Sinologie in
China
Von
Katharina Schneider-Roos
Das Symposium
Das erste in China durchgeführte
internationale Symposium zur Geschichte
der deutschsprachigen Sinologie fand vom
zweiten bis fünften Dezember 2005
an der Fremdsprachenuniversität Beijing
statt. Anlass dazu bot die Übersetzung
des 1999 publizierten Werkes von Helmut
Martin (damals Prof. für Sprache
und Literatur Chinas, Fakultät für
Ostasienwissenschaften der Ruhr-Universität
Bochum) und Christiane Hammer: Chinawissenschaften
- Deutschsprachige Entwicklungen: Geschichte,
Personen, Perspektiven ins Chinesische.
Organisiert wurde das Symposium vom Forschungszentrum
für Sinologie in Übersee der
Fremdsprachenuniversität Beijing
(Prof. Zhang Xiping und Dr. Li Xuetao)
gemeinsam mit dem Institut für Chinawissenschaften
der Universität Erlangen-Nürnberg
(Prof. Dr. Michael Lackner) und dem Institut
für Literaturwissenschaft der Volksuniversität
Chinas (Prof. Dr. Yang Huilin). Die deutsche
Sinologie war u. a. vertreten durch Prof.
Dr. Helwig Schmidt-Glintzer aus Wolfenbüttel
und Prof. Dr. Thomas Heberer, Beiträge
zur österreichischen und schweizerischen
Sinologie fehlten an der Tagung. Manche
chinesische Vortragende widmeten sich
dem China-Bild der Deutschen, wie z. B.
Prof. Dr. Li Wenchao (Leibniz) und Dr.
Na Wei (Heidegger), wohingegen die deutschen
Sinologen sich eher auf die eigene Disziplin
konzentrierten, die laut Schmidt-Glintzer
noch immer "ein Kind des neunzehnten
Jahrhunderts ist".
Ein derartiges Symposium steht unter
verschiedenen Vorzeichen. Einerseits ist
es an der Zeit, dass sich diese Studienrichtung
ihres alten Kleides entledigt und Innenschau
hält. Die Ansprüche an die Sinologie,
an Experten für die chinesische Kultur,
haben sich gewandelt. Veränderungen
unterworfen sind auch die Umstände
für Chinas Nachdenken über sich
selber. Je größer sein Einfluss
auf die Welt wird, desto mehr wird sich
das Land mit dem Bild befassen müssen,
das sich die anderen von ihm machen. Außerdem
steht dieses Symposium im Kontext des
wissenschaftlichen und kulturellen Austausches
generell. Prof. Dr. Thomas Fröhlich
von der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg meint dazu: "Es
ist wichtig, dass man sich in China mit
der Geschichte der europäischen Sinologie
auseinander setzt. Das Wissen darüber
ist die Basis für zukünftige
Dialoge. Es ist von Vorteil, wenn man
seinen Dialogpartner und seine Fachtradition
kennt. Dadurch lassen sich Missverständnisse
vermeiden."
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Das Buch und seine Übersetzung
Der übersetzte Konferenzband, der
anlässlich der achten Jahrestagung
der Deutschen Vereinigung für Chinastudien
(DVCS) herausgegeben wurde, beleuchtet
die Geschichte und Entwicklung der deutschsprachigen
Chinaforschung. Im Mittelpunkt stehen
dabei neuere Untersuchungen zur Chinaforschung
während der Nazizeit, in der DDR
und während der Studentenbewegung
der 60er und 70er Jahre. Auch die Rolle
der deutschen Sinologie im internationalen
Vergleich wird neu bewertet. In der Übersetzung
wurden die Teile über die österreichische
und Schweizer Sinologie ausgelassen. Sie
sollen in eigenen Bänden herausgegeben
werden.
In seinem Vorwort gibt Martin eine gedrängte
Übersicht zur Lage der Chinawissenschaften
in Deutschland, sieht sie im internationalen
Vergleich, behandelt Emigration, DDR,
Studentenbewegung, die Polarität
Taiwan/Volksrepublik in Hinsicht auf die
Sinologie in beiden deutschen Staaten,
erwähnt die Situation chinesischer
Sinologen in Deutschland, nennt die regionalwissenschaftlichen
Zentren, diskutiert Übersetzungen
und schließt mit Bemerkungen zu
Stand und Perspektiven der Disziplin.
Die Übersetzung dauerte drei Jahre
lang und stellte sich als schwieriges
Unterfangen heraus. Verschiedene Übersetzer
wechselten sich ab, da einerseits die
Finanzierung problematisch war und es
sich andererseits als nicht einfach herausstellte,
den kritischen Augen der sinologischen
Autoren zu genügen. Umso mehr gilt
es, den Herausgebern und der Elephant
Press (Daxiang Chubanshe, Zhengzhou) zu
danken, die sich dieses großen und
umfangreichen Werkes angenommen und damit
auch einen Teil zum zwischenkulturellen
Verständnis beigetragen haben.