Das Rätsel um die Restaurierung der Residenz des Prinzen Gong

Von Yi Li

Die Residenz des Prinzen Gong auf der Qianhai Weststraße im Bezirk Xicheng in der Nähe des Shichahai-Sees ist ein Archetyp der 60 Prinzenresidenzen aus der Qing-Dynastie (1644–1911) in Beijing, laut Luo Zhewen, Leiter und Forscher des Spezialistengruppe des Staatlichen Büros für Denkmalschutz. Der Staat hat 400 Millionen Yuan für den Umbau der Residenz des Prinzen Gong in ein staatliches Museum, von denen 183 Millionen Yuan für die Renovierung und Restaurierung bestimmt sind, zugeteilt. Das Museum wird ein Forschungszentrum für die systematische Erforschung der Geschichte und Kultur der Wohnsitze der Prinzen beherbergen. Die Arbeit begann am 5. Dezember 2005 und soll 2007 abgeschlossen werden. Das Innere des Wohnsitzes soll für die Ausstellung von Schmuck- und Gebrauchsgegenständen umgebaut werden und die Wohngebäude und der private Garten werden für Besucher aus dem In- und Ausland geöffnet.

Das Endziel des Projekts ist, das Museum mit dem Wohnflair des Alltagslebens dieser kaiserlichen Verwandten während der Qing-Dynastie zu durchdringen. Das Ziel zu erreichen, ist aber eine große Herausforderung, da es wenige erhaltene Zeichnungen oder Beschreibungen der inneren und äußeren Aspekte der Residenz gibt, nach denen man sich richten könnte.

Eine Residenz erzählt die Geschichte der Qing-Dynastie

Die Wohnanlage des Prinzen Gong wurde von dem verrufenen und korrupten Premierminister He Shen erbaut. Kaiser Qianlong war von dem gut aussehenden und klugen He Shen, als sie sich das erste Mal 1776 trafen, so beeindruckt, dass er ihm seine kaiserliche Gunst verlieh und schließlich das Amt des Premierministers. Durch diese hohe Position sammelte He Shen Reichtum durch verschiedenste zwielichtige Geschäfte an, der es ihm ermöglichte, diese nun historische Residenz zu errichten. Kaiser Qianlong starb 1799 und wurde von seinem Sohn Kaiser Jiaqing beerbt, der keine Zeit verlor, Premierminister He Shen in zwanzig Fällen von Gesetzesübertretungen anzuklagen. Der verschlagene Angeklagte wurde zu Selbstmord durch Erhängen verurteilt und sein Besitz, der Staatseinkünften von zehn Jahren entsprach, wurde sofort konfisziert.

Kaiser Jiaqing belohnte Fürst Yonglin mit der Residenz, erlaubte aber der Prinzessin Hexiao, der Tochter von Kaiser Qianlong und Frau von He Shens Sohn, weiterhin in ihrer Hälfte des Wohngebäudes zu leben. 1851 wurde Prinz Gong, der Yixin hieß, der dritte Besitzer der Residenz und sie wurde seitdem nach ihm benannt. Hier in der Duofuxuan-Halle hielt 1860, als die englisch-französischen alliierten Kräfte Beijing einnahmen, Prinz Gong mit ihren Vertretern Gespräche ab und der Beijinger Vertrag wurde hier unterzeichnet. Angesichts ihres historischen Wertes teilte die UNESCO 50 000 US-Dollar für die Reparatur dieser Halle zu. Das Wohngebäude, wie Hou Renzhi, Professor an der Peking Universität, sagt: „... repräsentiert die Hälfte der Geschichte der Qing-Dynastie“, aber der Mangel an historischen Aufzeichnungen, die sich auf sein ursprüngliches Erscheinungsbild beziehen, machte die Renovierungsarbeiten, die dem Originaldesign des Wohngebäudes verpflichtet sind, zu einer schwierigen und beschwerlichen Aufgabe.

Nur zwei Zeichnungen

Nachdem die Residenz von Prinz Gong bewohnt worden war, ging sie in den Besitz von verschiedenen Eigentümern über. Während dieser Zeit wurde sie schwer beschädigt.

1912 nahmen Yixins Söhne Puwei und Puru eine Hypothek auf die Wohnanlage bei der katholischen Kirche auf, um Geldmittel für die Restauration der Qing-Dynastie aufzutreiben. Im März 1937 kaufte die Katholische Universität Fu Jen die Gebäude und verwendete sie als Campus. Die Wohnanlage überlebte die Kriegsjahre, doch wurde sie in großem Ausmaß renoviert, wobei die Originalstrukturen umfangreich verändert wurden.

Nach der Gründung der Volksrepublik China 1949 beherbergte die Wohnanlage verschiedene Sozialorganisationen und deren Mitarbeiter. Nachdem sie 30 Jahre später ausgezogen waren, war die ursprüngliche Symmetrie der Wohnanlage kaum mehr zu erkennen.

Das Forschungsinstitut für Architekturdesign der Qinghua Universität (THAD) wurde mit dem Architekturdesign des Restaurierungsprojekts beauftragt, doch seine Arbeit wird durch das Fehlen von schriftlichen Beschreibungen der Wohnanlage und Bauentwürfen behindert, sagt Chen Tong, Architekt des Institutes.

