12/2005
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Sparen durch die Anwendung von Wissenschaft und Technik

Von Lu Rucai

"Jeder verbraucht täglich einen Tropfen weniger Wasser und eine kWh weniger Strom" - so lautete die Spar-Parole in China, die vor einigen Jahren ausgegeben wurde. Mittlerweile ist Sparen mittels wissenschaftlicher und technischer Fortschritte gang und gäbe, was parallel zu "mehr Einsparen und weniger Verbrauchen" große Fortschritte im Bereich der Ressourcenschonung bedeutet. Dabei ist "mehr Einsparen und weniger Verbrauchen" eine Methode, welche vor allem bei den Stadtbewohnern und hierbei insbesondere bei den jüngeren Anklang findet.

Energie- und wassersparende Produkte sind die neuen Favoriten auf dem Markt

Zurzeit verbringen Han Lu und seine Frau die meiste Freizeit in Bau- und Haushaltsgerätemärkten. Grund dafür: Sie sind gerade mit der Einrichtung ihrer neu gekauften, 140 m2 großen Wohnung beschäftigt. Beim Einkauf neuer Produkte liegt ihr Hauptaugenmerk darauf, im späteren Leben möglichst viel zu sparen, beispielsweise alltägliche Ausgaben wie die Gebühren für Wasser und Strom zu reduzieren.

So ist es dem jungen Ehepaar eine Freude zu sehen, dass die meisten elektrischen Haushaltsgeräte und Produkte fürs Badezimmer, wie Kühlschrank, Klimaanlage, Wasserboiler, Spülklosett und Wasserhahn, mit einem energie- oder wassersparenden Siegel versehen sind. Doch birgt dies auch Probleme. So sprechen selbst die Verkäufer von zahlreichen unterschiedlichen Energiespar-Begriffen und Definitionen. "Einerseits ist es gut, dass es so viele energiesparende Produkte gibt; andererseits weiß man aber nicht mehr, welche Marke man kaufen soll. Fast jedes Produkt ist mit dem Siegel ,Energiesparender Star' oder ,Wassersparender Prinz' versehen." Das Ehepaar entschied sich schließlich, aus der großen Auswahl eine Klimaanlage der Marke Haier und einen Kühlschrank der Marke Siemens zu kaufen. Grund für die Entscheidung war die Tatsache, dass diese beiden Markenprodukte ihnen in Sachen Energiesparen bereits ein Begriff sind. Bei Spülklosett und Wasserhahn griffen Han Lu und seine Frau nicht auf namhafte Hersteller zurück, da sie hier auch bei anderen Herstellern "mit der ähnlich guten Wassersparwirkung rechnen."

Laut Aussage von Herrn Liu, einem Verkäufer im Lianhuachi-Laden der Dazhong-Geschäftskette für elektrische Haushaltsgeräte, handelt es sich bei den nun auf dem Markt verkauften Haushaltsgeräten überwiegend um energiesparende Produkte, die das Zertifikat vom "Chinesischen Standard-Zertifikationszentrum" erhalten haben. Darin sieht er auch die Hauptursache für die große Nachfrage. Seit am 1. März 2005 das Siegel für Energieeffizienz im Bereich Klimaanlagen und Kühlschränke eingeführt wurde, können beide Produkte nur verkauft werden, wenn sie über ein Label verfügen, welches Auskunft über ihre Einstufung in Sachen Energieeffizienz gibt. Auf diese Weise soll den Konsumenten die Entscheidung beim Kauf energiesparender Produkte erleichtert werden. Zurzeit befinden sich bereits über 40 Klimaanlagen-Hersteller und ca. 40 Kühlschrank-Produzenten auf der staatlichen Prüfliste für Energiesparprodukte. Unterdessen hat die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Generalamt für Qualitätsprüfung die Produktformate und -typen von 16 Klimaanlagenherstellern hinsichtlich ihrer Energieeffizienz mit den Stufen eins oder zwei ausgezeichnet. Statistischen Angaben zufolge belief sich 2004 allein in den ersten fünf Monaten der Anteil von energiesparenden Kühlschränken im Einzelhandel in den landesweit 200 wichtigsten Kaufhäusern auf knapp 40% des Umsatzes des gesamten Kühlschrankverkaufs.

