09/2005
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Wachsende Heizölpreise beeinflussen das Alltagsleben

Von Lu Rucai

 
     

In den letzten Jahren wuchsen die internationalen Erdölpreise ständig an, der wachsenden Tendenz folgten auch die chinesischen Erdölpreise. Sie stiegen besonders in diesem Jahr fast in jedem Monat an. Die sprunghaft wachsenden Erdölpreise haben nicht nur großen Druck auf die diesbezüglichen Branchen ausgeübt, sondern das Leben einfacher Menschen auch verändert.

Ökonomische Berechnungen am Beispiel Privatauto

Am 22. Juli bekam Zhang Jun nach 10 Uhr am Abend einen Anruf von einem Freund. Er sagte ihm, dass die Benzinpreise frühmorgens des folgenden Tags steigen würden. Kaum hatte Zhang Jun seinen Apparat aufgelegt, ging er hinaus. Als er die nächste Tankstelle erreichte, war die Wagenkolonne schon über 100 m lang. Jedesmal vor der Preissteigerung bekam Zhang Jun die Nachricht von seinem Freund verraten und er konnte vorzeitig sein Auto voll tanken. Als er am 23. das Benzin mit der Oktanzahl 93, das er benutzt, pro Liter von 3,96 auf 4,26 Yuan steigen sah, war er von großer Freude erfüllt. Sein Wagen, ein BORA, fasst 55 Liter Benzin. Für einen vollen Tank spart er 16,5 Yuan. Es ist zwar nicht viel, aber Autofahrer, die jeden Tag Benzin verbrauchen, sparen, wo sie können.

Noch vor kurzem, am 24. Juni, hat die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform die Heizölpreise reguliert. In Beijing stieg der Benzinpreis von Nr. 93 von 3,79 Yuan pro Liter auf 3,96 Yuan. Nach der Behauptung der Kommission seien die erhöhten Preise auf die Steigerung des Erdölpreises auf dem Weltmarkt zurückzuführen. Am 20. Juni um 2.38 Uhr Beijinger Zeit stellte der Rohölpreis zum August-Terminkontrakt mit 60 US-Dollar für ein Barrel einen neuen Rekord seit 1983 auf. Nur fünf Tage später wurden die Heizölpreise in China im großem Maß erhöht und nach einem Monat wuchsen sie noch stärker. Das war nicht das erste Mal, dass die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform die inländischen Heizölpreise nach den Weltmarktpreisen regulierte. Nur der Zeitabstand zu den Preisänderungen auf dem Weltmarkt ist viel kürzer geworden. Zur letzten Preisregulierung erklärt die Kommission: Seit kurzer Zeit bleiben die Erdölpreise auf dem Weltmarkt stets hoch. Zur Zeit sind die Fertigölpreise in China viel niedriger als die importierten Rohölpreise. In Beijing gibt es über 1,65 Mio. Privatwagen. Immer mehr Durchschnittsbürger wie Zhang Jun schenken der Fluktuation der Erdölpreise auf dem Weltmarkt große Aufmerksamkeit.

Der Ort, wo Zhang Jun arbeitet, liegt 15 km von seinem Zuhause entfernt. Fast jeden Tag steckt er auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause im Verkehrsstau. Die Kosten für die Autofahrt betragen täglich etwa 15 Yuan. Als er im Juli 2002 sein Auto kaufte, kostete ein Liter Benzin Nr. 93 nur 2,8 Yuan und die Kosten für einen Tag machten über 8 Yuan aus. Das heißt, in den kurzen drei Jahren sind die Kosten fast um 100% gestiegen, aber sein Lohn hat sich nur um knappe 2% erhöht. Nun verdient er monatlich etwa 4000 Yuan (ca. 493 US-Dollar). Ein Freund von ihm, der vor kurzem aus den USA zurückgekehrt ist, hat einmal Folgendes für ihn ausgerechnet. Das Ergebnis ist, dass der Pro-Kopf-Monatslohn der Beschäftigten in Beijing ca. 2360 Yuan (291 US-Dollar) beträgt, während er in den USA fast 3000 US-Dollar erreicht. Dennoch liegen die durchschnittlichen Benzinpreise in Beijing höher als die in den USA.


 
     

Die Wagenbesitzer überlegen sich nun alle möglichen Benzinsparmaßnahmen. Zhang Jun diskutiert täglich online im registrierten Forum des BORA-Vereins darüber, wie man beim Fahren besser Benzin sparen kann. Für die Autos des gleichen Typs und mit dem gleichen Hubraum wird der Besitzer als Star der Benzineinsparung bezeichnet, der am sparsamsten fährt. Er lässt die anderen Fahrer an seinen Erfahrungen teilhaben. Der Autofahrer-Verein organisiert nun auch viel weniger Ausflüge mit dem Auto als früher. So werden „unnötige Ausgaben reduziert“.

