Die Universität Tibet beim Eintritt ins neue Jahrhundert (2)

 

   

100 Professoren im Lehrkörper

An der Universität Tibet gibt es gegenwärtig 1021 Lehrbeauftragte und Angestellte, darunter 562 hauptamtliche Lehrer. Mehr als 73% der Lehrer gehören der tibetischen Nationalität an. Von den 562 Lehrern sind 108 Professoren, 24 Magister und weitere 258 Lehrer mittleren Ranges. Drei der Professoren erhalten monatliche Sonderzuwendungen vom Staatsrat; fünf Professoren tragen den Titel „tonangebende wissenschaftliche Persönlichkeiten im Autonomen Gebiet Tibet über die Jahrhundertwende hinaus“.

Die Universität Tibet engagiert häufig Lehrer aus dem Landesinneren und auch aus dem Ausland. Mehr als 50 Experten, Gelehrte und Professoren wurden nach Tibet eingeladen, um als Ehren- bzw. Gastprofessoren regelmäßig oder unregelmäßig an der Universität zu lehren. Junge, aber auch bereits etwas ältere Lehrer werden planmäßig ausgewählt und ins Landesinnere geschickt, um sich dort an bekannten Universitäten fortzubilden oder als Gastdozenten zu wirken. Einen ständigen Austausch gibt es beispielsweise mit der Sichuan-Universität. Die Universität Tibet entsendet zwei Professoren als Gastdozenten an die Sichuan-Universität und empfängt gleichzeitig zwei prominente Professoren der Sichuan-Universität. In den letzten Jahren verlieh die Universität Tibet verschiedene Preise; unter anderem einen Preis für hervorragende Lehrerfolge, den Jiamei-Preis und den Baogang-Preis (gestiftet vom Eisen- und Stahlunternehmen Baoshan in Shanghai). Zahlreiche Lehrkräfte wurden mit dem Preis für vorbildliche Lehrtätigkeit ausgezeichnet. Bisher wurden sieben Lehrer der Universität als tonangebende wissenschaftliche Persönlichkeiten auf Ebene des Autonomen Gebiets Tibet und 12 auf Ebene der Universität besonders geehrt.

Um den Austausch und die Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Hochschulen bzw. Universitäten zu fördern, hat die Universität Tibet Experten und Gelehrte aus den USA, Kanada und Japan engagiert und pflegt gute partnerschaftliche Beziehungen zu 12 Hochschulen und Forschungsinstituten in mehr als zehn Ländern, zu denen Norwegen, Japan, die USA, Italien, Großbritannien und Südkorea zählen. Etwa 300 Ausländer, darunter viele Beamte von ausländischen Botschaften in China sowie ausländische Journalisten wurden bisher von der Universität Tibet empfangen. Mehr als 20 Universitätsmitarbeiter weilen zur Verbesserung der Zusammenarbeit, zur wissenschaftlichen Forschung oder zur weiteren Qualifizierung im Ausland. Des Weiteren veranstaltet die Universität Tibet gemeinsam mit anderen Universitäten des Landesinneren, zum Beispiel mit der Sichuan-Universität und der Beijinger Pädagogischen Universität, Fortbildungskurse für Aspiranten in den Fachbereichen Religionswissenschaft, Pädagogik, Ökonomie und Verwaltung. Über die gemeinsame Errichtung von Instituten, an denen man auch zum Doktor oder zum Magister graduiert werden kann, wird gegenwärtig diskutiert. Vor allem in den Bereichen Ausbildung von Lehrkräften, gemeinsamem Hochschulbetrieb, wissenschaftlicher Forschung und Personalaustausch gibt es enge Kooperationen zwischen der Universität Tibet und vielen Hochschulen des Landesinneren.

Professoren der Universität Tibet

Der erste Rektor Cewang Jigmei

Im Juli 1972 wurden zwei Akademiker in dem Moment an die Pädagogische Schule Tibets berufen, als diese gerade erst wieder mit der Aufnahme neuer Schüler begonnen hatte. Einer der beiden war Cewang Jigmei, die andere Zhang Tingfang, Cewang Jigmeis Frau, die 1970 ihr Studium an der Abteilung für Chinesische Philologie der Pädagogischen Hochschule Beijing abgeschlossen hatte.

Cewang Jigmei wurde im September 1945 in Lhasa geboren. 1970 schloss er als erster Student aus Tibet ein Studium an der Abteilung für Pädagogik der Pädagogischen Hochschule Beijing ab. 1972 kehrte er freiwillig in seine Heimat zurück, um dort zu arbeiten.

In diesen Jahren gab es zwar die Pädagogische Schule in Lhasa, der Hauptstadt des Autonomen Gebiets Tibet, aber unterrichtet wurde unter primitiven Bedingungen. Nur selten kamen Absolventen einer Hochschule nach Arbeitszuweisung hierher. Als die Schule wieder neue Schüler aufnahm, wurde Cewang Jigmei dem Seminar für Tibetisch zugewiesen. Da er einige Jahre lang in Beijing gelebt hatte, musste er seine inzwischen ein wenig eingerostete Muttersprache aufpolieren. Cewang Jigmei und der Leiter des Seminars waren der Meinung, dass ein zusätzlicher Lehrstoff für Tibetisch neu zusammengestellt und die traditionelle Lehrmethode für Tibetisch verbessert werden sollte. Viele beliebte Erzählungen wie Wang Jinxi, ein eiserner Mensch, Eine Kleinigkeit und Der Sturmvogel waren im tibetischen Unterrichtsmaterial zu finden. Dadurch lernten die tibetischen Schüler die Atmosphäre im Daqing-Ölfeld kennen, in dem Wang Jinxi arbeitete, und sie erfuhren etwas über weltberühmte Schriftsteller wie Lu Xun und Maxim Gorki. Das erweiterte nicht nur den Horizont der tibetischen Schüler, sondern bereicherte auch den Inhalt des Tibetischunterrichts.

