Die goldenen Tage der chinesischen Ölmalerei

 

Von Zeng Lian

 

Bei der Auktion des Auktionshauses China Guardian im letzten November erzielte das chinesische Ölbild Mao Zedongs Inspektion des ländlichen Guangdongs von Chen Yanning den bisher höchsten Preis, nämlich unglaubliche 10,12 Millionen Yuan.

Der Wert zeitgenössischer chinesischer Ölmalerei steigt

Die Herbstauktion von China Guardian erzielte insgesamt 130 Millionen Yuan durch den Verkauf von 201 chinesischen Ölgemälden und Skulpturen. Unter den 30 Malern, deren Werke die höchsten Preise erzielten, waren die Künstler der realistischen Schule Chen Yifei, Ai Xuan und Yang Feiyun, ihre Werke wurden um nicht weniger als 1 Million Yuan pro Stück verkauft.

Seit den späten 90er Jahren bilden die Bilder von Chinas achtzehn etablierten realistischen Künstlern den Hauptteil der Werke, die am meisten von der jüngsten Generation von Kunstsammlern gekauft werden. Das Geschick eines solchen Malers namens Long Liyou (47) zeigt den steigenden Bedarf für Ölbilder der realistischen Schule. Sein Werk Der schreitende Mann wurde bei einer Auktion von China Guardian 1994 um damals schon respektable 99 000 Yuan (2000 US-Dollar) verkauft, erzielte aber 2004 beachtliche 352 000 Yuan – eine 250-prozentige Wertsteigerung in nur einer Dekade. Dieser Sprung stellt die 53-prozentige Steigerungsrate des New Yorker Auktionsmarkts während derselben Periode in den Schatten, wie von einem französischen Marktforschungsunternehmen berichtet wurde.

Im Frühling 1994 hielt China Guardian seine erste Auktion ab, bei der 50 chinesische Ölbilder verkauft wurden, die einen Gesamtpreis von 1,96 Millionen Yuan (239 000 US-Dollar) erzielten. Doch im Herbst des gleichen Jahres erzielten weitere 50 Ölgemälde 6,2 Millionen Yuan. Ein Werk von Chen Yifei, das ursprünglich auf 600 000 - 800 000 Yuan geschätzt worden war, wurde für noch nie dagewesene 2,86 Millionen Yuan verkauft.

Während der acht folgenden Jahre veränderten sich die Auktionspreise für zeitgenössische Ölbilder nicht stark. Zwischen 1995 und 2002 erzielte China Guardian Geschäftsabschlüsse von vier bis acht Millionen Yuan. Währenddessen versuchten einige Auktionshäuser, auf den Markt zu gehen, doch sie stiegen wieder aus, oder reduzierten das Ausmaß der Auktionen von Ölbildern, laut Gao Yuan, Managerin der Abteilung für Ölbilder von China Guardian. Gao Yuan bestätigt, dass damals China Guardian das einzige Auktionshaus war, das sich behaupten konnte. Sein Ziel war es, „... den Markt für Ölgemälde zu konsolidieren und das Vertrauen der Künstler und Sammler zu erwecken.“

Die Ausdauer machte sich bezahlt. Gao Yuan erklärt: „Nachdem das Geschäft 2003 zugenommen hatte, wurde der Auktionsmarkt der Ölgemälde 2004 wirklich sehr lebhaft.“ Die  Spezialauktion zum 10. Jahrestag von China Guardian im Juli 2003, bei der die Geschäftsabschlüsse 20 Millionen Yuan erreichten, gilt als Markstein für den zweiten Aufschwung im zeitgenössischen chinesischen Ölgemäldemarkt. 2004 überschritten bei der Frühlingsauktion von China Guardian die Geschäftsabschlüsse von Ölbildern 20 Millionen Yuan und näherten sich bei der Herbstauktion 40 Millionen Yuan an.

Zahllose Auktionshäuser interessierten sich angeregt durch den wiederbelebten Markt für zeitgenössische chinesische Ölmalerei wieder für Ölbilder, darunter waren Beijings Hanhai und Rongbao und Shanghais Chongyuan und Duoyunxuan. Der Gesamtmarkt in Beijing, Guangzhou und Hong Kong wurde aber erst durch die Geschäftsabschlussrate von 93 Prozent bei der Frühlingsspezialauktion von China Guardian, die insgesamt schwindelerregende 76,99 Millionen Yuan ausmachte, durchgeschüttelt. Bei der Shanghaier Auktion von Chongyuan wurde Chen Yifeis Mädchen mit Cello um 5,5 Millionen Yuan verkauft, womit er den Rekordverkauf seines Bildes Sonnenbeschienene Tage bei der China Guardian Frühlingsauktion um 4,4 Millionen Yuan, überbot.

Einige Beobachter glauben, dass Manipulationen durch den Börsen- und Immobilienmarkt hinter dem jetzigen Boom im Ölbilderauktionsmarkt stehen. Der Geschäftsführer von Artron.net, Jiang Wei, gibt zu: „Es kann sein, dass es Manipulationen gibt, die den Markt beeinflussen. Aber meiner Meinung nach sind Auktionen ein Hauptindikator für das kommerzielle Verhalten innerhalb des Kunstmarktes und folglich auch für die am meisten geschätzten Kunstwerke.

