11/2005
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Die Sparsamkeit muss tief im Bewusstsein der Volksmassen verankert werden

Von Luo Yuanjun

 

Fleiß und Sparsamkeit sind traditionelle Tugenden der chinesischen Nation. Weil sich China in den letzten Jahren immer schneller entwickelt, wächst der Verbrauch wichtiger Wirtschaftsressourcen zunehmend. Besonders Energie wird knapp. Daher ist Sparsamkeit eines der dringendsten Gebote unserer Zeit.

Wang Mengkui, Leiter des Forschungszentrums für Entwicklung des Staatsrates, sagte, China habe lange eine Politik befolgt, in der gleichermaßen Wert auf die Erschließung und die Einsparung von Ressourcen gelegt wurde. Nun aber sei das Sparen eindeutig in den Vordergrund zu rücken. Man habe bereits beachtliche Erfolge bei der Verminderung des Ressourcenverbrauchs erzielt. Im internationalen Vergleich seien die wirtschaftlichen Fortschritte Chinas deutlich erkennbar. Leider wurde in der Vergangenheit das extensive Wirtschaftswachstum mit einem zu hohen Ressourcenverbrauch bezahlt. Insbesondere bei der notwendigen Senkung des Energieverbrauchs habe China noch einen weiten Weg vor sich, wenn man es mit den wirtschaftlich fortgeschrittenen Ländern vergleicht. Um eine kontinuierliche Entwicklung Chinas zu erreichen, müsse man unbedingt eine gesellschaftliche Atmosphäre schaffen, in der die Sparsamkeit im Bewusstsein aller tief verankert sei.

 

Eine sparende Gesellschaft zu werden, bedeutet zunächst, im Denken der meisten Menschen das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Sparsamkeit zu entwickeln. Wir alle müssen lernen, im Alltag sparsam mit der Energie und allen Ressourcen umzugehen. Wir müssen ständig lernen, wie man die vorhandenen Ressourcen noch besser nutzen kann. Wie ist das zu erreichen?

Maßnahme 1: Die Verschwendung durch Preiserhöhung in den Schranken halten

Zu geringe Wasserressourcen sind ein großes Problem, mit dem viele Gebiete im Norden Chinas konfrontiert sind. Vor zwei Jahren betrug der Preis für Trinkwasser in einer nordchinesischen Stadt noch knapp 1 Yuan pro Kubikmeter; bis heute ist er auf mehr als das Doppelte gestiegen. Die Preiserhöhung für Trinkwasser zeigt einerseits die Begrenztheit unserer Wasserressourcen an, übt andererseits aber auch eine „Hebelwirkung“ aus: die Bevölkerung geht nun sparsamer mit dem Wasser um.

 

Generell müssen wir stärker mit der Hebelwirkung der Preise arbeiten. Wir überlassen es dem Markt, den Energiepreis frei zu fixieren, um so wenigstens ein Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben beim Energieverbrauch zu erzielen. Jeder Einzelne in unserer Gesellschaft muss im eigenen Interesse begreifen, dass Energiesparen auch ihm selbst nützt. Wir müssen überall ein sparsames Verhalten fördern.

Doch nur mit Preiserhöhungen kann die Hebelwirkung des Preises nicht voll wirken, da dann die sozial schwachen Teile der Bevölkerung mit niedrigem Einkommen unter das Existenzminimum sinken würden, die gut Verdienenden jedoch kaum spürbaren Anreiz zum Sparen hätten.

Li Wu, Doktorand an der Chinesischen Volksuniversität: „Die sozial schwachen Einkommensschichten sind doch gar nicht die Hauptkonsumenten. Sie müssen ohnehin im Alltag genau überlegen und berechnen, was sie sich beim Einkauf leisten können. Sie sind also sowieso schon zum Sparen gezwungen. Dreh- und Angelpunkt des Sparens ist, wie die Wohlhabenden und Reichen angehalten werden können, sparsam zu wirtschaften. Darum ist im Vergleich zu anderen Maßnahmen die Einführung von Stufenpreisen für diese Schicht akzeptabler als für die ‚einfachen‘ Einwohner.“

 