Cewang Jigmei ist vielseitig begabt. Er agierte auf der Bühne bei einer Aufführung durch neu aufgenommene Schüler; am Aushängebrett konnte man seine Berichte über das Campusleben lesen und beim Basketball erwies er sich als Spitzenspieler. Alle Lehrer und Schüler fanden schnell zum freundlichen und offenherzigen Cewang Jigmei Kontakt.

1973 wurde Cewang Jigmei vorübergehend an die Chinesischabteilung versetzt, wo er als Lehrer der Chinesischklasse tätig war. Weil er aber Chinesisch nicht studiert hatte, musste er sich neben dem Unterricht mit dem Lehrstoff vertraut machen. Vieles lernte er auch von seiner Frau. Im Unterricht konnte Cewang Jigmei, der sowohl Tibetisch als auch Chinesisch sprach, vergleichende Methoden beim Sprachunterricht anwenden. Das entfachte das Inte-resse der Schüler an der chinesischen Sprache und vertiefte ihr Verständnis für den Lerninhalt. Die Lust der Schüler am Chinesischlernen war geweckt. Mit Unterstützung der Schule übersetzten und redigierten Cewang Jigmei und seine Frau als Chefredakteure einen Lehrstoff, in dem Tibetisch, Chinesisch und die chinesische Pin-Yin-Transkription miteinander verglichen werden. Das neue Unterrichtsmaterial löste zahlreiche Probleme, auf die zunächst viele tibetische Schüler beim Chinesischlernen stießen.

Nachdem Cewang Jigmei offizielles Mitglied der Chinesischabteilung geworden war, war er für den für alle Studierenden angebotenen Chinesischunterricht in Fachbereichen Musik und bildende Kunst zuständig. Er verwendete dabei Mao Zedongs Rede bei der Aussprache über Literatur und Kunst in Yan’an als Lehrstoff. Dadurch lehrte er einerseits die Schüler Grundkenntnisse des Chinesischen und klärte sie andererseits über Leitprinzipien und die Politik der KP Chinas für den Bereich Literatur und Kunst auf. In der gleichen Zeit schrieb er in Verbindung mit dem Chinesischunterricht kurze Bühnenstücke und Liedtexte, die er selbst vertonte. Später verfasste er ein Lehrbuch Grundkurs Hackbrett und erteilte Unterricht in volkstümlicher Instrumentalmusik. Cewang Jigmei war sehr beliebt bei den Schülern des Faches Musik und bildende Kunst.

Im Juli 1975 wurde die Pädagogische Hochschule Tibet offiziell gegründet. Sie ging aus der Pädagogischen Schule hervor. 1976 wurde Cewang Jigmei der Abteilung für Musik, Sport und bildende Kunst zugeteilt. Innerhalb von vier Jahren musste er dreimal sein Arbeitsgebiet wechseln. „Liebt man seine Arbeit von ganzem Herzen, kann man überall Erfolge erzielen, ganz gleich bei welcher Arbeit auch immer“, meinte Cewang Jigmei dazu.

Im September 1978 wählte die Pädagogische Hochschule Tibet eine Gruppe von Lehrern aus, die für ihre Fachbereiche besonders wichtig waren, um sie zur Fortbildung nach Shanghai zu schicken. Cewang Jigmei erhielt Gelegenheit, an der Fudan-Universität Grundlagen der Literaturwissenschaft und die Theorien von Marx und Lenin im Hauptfach zu studieren. Gleichzeitig nahm er am Grundkurs der Abteilung für Chinesische Philologie und an einigen Lehrgängen für Aspiranten teil. Jede freie Minute nutzte er, um zum Englischunterricht zu gehen. In seiner Freizeit informierte er sich über Besonderheiten der Hochschulen und Universitäten Shanghais, um so Erfahrungen für später zu sammeln.

Cewang Jigmei war der Ansicht, man müsse sich ständig weiter qualifizieren, um den sich stetig entwickelnden Bedürfnissen zu entsprechen. Nur wer alle Bedingungen und Gelegenheiten zur Erweiterung seines Wissens nutze und sich den reichen Erfahrungsschatz erfahrener Lehrer erfolgreicher Hochschulen umfassend aneigne, sei hohen Ansprüchen gewachsen. Im Januar 1980 kehrte er an die Pädagogische Hochschule Tibet zurück. Zuvor hatte er an der Fudan-Universität seine Abschlussarbeit mit dem Titel Überblick über die tibetische Literatur und deren Entwicklungsprobleme veröffentlicht und während eines Symposiums erfolgreich vorgetragen. Kurze Zeit später wurde er Mitglied der KP Chinas. Zunächst war er Dozent, dann wurde er zum Leiter der Abteilung gewählt.