Für diejenigen, die den Kauf eines Wagens planen, spielt der Benzinverbrauch eine wichtige Rolle bei der Wahl des Wagentyps. Die neuvermählte Yang Dan will sich in Tongzhou, einer Vorstadt von Beijing eine Wohnung kaufen. Die Wohnungspreise dort sind mehr als 50% niedriger als die in den Stadtvierteln. Mit dem gesparten Geld kann man sich wohl ein Auto als Fortbewegungsmittel leisten. Ihre Wahl fiel auf den BUICK-EXCELLE 1,8 mit einem ganglosen Getriebe. Doch die stets anwachsenden Benzinpreise veranlassten sie, ihren Plan zu ändern, denn mit solch einem Wagen werden in der Stadt über 10 Liter pro 100 km verbraucht. Japanische und südkoreanische Wagen sind wirtschaftlicher. „Wenn die Benzinpreise weiter wachsen, werden wir auf den Wagenkauf verzichten und lieber mit der U-Bahn zur Arbeit fahren.“

Viele Leute, die ein Familienauto anschaffen wollen, vertreten die Meinung von Yang Dan. Das wird auch von den Wagenhändlern bestätigt. Japanische und südkoreanische Wagen haben wegen der Leichtigkeit der Wagen selbst und des niedrigen Benzinverbrauchs einen guten Absatz, während europäische und amerikanische Wagen wegen ihrer schweren Karosserie und des großen Benzinverbrauchs manche private Kunden verloren haben. Herr Liu vertreibt von der Automobilfabrik Nr. 1 hergestellte Wagen verschiedenen Typs auf dem Yayuncun-Wagenmarkt. Er ist in letzter Zeit recht betrübt. Einige seiner Kunden, die vor ein paar Tagen mit ihm über Wagenpreise verhandelt und nur noch auf die Wagenlieferung gewartet hatten, haben ihn angerufen und gemeint, dass sie ihre Ansicht geändert hätten. Sie fürchten, dass sie sich den Kauf eines Autos leisten können aber nicht den Gebrauch. „Daran sind doch die anwachsenden Benzinpreise schuld. Niemand weiß, wie hoch sie noch steigen werden. Es wundert mich nicht, dass sich alle Sorgen machen.“ Aber Herr Liu meint, dass der Verkauf von Dienstwagen nicht beeinträchtigt wird.

In der Tat üben die sprunghaft ansteigenden Benzinpreise den größten negativen Einfluss auf den so genannten „Benzintiger“ SUV (Sport Utility Vehicle) aus. Die letzten statistischen Angaben zeigen, dass zwischen Januar und April 2005 alle 17 SUV-Produzenten ein negatives Wachstum verzeichneten, der Rückgang betrug bis zu 97%. Im Gegenteil sind die Autos, die wirtschaftlicher sind und deren Benzinverbrauch nur gegen 4 Liter pro 100 km beträgt, wie z. B. der Chery QQ 0,8 L, der Chang’an Alto und der SPARK des Automobilherstellers SGMW, von Kunden gefragt. Die vom FAW VW produzierten Wagen wie Jetta (Diesel), BORA und Audi A6 sind auch bei Konsumenten allgemein beliebt. Für den BORA TDI (Turbo Direct Injection) und den Jetta SDI kann die Nachfrage sogar nicht befriedigt werden.

Die anwachsenden Erdölpreise belasten viele Branchen

Ein Freund sagte mir, dass sich fast alle Taxifahrer ununterbrochen über die ansteigenden Benzinpreise beschweren, wenn er mit dem Taxi fährt. Um herauszufinden, ob das wirklich so ist, nehme ich ein Taxi, einen SONATA (Hyundai). Bevor ich noch etwas sage, schießt der Taxifahrer los: „Es ist heiß draußen, nicht wahr? Im Wagen ist es kühl. Aber wenn die Klimaanlage immer an ist, werden pro 100 km 4 Liter Benzin mehr verbraucht.“ Der Taxifahrer heißt Zhang Guisheng und arbeitet für die Vereinigte Xinyue-Taxigesellschaft Beijing. Als er bemerkt, dass ich mich für dieses Thema interessiere, beginnt er über die Preissteigerung des Heizöls zu sprechen: Er fährt nun fast täglich zur Tankstelle. Er legt täglich über 300 km hinter sich, allein das verbrauchte Benzin kostet mehr als 150 Yuan, das sind 20 Yuan mehr als vor zwei Monaten. Pro Monat muss er dann ca. 500 Yuan mehr zahlen. Außerdem fährt Herr Zhang einen von der Taxigesellschaft neulich gekauften SONATA. Nach den Bestimmungen der Gesellschaft darf er nicht das billigere Benzin mit der Oktanzahl 90 tanken. Daher ist seine finanzielle Belastung größer als früher, als er einen Xiali mit niedrigem Benzinverbrauch fuhr.

