CRAZY STONE bringt Ning Hao ins Rampenlicht
Von Zhang Xueying
Der jüngste Streifen von Ning Hao, einem jungen chinesischen
Regisseur, schlägt große Wellen sowohl in der Presse
als auch an der Kinokasse. Schon jetzt hat der Film 31 Millionen
Yuan eingespielt, davon allein 16 Millionen nur in Beijing.
Nachdem Ning Hao fünf Jahre an mehr oder weniger abseitigen
Filmen gearbeitet hat, betritt er mit diesem Film das Rampenlicht.
Schon sein erster Film Thursday, Wednesday, den er
2001 an der Beijinger Filmakademie drehte, brachte ihm die Auszeichnung
als Bester Regisseur beim Beijinger Studentenfilmfestival
ein. Und genauso erfolgreich ging es für Ning weiter: Sein
Debüt Incense gewann 2003 den Großen Preis
bei der Filmex in Tokio und 2004 wurde sein Film Mongolian
Ping Pong auf der Berlinale in Berlin sowie auf dem Hongkonger
Filmfestival gezeigt. Dieser Film wurde obendrein noch als Bester
Asiatischer Film auf dem Filmfestival in Shanghai ausgezeichnet.
Trotz all der Lorbeeren für seine Filme gesehen hat
sie in China fast niemand. Immer weniger Investoren sind bereit,
in anspruchsvolle Filme jenseits von Special Effects und international
bekannten Stars zu investieren. Um seinen künstlerischen
Ehrgeiz zu befriedigen, war Ning gezwungen, Kurzfilme für
MTV zu drehen.
Das System für Vertrieb und Veröffentlichungen
von Filmen ist auf dem chinesischen Festland viel zu unflexibel,
sagt Ellen Eliasoph, Präsidentin von Warner Bros Pictures
in China. Die meisten Filme, die in China gezeigt werden,
sind Multi-Millionen Dollar schwere Produktionen, die es den Low-Budget-Filmen
schwer machen, aufzufallen oder überhaupt überleben
zu können. Im Jahr 2005 wurden nur 70 von 260 in China
produzierten Filmen in chinesischen Kinos gezeigt und nur
ungefähr ein Dutzend hat überhaupt Gewinn abgeworfen.
Im Falle von Crazy Stone übernahm Warner Bros
die Doppelfunktion als Investor und Vertrieb. Wir haben
uns für diesen Film entschieden, sagt Ellen Eliasoph,
weil sowohl sein Humor als auch die handelnden Personen
einfach unwiderstehlich sind.
Der schwarze Humor des Films soll angeblich so lustig sein, dass
die Zuschauer die ganze Zeit nicht aus dem Lachen herauskommen.
Gut, das mag übertrieben sein, aber richtig ist, dass der
Film ein großes filmbegeistertes Publikum angezogen hat.
Dieser Low-Budget-Film hat es tatsächlich geschafft,
die Standard-Hollywood-Blockbuster bei den Fans zu überholen.
Und das nur durch seinen chinesischen Humor, sagt Hao Jian,
ein Professor an der Beijinger Filmakademie, und ergänzt:
Er erzeugt aus Dialogen und einem Schuss Slapstick einen
sehr komischen Effekt. Darüber hinaus, sagt Hao, sei
auch die Handlung von Crazy Stone sehr lustig.
Seinen Namen erhielt der Film von einem Jadestein, der in einer
Fabrik gefunden wurde, die finanziell schon etwas angeschlagen
ist. Der Spaß beginnt, als sich der Boss dazu entschließt,
den Stein bei einer Auktion anzubieten, um ausstehende Gehälter
zu bezahlen. Ein Immobilienmakler hat aber ganz eigene Pläne
mit dem Stein und heuert einen bekannten Gangster aus Hongkong
an, um den Stein zu stehlen. Schließlich gehört ihm
die Fabrik, in der der Stein gefunden wurde. Außerdem wollen
noch drei weitere Kleinkriminelle den Stein unter der Nase der
Sicherheitsmänner entwenden.
