Die traditionelle Wirtschaft Tibets (1)
Überall, ob in der Land- und Viehwirtschaft, im Handwerk
oder in der Arbeits- und Lebensweise der Tibeter, kann man Spuren
der traditionellen Wirtschaft entdecken.
Uralte Land- und Viehwirtschaft
Die Landwirtschaft hat in Tibet eine lange Geschichte. 1977 wurde
die Ruine Karub am Fluss Lancang im Kreis Qamdo entdeckt. Dabei
stellte man fest, dass die Vorfahren der Tibeter bereits vor 4000
Jahren dort ansässig waren und Ackerbau trieben.
Die Landwirtschaft Tibets ist zu unterscheiden in die des Plateaus
und die des Flachlands. Zu den wichtigen Kulturpflanzen auf dem
Plateau zählen Hochlandgerste, Weizen, Erbsen, Kartoffeln,
Buchweizen und Raps, sofern die Sorten frostbeständig und
dürreresistent sind. In der Landwirtschaft des Flachlandes
im Südosten Tibets werden vor allem Reis, Mais, Hirse und
Gemüse angebaut.
Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde ein Pflug höchstens
von zwei Ochsen gezogen. Auch heute sieht man in manchen entlegenen
Dörfern noch dieses Bild. Aber seit den 80er Jahren des 20.
Jahrhunderts wird die schwere Feldarbeit statt von Menschen oder
Tieren mehr und mehr maschinell erledigt. Traktoren sind nach
Tibet vorgedrungen. Das Niveau der Mechanisierung, Elektrifizierung,
Wasserwirtschaft und Saatgutveredelung erhöht sich ständig,
was der traditionellen Landwirtschaft Tibets belebende Impulse
gebracht hat. Bis 1997 betrug die gesamte Leistung der landwirtschaftlichen
Maschinen 774 500 kW, der Verbrauch an Elektroenergie auf dem
Land 19,29 Mio. kWh, der Einsatz von Düngemitteln 24 400
Tonnen und die bewässerte Ackerfläche 156 740 ha. Die
infrastrukturellen Grundlagen für die Land- und Viehwirtschaft
in Tibet haben sich wesentlich verbessert. Seit 1998 wurden in
jedem Jahr reiche Ernten eingebracht. 1997 lag die Getreideproduktion
bei 790 000 Tonnen, 1998 bei 850 000 Tonnen. Mit 982 500 Tonnen
im Jahr 2001 wurde ein Rekordergebnis erzielt, das 5,5-mal soviel
wie die Ernte von 1959 war. 2002 wurden 116 000 ha mit Maschinen
bestellt, auf 146 000 ha wurde maschinell gesät und auf 84
000 ha gemäht. Für die Landwirtschaft Tibets sind das
erfolgverheißende Zahlen.
Mit 80 Mio. ha Grasland zählt Tibet zu den fünf großen
Weidegebieten Chinas. Die traditionelle Viehwirtschaft nimmt nach
wie vor eine wichtige Stellung ein. Anfang der 50er Jahre des
20. Jahrhunderts machte die Viehwirtschaft 2/3 des gesamten Produktionswerts
von Land- und Viehwirtschaft aus. Erst seit 1994 liegt die Viehwirtschaft
beim Produktionswert hinter der Landwirtschaft.
Das Umherziehen mit den Viehherden ist die ursprüngliche
Weidemethode der Tibeter. Auf dem Grasland des Hochgebirges dominieren
Yaks die Viehzucht und auf dem Steppenland des Plateaus dominieren
Schafe die Viehzucht. In niedriger gelegenen Gebieten hält
man auch Rinder und Piannius (Kreuzung zwischen einem Stier und
einer Yakkuh). In der Viehwirtschaft Tibets bestehen viele Traditionen
unverändert weiter, was unter anderem durch die generationenlange
Abgeschlossenheit Tibets zu erklären ist.
In den letzten 50 Jahren bemühte man sich sehr, den nomadisierenden
Hirten feste Siedlungen zu schaffen. Heute wandern die Tiere in
der Regel nur noch zwischen Sommer- und Winterweide hin und her.
Darum wird nun großer Wert auf Zäune und den Aufbau
von Futterbasen gelegt. Hinzu kommen weiter die Veredelung von
Tierarten, die Umstrukturierung von Herden sowie die Intensivierung
und Industrialisierung der Viehwirtschaft. 1998 lag die Fleischproduktion
bei 129 100 Tonnen, 2,74-mal soviel wie im Jahr 1978. Es gab im
gleichen Jahr 4,925 Mio. Stück Weidevieh, das zum Schlachten
angeboten wurde; der Viehbestand am Jahresende betrug 22,52 Mio.
Stück. Im Vergleich zum Anfang der 50er Jahre hat sich die
Stückzahl verdoppelt. Mit der wachsenden Zahl der Tiere erhöht
sich jedoch ständig der Druck auf das Weideland. 2001 wurden
160 100 Tonnen Schweine-, Schaf- und Rindfleisch produziert. Viele
tierische Produkte sind nach ihrer Veredelung bei den Konsumenten
sehr gefragt, der Zusatzwert veredelter Produkte ist enorm gestiegen.
Bekannte Markenprodukte sind unter anderem Butter und andere Milcherzeugnisse
aus Gyangze, Zanba-Mehl aus Gurum, Käse aus Damxung und getrocknetes
Fleisch aus Amdo.
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