Das erste Panoptikum in China

Von Wang Hongxun

Die Stadt Kaifeng, die am Südufer des Mittellaufes des Huanghe – des Gelben Flusses –, im Osten der Provinz Henan, liegt, besteht seit mehr als 3000 Jahren und besitzt eine alte Zivilisation. Sieben Dynastien in der chinesischen Geschichte hatten sie zu ihrer Metropole auserkoren; vor allem in der Nördlichen Song-Dynastie (960–1127) war sie 169 Jahre lang Hauptstadt und eine der blühendsten Großstädte der Welt. Sie hinterließ den späteren Generationen ein reiches kulturelles Erbe. In den letzten Jahren wurden von der Regierung viele Maßnahmen getroffen, um die Überreste aus alter Zeit zu schützen. Zudem wurde im Longting-Park (Drachen-Pavillon-Park) ein Panoptikum errichtet, in dem große Ereignisse aus der Zeit der Nördlichen Song-Dynastie dargestellt werden, welche die Politik und die Kultur sowie das Leben der Song-Zeit lebendig widerspiegeln.

Die Wachs-Statuen werden in neun Gruppen eingeteilt und in drei Pavillons und Sälen ausgestellt. Die repräsentativen politischen Ereignisse zur Zeit der neun Kaiser sind wie ein roter Faden in die Ausstellung eingewebt. Die dargestellten Handlungen werden durch historische Unterlagen bestätigt. Die neun Gruppen sind: 1. „Die Gründungszeremonie der Song-Dynastie“, die zeigt, wie der erste Kaiser der Song-Dynastie den Thron besteigt und mit seinen Beamten und Offizieren zusammen fröhlich den Gründungstag feiert. 2. „Jiye schließt sich der Song-Dynastie an“: Der Song-Kaiser Taizong führt seine Truppen zur Expedition in das Gebiet der Nördlichen Han-Dynastie und schlägt einen Aufruhr nieder. Er wirbt den General Yang Jiye der Song-Dynastie an und bietet ihm einen guten Posten an. 3. „Chan Yuan-Vertrag“: Auf den Rat seines Premierministers Kou Zhun schließt der Kaiser Zhenzong mit dem Staat Liao einen Vertrag, in welchem er ihm eine jährliche Zahlung von 100 000 Taelen Silber und 200 000 Ballen Seide zusagt. 4. „Der Präfekt Bao Zheng tritt sein Amt an“: Der Kaiser Renzong versetzt den unbestechlichen Präfekten Bao Zheng in den Rang Fuyi (eine hohe Stufe für Beamte) in Kaifeng. 5. „Empfang für Gesandte aus dem Ausland“: Der kaiser Yingzong empfängt die Boten aus den arabischen Ländern. 6. „Die politische Reform von Wang Anshi“: Der Kaiser Shenzong vernimmt, wie der Reformer Wang seinen Reformationsplan erläutert. 7. „Wasseruhr“: Song Zhezong beobachtet den eben erfundenen Zeitmesser. 8. „Song Huizong beim Malen“: zeigt das Aufblühen der Kultur und Kunst der Nördlichen Song-Dynastie. 9. „Li Gang wird wieder in sein früheres Amt eingesetzt“: Der Kaiser Qingzong setzt seinen ehemaligen Minister Li Gang wieder in ein wichtiges Amt ein und schenkt den Studentenaktionen gegen den Staat Liao seitdem große Aufmerksamkeit.

Die gezeigten Figuren wirken naturgetreu und lebendig. Bei der ersten Gruppe wird eine großartige Szenerie dargestellt, in der mehr als 30 verschiedene Personen, der Kaiser, Beamte, Offiziere, Leibwächter und Sängerinnen sowie Tänzerinnen zu sehen sind. Dabei wird gezeigt, wie Zhao Kuangyin als erster Kaiser der Song-Dynastie den Zentralismus einführte und damit den Zustand der feudalen Zersplitterung beendete, in welchem lokale und regionale Militaristen die Herrschaft innehatten. Er trägt eine Robe im kaiserlichen Gelb und erhebt selbstzufrieden ununterbrochen sein Glas. Seine verdienstvollen Generäle sind vor Freude über ihre Erfolge betrunken, während die Beamten noch nüchtern aussehen. Der Kaiser wird beim Trinken von Tänzerinnen begleitet; an den Seiten spielen die musizierenden Mädchen auf klassischen Musikinstrumenten, wobei die damalige feierliche Atmosphäre in der Congyuan-Halle wieder erweckt wird. Bei der Gruppe „Die politische Reform von Wang Anshi“ gibt es zwar nicht sehr viele verschiedene Figuren, jedoch scheint jede Gestalt wie aus dem Leben gegriffen. Wang Anshi war ein politischer Reformer Chinas im 11. Jahrhundert. Um seinen Reformationsplan möglichst überzeugend zu erläutern, zitiert er sowohl aus klassischen Werken als auch aus den chinesischen kanonischen Büchern. Er redet selbstbewusst und gelassen. Dabei hört der Kaiser Shenzong, der sich für die Reform einsetzte, respektvoll und aufmerksam zu. Doch der konservative Vertreter Sima Guang grübelt an der Seite, als ob er überlege, wie er sich von einer Niederlage retten könnte.

Diese neun Gruppen Wachs-Statuen wurden von dem jungen Lehrer Wu Xiaopai, der in der Schule für bildende Kunst in der Provinz Henan tätig ist, und seinen jüngeren Bruder Wu Runsheng geformt und geschaffen. Sie mischten verschiedene Wachsarten und fanden ein neues künstliches Wachs. Die Statuen wurden maßstabgerecht realistisch modelliert. Die Figuren wurden in Lebensgröße nachgebildet. Um die damaligen Ereignisse möglichst echt darzustellen, mussten die Künstler die Geschichte der Song-Dynastie genau erforschen und eine Menge Literatur und historische Unterlagen studieren. So besuchen sie viele Historiker in Beijing, Shanghai usw. Mit Hilfe der Mitarbeit des Verwaltungsbüros für das Palastmuseum in Beijing kopierten sie die Bilder von Kaisern, Königen, Generälen und Premierministern aller Dynastien in der chinesischen Geschichte, die nur im Palastmuseum aufbewahrt werden. Zudem hatten sie die Gesichtsform der neun Kaiser, Beamten und Offiziere sowie ihre Kleidng, Ornamente und die kaiserlichen Ausstattungen der Song-Dynastie gewissenhaft und sorgfältig nachempfunden. Der Entwerfer sagte: „Wir wollen durch diese Wachsstatuen nicht nur einen Kunstgenuss schaffen, sondern wir bemühen uns, den Zuschauern ein bebildertes Geschichtsbuch zu zeigen. Viele in- und ausländische Experten und Gelehrten schätzten aus historischer und künstlerischer Sicht nach der Besichtigung die Ausstellung sehr hoch ein. Zur Zeit treiben wir unsere Forschung weiter, um damit das erste Panoptikum Chinas weiter historisch zu vertiefen.“

Aus China im Aufbau, Nr. 10, 1986

 
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