12/2005
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Suche nach "richtig" umgesiedelten Bauern

Die Dörfer der umgesiedelten Bauern in den Gemeinden Luhua und Xingjing unterscheiden sich nicht sonderlich von gewöhnlichen Dörfern; im Gegenteil, sie verfügen gar über eine bessere Aufforstung. Allerdings sind auf den Straßen der Dörfer und in den Wohnhäusern nur wenige Menschen zu sehen, und nur gelegentlich sind einige Frauen und Kinder anzutreffen. Doch Ma Zhenjiang, der Abteilungsleiter des Büros für die Armutsbeseitigung in Ningxia, sieht das eher positiv: "Niemand zu Hause - das ist doch eine gute Sache. Das bedeutet, dass alle Arbeit haben." Die Gemeinden Luhua und Xingjing liegen westlich von Yinchuan. Dort wurden 1983 und 1996 "Urbarmachung und landwirtschaftlicher Anbau an einem anderen Ort" in Angriff genommen. Früher gehörten die Gebiete hier zur Wüste Gobi, es gab hier nur 4 000 Bewohner. Jetzt leben mehr als 20 000 Menschen hier. Im Jahr 2004 belief sich das Pro-Kopf-Nettoeinkommen der Dorfbewohner auf 1314 Yuan und lag damit an der Spitze des Pro-Kopf-Nettoeinkommens aller umgesiedelten Bauern von Ningxia. In den Gemeinden selbst war es aber ziemlich kompliziert, "richtig" umgesiedelte Bauern zu finden.

Tian Yanbao, 28 Jahre, sieht älter aus als er tatsächlich ist. Er hat drei Kinder, das jüngste Kind ist eineinhalb Jahre alt. Das älteste Kind ist eine Tochter. Sie ist acht Jahre alt und besucht derzeit die Grundschule. Der Schulbesuch ist gebührenfrei, was einer staatlichen Unterstützung zu verdanken ist, welche der Staat den Bewohnern ursprünglich armer Gebiete gewährt. Tian Yanbao besaß in seinem Heimatdorf 70 bis 80 Mu (1 Mu = 1/15 ha) Felder, die aber nur geringe Erträge erbrachten - pro Mu konnte nur ein Dutzend Kilo Getreide produziert werden. Die siebenköpfige Familie von Tian ist deshalb 1996 in die Gemeinde Luhua umgesiedelt, das jetzige Wohnhaus und 7,5 Mu Felder hat Tian von früheren Bewohnern gekauft. Neben dem Getreideanbau jobbt er noch in einem in der Nähe gelegenen Forstbetrieb, in dem er pro Tag 20 bis 30 Yuan (ca. 0,2 bis 0,3 Euro) verdient.

Auch die Familie von Li Guixiang ist in ein anderes Dorf übergesiedelt. Sie hatten von Verwandten erfahren, dass das Leben in Xingjing besser sei. Allerdings zögerte Lis Familie zunächst, und wurde erst im Jahr 1997 in der Gemeinde Xingjing ansässig, nachdem sie und ihre Familienangehörigen Ackerböden zum Preis 1000 Yuan (ca. 100 Euro) pro Mu gekauft hatten. Zunächst lebten im neuen Haushalt lediglich vier Personen, die übrigen fünf Familienmitglieder sind erst vor kurzem hierher gezogen. Früher besaß die Familie im Kreis Jingyuan sieben bis acht Mu Ackerböden, der Getreideertrag pro Mu lag bei mageren 100 kg, und die Entfernung vom Wohnhaus zur Wasserquelle war 1 km. Um einen Eimer Wasser aus dem Brunnen zu holen, benötigte die Familie eine halbe Stunde. Das hat sich nun alles geändert. So hat sich beispielsweise der Getreideertrag pro Mu auf 300 kg gesteigert. Frau Li ist 60 Jahre alt, ihr Mann 69. Beide bestellen die Felder zu Hause und ihre drei Kinder arbeiten in einem nahe gelegenen Forstbetrieb. Li Guixiang führte noch weitere Vorteile der Umsiedlung auf: "Als ich noch in meinem Heimatdorf lebte, hatte ich oft Kreuz- und Beineschmerzen, jetzt sind alle Beschwerden verschwunden. Es geht mir gut. Ich will nicht in meine Heimat zurückkehren."

Dabei passen Tian Yanbao und Li Guixiang nicht in das Bild der Bauern, deren Umsiedlung unter der Federführung des Büros zur Beseitigung der Armut zustande kam. Abteilungsleiter Ma zufolge haben viele Bauern der ersten Umsiedlung ihre Wohnhäuser und Felder, die ihnen die Lokalregierung kostenlos zur Verfügung gestellt hatte, wieder verkauft. Das bedeutet einerseits, dass nach der Umsiedlung von Bauern in deren Verwaltung noch Lücken und zu erforschende Probleme bestehen, und andererseits, dass die Umsiedlung für die Bauern von der Bergregion im Süden sehr attraktiv ist, weil dadurch eine Mobilität entstanden ist. Die umgesiedelten Bauern, die Wohnhäuser und Felder verkauft haben, sind ihrerseits wiederum in Regionen weiter gezogen, die bessere Naturbedingungen aufweisen, näher Yinchuan liegen oder mehr Arbeitsmöglichkeiten zu bieten haben. "Umsiedlung" ist ein Projekt der gesellschaftlichen Umformung. Nach Umsetzung der Regierungsplanung werden nun Wohnhäuser und Felder erneut in Bewegung gebracht, was signalisiert, dass in den Dörfern der Umsiedler tatsächlich eine Gesellschaft mit hoher Mobilität ansässig ist.