Als Abteilungsleiter beschäftigte sich Cewang Jigmei zuerst mit dem Anlegen und Vervollständigen von Akten über die Leistungen der Studenten. Weiter war er mit der Standardisierung der Verwaltung und des Status der Studenten, mit der Überprüfung und Abänderung des Lehrplans, der Durchsetzung pädagogischer Regeln und der Schulverwaltung nach dem Gesetz befasst. Er bemühte sich auch, Aktivitäten der Studentenorganisationen anzuregen, um die Studenten zu motivieren, mit Freude ihrem Studium nachzugehen. Als erster unterbreitete Cewang Jigmei den Vorschlag, den Studenten seiner Abteilung nach einem ordentlichen (vier Jahre oder mehr dauernden) Studium probeweise den Bachelor zu verleihen. Er organisierte Seminare und unterstützte die Lehrer, die in ihrer unterrichtsfreien Zeit Kurse für ihre eigene Hochschule und auch für andere gesellschaftliche Einrichtungen veranstalteten. Dies alles trug zur Vervollkommnung der Lehrordnung, zur Entwicklung der tibetischen Hochschulbildung und zur Bereicherung des Campuslebens bei. Deshalb wurde Cewang Jigmei von Lehrern und Studenten hoch geschätzt.

Im September 1983 wurde die Vorbereitungsgruppe zur Gründung der Universität Tibet in der Pädagogischen Hochschule ernannt. Cewang Jigmei wurde zum Vizeleiter dieser Gruppe gewählt. Er war bereit, neue Herausforderungen anzunehmen.

Der andere Verantwortliche in der Vorbereitungsgruppe war Liu Baozhen von der Peking-Universität, den das Ministerium für Bildungswesen nach Tibet geschickt hatte. Mit Liu Baozhen und anderen Mitgliedern der Vorbereitungsgruppe erarbeitete Cewang Jigmei einen Stufenplan zum Entwicklungsumfang und dem Fächerprogramm der neuen Universität. Er war auch mit der Einrichtung der Abteilungen, der Organisation des Lehrkörpers und Lehrplänen beschäftigt.Außerdem wirkte er noch federführend bei der Ausarbeitung von Plänen für die Aufnahme von Studenten, bei der Beschaffung von Lehrstoffen, bei der Gründung von Bibliotheken und Laboren, bei der Fortbildung von Lehrkräften, bei der Reform von Dienstleistungsabteilungen sowie bei der Gestaltung des Universitätsgeländes mit. In dieser Zeit pendelte er wie seine Kollegen aus der Vorbereitungsgruppe zwischen dem Landesinneren und Lhasa hin und her, um dem Ministerium für Bildungswesen und Führern der Zentralregierung Berichte über die geleistete Arbeit zu erstatten. Es wurde eine Zeichnung der Gesamtplanung zur Infrastruktur der Universität Tibet angefertigt. Zugleich bemühten sich alle um finanzielle Unterstützung ihrer Vorhaben. Cewang Jigmei organisierte auch, dass weitere Lehrer aus dem Landesinneren nach Tibet kamen, um den Ausbau des Bildungswesens zu unterstützen. Neue Studenten wurden von einer Arbeitsgruppe unter seiner Leitung aufgenommen. Ferner ließ er die Fahne und das Logo der Universität Tibet entwerfen und anfertigen. Und er entwarf auch den Bericht, der bei der Gründungsversammlung der Universität Tibet erstattet werden sollte.

Im Februar 1985 wurde der 39-jährige Cewang Jigmei zum Rektor der Universität Tibet und Vizesekretär des Parteikomitees ernannt.

Bereits in der ersten Periode der neuen Universität wurde die Zahl der Fächer auf 18 erhöht. Die ersten Studenten studierten tibetische Medizin, oder wurden zu Fachkräften für Englisch, Betriebswirtschaft, zu Dolmetschern für den Tourismus und zu Übersetzern für Tibetisch und Chinesisch als Ausgangs- und Zielsprachen ausgebildet. Cewang Jigmei betonte immer, Unterricht und wissenschaftliche Forschung sollten einander ergänzen. Die Ausbildung in verschiedenen Fächern wurde verstärkt und standardisiert. Hinzu kamen Lehrveranstaltungen, bei denen regionale Besonderheiten und die traditionelle Kultur verschiedener Nationalitäten hervorgehoben wurden. Im pädagogischen Bereich wurden jene Fächer besonders gefördert, in denen sowohl in tibetischer wie auch in chinesischer Sprache unterrichtet wurde. Der Austausch zwischen der Universität Tibet und den anderen Hochschulen Tibets und denen im Landesinneren bzw. im Ausland verstärkte sich. Man engagierte englischsprachige Lehrer aus dem Ausland, um den Englischunterricht zu intensivieren. Durch multilaterale Kooperationen wurde in Yangbajain eine internationale Beobachtungsstelle für kosmische Strahlung gegründet, die der Universität Tibet untersteht. Mit einem neu errichteten Computerzentrum und einem mit moderner Technik ausgestatteten Multimediazentrum wurden die Lehr- und Lernbedingungen an der Universität Tibet verbessert. Arbeiten über tibetische Datenverarbeitung und über eine international gültige Kodierung tibetischer Schriftzeichen wurden vorangetrieben. Auch die von der Universität betriebenen Betriebe erzielten Erfolge. Ihre wissenschaftlich und technisch anspruchsvollen Produkte wurden in mehreren Kaufhäusern und Hotels in Tibet verkauft. Unter persönlicher Leitung von Cewang Jigmei wurden eine Fachzeitschrift und eine Informationsschrift der Universität Tibet ins Leben gerufen. Dank seiner Bemühungen finden an der Universität Tibet jährlich ein Symposium, ein Sportfest sowie Festspiele statt. Außerdem wurden Ausbildungssysteme für die praktische Arbeit, das militärische Training, die Erziehung der Studienanfänger und –abgänger geschaffen bzw. standardisiert. Bis 1992 wurden auf dem Gelände der Universität mehrere moderne Gebäude gebaut. Die angepflanzten Bäume sind inzwischen groß geworden; Grünanlagen und Blumenbeete in kunstvoller Ordnung beeindrucken die Besucher. Die erste Universität auf dem „Dach der Welt“ hatte ein neues Antlitz erhalten und zugleich ihre ganz eigene Prägung unterstrichen.