Die heutige Sammlergeneration

Jiang Wei zählt einige Gründe auf für das vor kurzem wieder aufgelebte Interesse an Ölbildern. Einer ist, dass die Fülle an gefälschten traditionellen chinesischen Gemälden, die sich in Umlauf befindet, die Schätzung des Wertes für die heutigen Sammler zu einer langwierigen und anspruchsvollen Aufgabe macht. Es besteht ein viel geringeres Fälschungsrisiko bei zeitgenössischen Ölbildern. Man muss auch in Betracht ziehen, dass ein Künstler kaum mehr als zehn Gemälde pro Jahr produzieren kann. Die limitierte Verfügbarkeit macht Ölbilder nur umso begehrter. Dieser „Ölgemäldeboom“ kann auch auf die große Anzahl der chinesischen Sammler in der Kunstszene zurückgeführt werden, die im Westen studiert haben und einen sachkundigen Hang zu westlicher Kunst haben. Diese Heimkehrer investieren gerne in Bilder.

Li Da, Geschäftsführer des Auktionshauses Beiijng Poly ist sich sicher, dass dieser Aspekt den Hauptgrund ausmacht für die enormen Summen, die heute für Ölbilder gezahlt werden. Er meint: „Sammler, die in den 60er und 70er Jahren geboren wurden und im Ausland studiert haben, sind eine finanzstarke Gruppe. Ihnen fehlt vielleicht der klassische Hintergrund, der sie befähigt, die Schönheit der klassischen chinessichen Malerei zu bewundern, aber durch ihre Erfahrungen als Auslandsstudenten können sie problemlos ein gutes Ölbild erkennen.“

Preise werden sowohl durch die Kunstkreise als auch durch den Markt bestimmt, sagt Gao Yuan von China Guardian, besonders gilt das für realistische Werke in Öl. Sammler, Kunstmakler und Kunstgalerien erwerben sie und machen sie dadurch zu einer nie dagewesenen florierenden Fassette des Kunstmarktes.

1998 sagte Gao Yuan voraus: „In den nächsten Jahren wird eine gewisse Anzahl von gerissenen Zwischenhändlern und Kunstmaklerfirmen in China auftauchen, und Kunsthandel wird in China so normal werden wie im Westen.“ Ihre Voraussage hat sich als richtig erwiesen.

Der langjährige Ölbildersammler Li Guosheng hat aus seiner Leidenschaft einen Beruf gemacht. Er war derjenige, der bei der China Guardian-Auktion 1994 2,86 Millionen Yuan für die Ölbilder des realistischen Malers Chen Yifei zahlte. Li gab seine Karriere bei einer Investmentfirma 2002 auf, um die Beijing Huanbitang Kunstgalerie und Kunstfirma zu gründen. Er unterschrieb Verträge mit 15 Ölmalern, die in den 60er und 70er Jahren geboren wurden, wie Xia Junna und Yin Chaoyang, deren Werke in China und im Ausland sehr gefragt sind.

Li Guosheng erklärt: „Ich hatte immer eine besondere Vorliebe für Ölbilder. Im Grunde genommen kaufte ich keine anderen Bilder, nachdem ich 1994 in den Auktionsmarkt einstieg. Einige Jahre später war der Wert der klassischen chinesischen Bilder, die meine Freunde erworben hatten, um das zig-fache gestiegen, doch der Wert meiner Ölbilder blieb ungefähr gleich. Ich ließ mich nicht entmutigen sondern beschloss, die Situation zu ändern. Deshalb wechselte ich vom Wertpapierverkauf zum Kunsthandel.“

2001 lernte Li Guosheng den jungen Künstler Yin Chaoyang kennen, der zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Bild verkauft hatte. Seine Ölserie Verschwindende Jugend beeindruckte Li sehr stark. Er zahlte 500 000 für dreizehn von Yins Gemälden und drängte Yin dazu, Teile dieser Summe in eine Einzelaustellung im Chinesischen Nationalmuseum der Schönen Künste zu investieren. Die Ausstellung war ein großer Erfolg. Der Auktionskatalog für Ölbilder und Skulpturen 2005 von China Guardian führte Yin Chaoyangs Ölgemälde Der Held verschwindet mit einem Anfangspreis von 580 000 – 780 000 Yuan an.

Li Guosheng betont, dass eine Kunstgalerie mehr ist als nur ein Ort, an dem man Bilder kaufen kann, da sie auch den Markt für bildende Kunst fördert. Deshalb sollte sie auch die Einschätzung des Marktes und standardisiertes Management beinhalten. Er sagt: „Ein ernstes Problem des chinesischen Kunstmarktes ist der Mangel an Abgrenzung. Jeder Aspekt – Museen, Gallerien, Auktionshäuser, Kritiker und Künstler – sollte seine spezifische Aufgabe und die dazugehörige Verantwortung haben.“ Für Li ist es kurzsichtig, den Boom im chinesischen Ölmalereimarkt der Manipulation von Fonds, die von anderen Märkten ausströmen, zuzuordnen, da der allgemeine wirtschaftliche Fortschritt offensichtlich der Hauptgrund dafür ist. Er gibt aber zu, dass es eine starke Zunahme von Kunstsammlern auf dem Kunstmarkt gibt, die auf Investition spezialisiert sind, zeitgenössische Konzepte der Kunstinvestition verstehen und einen dementsprechend größeren Horizont haben, als jene mit rein künstlerischem Hintergrund. Li Guosheng ist überzeugt, dass das Großkapital auf dem Kunstmarkt den Zukunftstrend darstellt. Er fasst zusammen: „Finanzen in der Kunstwelt sind keine Form der Manipulation, sondern ein Vermittlungsträger zwischen Kapital und neuen Konzepten, die helfen, die Wertschätzung der schönen Künste auf einer breiteren Basis zu schaffen.“

 
Adresse: Baiwanzhuang Dajie 24, Beijing, VR China
Postleitzahl: 100037
Fax: 010-68328338
Website: http://www.chinatoday.com.cn
E-mail: chinaheute@chinatoday.com.cn
Copyright (c) China Today, All Rights Reserved.