Juni 2005
Ihre Position: Homepage >

Eine neue Koordinate in den Beziehungen zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße

Von Mitarbeiterin Lu Rucai

Ende 2004 setzte der Ständige Ausschuss des X. Nationalen Volkskongresses das Gesetzgebungsverfahren für das Antisezessionsgesetz Chinas in Gang. Das Gesetz, das auf der dritten Tagung des X. Nationalen Volkskongresses mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen wurde, repräsentiert den Willen des chinesischen Volkes, Chinas Souveränität und territoriale Integrität zu schützen.

Entwicklungen der Gespräche zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße

Ende 1987 hoben die taiwanischen Behörden das Verbot für Besuche auf dem Festland auf und beendeten damit Taiwans 30-jährige Entfremdung vom Vaterland. Seitdem gab es eine kontinuierliche Zunahme von Austausch von Arbeitskräften, Wirtschaft und Kultur. Um die Probleme zu lösen, die im Verlauf des Austausches auf beiden Seiten der Taiwan-Straße entstanden, änderten die taiwanischen Behörden die „Drei-Nein-Politik“ – kein Kontakt, kein Kompromiss, keine Verhandlungen – ab und gründeten und autorisierten am 21. November 1990 die Stiftung zum Austausch über die Taiwan-Straße (SEF), eine nichtstaatliche Vermittlerorganisation, die zivile Angelegenheiten auf beiden Seiten der Taiwan-Straße behandelt. Am 16. Dezember 1991 wurde die Gesellschaft für Beziehungen zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße (ARATS) gegründet, deren Arbeit vom Büro für Angelegenheiten Taiwans beim Staatsrat und dem Arbeitsbüro für Angelegenheiten Taiwans beim ZK der Kommunistischen Partei Chinas vorangetrieben wird, um regelmäßige Sitzungen mit der SEF abhalten zu können. Es wurde vereinbart, dass alle Verhandlungen und Abkommen zwischen der SEF und der ARATS unter den Vorzeichen des „Ein- China“-Prinzips durchgeführt werden sollten.

Während der Gespräche zwischen der ARATS und der SEF 1992 stimmte die taiwanische Seite zu, dass beide Seiten der Straße sich an das „Ein-China“-Prinzip halten, und dass eine friedliche Wiedervereinigung angestrebt werden soll, doch die zwei Seiten kamen nicht überein, eine geschriebene Form des „Ein-China“-Prinzips zu verfassen. Der achte Entwurf der SEF lautet: „Im Prozess des Strebens nach der nationalen Wiedervereinigung halten beide Seiten der Taiwan-Straße am ,Ein- China‘-Prinzip fest, doch unterscheiden sie sich im Verständnis der Bedeutung von einem China.“ Er schlug vor: „Jede Seite drückt ihre Haltung verbal in einem für beide Seiten annehmbaren Kontext aus.“ Die ARATS führte die Hauptpunkte ihrer nicht in schriftlicher Form fixierten Auffassung wie folgt aus: beide Seiten der Taiwan-Straße halten sich an das „Ein-China“-Prinzip und streben nach der nationalen Wiedervereinigung, doch bestätigte sie, dass die politische Bedeutung des Begriffs „Ein China“ in den Gesprächen zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße nicht aufkommen werde. Das war der „Konsens 1992“, der die Beziehungen zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße erheblich verbesserte.