Im Dezember 1992 wurde Cewang Jigmei zum Rektor und stellvertretenden Sekretär des Parteikomitees der Tibetischen Hochschule für Nationale Minderheiten berufen. Seit Juli 1998 ist er Vorsitzender der tibetischen Akademie für Sozialwissenschaften.

 

Der IT-Experte Nyima Zhaxi    

Nyima Zhaxi wurde 1964 in Lhasa geboren. Bereits in seiner Kindheit las er leidenschaftlich populärwissenschaftliche Zeitschriften wie Wissenschaft im Bild und Science-Fiction-Erzählungen. Und er sah sich auch gern verschiedene Science-Fiction-Filme an.

1988 schloss Nyima Zhaxi sein Studium an der Pädagogischen Hochschule Huadong ab und wurde in die Abteilung für Informatik der Fakultät für Mathematik und Physik an der Universität Tibet eingesetzt. Weil er durch seine Arbeit nicht ausgelastet war, nutzte er die Zeit, um Software für die Verwaltungsabteilungen der Universität zu entwickeln. Er schuf das erste System zur Personalverwaltung der Universität Tibet, das er während vieler Überstunden bis spät in die Nacht hinein erarbeitete. Dieser erste Erfolg ermutigte Nyima Zhaxi. Seither widmete er sich intensiv der Entwicklung von Software.

Im Oktober 1992 bestand die von ihm entwickelte Software TCE-Verarbeitungssystem für tibetische, chinesische und englische Daten im Autonomen Gebiet Tibet die Prüfung und Abnahme. Diese Software trug zur Automatisierung der Bürotätigkeiten in Tibet bei, zur Verbesserung der Informationstechniken und der E-Herausgabe tibetischer Publikationen. Damit hat Tibet erstmals ein Software-System von Schriftzeichen, das sich mit dem Laserfotosatz-System der Founder-Gruppe der Peking-Universität im Landesinneren messen kann. Das ist zugleich der Beginn der Softwareentwicklung auf Tibetisch in der tibetischen Geschichte. Die von Nyima Zhaxi entwickelte Software hat das Problem des Informationsaustausches zwischen Tibetisch, Chinesisch und Englisch in verschiedenen Computerschriftprogrammen sehr gut gelöst. Damit entstanden einheitliche Normen des Chiffrierens in tibetischer Sprache. Bald darauf begann die Universität Tibet, Software für Lehrmaterialien u. a. für Physik, Chemie und Biologie einzusetzen. Auch beim Kollationieren der Geschichte des Königs Gesar spielte sie eine wichtige Rolle. Außerdem wurde sie sogleich von vielen Behörden und Organisationen genutzt. Im gleichen Jahr nahm Nyima Zhaxi an der Beijinger Ausstellung über Behandlungssysteme für Chinesisch, für diverse Informationen sowie für Büroautomatisierung teil. Seine Arbeit erregte dabei die Aufmerksamkeit vieler in- und ausländischer IT-Experten.

1993 wurden vom Staatlichen Qualitätskontrollamt und von der Staatlichen Kommission für Nationale Minderheiten die „staatlichen Normen für das Chiffrieren tibetischer Schriftzeichen zur Informationsübermittlung“ beschlossen. Dazu wurde eine Forschungsgruppe gegründet, bei der das Autonome Gebiet Tibet und die Universität Tibet die wichtigste Rolle spielten und einige Hochschulen in den Provinzen Gansu und Qinghai ihre Unterstützung gewährten. Anfang 1994 wählte die Staatliche Kommission für Standardisierung der Informationstechnik Fachleute aus, um die internationalen ISO10646-Normen für einheitliches Chiffrieren von Schriftzeichen, einschließlich der tibetischen Schriftzeichen, auszuarbeiten. Nyima Zhaxi fühlte sich verpflichtet, dafür Verantwortung zu übernehmen.

Seit 1993 hatten Nyima Zhaxi, Leiter von zwei Forschungsgruppen, und seine Mitarbeiter in knapp vier Jahren der staatlichen und der internationalen Standardisierungsorganisation mehrere Chiffrierungsentwürfe vorgelegt. Nach mühsamer Erprobung wurde Die Sammlung tibetischer Chiffrierzeichen zum Informationsaustausch ins Leben gerufen. Im Juli 1997 wurde die internationale ISO-Überprüfung bestanden und die Sammlung  wunde offiziell internationale Norm. Man begann 1998, sie landesweit zu verbreiten. Die Arbeit Nyima Zhaxis wurde vom Ministerium für Elektroindustrie, der Staatlichen Kommission für Nationale Minderheiten und dem Staatlichen Technikkontrollamt gemeinschaftlich ausgezeichnet. Diese zuständigen Behörden übermittelten der Volksregierung des Autonomen Gebiets Tibet ein Glückwunschtelegramm. Die Volksregierung des Autonomen Gebiets Tibet veranstaltete in Lhasa eine feierliche Versammlung, um die Forschungsgruppe mit ihrem Leiter Nyima Zhaxi auszuzeichnen. Im gleichen Jahr legte die Volksregierung des Autonomen Gebiets Tibet dem Ministerium für Wissenschaft und Technik die Software für das Chiffrieren tibetischer Schriftzeichen vor. Das Ministerium für Wissenschaft und Technik ordnete daraufhin die „Entwicklung der Computerplattform in tibetischer Sprache aufgrund der nationalen und internationalen Normen für das Chiffrieren tibetischer Schriftzeichen“ in den „863“-Plan des Staates ein.