Um die Belastungen für Taxifahrer durch hohe Benzinpreise zu mildern, haben die lokalen Regierungen wie z. B. einiger Städte in Shandong Maßnahmen getroffen, durch einen Heizöl-Aufpreis für Taxis die Belastung auf die Fahrgäste abzuwälzen. Das heißt, dass jeder Gast neben den Fahrkosten noch 1 Yuan extra zahlt. Herr Zhang tritt für diese Handlungsweise ein und hofft, dass sie auch in Beijing eingeführt wird. In Wirklichkeit wollte die Stadtregierung Beijings schon den Heizöl-Aufpreis erheben, nachdem die Heizölpreise im August 2004 wieder einmal gestiegen waren. Doch die meisten Bürger waren dagegen, und schließlich konnte die Maßnahme nicht durchgeführt werden.

In den Branchen wie dem öffentlichen Verkehr und der Zivilluftfahrt sind dieselben Probleme aufgetaucht. Von 1999 bis heute ist der Preis von Diesel von 1,96 Yuan auf knapp 4 Yuan und der von Benzin von 1,78 Yuan auf über 4 Yuan gestiegen. Die Heizöl-Kosten im öffentlichen Verkehrswesen machen nun ca. 30% der Gesamtkosten statt 15% wie im Jahr 1999 aus. Zur Heizöl-Einsparung wird für den Fahrer ein Maßstab zum Ölverbrauch festgelegt. Wird der Maßstab überschritten, werden den Fahrern und Schaffnern eine Geldstrafe auferlegt. Das beim Wettbewerb ausgewählte „Vorbild zur Heizöl-Einsparung“ wird vom Unternehmen für den öffentlichen Verkehr mit einer bestimmten Prämie belohnt. In Beijings öffentlichen Bussen wurde teilweise ein ölsparendes System installiert. In Shanghai werden Busse entwickelt und produziert, die einen neuen Brennstoff statt Benzin und Diesel verbrauchen.

Die Erhöhung der Heizölpreise hat sich selbstverständlich auf die diesbezüglichen Industriebetriebe ausgewirkt. In Südchina werden die meisten Kraftwerke mit Heizöl betrieben. Allein das importierte Heizöl in den südchinesischen Gebieten macht mehr als 70% der gesamten Einfuhr Chinas aus. Bei der starken Steigerung der Heizölpreise können manche Kraftwerke aus Gründen der Kostensenkung nur limitiert Strom erzeugen. Immer mehr leichtindustrielle Produkte werden versuchsweise mit Ersatzenergie wie Erdgas und Kohlenteer produziert.

Parallel zu den negativen Auswirkungen, die die Preissteigerung von Erdöl vielen Branchen gebracht hat, sollten eigentlich die mit Erdöl in Zusammenhang stehenden Branchen die größten Nutznießer sein. Den vom Staatlichen Statistikamt veröffentlichten statistischen Angaben zufolge aber waren in den ersten fünf Monaten 2005 in der gesamten erdölverarbeitenden Industrie Chinas Verluste zu verzeichnen. Gegen 80% der chinesischen Raffinerien mit relativ kleinem Produktionsumfang verzeichneten Verluste. Experten weisen darauf hin, dass die Einzelhandelspreise von Benzin und Diesel in China von der Regierung angeleitet werden und es daher eine bestimmte Zeit später zu Preisänderungen kommt. Der Fertigölpreis Chinas richtet sich nach den Preisen in Singapur, New York und Rotterdam. Wenn das gewichtete Mittel von den drei Städten um mehr als 8% steigt, wird die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform aufgrund des gewichteten Mittels plus Frachtkosten den Fertigöl-Mittelpreis im Einzelhandel festlegen. In diesem System müssen große Raffinerien wie Sinopec die Preisunterschiede nur selbst ausgleichen, wenn sie das Rohöl in großen Mengen und zu hohem Preis importieren und das Fertigöl zu niedrigem Preis produzieren. In Fällen eines stetigen Rohölpreisanstiegs können diese Unternehmen nur ihre Produktion drosseln, um den Widerspruch der Preisunterschiede zu überwinden. Erst wenn der Preis auf dem Fertigöl-Endmarkt erhöht wird, erweitern sie die Produktion wieder. Auf diese Weise wird der Druck auf die Unternehmen und einzelnen Personen, die das Heizöl beanspruchen, weiter gegeben.

