China
gehört zu den bambusreichsten Ländern der Welt.
Glaubte man früher, es gäbe in China etwa 250 Arten,
unterscheiden Forstwissenschaftler mittlerweile über 300.
Das ist ein Viertel aller Bambusarten der Welt. Die mit
ihm bepflanzte Fläche hat sich seit 1949 um 20% vergrößert
- von 160 Millionen ha auf 200 Millionen ha, das entspricht
2% der gesamten aufgeforsteten Fläche Chinas. Im Leben
der Menschen findet Bambus denn auch immer mehr Anwendungsmöglichkeiten.
„Kein
Tag könnte vergehen ohne Bambus“, hieß es schon
in alter Zeit. In Südchina sind auf dem Land fast alle Haushaltartikel
wie Matten, Stühle, Truhen, Körbchen, Besen, Essstäbchen
usw., aber auch Arbeitsgeräte wie Handschaufeln und
Tragkörbe aus Bambus hergestellt. Bambus findet auch
als Baumaterial, Verkehrs- und Transportmittel Verwendung
- viele Häuser, Hängebrücken und Flöße
sind aus ihm gebaut. Außerdem schützen Bambushaine
Dammanlagen und verzieren Landschaften und Sehenswürdigkeiten.
Fein
gearbeitete Bambusartikel und -schnitzereien sind als leichte
und preiswerte kunsthandwerkliche Gegenstände beim
Volk sehr beliebt, etwa Blumenkörbe und Vasen, aus
Bambusspänen geflochtene Tiere, elegante Teebüchsen
und Pinselhalter aus Bambussegmenten, die oft mit Landschaften,
Blumen, Vögeln oder Kalligraphien verziert sind. Eine
Reihe traditioneller chinesischer Musikinstrumente wird
gleichfalls aus Bambus hergestellt; Genannt seien Dizi (eine
Art Querflöte), Dongxiao (ebenfalls ein Flöteninstrument)
und Lusheng (Mundorgel). Kein Aspekt des Lebens, der nicht
mit Bambus verschönert werden könnte!
Bambus
ergibt nicht nur Gebrauchsgegenstände und Kunstartikel,
sondern dient auch als Nahrungsmittel und Arzneistoff. Bambussprossen
kann man sowohl frisch essen als auch zu Trockengemüse verarbeiten.
Winterbambussprossen sind eine besonders schmackhafte Speise,
die man Gästen gerne auftischt. Bambusblätter
wirken erfrischend und fiebersenkend, zu Streifen geschnittene,
geschälte Bambusstengel sind eine gute Arznei gegen
Brechreiz.
Schon
in alter Zeit wurde Bambus in China benutzt. Auf 6000 Jahre
alten Tonscherben der Yangshao-Kultur findet sich bereits
das Schriftzeichen „(Bambus)“ eingeritzt. Zu den 4000 Jahre
alten Funden, die in der Provinz Zhejiang ausgegraben wurden,
zählten auch Bambuskörbe. Vor der Erfindung des
Papiers hatten unsere Ahnen Bambusstreifen als Schreibstoff
verwendet und diese zu Büchern zusammengebunden. Die frühesten
Bambusstreifen, die bis heute entdeckt worden sind, stammen
aus der Periode der Streitenden Reiche (475–221 v. u. Z.).
Ab dem frühen 5. Jahrhundert wurde aus jungem Bambus Papier
hergestellt, und im 10. Jahrhundert gab es bereits Böller
aus Bambusrohren. Im 2000 Jahre alten Bewässerungswerk
von Dujiangyan in der Provinz Sichuan wurden mit Schotter
gefüllte Bambuskörbe zum Schutz gegen Hochwasser und
Bambusrohre zur Leitung des Wassers verwendet. Bambus ist
von so großem Nutzen, dass er zu einem Symbol des
Glücks und der Treue wurde. Unzählige Dichter und Maler
setzten sich in ihren Werken mit dieser wunderbaren Pflanze
auseinander. So rühmte sie der berühmte Literat, Kalligraph
und Maler Zheng Banqiao (1693–1765) auf seinem Bild „Bambus
und Stein“:
Tausendfach
traktiert
Und
doch ungebeugt
Trotzt
du den Winden
Aus
Ost und West, Süd und Nord.
Der
Bambus kommt hauptsächlich in der warmen und feuchten
Monsunzone im Südosten Asiens vor. In Südost- und Südchina
(südlich des Yangtse) gibt es dichte, weit ausgedehnte Bambuswälder,
die nach Norden und Westen zu mehr und mehr abnehmen.
Die
in China gedeihenden Bambusarten lassen sich in zwei große
Gruppen teilen. Dicht wachsender Bambus ist vor allem in
der tropischen und im Süden der subtropischen Zone zu finden.
Die Sprösslinge wachsen direkt aus den Wurzeln ausgewachsener
Pflanzen, so dass es zu einer dichten Gebüschbildung kommt.
Der vertreut wachsende Bambus ist dagegen im Norden der
Subtropen und in der warmen Zone verbreitet. Unter der Erde
erstrecken sich von den Wurzeln lange Ableger, aus deren
Knoten Sprösslinge treiben, so dass der Bambus locker
bestandene Haine bildet.
Im
„Bambushandbuch“, das Dai Kaizhi in der Zeit der Jin-Dynastie
(265-420) schrieb, werden über 70 Bambusarten aufgezählt.