Diese Forschungsarbeit begann 1998. Viele Schwierigkeiten waren zu überwinden, wozu Nyima Zhaxi sich so äußerte: „Diese Arbeit beansprucht viel Zeit. Es gibt zahlreiche technische Probleme, mit denen wir vorher nicht gerechnet haben.“ Trotzdem wurde die Forschungsarbeit Ende 2001 erfolgreich beendet.

Vor 1994 gab es an der Universität Tibet kein Fach Informatik; es wurde erst in jenem Jahr gegründet. Damals hatte die Universität außer Nyima Zhaxi nur noch drei andere Lehrkräfte für den Computerunterricht. Für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Tibets wurden immer mehr Computerfachleute gebraucht. Im Oktober 2000 wurde die Fakultät für Informatik der Universität Tibet offiziell gegründet. Seitdem kann man dort Computerwissenschaft in einem Vierjahreskurs studieren. Heute unterrichten dort statt 4 bereits 17 Lehrer.

1997 wurde die Universität Tibet staatlicherseits zum Hauptpunkt des CERNET (Computernetzwerk für Bildungswesen und wissenschaftliche Forschung Chinas) in Tibet bestimmt. Nyima Zhaxi leitete seine Abteilung mit großer Verantwortung, überwand diverse Schwierigkeiten und erfüllte die ihm gestellte Aufgabe, CERNET in Tibet einzurichten. Seine Arbeit wurde von CERNET überprüft und abgenommen. 2000 beschloss die Universität Tibet, ein Campusnetzwerk zu schaffen und dafür einen Kredit aufzunehmen. Als der für dieses Projekt Zuständige führte Nyima Zhaxi den Auftrag zufriedenstellend aus. Heute bietet das Campusnetzwerk der Universität Tibet bereits einen Informationsservice und den Anschluss ans Netzwerk für ganz Tibet an. Dieses Computerzentrum arbeitet auch mit der Firma CISCO zusammen, einer der weltweit größten Firmen für Netzwerkanlagen. Mit einer Geldspende der Firma CISCO in Höhe von 1,2 Mio. Yuan wurde das Tibet-CISCO-Institut für Netzwerktechnik an der Universität Tibet gegründet und begann Anfang 2001 mit dem Unterricht. Dieses Institut ist die erste Ausbildungsbasis Tibets für hoch qualifizierte Fachleute und Verwalter im Bereich des Netzwerks.

Aus Arbeitsgründen unternimmt Nyima Zhaxi häufig Dienstreisen in verschiedene Städte. Er nahm an fünf internationalen Tagungen im Computerbereich teil, die in der Türkei, der Schweiz, Finnland, Dänemark und den USA stattfanden. Nyima Zhaxi sagt: „Der Computerbereich entwickelt sich in Tibet sehr schnell, ist aber im Vergleich mit den anderen Landesteilen noch rückständig; der Unterschied zwischen den IT-Bereichen von Tibet und dem Ausland ist aber noch viel größer. Zur Zeit hat Tibet keine Computerelite. Auf Gebieten wie Entwicklung von Software, Datenverarbeitung und Behandlung von Informationen, Service in der Computerverwendung und Entwicklung des E-Handels muss man in Tibet Kanäle erweitern. Dabei gilt qualifiziertes Personal als wertvoller Bahnbrecher und Prüfstein der Entwicklung der tibetischen IT-Industrie.“

Wegen seiner hervorragenden Leistungen und Beiträge zum Computerbereich wurde Nyima Zhaxi 1997 außer der Reihe zum außerordentlichen Professor befördert und wurde damit der jüngste außerordentliche Professor in der Geschichte der Universität Tibet. Gleichzeitig wurde ihm innerhalb der Universität die einem ordentlichen Professor gebührende Behandlung gewährt. 1998 wurde er vom Autonomen Gebiet Tibet zum „wissenschaftlichen Wegweiser über die Jahrhundertwende hinaus“ gewählt und erhielt im gleichen Jahr Sonderpreise als „Vorbildlicher Lehrer des ganzen Landes und von Baogang“ sowie den Ehrentitel „Ausgezeichneter Lehrer des Autonomen Gebiets Tibet“; 1999 wurden ihm der erstmalig vergebene Preis für Jugendliche im Bereich Wissenschaft und Technik des Autonomen Gebiets Tibet, der Titel „Zehn vorbildliche Jugendliche des Autonomen Gebiets Tibet“ und der erste Preis des Ministeriums für Personalangelegenheiten verliehen; 2000 bekam er den Preis für ausgezeichnete junge Lehrer, der vom Ministerium für Bildungswesen verliehen wird.

Die bekannte Tibetologin Ceyang 

Qamwoba Ceyang schloss 1975 ihr Studium an der Zentralen Hochschule für Nationale Minderheiten in Beijing ab. Danach wurde sie Lehrerin, obwohl sie eigentlich als Journalistin tätig sein wollte. Dazu sagte sie offenherzig: „Als ich nach meinem Studium an die Pädagogische Hochschule Tibet eingesetzt wurde, vergoss ich viele Tränen. Damals wollte ich nicht als Lehrerin tätig sein. Inzwischen sind über 20 Jahre vergangen. Wenn ich nun zurückdenke, weiß ich, dass der  Beruf  des  Lehrers für mich genau der richtige ist.“ Dieser Beruf hat ihr Ruhm gebracht und ist ihr Lebensinhalt geworden.