Entwicklungsförderung durch Einsparung

Da die Erdölpreise stets anwachsen, richten viele ihren Blick auf China. Manche Experten sind sogar der Ansicht, dass das Wachstum der Erdölpreise auf dem Weltmarkt auf die große Nachfrage Chinas zurückzuführen sei. Ist das wahr?

Prognosen aus der Erdölbranche zeigen, dass China im Jahr 2005 320 Mio. Tonnen Erdöl verbrauchen wird. Das ist mit 288 Mio. Tonnen ein Zuwachs von 11% im Vergleich zu 2004. 1/3 der gesamten Verbrauchsmenge wird importiert. Aber der Anteil der importierten Erdölmenge ist an den gesamten Einfuhren der Welt gemessen nicht groß. Aus der Statistik über die Energie der Welt 2005, die BP und die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform Chinas gemeinsam durchgeführt haben, ergibt sich, dass 2004 das von den USA importierte Rohöl 500 Mio. Tonnen, das von Japan 200 Mio. Tonnen, das von Europa 500 Mio. Tonnen und das von China nur 120 Mio. Tonnen betrug. Daher stellt Xu Dingming, Vizeleiter der Staatlichen Führungsgruppe über die Energie Chinas, auf einer Pressekonferenz nachdrücklich fest, dass es unfair ist, das Ansteigen der Erdölpreise auf die zunehmende Nachfrage Chinas zurückzuführen.

Zur Preissteigerung hat China große Summen an Devisen gezahlt. Statistischen Angaben aus dem chinesischen Zollamt zufolge hat China 2004 Rohöl im Wert von 33,91 Mrd. US-Dollar importiert. Der durchschnittliche Importpreis ist um 58,9 US-Dollar pro Tonne im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Für das gesamte Jahr wurden Devisen in Höhe von 7068 Mio. US-Dollar mehr gezahlt. Beim weiteren Anstieg der Erdölpreise auf dem Weltmarkt wird China 2005 die Devisenauszahlungen noch vermehren.

Um weniger vom Rohölimport abhängig zu sein, begann China im Jahr 2003, staatliche strategische Erdölreservebasen zu errichten. Zu den ersten vier Reservebasen zählen Zhenhai in der Stadt Ningbo und Daishan in der Stadt Zhoushan in der Provinz Zhejiang, Huangdao in der Stadt Qingdao in der Provinz Shandong und Xingang in der Stadt Dalian in der Provinz Liaoning. Wang Jiming, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Sinopec, weist darauf hin, dass die Basis in Zhenhai am schnellsten gebaut werden wird. Schätzungsweise wird die erste Bauphase im laufenden Jahr fetiggestellt. Gleichzeitig wird die Entwicklung einer sparsamen Wirtschaft an die Tagesordung der Regierungstätigkeiten gesetzt. China wird eine Finanz- und Steuerpolitik ausarbeiten, in der die Produktion und der Gebrauch von Wagen mit niedrigem Ölverbrauch und kleinem Hubraum gefördert werden. Außerdem wird die Politik bezüglich des Imports und Exports von Produkten mit hohem Energieverbrauch reguliert und die Erschließung und Erforschung von Ersatzenergie unterstützt.

Entsprechend dem Versprechen, das China beim Entritt in die WTO gegeben hat, wird China Ende nächsten Jahres seinen Erdöl- und Fertigöl-Markt öffnen. Cao Yushu, Vize-Generalsekretär der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform, meint, dass die Reform des Zirkulationssystems von Erdöl in China aktiv, aber auch stabil und schrittweise vorangetrieben wird. Zuerst ist der Mechanismus der Preisfestlegung von Fertigöl zu reformieren. Beispielsweise wird die verspätete Preisfestlegung aktualisiert. Zweitens muss der Großhandel tatsächlich freigegeben werden. Zuerst wird er für den inländischen Markt geöffnet werden, dann kommt die Öffnung nach außen. Der Zustand, dass der Erdöl-Großhandel von Sinopec und ChinaPetrol konzentriert kontrolliert wird, muss geändert werden. Zuletzt ist die Kontrolle über die Erdöl-Quellen Schritt für Schritt zu lockern. Beim Erdölimport soll es einen fairen Wettbewerb geben.

 
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