09/2005
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China fördert den Aufbau einer sparenden Gesellschaft

Von Luo Yuanjun

Seit Juli dieses Jahres rückt die Parole „Aufbau einer sparenden Gesellschaft“ mehr und mehr in den Brennpunkt der Medien.

Der alte Herr Zhang aus dem Bezirk Xicheng in Beijing sagte dazu: „Seit Jahren spricht kaum ein Mensch vom Sparen. Den jungen Leuten von heute fehlt meist das Bewusstsein, dass man sparen sollte. Unser Land ist doch noch nicht so reich, dass man aufs Sparen verzichten kann. Und selbst wenn China zu Reichtum gelangen sollte, darf man doch seine Vergangenheit nicht vergessen. Sparsamkeit war immer eine Tugend der Chinesen und soll es auch bleiben.“

Alle Chinesen treten in Aktion

An einem frühen Morgen, Anfang August, wollte der alte Herr Zhang gerade zu seiner täglichen Frühgymnastik gehen, als Mitarbeiter seines Wohnviertels zu ihm kamen und ihm ein Bündel Müllsäcke brachten. Sie hatten ein Schriftstück bei sich, das über die Vorteile der Müllsortierung informierte. Nachdem er das Schreiben aufmerksam gelesen hatte, ging er in einen Laden, kaufte ein paar Eimer und klebte an diese Etikette mit den Schriftzeichen „Recyclingmüll“, „Speise- und Küchenabfälle“ bzw. „sonstige Abfälle“. Er wollte außerdem freiwillig dem Einwohnerkomitee bei der Aufklärung über die Notwendigkeit der Müllsortierung helfen.

Man mag den alten Herrn Zhang für einen Amateur in Bezug auf Einsparung halten; Wang Zixin, der im Bezirk Fengtai in Beijing wohnt, muss aber als Sparspezialist gelten. 1999 gründete er die erste Fabrik zur Aufbereitung verbrauchter Batterien in China und verpfändete dafür sein gesamtes Vermögen. Noch heute fährt Wang Zixin täglich mit seinem Dreirad durch die Gassen, um verbrauchte Batterien einzusammeln.

Wenigen ist bekannt, dass eine einzige Knopfbatterie so viel Wasser verseuchen kann, wie ein Mensch in seinem ganzen Leben verbraucht. Jüngste statistische Untersuchungen besagen, dass gegenwärtig in Beijing jährlich 4840 Tonnen verbrauchter Batterien anfallen, von denen nur 220 Tonnen wieder verarbeitet werden. Das sind weniger als 5% der gesamten Menge.

Seit 2001 veranstaltete Wang Zixin in unregelmäßigen Abständen Ausstellungen über verbrauchte Batterien. Bisher kamen etwa 100 000 Besucher in die Ausstellungen. Vor vier Jahren wurde auf seine Initiative das „Freiwillige Team ,Grüner Stern‘ für verbrauchte Batterien“ ins Leben gerufen. Heute sind dafür mehr als 6000 Freiwillige in allen Teilen Chinas tätig.

Neben einzelnen Personen haben auch Regierungsorgane aller Ebene und staatliche Institutionen Sparmaßnahmen ergriffen.

Für die Zentralregierung und andere Staatsorgane wurde festgelegt, dass im Sommer die Klimaanlagen in Büros und Sitzungssälen nicht tiefer als auf 26 °C kühlen dürfen. Laufen Klimaanlagen, dürfen Fenster und Türen nicht offen stehen. In vorübergehend leeren Zimmern ist die Klimaanlage auszuschalten. Es wird propagiert, die Klimaanlage täglich eine Stunde weniger laufen zu lassen und an Fest- und Feiertagen oder in der Zeit, da nur wenige Mitarbeiter arbeiten, die zentrale Klimaanlage nicht einzuschalten. Außerdem wird gefordert, Strom zu sparen, indem nicht notwendige Beleuchtung ausgeschaltet wird, dass der letzte, der ein Zimmer verlässt, auch das Licht zu löschen hat, dass energiesparende Lampen benutzt werden und möglichst wenig mit dem Lift gefahren wird.

Das Parteikomitee und die Regierung der Stadt Beijing treten dafür ein, dass Beamte keinen Anzug und keine Krawatte tragen, wenn sie zwischen dem 1. Juli und dem 31. August an Veranstaltungen und Konferenzen für innere Angelegenheiten Beijings teilnehmen.