Ceyang wurde in der adligen Familie Qamwoba des alten Tibet geboren. Dieser Familie entstammten einflussreiche Persönlichkeiten der tibetischen Geschichte. Nach historischen Aufzeichnungen war vor mehr als 300 Jahren Qamwoba Namsoi Tagyi Arzt des 5. Dalai Lama und hatte darum enge Beziehung zu ihm. In der Biographie des 5. Dalai Lama wird er mehrfach erwähnt. Zugleich war Qamwoba Namsoi Tagyi bekannt als Gelehrter und Pädagoge. Anfang der 40er Jahre des 17. Jahrhunderts ließ er auf Befehl des 5. Dalai Lama die Schule für tibetische Medizin vom Zhaibung-Kloster in den Potala-Palast verlegen. Zusammen mit einem anderen bekannten Arzt für tibetische Medizin wurde er beauftragt, diese Schule auszubauen. Er unterrichtete persönlich und war zugleich für die Verwaltung der Schule zuständig. Das war der Beginn der Beziehung der Familie Qamwoba zum Bildungswesen.

Als der 13. Dalai Lama in Tibet neue politische Maßnahmen ergriff, wurden vier kluge Kinder aus adligen Familien ausgewählt. Sie wurden nach England geschickt, um dort die fortgeschrittene Wissenschaft und Technik zu studieren. Das jüngste der vier erzielte die besten Leistungen. Es stammte aus der Familie Qamwoba und hieß Qamwoba Renzin Dorje. Dieses Kind wurde der Großvater von Ceyang.

1925 kehrte Renzin Dorje aus England zurück. Er leitete mehr als 60 Bauarbeiter, Steinmetze, Zimmerleute und Maurer an, um den ersten Elektromaschinenraum Tibets in der Umgebung von Lhasa zu errichten. Er war zugleich Architekt, Ingenieur, Konstrukteur und auch noch Lehrmeister der Bauarbeiter. Nach zwei Jahren konnte der Elektromaschinenraum in Betrieb genommen werden.

Ceyangs Vater, Qamwoba Dorje Ozhub, war einer der ersten Tibeter, die sich im neuen Tibet mit der Zusammenstellung und Übersetzung von Lehrmaterialien beschäftigten. Später wurde er Vizeleiter und Inspektor des Bildungsamtes des Autonomen Gebiets Tibet. Seit mehr als 50 Jahren arbeitet er im Bereich des Bildungswesens und leistete bedeutende Beiträge zu dessen Entwicklung.

Als Ceyang unschlüssig vor dem Tor der Pädagogischen Hochschule stand, ermunterte sie ihr Vater mit den Worten: „Kein Beruf könnte geeigneter für dich sein. Warum zögerst du noch? Werde Lehrerin! Die ganze Familie unterstützt dich.“

Heute erinnert sich Ceyang: „Wenn ich auf die Vergangenheit zurückblicke, denke ich, dass ich damals noch ziemlich kindisch war. Ich muss meinem Vater dafür danken, dass er mich zum Lehrerberuf angespornt hat.“ Anfangs unterrichtete sie Theorien der Übersetzung. Heute ist sie Professorin für Geschichte der tibetischen Nationalität an der Fakultät für Tibetologie der Universität Tibet und unterrichtet Aspiranten. Außerdem ist sie Gastprofessorin an der Universität Sichuan.

Ceyang ist eine erfolgreiche Lehrerin. Als ihre Studenten ihr vierjähriges Studium der tibetischen Geschichte im Jahr 1999 abgeschlossen hatten, überreichten sie ihr einen Hada (Schal aus weißer Seide, Begrüßungsgeschenk in der Inneren Mongolei und Tibet). Auf diesen Hada hatten die Studenten unterschrieben und geschrieben: „Sie haben überall unter dem Himmel die Schüler. Ihre liebvolle Fürsorge ist so tief wie das Meer.“ Durch zahlreiche Briefe, die sie von ihren ehemaligen Studenten erhielt, ist ersichtlich, dass diese an den verschiedensten Orten und in unterschiedlichen Bereichen Tibets wirken. Viele zählen nun zur Elite Tibets. Wangdog ist ein Beispiel dafür. Er zählte zu den ersten Absolventen des Kurses „Tibets Geschichte“, der von Ceyang geleitet wurde. Nach Studienabschluss wurde er Mitarbeiter seiner Lehrerin. Heute ist er außerordentlicher Professor und stellvertretender Leiter des Seminars für tibetische Geschichte an der Fakultät für Tibetologie der Universität Tibet. Über seine Entwicklung und die vieler anderer früherer Studenten von ihr ist Ceyang glücklich und zufrieden.

Als Tibetologin hat sich Ceyang durch ihre verdienstvolle Arbeit international einen Namen gemacht. „Ohne Lehren kann ich keine Erfolge in der Forschung erzielen. Dank der Reform und Öffnung sowie des umfassenden Kulturaustauschs zwischen China und dem Ausland werden meine Leistungen von Fachkollegen anerkannt. Gleichzeitig hat sich damit auch mein Forschungsbereich erweitert.“

Anfang 1999 wurde Ceyang zur Professorin im Fach Geschichte der tibetischen Nationalität berufen. Sie war die einzige Professorin und zugleich die jüngste unter den Professoren an der Universität Tibet. Sie ist heute noch immer die einzige Professorin an der Universität Tibet, die Aspiranten unterrichtet. Während ihrer langjährigen Lehrtätigkeit hat sie auch die tibetische Geschichte intensiv erforscht und dabei bedeutende Erfolge erzielt. Ihre Erstlingsarbeit mit dem Titel Erforschung und Erörterung des Namens des Samye-Klosters wurde 1985 mit dem 2. Preis des ersten Symposiums der Universität Tibet ausgezeichnet.