Chen Lintao, Leiter des Büros für Wassersparen in der Wasserwirtschaftsbehörde von Beijing: „Den Preishebel zu nutzen ist die wohl wirksamste Sparmaßnahme, die wir ergriffen haben. Der Wasserverbrauch wird je nach Umfang in verschiedene Stufen eingeteilt und bei jeder Stufe ist der Preis des Wassers ein anderer. Je höher der Verbrauch, desto höher ist auch der Wasserpreis.“

Zur Zeit werden diese Stufenpreise in vielen Städten Chinas eingeführt. Beispielsweise wurde der Wasserpreis in Dalian, einer Stadt im Nordosten Chinas, in zwei Stufen gegliedert. Stufe eins begrenzt den monatlichen Wasserverbrauch pro Haushalt auf 8 Kubikmeter. Da kostet der Kubikmeter 2,3 Yuan. Wer über 8 Kubikmeter verbraucht, zahlt dann 10 Yuan pro Kubikmeter.

Neben der Einrichtung der Stufenpreise empfehlen einige Experten, saisonale Preisschwankungen einzuplanen, also die Wasserpreise entsprechend je nach Verbrauch während der Jahreszeiten zu differenzieren. Beispielsweise sollte der Wasserpreis im Sommer höher als im Winter sein, weil der Verbrauch im Sommer sehr viel höher sei und dann aber die Wasservorräte besonders knapp seien. Eine in Arizona, USA, durchgeführte Untersuchung hat gezeigt, dass der private Wasserverbrauch bei saisonalen Preisschwankungen in einer mittelgroßen Stadt in diesem US-Bundesstaat pro Tag um mehr als 800 000 t niedriger liegt als zu Zeiten ohne saisonale Preisregulierung.

Maßnahme 2: gesetzliche Maßnahmen gegen verschwenderisches Verhalten

 

Bereits im Jahr 1997 wurde ein Gesetz zum Energiesparen der VR China vom Nationalen Volkskongress angenommen. Seit 1988 haben die Provinz- und Stadtregierungen sowie die Ministerien des Staatsrates über hundert regionale gesetzliche Bestimmungen und Regelungen zum Energiesparen und zur Erhöhung des Nutzungsgrades von Ressourcen veröffentlicht. Auch die dafür zuständigen staatlichen Behörden haben anhand realistischer Analysen Grundrisse einer besseren Energiepolitik ausgearbeitet.

Wang Liheng, Mitglied der Chinesischen Akademie für Ingenieurwesen, sagte, um eine sparende Gesellschaft aufzubauen, müsse man entsprechend den konkreten Verhältnissen innerhalb des Landes auch den Aufbau des Rechtssystems fördern. Es sind unbedingt gesetzliche Bestimmungen und Regelungen auszuarbeiten, die sich gegen verschwenderisches Verhalten wenden. Auch die Gesetzgebung hat den sparsamen Umgang mit den Ressourcen systematisch und effektiv zu fördern; sie kann die Umwandlung der extensiven in eine intensive Wirtschaft vorantreiben. Viele Experten haben vorgeschlagen, zielgerichtet Steuern gegen verschwenderisches Verhalten zu erheben, um so einen sparsameren Konsum anzuregen.

Die gesetzlichen Bestimmungen und Regelungen, welche die gegenwärtige Energiewirtschaft Chinas betreffen, sind wie folgt zu charakterisieren: Bestimmtheit der Prinzipien, aber mangelnde Konkretisierung. Nehmen wir die gesetzlichen Bestimmungen zum Energiesparen als Beispiel: Wo von der Verantwortung der Verwaltungsorgane die Rede ist, werden ganz allgemein nur die „Volksregierungen“ auf bestimmter Ebene oder „entsprechende Organe“ genannt. Das führt dazu, dass sich einige Verwaltungsorgane ihrer Verantwortung entziehen und anderen die Schuld zuschieben. Folglich übernimmt kein Organ die Verantwortung.

 

Natürlich kann der sparsame Umgang mit den Ressourcen, vor allem mit Energie, durch gesetzliche Bestimmungen gefördert werden, aber erst, wenn die Bestimmungen entsprechend konkrekt formuliert werden. Beispielsweise hat die Stadtregierung Beijing im Sommer dieses Jahres eine regionale gesetzliche Bestimmung bekannt gegeben, wonach die Zimmertemperatur der mit Klimaanlagen ausgerüsteten Regierungsstellen und öffentlichen Gebäude auf 26° C begrenzt wird. Die Praxis hat inzwischen bewiesen, dass dies durchaus eine wirkungsvolle Maßnahme ist. Leider sind in den veröffentlichten gesetzlichen Bestimmungen und Regelungen zur Einsparung von Energie kaum klare Formulierungen zu finden, welche die privaten Haushalte zum sparsamen Energieverbrauch anregen. Das alles ist noch zu verbessern.

