09/2005
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Gesunde Babys für HIV/AIDS-infizierte Mütter

Von Ethel Lu

Mutter-Kind-Übertragung von HIV/AIDS

 

Klinische Studien haben ergeben, dass das Risiko perinataler Übertragung von HIV/AIDS, wenn ihr kein Einhalt geboten wird, bei zwischen 15 und 50 Prozent liegt. Internationale Statistiken zeigen, dass jedes Jahr 2,4 Millionen HIV/AIDS-infizierte schwangere Frauen 80000 infizierte Kinder zur Welt bringen. Die HIV-Infektion hat die weltweite Säuglings-und Kindersterblichkeitsrate um 75 Prozent ansteigen lassen. Vom chinesischen Gesundheitsministerium veröffentlichte Statistiken zeigen, dass in einigen Regionen die perinatale HIV/AIDS-Übertragung von 0,1 Prozent auf 0,6 Prozent zugenommen hat, und dass 30 bis 40 Prozent der infizierten Mütter den tödlichen Virus an ihre Babys übertragen.

Als Zhou Zengquan vor fünf Jahren Vizedirektor des Volkskrankenhauses Nr. 3 in Kunming war, startete und leitete er ein Projekt, welches auf die Vorbeugung von perinataler Mutter-Kind-Übertragung von HIV/AIDS abzielte. Ende 2004 schloss er das lebensrettende Projekt mit einem Bericht ab, der bestätigte, dass von den 23 HIV/AIDS-infizierten schwangeren Frauen, bei denen die Behandlung angewandt worden war, 22 gesunde Kinder zur Welt gebracht hatten.

Effektive perinatale Eingriffe

 

Im Jahr 2000 hatte Zhou eine Mutter getroffen, die mit dem HIV-Virus infiziert war. Sie hatte nicht gewusst, dass sie den Virus in sich trug, und erfuhr es erst, nachdem sie ihr Kind geboren hatte. Unglücklicherweise war das Baby auch infiziert. In dem gleichen Jahr erhielt das Krankenhaus von Zhou eine Spende aus dem Ausland für die Behandlung von AIDS-Patienten und er dachte sofort an die kranke Mutter. Sie weigerte sich jedoch strikt Medikamente einzunehmen. Ihr Argument war einfach: Da zu jenem Zeitpunkt keine Medikamente zur Verfügung standen, um ihr Kind zu retten, wollte sie lieber sterben, als ein Leben ohne ihr Kind zu erleiden. „Ich war sehr berührt von der Einstellung dieser Frau“, sagt Zhou. „Zu der Zeit glaubten viele, dass eingreifende Therapien nicht erstrebenswert seien, da diese nur das Leben des Kindes retten können, nicht aber das der Mutter. Diese Frau überzeugte mich davon, dass einer Mutter das Leben ihres Kindes wertvoller ist als ihr eigenes, und dass ein gesundes Baby der Grund für eine infizierte Mutter sein kann, weiterleben zu wollen.“ Zhou Zengquan startete dann das klinische Experiment, die perinatale Übertragung von HIV/AIDS zu unterbrechen.

Zhous Behandlungsmethode ist erstaunlich unkompliziert. Die schwangere Frau muss sich einem quantitativen HIV-Test unterziehen sowie 200 mg NVP zu sich nehmen, das ein von der WHO getestetes Medikament zur Verhinderung von perinataler HIV/AIDS-Übertragung ist, bevor ein Kaiserschnitt vorgenommen wird. Nachdem das Baby zur Welt gebracht worden ist, muss die Mutter einen zweiten quantitativen HIV-Test machen. Das Nabelblut des Neugeborenen wird innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt getestet, und das Baby wird mit einer geringen Menge NVP behandelt sowie mit künstlicher Muttermilch gefüttert. Wenn das Kind 18 Monate alt ist, wird ein quantitativer HIV-Test vorgenommen. Sollte die Menge an HIV im Blut des Babys unter einem bestimmten Grenzwert liegen, wird der Eingriff als Erfolg angesehen.

Zhou sagt, dass das Medikament, das Mutter und Kind während der Behandlung einnehmen, nur vier Yuan (0,5 US-Dollar) kostet. Ende 2004 erfuhr er erfreut, dass seine Therapie in eine Liste klinischer Behandlungen zur Verhinderung von perinataler HIV/AIDS-Übertragung aufgenommen wurde, die von der chinesischen Regierung herausgegeben wird.

Soziale Diskriminierung

 

Ironischerweise musste Zhou Zengquan sein hilfreiches Projekt während der vier Jahre geheim halten, um öffentliche Aufmerksamkeit zu vermeiden. Die freiwilligen HIV/AIDS-infizierten werdenden Mütter kamen aus Kunming und umliegenden Regionen in der Provinz Yunnan. Sie wurden nicht öffentlich angeworben. Die meisten von ihnen waren Zhou durch seine Kontakte zu Entbindungsstationen in örtlichen Krankenhäusern genannt worden. „In vier Jahren haben wir es lediglich geschafft, 23 Frauen zu finden. Die Situation war am schlimmsten im ersten Jahr, als wir nur zwei Freiwillige fanden“, beklagte Zhou.