Seitdem zeigte Ceyang wachsendes Interesse an der Tibetologie. 1985 wurde ihe Abhandlung Neue politische Maßnahmen des 13. Dalai Lama auf dem Landessymposium über Tibetologie, das in Wenjiang stattfand, verlesen. Um diesen Artikel zu verfassen, hatte Ceyang zahlreiche Materialien ausgewertet, viele Leute befragt und Protokolle geschrieben. Weil in ihrer Abhandlung zahlreiche Fragen erörtert wurden, die bis dato noch nie Gegenstand der Forschung waren, fand ihre Arbeit in Fachkreisen bald großes Echo. Viele Experten haben später in ihren eigenen Beiträgen immer wieder Gesichtspunkte aus der Arbeit von Ceyang zitiert.

Das Forschungsgebiet von Ceyang wird von Tibetologen oft als „vergessener Bereich“ betrachtet. Was die Stammbäume der Dalai Lamas betrifft, meint Ceyang, dass die Mehrheit der Forscher die Verdienste des 5. Dalai Lama und seine Beiträge zur tibetischen Geschichte würdige, dagegen aber dem 3. und 4. Dalai Lama zu wenig Aufmerksamkeit schenke. Neben ihren Unterrichtsverpflichtungen besucht sie häufig den Potala-Palast und andere Stätten, um die zahlreichen buddhistischen Schriften und historische Materialien zu untersuchen. Zugleich befragte sie immer wieder ältere Leute und erfuhr so Daten und Fakten aus erster Hand. Das nutzte Ceyang in einer Reihe wissenschaftlicher Arbeiten, die bei in- und ausländischen Tibetologen stark beachtet wurden, darunter Vereinzelte Forschungen über den 3. Dalai Lama Sonam Gyatso und Erforschung der wichtigen politischen Leistungen des 4. Dalai Lama Yontan Gyatso. Viele Informationen, die sie durch Befragung älterer Menschen erhielt, gelten als wertvolle historische Materialien, zumal viele der befragten Personen inzwischen verstorben sind.

Mit ihren wissenschaftlichen Leistungen in der Tibetologie hat Ceyang die Aufmerksamkeit der in- und ausländischen Tibetologen erregt. 1992 wurde sie erstmals eingeladen, zusammen mit dem bekannten Gelehrten Donggar Lobsang Chilai am 6. Internationalen Symposium zur Tibetologie in Norwegen teilzunehmen. Sie trug ihre Untersuchung Erforschung der wichtigen politischen Leistungen des 4. Dalai Lama Yontan Gyatso vor. Dieser Text wurde später neben anderen als wichtiger Beitrag dieses Symposiums ausgewählt. In diesem Werk wurde von Ceyang zum ersten Mal die historische Tatsache nachgewiesen, dass der 4. Dalai Lama Yontan Gyatso seine Einsetzungszeremonie im Zhaibung-Kloster feierte. Vorher waren viele Experten der irrigen Meinung, die Einsetzungszeremonie für den 4. Dalai Lama habe im Razheng-Kloster stattgefunden. Ein bekannter japanischer Tibetologe sagte während des Symposiums zu Ceyang: „Ich will seit langem etwas über den 4. Dalai Lama schreiben. Aber Ihre Forschungsergebnisse machen das überflüssig! Herzliche Glückwünsche zu Ihrer Leistung!“ Viele ausländische Tibetologen fragten Ceyang: „Sie haben in der tibetologischen Forschung überragende Erfolge – wo haben Sie Tibetologie studiert?“ Als sie von Ceyang erfuhren, dass sie in Beijing studiert habe und viele ihrer Lehrer Han-Chinesen gewesen seien, waren alle sehr überrascht.

An jedem dann folgenden Internationalen Symposium für Tibetologie war Ceyang Mitglied der chinesischen Delegation und trug ihre Erkenntnisse vor. Man merkte allmählich sich den Namen Qamwoba Ceyang; viele Institute für Tibetologie und ausländische Universitäten luden sie ein, an ihren Forschungen teilzunehmen oder Vorträge zu halten. Vom November 1995 bis Juni 1996 besuchte sie auf Einladung das Forschungszentrum der Nationalen Akademie der Wissenschaften Norwegens, um bei Forschungen über das Verzeichnis von Ganggyur des Tripitaka mitzuwirken. Während ihres Aufenthaltes in Norwegen machte Ceyang nicht nur in der Tibetologie weitere Fortschritte, sondern verbesserte auch ihre englischen Sprachkenntnisse. Gleichzeitig begann sie mit einem Computer zu arbeiten. Heute ist ihr der Computer ein unentbehrliches Hilfsmittel. 1999 arbeitete sie als Gast an einem Thema zur Frauenemanzipation am Institut für Kulturwissenschaft der Universität Oslo.

1979 kam Ceyang ein zweites Mal zur Weiterbildung an der Zentralen Hochschule für Nationale Minderheiten in Beijing und bestand dort die landesweit einheitliche Hochschulaufnahmeprüfung. Mit ausgezeichneten Noten in der Prüfung wurde sie ins Seminar für alte tibetische Sprache der Hochschule aufgenommen. Dieses Studium dauerte zwei Jahre. Unterrichtet wurde sie von bekannten Gelehrten wie dem Tibetologen Donggar Lobsang Chilai. Mit diesem Studium hatte sich Ceyang eine feste Grundlage für ihre späteren Forschungsarbeiten in der Tibetologie geschaffen.