Was die Charaktere durchmachen und ihr unerschütterlicher
Optimismus drücken die immer weiter laufende und flüchtige
Art des Lebens aus. Wir leben eben in einer verrückten
Welt, sagt Ning. Jeder Mensch in unserer Gesellschaft
denkt nur daran, sein Ziel zu erreichen. Dabei passiert es häufig,
dass gerade diejenigen, die hart arbeiten und etwas im Kopf haben,
die wirklich großen Gelegenheiten im Leben verpassen.
Bei einigen Einstellungen lässt sich klar der Einfluss von
Hollywood-Blockbustern feststellen genau die Art von Filmen,
mit denen Crazy Stone um das Publikum konkurriert.
In einer Sequenz seilt sich der Gangster aus Hongkong ab, um den
Jadestein zu stehlen, und zitiert dabei die berühmte Szene
aus Mission Impossible mit Tom Cruise. Allerdings
hat der Seilhändler dem Gangster ein zu kurzes Seil verkauft.
Der Meisterdieb aus Hongkong baumelt also hilflos etwa einen Meter
über dem Objekt seiner Begierde, nicht in der Lage, den Stein
auch nur zu berühren.
In einer anderen Szene jagt ein Sicherheitsbeamter einen Bösewicht
mitten durch ein typisch traditionelles chinesisches Festival.
Das Schlagen der Trommeln und Gongs bildet die perfekte Geräuschkulisse
für dieses Räuber-und-Gendarm-Spiel. Die Szene drückt
beeindruckend aus, wie die gegenwärtige und traditionelle
chinesische Kultur nebeneinander existieren können und sich
organisch kombinieren lassen.
Ich freue mich darauf, in Zukunft noch innovativer sein
zu können in meinen Filmen, sagt Ning auf die Frage
nach seinen zukünftigen Plänen. Der Großteil
meines Teams ist, genau wie ich, in seinen 20ern. Niemand
sei reich, sagt er weiter, also könne es sich auch niemand
von ihnen leisten, in Luxus-Hotels zu wohnen. Echte Befriedigung
bekommen wir stattdessen daraus, uns eine lustige Geschichte auszudenken
oder einen Dialog, der Zuschauer zum Lachen bringt.
Viele, die mit Ning Hao gearbeitet haben, sind von seinen innovativen
Ideen und seiner Fähigkeit begeistert, die wirklich komischen
Momente im Leben herauszufiltern und auszudrücken. Es war
dieses offensichtliche Talent, welches das Interesse von Warner
Bros. weckte und sie schließlich investieren ließ.
Der Medienkonzern hat zudem bereits signalisiert, auch sein nächstes
Filmprojekt Crazy Race Car zu finanzieren, dessen
Kosten bei rund 20 Millionen Yuan liegen werden. Warner Bros.
will zudem in Kürze eine DVD-Sonder-Edition mit Nings drei
Filmen Crazy Stone, Incense und Mongolian
Ping Pong herausgeben.
Doch es gibt auch Kritik an Nings Arbeit: Ein Problem in seinen
Filmen, auch seinem letzten Werk, war, dass sie oft sehr einfach
produziert wirkten. Zudem sind die Dialoge in Crazy Stone
im Chongqing-Dialekt gedreht und die Orte der Handlung liegen
fernab von industriellen und kulturellen Zentren. Hinzu kommen
Zweifel, ob Ning Hao seinen lockeren Regie-Stil beibehalten kann,
wenn er jetzt immer bekannter wird. Doch egal, was man von ihm
hält, dieser junge chinesische Regisseur hat sich in das
Zentrum der chinesischen Film-Industrie hinauf gearbeitet. Sowohl
einheimische als auch internationale Filmkreise sind auf ihn aufmerksam
geworden. Einige fragen sich gar schon: Wird er der nächste
Zhang Yimou? Das wird nur die Zeit zeigen.
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