Heute sind schon mehr als 300 bekannt. Auf der Insel Hainan
gibt es eine besondere Art, deren Zweige sich wie Liane
ranken und bis zu 30 m lang werden. Um manche Bambusarten
entstanden auch allerlei Legenden. So zum Beispiel um den
Fleckenbambus. Es heißt, nach dem Tode Shuns, einer
Herrscherfigur der chinesischen Mythologie, seien zwei seiner
Nebenfrauen zum Junshan am Dongting-See gekommen und hätten
bitterlich um den verstorbenen Kaiser geweint. Ihre Tränen
hätten dabei den Bambus benetzt und wären zu Flecken
getrocknet, die man bis heute sehen könne. Um diese
seltene Bambusart zu erhalten, hat die Provinz Hunan jene
Gegend zum Naturschutzgebiet erklärt.
Bambus
wächst schnell, reift früh und ist sehr ertragreich.
In etwas mehr als zwei Monaten wird frisch ausgetriebener
Mao-Bambus bis zu 20 m hoch. Und nach einer Reifezeit von
4 bis 6 Jahren kann er gefällt werden. Ein neu angelegter
Wald ist nach 6 bis 8 Jahren zum regelmäßigen
Einschlag bereit und liefert 1500 bis 2000 kg Bambus pro
Mu. Die Wachstumsperiode des Bambus ist um ein Drittel bis
um die Hälfte kürzer als die des Baumes, der Pro-Mu-Ertrag
jedoch doppelt so hoch. Nach der Gründung des Neuen China
bemühten sich die Volksregierung, forstwirtschaftliche Abteilungen
und die Bauern um eine Ausweitung der Bambuspflanzungen.
Ende der 50er Jahre begannen Wissenschaftler mit dem Versuch,
südchinesischen Bambus nach Nordchina zu verpflanzen. Es
gelang ihnen, den im Gebiet des Yangtse wachsenden Mao-Bambus
am Gelben Fluss und sogar auf der Halbinsel Liaodong, wo
es früher überhaupt keinen Bambus gab, heimisch zu machen.
Auch in Beijing gedeihen schon 20 Bambussorten. Zur Zeit
kommt Bambus bereits bis 40 Grad nördlicher Breite
vor.
Besondere
forstwissenschaftliche Abteilungen beschäftigten sich
nicht nur mit Forschungsaufgaben, sondern vermitteln den
Bauern auch wissenschaftliche Kenntnisse und fortschrittliche
Pflanztechniken und helfen ihnen im Kampf gegen Pflanzenkrankheiten
und Schädlinge. Dazu wurden speziellen Forschungszwecken
gewidmete Bambusgärten angelegt, so in der Zhongshan-Universität
in der Provinz Guangdong, im Henaner Landwirtschaftsinstitut,
im botanischen Garten in Hangzhou sowie im Kreis Anji, einem
der Hauptproduktionsgebiete für Bambus, in der Provinz Zhejiang.
Letzterer wurde vom Forschungsinstitut für subtropische
Wälder der Chinesischen Hochschule für Forstwirtschaft
zusammen mit der örtlichen Forstwirtschaftsabteilung
angelegt. Auf einer Fläche von ca. 15 ha werden mehr
als 100 Bambussorten, darunter auch manche besonders seltene,
gezüchtet. Dieser Bambusgarten ist zu einer wichtigen Basis
für Produktion, wissenschaftliche Forschung und Unterricht
geworden. Anfang der 70er Jahre machten Wissenschaftler
des Forstwirtschaftsinstituts der Provinz Guangdong den
Versuch, den harten Bambusa pervariabilis mit dem
Sinocalamus latiflorus, der schnell wächst und
sehr ertragreich ist, und weichem grünhäutigem Bambus
zu kreuzen. Daraus ging eine neue Bambussorte hervor, deren
Wachstumsperiode um die Hälfte kürzer als die anderer
ist. Sie zeichnet sich durch hohen Ertrag und hervorragende
Qualität aus. Hart und elastisch, eignet sich die neue
Sorte nicht nur als Baumaterial, sondern kann auch zu Seilen
weiterverarbeitet werden.
Bambus
wird immer vielfältiger genutzt. So flechten Kunsthandwerker
aus kleinen Bambusspitzen und -stengeln, die früher nur
als Brennholz verbrannt wurden, wunderschöne Gegenstände.
Holzverarbeitungsfabriken und Holzforschungsinstitute experimentieren
mit Plastifizierung und Furnierung des Bambus und eröffnen
neue Verwendungsmöglichkeiten im Möbel- und Gebrauchsartikelbereich.
Schon in sehr früher Zeit
baute man aus Bambus einfache Häuser, eine Tradition,
die sich bis heute in manchen Gebieten der Provinz Yunnan
erhalten hat. Zur Zeit beschäftigen sich Bauabteilungen
mit der Erforschung der dynamischen Eigenschaften des Bambus,
um seine Verwendungsmöglichkeiten weiter zu vermehren.
So werden beispielsweise Baugerüste und Sprungbretter aus
Bambus hergestellt. Und Beton kann - zumindest bei nicht
allzu hoher Belastung - statt mit Stahl auch mit einer Bambuseinlage
verstärkt werden.
Aus
„China im Aufbau“, Nr. 12, 1982