Die
traditionelle Wissenschaft Tibets
Tibetischer
Kalender
Der
tibetische Kalender ist eine wichtige Errungenschaft der astronomischen
Kalenderberechnung durch die alten Tibeter. Dies zählt zu
den hervorragenden tibetischen Kulturleistungen.
Den alten tibetischen historischen Aufzeichnungen zufolge wurde
während der Tubo-Dynastie der Tierkreiszeichen-Kalender verwendet,
die Jahre wurden nach den 12 Tierkreisen benannt, alle 12 Jahre
war ein Zyklus vollendet. Später wurden durch Kulturaustausch
der Tibeter mit ihren Nachbarvölkern der indische Kalender
und der Kalender aus dem Landesinneren eingeführt.
Im Jahre 1027 wurde die Kalenderberechnung festgelegt; die Jahre
wurden nach den 12 Tierkreiszeichen, nach den fünf Elementen
Gold, Holz, Wasser, Feuer und Erde sowie nach Yin und Yang bezeichnet.
Diese Art der Jahreszählung ist dem chinesischen Mondkalender
sehr ähnlich und offenbart ein Resultat des Kulturaustauschs.
Die fünf Elemente bilden zusammen mit Yin und Yang je zehn
Paare, die dann mit den12 Tierkreiszeichen Ratte, Ochse, Tiger,
Hase, Drache, Schlange, Pferd, Schaf, Affe, Huhn, Hund und Schwein
je fünfmal zusammen stehen und so einen Kreis bilden. Ein
solcher Kreis durchläuft also 60 Jahre. Bei der Jahreszählung
zählt man in Tibet die Zahl der Kreise mit. Das Jahr 2000
z. B. ist nach dem tibetischen Kalender das Yang-Gold-Drachen-Jahr
des 17. Kreislaufs (gerechnet ab dem Jahr 1027) und wird oft abkürzend
Golddrachenjahr genannt.
Der tibetische Kalender ist zwar dem chinesischen Mondkalender
ähnlich, aber bei der genauen Zeitrechnung gibt es doch Unterschiede.
Der tibetische Kalender legt fest, dass ein Jahr 12 Monate, ein
großer Monat 30 Tage und ein kleiner Monat 29 Tage hat.
Man fügt deshalb alle zweieinhalb bis drei Jahre einen Schaltmonat
ein, um die Monate mit den Jahreszeiten in Übereinstimmung
zu bringen. Darum werden das tibetische Neujahrsfest und das traditionelle
chinesische Neujahrsfest nicht immer am gleichen Tag gefeiert.
Es gibt vier verschiedene Möglichkeiten: 1. Das tibetische
Neujahrsfest fällt auf den gleichen Tag wie das traditionelle
chinesische Neujahrsfest. 2. Es fällt auf den Tag nach dem
chinesischen Neujahrsfest. 3.Es wird genau einen Monat später
als das chinesische begangen oder 4. Es wird einen Monat und einen
Tag später als das chinesische gefeiert.
Tibetische Medizin
Die tibetische Medizin wurde hauptsächlich von Tibetern
entwickelt und gilt als Bestandteil der traditionellen chinesischen
Medizin. Die Geschichte dieser Medizin ist lang und hat einige
Besonderheiten. Die tibetische Medizin ist eine Wissenschaft,
die für viele schwierige und komplizierte Krankheiten sichtbare
Heilwirkungen hat.
Nach der tibetischen Medizin besteht der menschliche Körper
aus drei wesentlichen Faktoren, nämlich Lung, Tripa und Paigen,
die jeweils ihre Funktionen haben. Lung bezeichnet
den Fluss der Lebensenergie, Lung ist für die
Bewegung der Glieder sowie für die Verdauung zuständig.
Tripa ist die Galle. Sie ist für die Regulierung
der Körpertemperatur, eine gesunde Gesichtsfarbe und die
Förderung der Verdauung zuständig. Paigen
heißt Speichel; er liefert dem Menschen Nährstoffe.