Mit Hilfe staatlicher Unterstützung beschleunigen immer mehr Unternehmen die Entwicklung von energie- und wassersparenden Produkten. Die Gruppe Haier, die Nr. 1 unter den wichtigsten internationalen Marken aus China, hat hierbei eine Vorreiterstellung. Laut Xu Fangqiang, dem Generaldirektor des Haier-Unternehmens für Industrie und Handel in Beijing, verlagert Haier den Schwerpunkt innerhalb seiner Entwicklung, Produktion und des Vertriebs auf die energiesparenden, elektrischen Haushaltsgeräte und setzt sich für eine verstärkte Popularisierung dieser Produkte bei den Konsumenten ein. Die meisten Kühlschränke, Klimaanlagen, Mikrowellen, Wasserboiler, Computer und DVDs von Haier haben mittlerweile das chinesische Zertifikat für Energiesparen erhalten. Die energiesparenden, elektrischen Haushaltsgeräte bedeuten einen neuen Durchbruch für Haier. Xu Fangqiang unterstreicht dies nachdrücklich mit dem Verweis auf die Tatsache, dass Haier es hauptsächlich seinen energiesparenden, elektrischen Haushaltsgeräten zu verdanken habe, Sponsor der Olympischen Spiele 2008 zu werden.

Konsumenten sollten sich verstärkt über energiesparende Produkte informieren

Eine Marktstudie, die von der Zweigstelle des Weltnaturfonds in China vor kurzem angefertigt wurde, zeigt, dass es auf dem chinesischen Markt zwar zahlreiche energiesparende Produkte gibt und gleichzeitig dies jedoch mit der Etablierung zahlreicher verschiedener Energiespar-Labels einhergeht. Dabei handelt es sich unter anderem um "Stufe 1 der europäischen Energieeffizienz", "Kategorie 1 des staatlichen Standards zum Energiesparen", "US-amerikanischer Star zum Energiesparen" oder "Australischer Star zum Energiesparen". Das Problem ist, dass die Energiespar-Labels bisher nicht vereinheitlicht und standardisiert werden. Die Folge: Die meisten Konsumenten sind verwirrt und verlieren in dem Durcheinander von unterschiedlichen Siegeln den Überblick. Die Untersuchung zeigt, dass 70% der Befragten Energiesparen als sehr wichtig einstufen. Allerdings wissen nur wenige von ihnen, was sich hinter den Begriffen "Stufe 1 der staatlichen Energieeffizienz", "Einstufung europäischer Energieeffizienz" oder dem "Bezugswert der Energieeffizienz" (Verhältnis der Kälteleistung und des Stromverbrauchs) verbirgt. Ein Teil der befragten Konsumenten gab deshalb auch offen zu, bei der Anschaffung elektrischer Haushaltsgeräte schlicht über "keine Urteilsfähigkeit" zu verfügen. Das Untersuchungsergebnis stützt die Meinung von Han Lu: "In der Wirklichkeit kümmern sich wir Konsumenten nur darum, wie viel Strom und Wasser mit den sparsamen Produkten gespart werden können. Die Energieeffizienz-Normen und die Stufen sind uns nicht wichtig. Man braucht den Konsumenten nur die genauen Einspar-Zahlen nennen."

Der Bericht Chinesische energiesparende elektrische Haushaltsgeräte und die Marktforschung in Beijing zeigt jedoch, dass für chinesische Konsumenten das "Energiesparen" noch immer hinter Funktion und Preis des jeweiligen Produktes der drittwichtigste Faktor beim Kauf der elektrischen Haushaltsgeräte ist - insbesondere bei Kühlschränken und Klimaanlagen ist dies der Fall. Der Preis spielt bei der Popularisierung energiesparender Produkte stets eine wichtige Rolle. Zurzeit kostet auf dem chinesischen Markt eine energiesparende Klimaanlage ungefähr 2000 Yuan (ca. 200 Euro), eine besonders leistungsfähige gar über 3000 Yuan. Im Vergleich zu den normalen Klimaanlagen liegt der Preis um einige hundert bis tausend Yuan höher. Die an der Untersuchung beteiligten Experten sind davon überzeugt, dass der Bezugswert der Energieeffizienz und die Herstellungskosten sich gegenseitig bedingen. Das heißt, je höher der Bezugswert (z. B. 7,0 oder 8,0) einer Klimaanlage ist, desto teurer ist sie, gleichzeitig ist aber auch die Wirkung beim Energiesparen größer. Was allein die Technik betrifft, können viele chinesische Unternehmen Klimaanlagen mit hohem Bezugswert produzieren, allerdings sind die Preise dann um einige tausend Yuan höher als bei normalen Klimaanlagen. Viele Konsumenten mit geringem Einkommen wählen aufgrund der Preise die normalen Klimaanlagen, obwohl sie über die Vorteile der energiesparenden Produkte sehr gut Bescheid wissen. Experten weisen darauf hin, dass nach dem chinesischen Standard der Bezugswert der Energieeffizienz für Klimaanlagen bei 3,4 statt 7,0 liegt, nur um sicherzustellen, dass so die Preise der energiesparenden Klimaanlagen lediglich um 300-500 Yuan höher liegen als die der normalen. Die ist die einzige Möglichkeit, um energiesparende Produkte noch effektiver popularisieren zu können. Der Standard der Klimaanlagen veranschaulicht dies deutlich: In Europa darf der Bezugswert der Energieeffizienz nicht weniger als 3,2 und in den USA nicht weniger als 2,8 betragen. China hat dem eine Grenze gesetzt. Seit dem 1. März 2005 ist es untersagt, Klimaanlagen mit einem Bezugswert von weniger als 2,6 zu verkaufen.