Aber nach Lee Teng-huis irriger „Zwei-Länder“-Theorie führt der „Konsens 1992“ den Austausch zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße nicht in die richtige Richtung. Als Chen Shui-bian 2004 wiedergewählt wurde, verwarf er die fünf „Neins“ (Keine Unabhängigkeitserklärung; keine Änderung der „offiziellen Bezeichnung des Landes“; keine „zwischenstaatlichen Bezeichnungen in der Verfassung“; kein Referendum, um den Status quo zu verändern; keine Abschaffung des Rats der nationalen Wiedervereinigung oder der Richtlinien für die nationale Wiedervereinigung), die er in seiner Amtsantrittsrede 2000 erwähnt hatte. Die taiwanischen Behörden starteten danach die „Namensberichtigungskampagne“, die vorschlug, sowohl die Namen der Regierungsstellen, inklusive der Repräsentationsbüros und „Botschaften“ im Ausland und der staatseigenen Betriebe von „Republic of China“ (ROC) auf „Taiwan“ umzuändern, wie auch die Namen taiwanischer Universitäten und Hochschulen mit „Chinesisch“ oder „China“ im Namen. Das machte die Absicht der taiwanischen Behörden zur „Desinisierung“ und zur Förderung des Konzepts „Ein Land auf jeder Seite“ offensichtlich. Außerdem wurde so ein „Zeitrahmen für die taiwanische Unabhängigkeit“ festgelegt und dadurch ein Plan eingeleitet, der „Taiwans Unabhängigkeit“ durch konstitutionelle Mittel in die Praxis umsetzen will.

Keineswegs ein „Kriegsmobilisierungsgesetz“

Für das Antisezessionsgesetz wurden von der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens am 25. Dezember 2004 bis zu seiner Verabschiedung nur drei Monate gebraucht, aber es war eine Angelegenheit, die schon lange von Akademikern und Gelehrten, die sich mit Taiwan-Angelegenheiten befassen, diskutiert wurde. Zhu Weidong, ein bekannter wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Taiwan-Studien der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, sagt: „Bei dem Seminar zum Thema Beziehungen zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße, das 1991 am Institut für Taiwan-Studien abgehalten wurde, schlugen chinesische und ausländische Gelehrte die Standardisierung der Wiedervereinigungsarbeit in einer gesetzlichen Form vor. Hinsichtlich der irrigen „Zwei-Länder“-Theorie, die Lee Teng-hui 1999 vorgebracht hatte, schlugen die Forscher des Instituts eine Verkündigung des Wiedervereinigungsgesetzes vor.

Zhu weist darauf hin, dass das Antisezessionsgesetz auf keinen Fall ein „Kriegsmobilisierungsgesetz“ ist. Es ist im Gegenteil ein Gesetz, das die friedliche Wiedervereinigung anstrebt und den Status quo eher beibehält als verändert. Vor allem zielt es darauf ab, jeglichen Versuchen der taiwanischen Seperatisten, Taiwan im Namen von „Taiwans Unabhängigkeit“ von China abzuspalten, entgegenzuwirken und vorzubeugen, und Frieden und Stabilität in der Taiwan-Straße zu bewahren. Jia Qinglin, Vorsitzender des Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes, legt die Formulierungen des Antisezessionsgesetzes weiter dar, indem er sagt: „Das Antisezessionsgesetz wird sich an die Grundprinzipien der ,friedlichen Wiedervereinigung‘ und ,Ein Land – zwei Systeme‘ halten; in diesem Gesetz wird die Politik der chinesischen Regierung der letzten 20 Jahre, die auf eine friedliche Lösung der Taiwan-Angelegenheit abzielte, in eine Gesetzesform gebracht und unsere konsequente Haltung, mit der größten Aufrichtigkeit und den größten Bemühungen die friedliche Wiedervereinigung zu erreichen, dargestellt.“

