Basisdemokratie:

Dörfliche Autonomie in Tangshan

Von Li Minhui

Da die Bauern die Grundlage der chinesischen Gesellschaft bilden, repräsentiert die Autonomie der Dorfbewohner eine Demokratie auf Basisebene. Während des Jahres 2005 nahmen mindestens 400 Millionen Bauern an den 300 000 Wahlen der Dorfkomitees teil, die in 18 Provinzen abgehalten wurden.

Jeder darf mitreden

Demokratische Diskussionen sind ein Weg für Dorfbewohner, ihre Meinungen kundzutun und an der Dorfverwaltung teilzunehmen. Sie führten zur Errichtung eines 100 Mu (15 Mu = 1 ha) großen Gewächshauses im Dorf Zaoyuan (Gemeinde Beijiadian, Bezirk Guye, Stadt Tangshan) im Jahr 2005. Dieses Projekt bot den lokalen Bauern diesen Winter die Möglichkeit, neben Chinakohl eine Auswahl von Gemüsesorten auf ihren Mittagstisch zu bekommen und den Überschuss zu verkaufen. Nach der Konsultation der Meinungen von ca. 200 Dorfbewohnern, die letztes Jahr an Sitzungen und Diskussionen teilnahmen, formulierte das Dorfkomitee die Pläne für den Bau der Treibhäuser. Vertreter der Dorfbewohner wurden danach eingeladen, ihre Stimmen abzugeben. Nur zehn Tage später wurde ein Zeitplan erstellt und drei Monate danach wurde der Bau fertig gestellt und die Produktion aufgenommen.

Demokratische Diskussionen und Sitzungen der Dorfrepräsentanten sind nun ein verpflichtender Teil bei Dorfangelegenheiten, wie Entwicklungspläne, das Allgemeinwohl, unternehmens- und landbezogene Vertragsabschlüsse und Finanzen. Die Autonomiekommission des Dorfes stellt Anträge an das Dorfkomitee, die Mitglieder beider Organisationen werden alle drei Jahre neu gewählt. Duan Xiumin, ein Mitglied der Autonomiekommission des Dorfes Zaoyuan, ist über die Entwicklung sehr erfreut. Sie erinnert sich: „Früher hatten wir keine Ahnung über die uns betreffenden politischen Entscheidungen, da wir keine Einsicht in die Regierungsdokumente hatten. Nun ist die Arbeit der Regierung völlig transparent.“

Die ernsthafte Teilnahme der Bauern aus dem Dorf Zaoyuan ist entscheidend für die Rechtsstaatlichkeit. Das Dorf hat eine Reihe von Organisationen eingerichtet, wie einen Frauenverein, ein Sicherheitsteam, einen Schlichtungsausschuss für zivile Angelegenheiten und einen Ausschuss für Hochzeiten und Begräbnisse. Zaoyuan hat auch zwölf Regeln aufgestellt, die die Sitzungen der Dorfrepräsentanten, das Dorfkomitee, demokratische politische Gespräche und das demokratische Verwaltungssystem der Finanzen angehen. Eine Brochüre dazu wurde gedruckt und an jeden Haushalt verteilt. Andere relevante Diskussionen werden zu Themen wie der Geburt eines zweiten Kindes, den Strompreisen, der Landvergabe für den Hausbau, der Umwandlung und Ausweitung von Unternehmen, Investitionen und der Vergabe von Verträgen geführt.

Demokratie schützt vor Korruption

Das Dorf Banbidian im Bezirk Kaiping in Tangshan wurde zum Dorf Nummer 1 der Provinz Hebei ernannt wegen seinem Fortschritt in den Bereichen Industrialisierung und Urbanisierung. Um sicherzugehen, dass das Dorf rechtsstaatlich geführt wird, hat das Dorfkomitee ein System eingeführt, durch das die Angelegenheiten des Dorfes, und die Akten und Aufzeichnungen auf einer verfahrensrechtlichen und regulären Basis zur öffentlichen Ansicht zur Verfügung stehen. Es wurden Überwachungsteams von Dorfbewohnern eingerichtet, um sicherzugehen, dass das System korrekt durchgeführt wird. Nach der Überprüfung durch einen Finanzaufsichtsrat werden die Einkommen und Ausgaben des Dorfes Stück für Stück veröffentlicht und dadurch wird jeder Verdacht über unseriöse Buchführung aufgelöst.