Ceyang betont oft: „Die Reform- und Öffnungspolitik hat mir alle Chancen gegeben.“

Mit steigendem Bekanntheitsgrad erhielt Ceyang in den letzten Jahren immer häufiger Einladungen in- und ausländischer Universitäten und wissenschaftlicher Fachverbände. Zum Beispiel wurde sie vom Bürgermeister Chicagos zur Teilnahme an der groß angelegten Feier zur Begrüßung des neuen Millenniums eingeladen. Dabei sollen insgesamt 100 Persönlichkeiten aus aller Welt anwesend gewesen sein. Im Jahre 2000 erhielt sie Einladungen zur „internationalen Konferenz über Anthropologie und Völkerkunde im Jahr 2000“, die in Beijing und Hong Kong stattfand, und zur „Konferenz für die groß angelegte Erschließung der westlichen Gebiete Chinas und die tibetologische Forschung“; ferner wurde sie von der Konferenz über Tibetologie, die 2001 in England veranstaltet wurde, und von mehreren bekannten Universitäten im Ausland eingeladen. Um nicht ihre Unterrichtsstunden an der Universität Tibet zu versäumen, folgte Ceyang allen oben erwähnten Einladungen jedoch nicht und nahm viele andere Gelegenheiten für Studienreise nicht wahr.

Heute ist Ceyang von der Erforschung des Lebens tibetischer Frauen fasziniert. Über die ursprüngliche Intention der Frauenforschung sagt Ceyang: „Dafür muss ich mich bei meinen Studenten bedanken, denn sie haben mir die Augen dafür geöffnet.“ In einer Unterrichtsstunde stellte ein Student Ceyang die Frage, warum in der tibetischen Geschichte außer Tsanpos, Königen und Lamas die Rolle der Frauen nie erwähnt wird. Diese Frage machte Ceyang nachdenklich. Sie fasste den festen Entschluss, über tibetische Frauen zu forschen. Heute ist ihre Forschungsarbeit in vollem Gang.

Nachdem Ceyang viel gelesen und ihr Thema mit unermüdlichem Fleiß erforscht hatte, zog sie den Schluss, dass tibetische Frauen sehr wohl wichtige Beiträge zur Entwicklung der tibetischen Geschichte, Kultur und Produktivkräfte geleistet haben. Von 1989 bis 2001 schrieb sie eine Reihe von Aufsätzen über tibetische Frauen, darunter Über die Königin Ximolho der Tubo-Dynastie, Tibetische Frauen und traditionelles Bildungswesen und Stellung und Funktion der Frauen der Oberschicht im traditionellen Bildungswesen. Diese drei Beiträge wurden auf dem 7., 8. und 9. Internationalen Symposium zur Tibetologie in Österreich, den USA bzw. den Niederlanden vorgetragen. Ceyang wurde deswegen von einigen Hochschulen und akademischen Institutionen in England und Frankreich eingeladen.

Im Artikel Über die Königin Ximolho der Tubo-Dynastie stellte Ceyang fest, dass Ximolho, eine hervorragende tibetische Frau, bei der Eheschließung der Prinzessin Jincheng der Tang-Dynastie und des Tubo-Tsanpos Xide Songtsan eine wichtige Rolle gespielt und darum zur weiteren Verstärkung der Kontakte zwischen Tibet und dem Landesinneren beigetragen hat. In diesem Artikel äußerte Ceyang einige Auffassungen, die nie zuvor so geäußert wurden.

Ceyang wies darauf hin, dass im alten Tibet, einer feudalen Gesellschaft des Systems der Leibeigenschaft, schriftlich festgelegt wurde, dass Frauen nicht an den Regierungsgeschäften teilnehmen dürfen. So konnten Frauen ihre Klugheit und Weisheit nicht zur Geltung bringen. Trotzdem kamen in der tibetischen Geschichte mehrere hervorragende Frauen vor. Gewöhnlich hatten die Frauen nicht nur die harte Hausarbeit zu bewältigen, sondern waren auch für die Erziehung ihrer Kinder verantwortlich. Ceyang erzählt: „Meine Mutter ist dafür ein gutes Beispiel. Sie ist Tochter des bekannten Adligen Zhamdong Jigmei Gyamco. In ihrer Kindheit besuchte sie eine Schule in Indien. Sie besitzt ziemlich gute englische und tibetische Sprachkenntnisse und versteht auch Chinesisch. Sie war meine erste Lehrerin.“

Um mehr Menschen zu Forschungen über Frauen in Tibet zu ermuntern und junge tibetische Frauen zu ermutigen, sich unermüdlich emporzuarbeiten, hat sich Ceyang aktiv an der Vorbereitung und Gründung eines Instituts zur Frauenforschung an der tibetologischen Fakultät der Universität Tibet beteiligt. Dieses Institut wurde im Norvember 2002 offiziell gegründet und ist landesweit das erste Forschungsinstitut seiner Art. Dort arbeiten sieben bekannte in- und ausländische Tibetologen und acht Tibetologinnen. Ceyang und Doktorin Hanna Havnevik von der Universität Oslo sind die bekanntesten Wissenschaftlerinnen am Institut. Das erste Forschungsthema „Geschlechts- und Frauenforschung in der tibetischen Kultur“ hat das Ziel, mehr junge Lehrkräfte auszubilden und mehr Frauen dafür zu gewinnen, an Forschung und Austausch im Bereich Tibetologie teilzunehmen.

 
Adresse: Baiwanzhuang Dajie 24, Beijing, VR China
Postleitzahl: 100037
Fax: 010-68328338
Website: http://www.chinatoday.com.cn
E-mail: chinaheute@chinatoday.com.cn
Copyright (c) China Today, All Rights Reserved.