Hui Sigui ist 1988 aus dem Kreis Jingyuan in die Gemeinde Xingjing umgezogen. Er sagte, dass er ein "richtiger" umgesiedelter Bauer ist. Hui Sigui erinnert sich noch gut an die Zeit vor seiner Umsiedlung: "Ich habe keine Schule besucht, stattdessen war ich zu jener Zeit als junger Kuhhirt tätig. Zur Zeit des Umzugs war ich bereits seit drei Jahren verheiratet, doch besessen haben wir nichts, nur ein Bett mit Stahlrohrgestell, 15 kg Mehl und 100 Yuan (ca. 10 Euro). Selbst Kochgeschirr und Kochherd haben wir erst hier gekauft." Damals genügte ein mittelgroßer LKW der Marke Dongfeng, um die gesamte Habe von fünf oder sechs Familien weg zu transportieren.

"Nach der Umsiedlung hat der Staat 4 000 Yuan als Ansiedlungsbeihilfe gezahlt und uns kostenlos 10 Mu Ackerböden zur Verfügung gestellt", dafür ist Hui noch immer dankbar. Hui borgte sich zusätzlich 4 150 Yuan (dazu 1 000 Yuan als Darlehen) und kaufte aus Transportgründen einen Handtraktor. Innerhalb eines Jahres konnte er das Geld zurückzahlen, woraufhin er einen LKW kaufte. 1997 erwarb Hui für 50 000 Yuan einen Spezialwagen für landwirtschaftliche Nutzung. In seinem Heimatdorf in Jingyuan gibt es die Tradition und Gewohnheiten der Züchtung von Rindern und Schafen. Dieser Tradition folgte auch Hui, der im Jahre 2001 damit begann, Milchkühe zu kaufen. Heute werden in der Gemeinde Xingjing mehr als 6 000 Schafe und 500 Kühe gehalten. Allein im Dorf von Hui Sigui gibt es mehr als 400 Milchkühe und Fleischrinder. Angefangen hat Hui Sigui mit dem Kauf von sechs Rindern für die Summe von über 60 000 Yuan - ein Darlehen, welches Teil des Projekts "Beseitigung der Armut" war. Er züchtete die Rinder, die ihre Kälber gebaren, und er wiederum verkaufte die Rinder. Im vorigen Jahr hat er wieder sechs Rinder gekauft, der Kreislauf geht weiter. Mittlerweile hat Hui insgesamt 23 Rinder und Kühe; jedes Rind ist 18 000 Yuan wert. Zu seinen Rindern und Kühen gehören auch fünf aus Australien eingeführte Zuchtkühe. Die Kühe produzieren jeden Tag über 200 kg Milch. Der Milchpreis pro kg liegt derzeit bei 1,4 Yuan. Um dies alles bewältigen zu können, stellte Hui Sigui zur Rindzucht zusätzliche Arbeiter ein. Zudem betreibt er gewerblichen Transport von Kiesel, Stein und Erde. Derweil verkaufen die übrigen Familienangehörigen auf dem lokalen Markt Schmieröl. So kommt die Familie auf einen Jahresverdienst von etwa 100 000 Yuan.

Von allen umgesiedelten Bauern der Gemeinde Xingjing sind über 98% Angehörige der Hui-Nationalität. Damit die Tradition der Geschäftstüchtigkeit der Hui-Nationalität zur Entfaltung kommt, errichtete die Verwaltung der Gemeinde einen relativ großen Markt für landwirtschaftliche Produkte, welcher helfen soll, die Bauern aus dem Umland anzuziehen. An einem normalen Markttag zählt man in Xingjing fast 20 000 Besucher, der Jahresumsatz erreicht ungefähr 8 Mio. Yuan.

Hui Sigui hat den Sandhügel vor seinem Bauernhof durch Urbarmachung in 6 Mu Ackerböden umgewandelt. Dadurch ist die Gesamtfläche der in Familienbesitz befindlichen Felder auf 16 Mu angestiegen. Auch sein Wohnhaus hat er vergrößert. Besaß er früher lediglich zwei Zimmer, so verfügt Hui nun nach dem letzten Ausbau über 11 Zimmer, deren Gesamtfläche 300 qm beträgt. Sein Gesamtvermögen liegt bei über 600 000 Yuan.

Wie vor den Schulen in Städten gibt es auch vor der Grundschule im Dorf kleine Läden und Imbissstände. Die Ladenbesitzer haben die Häuser von den früheren Eigentümern gekauft. Die um die Imbissstände stehenden Kinder stellen bereits die zweite Generation der Umsiedler dar. Sie tragen Sportkleidung und Turnschuhe - fast die gleiche Kleidung wie die Kinder in Städten. Das zu sehen, ist für ihre Eltern sehr erfreulich.

 
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