Zudem zeigt die Studie einen deutlichen Anstieg an energiesparenden Produkten bzw. an Unternehmen, die diese produzieren innerhalb der letzten Jahre. In der Kühlschrankbranche gibt es beispielsweise inzwischen 263 engergiesparende Kühlschranktypen von 17 verschiedenen Marken. Dennoch weiß nur knapp die Hälfte der Konsumenten, dass Haier energiesparende Kühlschränke produziert, gar nur ein Viertel der Käufer kennt die Energie-Sparer von Electrox und Siemens. Die energiesparenden Produkte anderer Hersteller kennen noch wenigere Konsumenten. Das verdeutlicht, dass in den nächsten Jahren von Seiten der Unternehmen und der Gesellschaft noch weitere Popularisierungsarbeit zu leisten ist. Beim Kauf elektrischer Haushaltsgeräte fürchtet die Hälfte der Konsumenten einen "Etikettenschwindel" seitens der Unternehmen. Sie können schlicht nicht einschätzen, ob die angebotenen Produkte wirklich energiesparend sind. Chen Jinhai, Leiter der Abteilung für Energiesparung und Umweltschutz des Shanghaier Wirtschaftskomitees, kennt die Ursache für diese Verunsicherung. Zwar sind energiesparende Lampen stromsparend, oft aber keineswegs geldsparend. Das liegt seiner Meinung nach einerseits am hohen Preis, andererseits - und das ist wohl der wichtigste Grund - gibt es leider auch viele so genannte energiesparende Lampen, die nicht dem Standard entsprechen. Ihre Betriebsdauer ist viel kürzer als die der hochwertigen Energiesparlampen. Deshalb muss man in Zusammenarbeit mit den Behörden für technische Kontrolle die Überwachungs- und Verwaltungsarbeit für energiesparende Produkte kontinuierlich verbessern.

Energiesparung durch die Wissenschaft und Technik steht noch am Anfang der Entwicklung

Yue Zongwen war früher Projektleiter der Abteilung für Energie- und Wassereinsparung des Chinesischen Standard-Zertifikationszentrums (früher das Chinesische Zertifikationszentrum für energiesparende Produkte). Mittlerweile ist er zuständig für die Popularisierungsarbeit im Bereich Energie- und Wassereinsparung. Das Chinesische Standard-Zertifikationszentrum ist die einzige Institution für die Zertifizierung von energie- und wassersparenden sowie umweltfreundlichen Produkten in China. Derzeit arbeitet das Zentrum an einer Lösung des Konsumenten-Problems, dass es keine einheitliche Kennzeichnung für energiesparende Produkte gibt. Ziel ist die Festlegung neuer Energiespar-Labels. Herr Yue dazu: "In China haben meist die Ehefrauen beim Kauf der elektrischen Haushaltsgeräte das letzte Wort, deshalb kann man bei der Festlegung neuer Labels möglicherweise die US-amerikanische Praxis zur Rate ziehen. So soll auf den Labels klar zu erkennen sein, ob ein Produkt energiesparend ist und wie viel genau eingespart wird." Darüber hinaus ist seine Abteilung für eine Vielzahl anderer Aufgaben verantwortlich, so zum Beispiel für die Bekanntgabe der Zertifizierungsinformationen für energie- und wassersparende sowie umweltfreundliche Produkte. Zudem korrigiert diese Abteilung Fehlmeldungen über Energie- und Wasserspar-Methoden seitens der Medien und unterbreitet zu guter Letzt den diesbezüglichen staatlichen Behörden Vorschläge über die Verbreitung von energie- und wassersparenden Produkten.

Da Yues Aufgabenbereich eng mit der Zertifizierung energiesparender Produkte in Zusammenhang steht, informiert er oft seine Verwandten und Freunde über die aktuelle Entwicklung hinsichtlich energiesparender Produkte. Meist stellt er eine Liste energie- und wassersparender Produkte zusammen, und aufgrund dieser Empfehlungen kaufen seine Freunde die entsprechenden Produkte. Yue dazu: "Man kann sagen, dass energiesparende Produkte fast mit Spitzenprodukten gleichzusetzen sind. Von den praktischen Erfahrungen ausgehend sind es oft die finanziell und technisch starken Unternehmen, die als Erste der Energieeinsparung Aufmerksamkeit schenken. Überdies können die Unternehmen sich erst auf die Energieeinsparung konzentrieren, wenn ihre Produkte bereits über ein gutes Qualitätsniveau verfügen."