Der erste Teil der Vier-Punkte-Richtlinien zu den Beziehungen zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße, die von Staatspräsidenten Hu Jintao während der Tagungen des Nationalen Volkskongresses und der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes dargelegt wurde, besagt: „Wir begrüßen alle Bemühungen von Einzelpersonen oder politischen Parteien in Taiwan die das ,Ein-China‘-Prinzip  anerkennen. Gleichgültig, wer die Einzelperson oder die politische Partei ist, wir sind bereit, mit ihnen über die Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Seiten der Taiwan-Straße zu sprechen und die friedliche Wiedervereinigung voranzutreiben, auch gleichgültig, was sie in der Vergangenheit getan oder gesagt haben, solange sie das ,Ein-China‘-Prinzip und den ,Konsens 1992‘ anerkennen.“ Hu sagte auch: „China wird nie seine Bemühungen zur friedlichen Wiedervereinigung aufgeben“, und dass es „... nie von dem Prinzip abgehen wird, Hoffnung auf die Bewohner Taiwans zu setzen“, und dass China „niemals einen Kompromiss schließen wird bei der Bekämpfung von ,Abspaltungsaktivitäten zur Unabhängigkeit Taiwans‘.“ Hu Jintao verkündete weiterhin: „Wir werden alles, was für Taiwans Landsleute vorteilhaft und förderlich ist für das Voranbringen des Austausches zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße, für die Aufrechterhaltung des Friedens in der Taiwan-Straßen-Region und für die friedliche Wiedervereinigung des Vaterlandes, korrekt und mit äußersten Bemühungen tun. Das ist unser feierliches Versprechen an unsere Landsleute auf Taiwan.“

Kontinuierlichen Austausch zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße vorantreiben

Das Antisezessionsgesetz zeigt den allgemeinen Willen des gesamten chinesischen Volkes, Chinas Souveränität und territoriale Integrität zu schützen und niemals „Taiwans Unabhängigkeit“ zu erlauben. Solange es einen Schimmer Hoffnung für die friedliche Wiedervereinigung gibt, wird China alles tun, um diese zu erreichen. Das ist der Geist, auf dem das Antisezessionsgesetz basiert.

Ministerpräsident Wen Jiabao sagte, dass das Antisezessionsgesetz nicht die taiwanischen Landsleute zur Zielgruppe habe, sondern den Abspaltungsaktivitäten „für die Unabhängigkeit Taiwans“ entgegenwirke und ihnen vorbeuge. Er sagte: „Es ist kein Gesetz für einen Krieg, sondern für die friedliche Wiedervereinigung des Vaterlandes“, und fuhr fort: „Es ist kein Gesetz, das den Status quo, in dem beide Seiten der Taiwan-Straße zu einem China gehören, verändern soll, sondern eines, das den Frieden und die Stabilität auf beiden Seiten der Taiwan-Straße bekräftigt.“ Wen wies darauf hin, dass das Antisezessionsgesetz sein klares Ziel hat, den Austausch zwischen den Einwohnern auf beiden Seiten der Taiwan-Straße zu unterstützen. Es wird wirtschaftliche Zusammenarbeit, die direkten „Drei Verbindungen“ (Post-, Handels- und Verkehrsverbindung) und akademischen, wissenschaftlichen, technologischen, kulturellen Austausch und auch Austausch in anderen Gebieten ermutigen und vorantreiben. Das Gesetz legt auch fest, dass die legitimen Rechte und Interessen der Geschäftsleute, die auf dem Festland leben, geschützt werden sollen. Über die Art von Maßnahmen, die für die Förderung des Austausches zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße ergriffen werden sollen, sagte Wen, dass China so bald wie möglich auf eine regelmäßige Abwicklung der direkten Charterflüge über die Taiwan-Straße, die zur Zeit zu Festtagen und in den Ferien durchgeführt werden, in Angriff nehmen wird und dass es den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten aus Zentral- und Südtaiwan auf dem Festland fördern wird. Ministerpräsident Wen sagt auch, dass China die Frage der Vermittlung von Arbeitskräften vom Festland an die Fischereiindustrie Taiwans wieder aufnehmen und lösen wird.

Lin Yifu, Mitglied des Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes und bekannter in Taiwan geborener Ökonom, sagt, dass die Inkraftsetzung des Antisezessionsgesetzes die Politik transparenter und damit Handlungen voraussehbarer macht. Das Gesetz ist somit von großem Wert für den wirtschaftlichen Austausch zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße.

-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+--+-+-+-+--+-+-+--+-
Zurück