Normalerweise besteht ein harmonisches Gleichgewicht zwischen
diesen drei Faktoren. So wird die normale physiologische Funktion
des menschlichen Körpers gesteuert. Wenn einer der Faktoren
zu stark oder zu schwach wird, erkrankt man. Schon früh gab
es in der tibetischen Medizin genaue Kenntnisse über die
menschliche Anatomie sowie über die Embryologie. Es wurde
erkannt, dass die Entwicklung des Embryos drei Stufen durchläuft:
die Stufe der Fische (das Wassertier), die der Schildkröten
(das Kriechtier) und die der Schweine (das Säugetier), wodurch
die Entwicklungsphasen höherer Tiere veranschaulicht wurden.
Das war ein großer Beitrag zur chinesischen Medizin und
darüber hinaus zur Medizin weltweit. Nach der tibetischen
Medizin gehen Krankheiten entweder auf innere oder äußere
Ursachen zurück. Innere Ursachen sind auf unausgewogene Verhältnisse
der oben genannten drei Faktoren zurückzuführen. Zu
äußeren Ursachen zählen hauptsächlich Wetteränderungen,
Unwohlsein im Alltagsleben, unregelmäßiges Essen sowie
äußere Verletzungen. In der klinischen Praxis werden
die Krankheiten in Bereiche für Lung, Tripa, Paigen, für
innere Krankheiten, Chirurgie, Frauenkrankheiten, Kinderkrankheiten
und für die fünf Sinnesorgane (Ohr, Auge, Mund, Nase,
Zunge) eingeteilt.
Außer den Diagnoseverfahren Wang (Inaugenscheinnahme),
Wen (Abhören), Wen (Fragen an den Patienten) und Qie (Pulsfühlen)
nutzt man in der tibetischen Medizin die Harnbetrachtung als wichtige
Diagnosemethode. Dabei werden Harnfarbe, Dauer der Harnwärme,
Geruch, Menge und Dauer des Schaums, sowie Sedimente und Schwebteilchen
betrachtet. Beim Pulsfühlen legt man besonders großen
Wert auf die Beziehungen zwischen den Pulsen. Bei der Behandlung
der Krankheiten wird zwischen inneren und äußeren unterschieden.
Bei der inneren Behandlung legt man Wert auf die Ernäherung
und Arzneien, betont besonders die Ernäherung und die Lebensgewohnheiten
je nach Jahreszeit. Zu äußeren Behandlungsmethoden
zählen Aderlass, Massage, Auftragen von Arzeneien, Akupunktur
mit erhitzten Nadeln, Saugtherapie mit Schröpfköpfen,
Räuchern mit Heilkräutern, heiße Kompressen, Baden
in Heilkräuterwasser und sowie die Nadeltherapie.
Von den in der tibetischen Medizin benutzten Arzneimitteln nehmen
Mineralien und Tiere den überwiegenden Teil ein. Arzneien
gibt es als Pillen, Salben und Pulver. Pillen werden mit Wasser,
Honig oder Butter zubereitet. Nach den Behandlungsprinzipien der
tibetischen Medizin werden die Arzneien als Gegensatz zu den Krankheitsursachen
angewendet, das heißt, bei heißen Krankheiten werden
Kranke kalt behandelt, bei kalten heiß, bei Schwächezuständen
werden stärkende Mittel und für Blähungen Abführmittel
verschrieben.
Die tibetische Medizin hat eine komplexe Theorie, die aus zahlreichen
klinischen Erfahrungen resultiert. In langjähriger Praxis
wurde mittels der tibetischen Medizin viel zum Wohl verschiedener
Völker auf dem Qinghai-Tibet-Plateau beigetragen. Seit der
friedlichen Befreiung Tibets und insbesondere in den letzten 20
Jahren hat sich die tibetische Medizin sprunghaft entwickelt.
Man kann ihr auch für die Zukunft eine weiterhin glänzende
Entwicklung voraussagen.
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