Yue Zongwens Meinung nach war die staatliche Aufforderung zu Einsparungen im Haushalt bis zu einem gewissen Grad irreführend. Im Fernsehen wurden Zuschauer täglich über Spar-Tipps unterrichtet, die oft schlicht auf "weniger Benutzung" basierten. Doch die so genannte "Ein-Ziegel-Theorie", die sich eine Zeit lang großer Beliebtheit erfreute, verbreitet sich nun immer weiter unter den Volksmassen. Herr Yue hält es deshalb für schwierig und betrachtet es als einen langwierigen Prozess, die Bürger zur Einsparung durch die Anwendung der Wissenschaft und Technik zu ermutigen.

Die "Ein-Ziegel-Theorie" ist eine "Idee", die bei der Wassereinsparung am Spülklosett Anwendung findet und welche ein Einwohner aus der Provinz Shandong vor einigen Jahren erfunden hat. Man legt dabei einen Ziegel oder eine Flasche Wasser in den Spülkasten eines Spülklosetts, das über keine Spar-Wasserspülung verfügt. Dadurch wird die Wassermenge beim Spülen automatisch reduziert. Jährlich kann ein dreiköpfiger Haushalt auf diese Weise circa 2000 l Wasser sparen. Die "Ein-Ziegel-Theorie" wird bereits in zahlreichen Haushalten angewandt. Aber Yue Zongwen ist dennoch gegen diese Spar-Methode. Seiner Meinung nach ist es sinnvoll, neue Produkte zu entwickeln, da der Entwurf eines jeden Produkts in seiner Form die wirtschaftlichste und rationellste Methode der Bedienung enthält. Eigene, von Hobbybastlern vorgenommene Änderungen bedeuten daher immer einen Rückschritt hinter das Ausgangsmodell. Dies ist auch der Fall bei der "Ein-Ziegel-Theorie". Obwohl ein Klosett scheinbar auch mit einem Ziegel im Spülkasten sauber spült, besteht dennoch die Gefahr einer Verstopfung. Um diese später zu beseitigen, wäre dann ein Vieles an zusätzlichem Wasser notwendig, welches die Menge der Einsparung wohl bei weitem übertreffen würde.

Es ist nicht leicht, die Bürger dazu zu bringen, in kurzer Zeit ihre alten Gewohnheiten abzulegen. Yue Zongwen und seine Mitarbeiter arbeiten hart daran, dass immer mehr Stadtbewohner mittels der Medien Erkenntnisse darüber erlangen, wie man "wissenschaftsorientiert und rationell Energie und Wasser spart". Damit ist in erster Linie das Einsparen durch die Verwendung sparsamer Produkte gemeint. Dabei blicken Yue und seine Mitarbeiter bereits auf erste Erfolge zurück. Der von seinem Zertifikationszentrum im Jahr 2002 eingeführte Begriff "Stromverbrauch im Standby-Modus" ist inzwischen fast allen Bürgern bekannt. Selbst kleine Kinder wissen, dass Strom auch im "Standby-Modus" verbraucht wird. Dieser Wissenszuwachs ist eines der Ziele, die es zu erreichen gilt.

Ein erfreulicher Trost für sie ist, dass gegenwärtig der Staat wissenschaftlich- und technischorientierten Energiesparprodukten politische Unterstützungen gewährt. Herrn Yues Aussagen zufolge stellt der Staat Subventionen in Form der Staatsanleihen und anderweitige finanzielle Unterstützungen für die technische Erneuerung zur Verfügung. Zudem arbeiten die betreffenden Behörden an der Ausarbeitung steuerlicher Begünstigungen, die vor allem den Unternehmen im Bereich der Herstellung von energie- und wassersparenden Produkten zugute kommen sollen. Darüber hinaus stehen auf der Einkaufsliste der Regierung nur die vom Zertifikationszentrum empfohlenen Energiesparprodukte, was auch Büroeinrichtungen wie Klimaanlagen und Drucker beinhaltet. Herr Yue rät zudem: "Unser Staat könnte auch ausländische Praktiken zur Rate ziehen und Käufern von energiesparenden Produkten eine gewisse Subvention für erzielte Energieeinsparungen gewähren." Wenn solche Maßnahmen ergriffen würden, könnte der Prozess zur Einsparung von Energie und Ressourcen durch die Anwendung von Wissenschaft und Technik um ein Vielfaches beschleunigt werden.

 
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