Am 14. August wurde auf einer von der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform und CCTV (chinesischer zentraler Fernsehsender) gemeinsam organisierten Veranstaltung die Initiative „Das ganze Volk spart. Jeder tut etwas dafür.“ gestartet. Behörden haben neue Regeln und Normen hinsichtlich der Einsparung veröffentlicht. Die 18 chinesischen Unternehmen, die zu den weltweit 500 stärksten Unternehmen gehören, unterzeichneten eine Erklärung mit der Zusicherung, mehr zu sparen.

Der Aufbau einer sparenden Gesellschaft muss unverzüglich beginnen

Für den größten Teil der Chinesen ist das Wort „Sparen“ kein neuer Begriff, jedoch unterscheidet er sich inhaltlich vom früheren.

In den Jahren, in denen in China Materialmangel herrschte, wurde ein Gebrauchsartikel oft mehrere Jahre genutzt. „Hart arbeiten und einfach leben“, das war gute Tradition unter Chinesen. Heute gibt es in China vergleichsweise genügend Materialien für alles Mögliche. Spricht man jetzt vom „Sparen“, meint man damit nicht, den Konsum zu drosseln, sondern jedes Ding effektiv zu nutzen und auf seine Wiederverwendung zu prüfen.

In den meisten Entwicklungsländern erlebt man im Anfangsstadium der wirtschaftlichen Entwicklung eine vergleichsweise „extensive“ Phase. In dieser Phase wird vor allem das Wachstum der gesamten Wirtschaft angestrebt, die Effizienz wird dabei oft vernachlässigt. Hat die wirtschaftliche Entwicklung einen bestimmten Stand erreicht, tritt sie in eine „Verfeinerungsphase“ ein. Das erfordert sowohl die nachhaltige Entwicklung eines Landes, als auch die Verpflichtung gegenüber der übrigen Welt.

Mit der raschen wirtschaftlichen Entwicklung lastet auf Chinas Ressourcen ein immer größer werdender Druck. Wenn China sein Ziel, bis 2020 das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu vervierfachen, die nachhaltige Entwicklung zu fördern und eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand allseitig aufzubauen, erreichen will, muss der Verbrauch von Ressourcen energisch gesenkt, der Nutzeffekt erhöht und eine sparende Gesellschaft aufgebaut werden.

Beispielsweise belegt die Eisen- und Stahlproduktion Chinas weltweit den ersten Platz. Aber unter den über 1000 Eisen- und Stahlunternehmen können nur wenige einen großen Wirtschaftsumfang erreichen. In kleinen Eisen- und Stahlfabriken ist der Nutzeffekt bei Rohstoffen und Energie niedrig, also verschwenderisch. Das ist nicht nur bei kleinen Eisen- und Stahlfabriken der Fall. In China liegt der Energieverbrauch für eine BIP-Einheit weit höher als im Weltdurchschnitt. Der verschwenderische Konsum ist so nicht zu messen.

Verschwendung zeigt sich nicht nur bei schlechter Nutzung der Ressourcen, sondern auch bei ihrer fehlerhaften Verteilung, bei blindlings gebauten Flughäfen, bei falschen Investitionen und bei den unzähligen Dokumenten und Sitzungen. Daher liegt das Ziel des Aufbaus einer sparenden Gesellschaft darin, den Nutzeffekt der Ressourcen zu erhöhen, nicht aber den Konsum einzudämmen. Das ist ein richtiger Weg zum Aufbau einer sparenden Gesellschaft.

Die Regierung wird dazu beitragen, durch politische Maßnahmen und Vorschriften die Produktions- und Lebensweise nach Sparsamkeitskriterien anzuleiten und zu standardisieren. Es muss der Verbrauch von Ressourcen in der Produktion, Verwaltung und im Leben standardisiert werden, wozu noch systembezogene Maßnahmen ergänzt werden.

Konkret gesagt: einerseits sind die Verteilung und der Verbrauch der Ressourcen durch die Preispolitik zu regulieren. Wasser, Energie, Boden und Erzvorkommen sind knappe Ressourcen, die Preise dafür sollen ihre Knappheit und das Verhältnis von Angebot und Nachfrage richtig widerspiegeln. Durch Preisanstiege bei den Ressourcen erhöhen sich die Produktions- und Konsumkosten, so dass man gezwungen ist, Ressourcen einzusparen und Techniken für Ersatzenergien zu entwickeln.