THAD hat zwei Gruppen von Zeichnungen gefunden. Die eine scheint ein Übersichtsplan der Wohnanlage zu sein, aber es ist unklar, ob sie als Entwurf diente oder für Kartographierungszwecke da war. Falls der erste Fall zutrifft, könnte es sein, das es eine Vorlage unter vielen war, die nicht zur Anwendung kam. Die zweite Gruppe ist Teil einer Untersuchung, die 1937 von Architekten der Gesellschaft für die Erforschung der chinesischen Architektur durchgeführt wurde, von denen der letzte 1990 verstarb. Die Zeichnungen der Untersuchung umfassen 16 Skizzen, die Schlüsselabschnitte des Wohngebäudes darstellen, fünf davon zeigen Innenansichten, doch weil keine Erklärungsnotizen vorliegen, ist es schwierig für die heutigen Architekten, diesen ungefähren Darstellungen zu folgen.

Kong Xiangxing, ehemaliger Vizekurator des Chinesischen Nationalmuseums für Geschichte ist verantwortlich für die Suche nach historischen Aufzeichnungen bezüglich Prinz Gongs Wohnanlage. Seine Suche führte ihn bis nach Deutschland, wo er einer Ausgabe der Zeitschrift Monumenta Serica aus dem Jahre 1940 auf die Spur kam, die einen Artikel mit dem Namen „Die Wohnanlage des Prinzen Gong von Beijing und ihr Garten“ enthält. Dieser 40000 Wörter lange Artikel und einige wertvolle Fotos im Anhang sind die Forschungsergebnisse zweier Spezialisten zum Thema Prinz Gong. Er beinhaltet detaillierte Beschreibungen einer Besichtigung der Privatresidenz und des Gartens des Prinzen Gong. Dadurch war er von großer Hilfe für die Restaurierungspläne.

Schwer fassbare Kulturrelikte

1912 nahm Puwei eine Hypothek auf Besitztümer, die die Residenz des Prinzen Gong umfassen, bei der japanischen Yamanaka Trading Co., Ltd. auf. In den drei Tagen vom 27. Februar bis zum 1. März 1913 verschiffte Yamanaka 563 Kulturrelikte für Auktionen nach Amerika und versteigerte im selben Jahr 221 Gegenstände in London. Die Firma bot auch in ihrem eigenen Geschäft Relikte zum Verkauf an.

2005 zeigte der Chef des Handelshauses Yamanaka in der vierten Generation den Mitarbeitern des Verwaltungszentrums der Residenz von Prinz Gong seine Sammlung alter Fotografien. Sie beinhaltet eine Aufnahme seines Urgroßvaters Yamanaka Sadajiro mit dem Haupthofverwalter vor dem ersten Palasttor und eine des Asi-Tors der Residenz. Doch noch wichtiger ist der illustrierte Katalog, der sich in Herrn Yamanakas Besitz befindet und Gegenstände mit ihrem Verkaufspreis und den Namen der Käufer auflistet, die ursprünglich ein Teil des Haushaltes von Prinz Gongs Residenz waren und bei einer Auktion in New York verkauft wurden. Dieser Fund versetzte das Zentrum in die Lage, die Aufenthaltsorte der Relikte aus Prinz Gongs Residenz genau zu lokalisieren. Die Wiederbeschaffung ist natürlich eine andere Angelegenheit.

Wie es sich herausstellte, sind viele der Relikte der Residenz Teil von verschiedenen Museumssammlungen inner- und außerhalb Chinas und deshalb schwer zurückzubekommen. Gemälde und Kalligraphien, die ursprünglich ein Teil von Prinz Gongs Wohnausstattung waren, werden zur Zeit von europäischen und amerikanischen Museen ausgestellt und nur langsam wiederbeschafft werden können; die Rückerstattung der Möbel aus Sandelholz aus der Wohnanlage, die nun ein Teil des Palastmuseums in Taibei sind, ist nahezu unmöglich.

Das Verwaltungszentrum der Wohnanlage von Prinz Gong begann mit der Rückgewinnung der verlorenen Kulturrelikte 2004. Seitdem hat es mehr als 400 Stücke, inklusive Texten über und Fotos von den Wohnanlagen von Prinz Gong und anderen Prinzen, wiedererlangt, laut Lu Ping, dem Leiter der Abteilung für Verwaltung der Kulturrelikte des Zentrums. Außerdem wurden Bilder und Kalligraphien von Mitgliedern der kaiserlichen Familie und deren Nachkommen, luxuriöse Ming- und Qingmöbel, Keramikgefäße, verschiedene Opfergegenstände und Papier- und Schreibwaren wiedergewonnen.

Als die Suche nach Relikten aus der Residenz von Prinz Gong in den Medien angekündigt wurde, erhielt das Zentrum viele Anrufe, die sich auf die Aufenthaltsorte weiterer Stücke bezogen, dabei handelt es sich u. A. um mit Perlmutt eingelegte Möbel aus Mahagoniholz, die in Shijiazhuang, Provinz Hebei, gefunden und vom Verwaltungszentrum um 2 Millionen Yuan zurückgekauft wurden.

Die Medien waren von unschätzbarem Wert für das Zentrum und THAD in ihrer gemeinsamen Mission, die Residenz von Prinz Gong – diese besondere Facette der kaiserlichen Vergangenheit – zu restaurieren. Diejenigen, die sich an diesem Projekt beteiligten, sind nun zuversichtlicher, dass die Restaurierungsarbeit erfolgreich durchgeführt und die Wohnanlage des Prinzen Gong wie geplant im Jahr 2007 der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden kann.

 
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