Tibets
Kunst (2)
Darstellungskunst
Tanz und Gesang
Die tibetische Nationalität zeichnet sich durch hohe künstlerische
Begabung für Tanz und Gesang aus.
Die volkstümlichen Tänze und Gesänge
sind je nach Region verschieden. Sehr
bekannt ist der Trampeltanz, bei dem
Tänzer Arm in Arm im Kreis tanzen
und durch Trampeln den Takt angeben;
auf dem Land ist auch der Gorshie-Tanz
weit verbreitet, der unter Begleitung
von Gesang auch im Kreis getanzt wird.
Beim lustigen Duishie-Tanz gibt der
Tritt der Tänzer den Takt an. Neben
diesen Tänzen gibt es noch den vornehmen
Shiangma-Tanz, eine Art Hoftanz, bei
dem aber Gesang im Vordergrund steht.
Ferner gibt es noch den rhythmischen
Dashie-Tanz, ein Kreistanz, der vor
allem im Waldgebiet verbreitet ist.
Der Gorcho-Tanz wird in ländlichen
und Weidegebieten gern mit grazilen
Bewegungen getanzt. Beim Reba-Tanz
werfen die Tänzerinnen im Takt ihre
langen Ärmel in die Luft und lassen
kleine Glöckchen ertönen. Der Semacho-Tanz
und der Choshie-Tanz sind Trommeltänze.
Mit Trommelschlägen wird der Takt
angegeben. Der erstere ist vor allem
in Osttibet, der letztere im Mittelteil
Tibets verbreitet. Außerdem kennt
man noch den Leshie-Tanz, bei dem
der Arbeitseifer besonders zum Ausdruck
kommen soll. Nicht zu vergessen ist
der „Göttertanz“, der an eine Pantomime
erinnert. Zu erwähnen ist der aus
westlichen Regionen jenseits der Großen
Mauer eingeführte Hoftanz. Der Gruppentanz
im Kreis ist in Osttibet ebenso verbreitet
wie in Südtibet, obwohl er dort anders
genannt wird. Ein weit verbreiteter
volkstümlicher Tanz ist der Chuo-Tanz,
ein Gruppentanz im Kreis. An diesem
Tanz nehmen wenigstens fünf bis sechs
Personen, besser aber einige hundert
teil. Die Tanzbewegungen sind flink
und abwechslungsreich. Beim Trommel-
und Glöckchentanz tragen die Tänzer
prächtige Trachten und eine größere
Trommel. Sie stampfen im Rhythmus
vorwärts und rückwärts. Bei anderen
Tänzen werden Bewegungen aus dem Arbeitsalltag
nachgeahmt: Saat ausbringen, Gras
zupfen, Ernten, Melken und Buttern.
Häufig wird beim Tanz und Gesang improvisiert.
Bemerkenswert sind zwei Gesangsformen:
die eine ist der Wechselgesang, bei
dem eine Gruppe von Männern und eine
Gruppe von Frauen abwechselnd so lange
im Wettstreit singen, bis eine gewinnt.
Die andere ist ein Begleitgesang,
der häufig bei Spielen verwendet wird.
Das Wettstreitsingen ist in Tibet
vor langer Zeit entstanden und kann
die verschiedensten Themen behandeln.
Manche Gelehrte ordnen die tibetischen
Tänze in vier Kategorien: in volkstümliche,
religiöse, Hoftänze und Operntänze.
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Tibetische Operkunst
Die tibetische Oper hat sich auf der Grundlage volkstümlicher
Gesänge und Tänze entwickelt und ist
eine der ältesten Operarten in der
Opernkunst Chinas. Natürlich ist das
zugleich auch ein Schatz der traditionellen
tibetischen Kunst. Die Themen der
tibetischen Opern stammen meist aus
volkstümlichen Überlieferungen und
religiösen Geschichten. Die wichtigsten
nennt man „acht große Opernstücke
Tibets“. Die Opern sind eine Mischung
aus Rezitation, Gesang und Tanz. Es
werden Geschichten erzählt oder in
einer Art Bänkelgesang solistisch
oder im Chor vorgetragen. Die Schauspieler
tragen prächtige Trachten, verschiedene
Masken und verwenden diverse Requisiten.
Die Masken haben eine symbolische
Bedeutung. Es gibt in der tibetischen
Oper zwei große Schulen: Die eine
verwendet häufig weiße Masken, die
andere blaue. Die traditionelle Oper
kennt keine strenge Vorschrift für
den Aufführungsort. Auf fast jedem
einfachen Gelände kann sie aufgeführt
werden. Opernaufführungen sind überall
sehr beliebt, auch wenn die Requisiten
oft sehr einfach sind. Immer wenn
ein Fest zu feiern ist, wird eine
tibetische Oper aufgeführt. Eine Aufführung
ist unverzichtbar für das Gelingen
der Feier. Beim Shoton-Fest steht
beispielsweise die Opernaufführung
im Mittelpunkt. Die sehen sich alle
mit Begeisterung an. Die tibetische
Oper hat heute wesentlich reichere
Inhalte als früher. Die Darstellungskunst
hat sich vervollkommnet. Auch die
kunstvoll gestalteten Kulissen und
die Beleuchtung haben zur Entfaltung
dieser großen Kunst beigetragen. Viele
neu bearbeitete oder neu geschaffene
Opern werden von einheimischen wie
ausländischen Zuschauern laut bejubelt.
Tibetischer Bänkelgesang
Der tibetische Bänkelgesang ist in der Bevölkerung beliebt
und weit verbreitet. Es gibt so genannte
komische Monologe und Dialoge. Sie
werden zum Teil von Instrumentalisten
begleitet. Der längste Heldenepos
der Welt, König
Gesar ist als volkstümlicher Bänkelgesang
weit verbreitet. Das Epos entstand
im 11. Jahrhundert und wurde in der
folgenden Zeit immer wieder erweitert,
wodurch dann eine Reihe von Heldenfiguren
mit König Gesar an der Spitze entstanden,
die mutig und geschickt gegen die
Kräfte des Bösen kämpften. Das ganze
Werk ist großzügig angelegt, hat eine
gar wundersame Handlung, eine kunstvolle
Sprache und eine klare Thematik. In
diesem Werk ist die Wirklichkeit des
gesellschaftlichen Lebens im tibetischen
Altertums festgehalten. Seit jeher
ist das Heldenepos bei der Bevölkerung
sehr beliebt. An verschiedenen Orten
werden die Geschichten von Künstlern
vorgetragen, die sich ganz auf dieses
Epos spezialisiert haben. Im Laufe
der Jahrhunderte sind zahlreiche Varianten
des König Gesar entstanden und kursieren in
verschiedenen Abschriften. In China
wurde sogar ein spezielles Institut
eingerichtet, das für die Erforschung,
Bearbeitung, Übersetzung und Veröffentlichung
zuständig ist.