Von Han Liya

In der Nähe der Siyuan-Brücke wohnt eine Zwergenfamilie mit Gong als Familiennamen. Die durchschnittliche Größe dieser drei Leute ist nur 111 Zentimeter. Die 25-jährige Tochter, Xiao Gong, ist nur 97 Zentimeter groß und sie sieht wie ein drei- oder vierjähriges Kind aus. Ihre Mutter ist gleich groß wie sie, und ihr Vater ist ein bisschen größer, 140 Zentimeter, aber doch hat er auch eine unnormale Größe. Es erübrigt sich zu erklären, dass das Leben so einer Familie nicht leicht ist. Trotzdem lebt die Familie noch sehr optimistisch.

Vor vier Jahren kam Xiao Gong alleine nach Beijing und wollte dort als besondere Schauspielerin mit einer speziellen Figur arbeiten. Sie mietete einen Flachbau mit nur 10 Quadratmetern neben der Frauenstraße, wo viele Gebrauchsgegenstände für Frauen verkauft werden, und holte ihre Eltern vor zwei Jahren aus ihrer Heimat, der Provinz Shandong, nach Beijing. In diesem kleinen und primitiven Zimmer sind nur ein neuerer Fernseher und ein DVD-Apparat als die einzigen elektrischen Haushaltsgeräte. Xiao Gong sagt, dass außer dem Fernseher und dem DVD-Apparat, die sie vom Trödelmarkt gekauft hat, der Rest der im Zimmer stehenden Dinge von Leuten gegeben und geschenkt worden ist. Jeden Tag geht die Familie in die Nähe der Frauenstraße, um Abfälle zu sammeln. Am Abend teilen sie sie in Klassen und verkaufen sie. „Es ist ein einträglicher Job. Jeden Tag können wir zwanzig bis dreißig Yuan verdienen. Neben den 260 Yuan als Miete können wir von dem Rest leben“, sagt Xiao Gongs Vater mit starkem Shandonger Akzent.

„Wie schwer das Leben auch immer ist, will ich nicht auf meinen ursprünglichen Traum verzichten“, sagt Xiao Gong. Sie singt gerne und will eine wohlklingende, bewegende Stimme haben, weil sie ihren Traum, eine besondere Schauspielerin zu werden, niemals aufgeben wird. Seit kurzem hat sie 4000 Yuan aus einem sehr sparsam geführten Leben gespart und einen Sänger als Lehrer angestellt, der sie Singen lehrt. „Jetzt kann ich ganz gut singen“, lacht Xiao Gong.

Viele Ladenbesitzer auf der Frauenstraße kennen diese Familie. Sie helfen ihnen immer und geben ihnen einige Ausschussware. „Es ist nicht leicht für sie, auf den eigenen Beinen zu stehen. Nicht jeder kann so optimistisch in dieser Situation leben“, sagt eine Ladenbesitzerin, „Sie haben schon drei Jahre lang hier gelebt. Sie sind sehr bekannt. Wir geben ihnen oft unentgeltlich einige Schuhschachteln oder Plastikflaschen.“ Die Familie wohnt mit dem Vermieter im gleichen Hof. Jedes Mal wenn Xiao Gong einen Eimer Wasser holen will, geht er ohne Zögern auf sie zu und hilft ihr, den 20 Kilogramm schweren Eimer Wasser nach Hause zu bringen.

Wie andere Mädchen erwartet Xiao Gong auch die Ankunft der Liebe. Es gab schon einmal einen Mann, der in sie verliebt war, aber weil er nur 120 Zentimeter groß war, hat Xiao Gong ihn abgelehnt. Damals arbeitete Xiao Gong in einer Diskothek als Kellnerin. Als sie die ersten Tage dort arbeitete, warb der Mann um ihre Liebe. „Damals hat er sich oft mit mir verabredet und mir seine Liebe erklärt. Bei der Arbeit hat er mir auch viel geholfen. Trotzdem bin ich noch nicht gerührt“, sagt sie ohne Leid.„Ich bin zu klein. Ich will, dass mein Mann über 165 Zentimeter groß ist. Dann wird unser Kind nicht mehr ein Zwerg sein“, wünscht sich Xiao Gong.

Nachdem ich diesen Bericht gelesen habe, habe ich ein Gefühl, das sehr schwer zu erklären ist. Einerseits finde ich die Geschichte traurig. Wieso ist das Schicksal dieser Familie so unglücklich? Armut und Diskriminierung wurden ihnen in die Wiege gelegt. Andererseits bin ich auch stolz auf sie. Sie sind nicht mit allem unzufrieden und beklagen sich nie. Sie sehen die Zukunft optimistisch. Sie glauben, dass alles besser werden könne. Sie haben sich niemals dem schweren Leben unterworfen. Vielleicht haben sie deswegen das Mitleid, den Trost und die Hilfe von anderen Leuten gewonnen.

Ich meine, dass man so schnell wie möglich einen Mann mit über 165 Zentimeter für Xian Gong finden soll. Das ist die größte Hilfe für die Familie. Besser wäre noch, dass dieser Mann spezielle Fachkenntnisse hat. Dann kann er immer Geld verdienen und die Familie braucht sich nicht immer um die Arbeitslosigkeit zu sorgen. Ich wünsche, dass ihr Geliebter schnell in ihr Leben treten wird und sich um sie und ihre Familie kümmern will. Ich will, dass ihr Leben immer besser und glücklicher wird.

Die Autorin ist eine Germanistikstudentin im 3. Jahrgang an der Sprachenuniversität Beijing.