Chen Shouyi, Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes, sieht den Grund für das noch mangelnde Verständnis der Bevölkerung, Energie zu sparen, in der Tatsache, dass sparsames Verhalten generell bisher viel zu wenig gefördert wurde. In China gibt es bis heute keine Mechanismen, um zum Energiesparen anzureizen. In entwickelten Ländern dagegen wird großer Wert auf Recycling und die Wiederverwendung gebrauchter Materialien gelegt, und auch Maßnahmen gegen einen verschwenderischen Umgang mit Ressourcen und Energie werden dort durch staatliche Gesetzgebung, durch Regelungen innerhalb der Branchen sowie durch Erziehung der ganzen Nation ergriffen. In dieser Hinsicht sollten wir von diesen Ländern lernen.

Natürlich kann man eine sparende Gesellschaft nicht allein durch Gesetze aufbauen. Energie wird überall verbraucht, und besonders schwer ist es, den privaten Verbrauch unter Kontrolle zu bekommen.

Maßnahme 3: sparsames Verhalten moralisch unterstützen

Seit dem 21. Juli dieses Jahres veranstaltet das Chinesische Zentrale Fernsehen mit anderen inländischen Medien wie etwa den drei größten Presse-Websites: www.chinanews.com, www.people.com.cn und www.xinhuanet.com eine Aktion, um „Verhaltensregeln der Volksmassen zum Energiesparen“ zu diskutieren zu dem Thema: Welche Verhaltensregeln sollte die Bevölkerung im Alltag befolgen, um Energie zu sparen? Alle sind aufgerufen, ihre Meinungen per SMS oder übers Internet zu äußern. Die wertvollsten Vorschläge werden von der Regierung aufgegriffen und als Verhaltensregeln zum Energiesparen propagiert.

 

Yu Xiao, Lehrer an einer Mittelschule: „Vor über zehn Jahren, als ich noch ein kleiner Junge war, wurde verschwenderisches Verhalten durch die öffentliche Meinung geächtet. Doch in den letzten Jahren hat sich in der Gesellschaft diesbezüglich ein Wandel zum schlechten vollzogen. Im Prozess der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung wird der Konsum in einem Maße gefördert, den man auch als Verschwendungssucht sehen kann. Auf Sparsamkeit wird kein Wert mehr gelegt. Man sollte sich wieder darauf besinnen, nur nach tatsächlichen Bedürfnissen zu konsumieren. Irgendwann wird dann auch das verschwenderische Verhalten wieder verschwinden.“

Wie oben erwähnt, genügt der Marktmechanismus nicht immer, um gezielt zu sparen. Beispielsweise kann das wenig sparsame Verhalten der Bevölkerung beim Verbrauch von Wasser, Strom, Kohle und Gas nicht durch angemessene Preiserhöhungen verändert werden. Hier sollte die Regierung eine Aufklärungsarbeit übernehmen, um die Notwendigkeit des Sparens zu erläutern und die Volksmassen zum Sparen anzuleiten. Alle müssen verstehen, dass nur sparsames Verhalten als moralisch gut anerkannt wird.

Natürlich kann man moralische Anerkennung und das Bewusstsein für die Sparsamkeit nicht vom Rechts- und Marktmechanismus trennen. Gerade durch einen richtig funktionierenden Rechts- und Marktmechanismus werden die Bürger die Sparsamkeit allmählich nicht nur als durch äußere Zwänge bedingt ansehen, sondern sich aus innerer Einsicht in die Notwendigkeit entsprechend verhalten. Dank solcher Mechanismen und Einsichten entwickeln nicht nur einzelne Personen, sondern auch Betriebe ein Sparsamkeitsbewusstsein. Sie bemühen sich, energiesparende Techniken zu erschließen und zu erneuern. Eine sparende Gesellschaft kann nur das gemeinsame Resultat entsprechender moralischer Verhaltensweisen und eines richtig funktionierenden Rechts- und Marktmechanismus sein.

 
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