Hübsche neu gebaute Häuser sind ein Merkmal des Dorfes Banbidian. Sogenannte „Hintertür“-Abkommen sind zwar weit verbreitet bei Bauprojekten, doch Herr Yang vom Dorfbüro kann den Einwohnern von Banbidian versichern, dass diese bei ihren Wohnstätten nicht vorkamen, da „jeder Schritt genau von der Autonomiekommission der Dorfbewohner überwacht wird“. Die Dorfbewohnerin Sun Ruixia kann auch bestätigen, dass es hier „Null Vetternwirtschaft“ gab, da jeder Schritt bei dem Projekt, von der Planung über das Design bis zum Ankauf von Baumaterialien, von der Autonomiekommission bei Teilnahme aller Dorfbewohner diskutiert und entschieden wurde. Dies schließt die Vergabe von Aufträgen an Vertragsnehmer ohne die Zustimmung der Dorfbewohner aus. Herr Yang fasst zusammen: „Das Mitspracherecht der Einwohner bei Dorfangelegenheiten eliminiert das Vorhandensein korrupter Kader.“

Dorfbewohner haben das Sagen

Das Autonomiesystem steigerte das Interesse der Dorfbewohner an öffentlichen Angelegenheiten. Nachdem sie über die Abhaltung einer Sitzung der Autonomiekommission informiert worden sind, tauschen Freunde und Nachbarn ihre Meinungen dazu aus, um klar verständliche Meinungen zu formulieren, die die gemeinsamen Belange betreffen.

In den frühen Tagen der Dorfautonomie führten die ungeordneten Diskussionen dazu, dass nur eine Arena für private Streitigkeiten, wie Familienzwistigkeiten geschaffen wurde. Die Lokalregierungen legten daraufhin für jede Sitzung eine Tagesordnung mit das öffentliche Interesse und wichtige Angelegenheiten in dem Gebiet betreffenden spezifischen Themen fest. In diesem Sinne mussten die Gemeinderäte und Dorfkommissionen Beratungsversammlungen abhalten, die Meinungen der Leute einholen und Pläne ausarbeiten, bevor sie Themen zur Diskussion stellten.

Das gesteigerte demokratische Verständnis der Dorfbewohner spornt die Kader an, effizienter zu arbeiten und sich der Bevölkerung anzunähern und nicht ihre eigenen Gesetze aufzustellen. Einige Kader nahmen das Konzept der Selbstbestimmung der Dorfbewohner nur zögerlich an, mit dem Vorwand, dass es „ein Unglück heraufbeschwören würde“ und viele Dorfbewohner waren anfangs skeptisch, dass jemand auf sie hören würde.

Heute ist die Selbstbestimmung der Dorfbewohner ein allgemein akzeptierter Teil des täglichen Lebens. Herr Liu, Parteisekretär des Dorfes Haiziyan im Bezirk Guye, scherzt: „In der Vergangenheit konnte ich jede Angelegenheit durch eine Ansage über den Sender des Dorfes bestimmen. Nun halten die Dorfbewohner das Mikrofon und sie sprechen lauter als ich. Sie stimmen mir nur zu, wenn sie völlig überzeugt sind.“ Er gibt zu, dass das neue System mehr Druck auf ihn und seine Kollegen ausübt: „Bei den demokratischen Diskussionen fordern uns die Dorfbewohner persönlich heraus. Manche bringen sogar einen Rechtsanwalt mit. Wir sind verpflichtet, ihnen vor Ort zu sagen, ob wir ihre Wünsche in die Tat umsetzen können, und wenn nicht, warum dem so sei. Das ist eine neue Herausforderung für uns.“

Seit China am 1. Juni 1988 das Organisationsgesetz für die Dorfbewohnerkomitees (Versuch) einführte, wurden fünf Dorfwahlen in 27 Provinzen abgehalten. Da die Provinzen Guangdong, Hainan und Yunnan und die Stadt Chongqing ihre Wahlen erst in den späten 90er Jahren vereinheitlichten, gab es dort erst zwei bis drei Amtszeiten. Alle 600 000 Komitees der Dorfbewohner im Land werden direkt gewählt, doch das Ausmaß ihrer Institutionalisierung und Standardisierung variiert.

 
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