Andererseits soll die Regierung aufgrund der Marktregulierung und mit Hilfe der Steuerpolitik die Verteilung, die Nutzung und den Verbrauch der Ressourcen regulieren. Viele Experten schlagen vor, für den Autokauf, die Wohnfläche, die Wohnungszahl, für den übermäßigen Verbrauch von Wasser und Energie im Haushalt entsprechend die Grundsteuer und die Konsumsteuer einzurichten. Für die gemeinsame Nutzung von Verkehrsmitteln, für die Wasserwiederaufbereitung, für die Entwicklung wichtiger energiesparender oder -ersetzender Technik, für bodensparende Erschließung bei Neubauten werden politische Begünstigungsmaßnahmen bezüglich der technischen Entwicklung, der Produktion und des Absatzes steuerlich ergriffen.

Chancen für sparsame Produkte

Welche Klimaanlagen hatten in diesem Sommer einen guten Absatz? Die Antwort lautet: energiesparende Klimaanlage, gleichgültig welcher Marke. Bei Autos zeichnet sich die gleiche Konsumtendenz ab. Da der Ölpreis ständig steigt, sind benzinsparende Wagen besonders gefragt.

Zhou Dadi, Forscher und Leiter des Instituts für Energieforschung der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform, stellte fest, dass es angefangen bei Wohnungen, Autos, Haushaltsgeräten bis hin zu kleinen Gebrauchsartikeln eine Menge Möglichkeiten für einen sparsamen Konsum gibt. Eine sparende Gesellschaft produziert sparsame Produkte, die wiederum von sparsamen Konsumenten abhängen.

Sparsamer Konsum bedeutet nicht passives, sondern aktives Sparen. Das heißt, man hat ein relativ hohes Lebensniveau erreicht und ist trotzdem nicht verschwenderisch. Das ist ein wichtiger Ansatz zum Aufbau einer sparenden Gesellschaft. Es gilt, die Konsumstruktur zu optimieren, eine vernünftige Konsumweise durchzusetzen, die Spartechnik zu propagieren und die Konsumenten anzuspornen, sparsame Produkte zu wählen.

In China werden die Konsumenten kulturell, psychisch und in Bezug auf die Konsumorientierung zu einem bestimmten Grad irregeführt. Das ist daran zu erkennen, dass ihr Konsumverhalten in einigen Aspekten selbst in entwickelten Ländern nicht üblich ist. Die Lebensweise von nur wenigen Reichen aus den entwickelten Ländern wird blindlings als Modetrend missverstanden und nachgeahmt. So streben manche Chinesen nach größeren und luxuriös eingerichteten Wohnungen von 100 bis 200 m2, deren Klimaanlagen, Heizungen und Beleuchtung viel Energie verbrauchen. Außerdem werden für den Wohnungsbau oft zu viele Baustoffe verbraucht.

Bei sparsamen Konsumgütern wird die Spartechnik eingesetzt, ohne dabei die Funktionen zu beeinträchtigen. Beim Gebrauch solcher Produkte wurden in einigen Gebieten Chinas Fortschritte gemacht. Beispielsweise wurden früher Spülklosetts importiert, die 9 oder 12 Liter Wasser verbrauchten, durch technische Neuerungen verbrauchen sie heute zum Teil nur 3 Liter Wasser. Mit weniger Wasser wird die gleiche Wirkung erreicht. Zhou Dadi, der sich seit langem mit der Ressourcen- und Energieforschung beschäftigt, meint dazu: „Selbstverständlich können sich die Kunden nicht von heute auf morgen auf sparsamen Konsum umorientieren. Wir müssen das langfristig sehen und Schritt für Schritt vorangehen.“ Die Verbreitung und Popularisierung sparsamer Produkte werden sicher keine Entwicklungsphasen überschreitende Innovation erfahren, sondern allmählich vorankommen. Die vor zehn Jahren entwickelten sparsamen Produkte sind heute vielleicht schon überholt, aber es werden ständig technische Neuerungen auf den Markt gebracht und der technische Fortschritt liefert uns neue sparende Produkte. Zhou Dadi ist zuversichtlich, dass der Konsum wissenschaftlicher wird und moderne, kundenorientierte sparsame Produkte in China große Entwicklungsmöglichkeiten haben werden.

 
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