Wegen starker Diskriminierung von AIDS-Kranken, befürchteten die Verantwortlichen vom Volkskrankenhaus Nr. 3, dass die öffentliche Anwerbung von werdenden Müttern, die HIV/AIDS-infiziert sind, andere Patienten fern halten könnte. Das Programm war für einen Zeitraum von zwei Jahren angesetzt, doch es wurde auf vier Jahre verlängert, da es so schwierig war, Freiwillige zu finden.

Aufgrund von Angst vor Diskriminierung wollten die teilnehmenden Frauen ihre Situation strengstens geheim halten. In einigen Fällen waren nicht einmal die Familien über den Gesundheitszustand der Frauen informiert. Somit wurde das Projekt höchst diskret durchgeführt. Der Schutz der Privatsphäre der Frauen wurde zu einer der wichtigsten Aufgaben für Zhou und sein Team. „Wir fragten nie nach ihren richtigen Namen oder Adressen, solange sie uns eine Möglichkeit gaben, sie zu kontaktieren“, sagt Zhou. In der Tat waren die meisten persönlichen Informationen über die Frauen erfunden.

Für dieses „vertrauliche“ Projekt wurden oft „vertrauliche“ Maßnahmen, auf Wunsch der werdenden Mütter angewandt. Von den 23 Frauen unterzogen sich nur zehn der Behandlung in Kunming; die anderen zogen Behandlungsorte in den Bezirken Yuxi, Simao und Honghe vor. Laut Zhou hat ein Drittel der Teilnehmerinnen die Behandlung in seinem Krankenhaus in Kunming abgelehnt, weil sie fürchteten, Verwandte, Freunde, Kollegen oder Nachbarn könnten etwas über ihre Situation herausfinden. In den meisten Fällen fuhren Projektmitarbeiter einen Krankenwagen zu einem vereinbarten Treffpunkt, um die Frauen abzuholen, bevor es schnell weiter ging, um eine Blutprobe zu nehmen. „Wir fühlten uns wie Spezialagenten auf geheimer Mission“, seuftzt Zhou Zengquan heute. Manchmal kamen die Frauen nicht zu vereinbartem Ort und Zeit, und Zhou und seine Kollegen mussten mehrmals um den Block fahren für den Fall, dass die Frauen noch kommen würden. Einmal fuhren sie 500 km, bevor sie schließlich aufgaben.

Verstärkte Bemühungen gegen HIV/AIDS-Übertragung

Als das Projekt endete, wurde Zhou Zengquan an das Zentrum für Krankheitsvorbeugung und -kontrolle in der Provinz Yunnan versetzt. Kurze Zeit später wechselte er zum neu gegründeten Zentrum für AIDS-Vorbeugung und - Behandlung der Provinz Yunnan, wo er seine Eingriffstherapien fortführt.

„Der große Erfolg unserer Eingriffsmethode bedeutet nicht, dass wir damit eine Behandlungsmethode haben, durch die jegliche perinatale Übertragung verhindert wird“, sagt Zhou. In der Tat wissen viele der infizierten Frauen in China nicht über ihren Zustand Bescheid, was eine effektive Prävention sehr schwierig macht. In vielen anderen Ländern ist die Forschung zur Vorbeugung von perinataler HIV/AIDS-Übertragung weit fortgeschritten, in China jedoch hat die klinische Forschung gerade erst begonnen. Zhou meint, dass die Politik der Regierung in diesem Bereich sehr ausschlaggebend sei, um der perinatalen HIV/AIDS-Übertragung effektiv vorzubeugen.

Am 17. November 2004 brachte das chinesische Gesundheitsministerium einen Rundbrief heraus, welcher verstärkte Bemühungen im Bereich der Förderung der Vorbeugung von perinataler HIV/AIDS-Übertragung in Pilot-Regionen forderte. Das Pilot-Projekt, welches 2003 gestartet worden war, umfasst eine Bevölkerung von 13,6 Millionen Chinesen, davon 3,22 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter.

Einige Tage zuvor, am 8. November, hatte das Ministerium anzuwendende Maßnahmen zur Prävention von HIV/AIDS-Mutter-Kind-Übertragung herausgegeben, welche eine kostenlose Vorbeugung und Behandlung in 15 Pilot-Regionen in den Provinzen Henan, Hebei und Shanxi anbot. Dieser kostenlose Service beinhaltet perinatale und voreheliche HIV/AIDS-Beratung, HIV-Antikörper-Test für schwangere Frauen, HIV-Behandlungen und Nachuntersuchungen für infizierte Mütter und Babys sowie sofortige HIV-Antikörper-Tests für werdende Mütter, die nicht wissen, ob sie HIV-infiziert sind oder nicht. Diese Maßnahmen haben sehr zum Erfolg des vorbeugenden Projekts beigetragen und die Zahl der HIV/AIDS-Infizierten in diesen Regionen verringert.

 
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