auszugeben.
Starke Konkurrenz
Zhao Ningyu, der mehrmals in der Jury für die Aufnahmeprüfung
der Abteilung für Schauspiel der Beijinger Filmakademie tätig
war, sagt: Die Vorprüfung der Beijinger Filmakademie
ist sehr strikt. Die Körperbeschaffenheit, die fünf
Sinnesorgane, der psychische Zustand und besonders die Stimme
der Prüflinge werden genau betrachtet. Die Prüflinge
von heute haben im Allgemeinen keine gute Stimme. Viele schlechte
Gewohnheiten wie Alkoholtrinken, Rauchen und unregelmäßige
Arbeits- und Ruhezeiten tragen dazu bei. Hinzu kommt, dass sie
von klein auf keine richtige Artikulation entwickelt haben, das
alles beeinträchtigt die Stimmentwicklung in ihrer Pubertät
erheblich. 65% der Prüflinge scheiden bereits bei der Vorprüfung
aus. In Wirklichkeit erreicht die Zahl der Prüflinge, die
die oben genannten grundlegenden Bedingungen befriedigen können,
nicht einmal 1/3. Schließlich werden lediglich 5% von ihnen
von den Hochschulen der Künste aufgenommen.
Während der letzten Nationalfeiertage im Oktober kam Tang
Nawei, eine Mittelschülerin im dritten Jahrgang der Oberstufe
der Mittelschule aus Weifang der Provinz Shandong, nach Beijing,
um an einem Prüfungsvorbereitungskurs für bildende
Kunst teilzunehmen. In Beijing machen Intensivkurse wie
dieser ein gutes Geschäft.
Tang Nawei begann mit drei Jahren Zeichnen zu lernen. Ihr Traum
ist, dieses Jahr von der Zentralen Akademie für bildende
Kunst oder von der Abteilung für Bühnenbild der Zentralen
Hochschule für Dramaturgie aufgenommen werden zu können.
Der Grund, in Beijing von Lehrern betreut zu werden, liegt natürlich
darin, die eigene Konkurrenzfähigkeit weiter zu verstärken.
Tang sagt: Ich habe mir die Werke von vielen berühmten
Persönlichkeiten angesehen. Ich halte sie eigentlich nicht
für großartig, doch sie haben ihre Gefühle hemmungslos
ausgedrückt. Zudem hatten sie eine gute Gelegenheit, ihr
Talent zeigen zu dürfen. Das kann ich auch schaffen, wenn
ich technisch professionell trainiert werde und eine Chance habe,
meine Kunstfertigkeit zu zeigen.
Die Kinder von heute sind gewillter besser gesagt
mutiger, sich zu zeigen. Sie verstehen sich besonders gut
darauf, ihre Stärken voll zur Geltung zu bringen. Was ihnen
aber fehlt, sind tief greifende Gedanken und gesellschaftliche
Erfahrungen. Sie denken sogar selten an ihre möglichen Niederlagen.
Hong Bin, Lehrer an der Shanghaier Hochschule für Dramaturgie,
wurde erst nach siebenjährigen Prüfungsversuchen von
der Hochschule aufgenommen. Er sagt weiter: Damals war für
uns, von der Hochschule aufgenommen und Schauspieler zu werden,
eine Sache fürs Leben. Wir hielten das nicht für ein
Sprungbrett, um Stars zu werden. Daher waren wir ruhiger. Ich
wuchs persönlilch durch die Prüfungen. Sie waren für
mich eine Art des Lernens, daher würde ich mein Studium nicht
aus Angst vor Niederlagen aufgeben. Soweit er weiß,
gibt es unter den Studenten der Hochschulen der Künste einige,
die wegen der Eintönigkeit oder Härte des Lernens ihr
Studium unterbrachen oder in eine andere Abteilung wechselten.
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